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Gesetzespaket gegen Hass und Hetze in Kraft getreten

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Rechtsanwalt Christian Schwarz LL.M.

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz

Gesetzespaket gegen Hass und Hetze in Kraft getreten

Von Rechtsanwalt Christian Schwarz, LL.M.
Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht

Am 3. April 2021 ist das „Gesetzespaket gegen Hass und Hetze in Kraft“ getreten. Dieses sieht insbesondere Änderungen im Strafgesetzbuch sowie dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz vor. Ziel soll es sein, die Menschen vor Hasskriminalität insbesondere im Internet weiter zu schützen. Dafür wurden einschlägige Strafnormen verschärft und den großen Portalbetreibern weitere Pflichten auferlegt – welche jedoch teils erst im Februar 2022 Wirkung entfalten. Daneben ist es freilich weiterhin möglich und häufig auch sinnvoll, sich zivilrechtlich gegen Hatespeech und ehrverletzende Veröffentlichung zur Wehr zu setzen.

Das ändert sich im Strafgesetzbuch (StGB)

Beleidigung (§ 185 StGB): Wer einen anderen Menschen öffentlich im Internet beleidigt, kann nunmehr mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden. Begründet wird die Änderung damit, dass zu beobachten sei, dass in der vermeintlichen Anonymität des Internets zunehmend Äußerungen mit beleidigenden Inhalten über andere Nutzer oder in der Öffentlichkeit stehende Personen abgegeben werden. Diese Äußerungen wögen für die Betroffenen häufig besonders schwer. Sie böten zugleich den Nährboden für nachahmende oder in ihrer Aggressivität über das Vorhandene hinausgehende Äußerungen, die unmittelbar eine breite Öffentlichkeit erreichen können und oftmals eine den Äußernden bestätigende Reaktion hervorrufen. Hierdurch sinke zugleich die Hemmschwelle derjenigen, die sich bislang mit beleidigenden Äußerungen zurückgehalten haben, wodurch in der Folge eine Zunahme ehrverletzender Kommentare festzustellen sei. Das bislang im Beleidigungstatbestand vorgesehene Höchstmaß von einem Jahr Freiheitsstrafe erscheine vor diesem Hintergrund nicht immer als ausreichend.

Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens (§ 188 StGB): Der besondere Schutz des § 188 StGB vor Verleumdungen und übler Nachrede wird nun ausdrücklich auf allen politischen Ebenen gelten, also auch für Kommunalpolitiker*innen. Geschützt wurden bislang Personen, die hohe politische Ämter bekleiden (z.B. Bundeskanzler*in) sowie Abgeordnete oder politische Beamte. Der Schutz umfasst somit auch Personen, die sich in den Ländern auf regionaler oder lokaler Ebene engagieren wie zum Beispiel in Landkreisen, Städten, Gemeinden, Ortsteilen oder Bezirken. Zudem wurde der Straftatbestand auf den Schutz vor Beleidigungen (§ 185 StGB) ausgedehnt.

Bedrohung (§ 241 StGB): Bislang war nur die Bedrohung mit einem Verbrechen strafbar. Mit Gesetzesänderung wurde der Tatbestand der Bedrohung dahingehend erweitert, dass nunmehr auch die Bedrohung mit einer rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert (z.B. Immobilien, Fahrzeuge) erfasst ist (§ 241 Abs. 1 StGB), sofern sich diese Tat gegen den Adressaten oder einer ihm nahestehenden Person richtet. Die Änderung wird damit begründet, dass sich gezeigt habe, dass nicht nur die Bedrohung mit einem Verbrechen, sondern auch eine Bedrohung mit der Begehung einer anderen Straftat in empfindlicher Weise auf den Adressaten einwirken kann. Gleichzeitig wurde mit der Gesetzesänderung die Höchststrafe für die Bedrohung mit einem Verbrechen von einem auf zwei Jahre Freiheitsstrafe angehoben (§ 241 Abs. 2 StGB). Neu hinzugefügt wurde auch der Qualifikationstatbestand des § 241 Abs. 4 StGB, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten des Inhalts begangen wird. Davon erfasst sind demnach auch Straftaten, welche im Internet begangen werden und eine hohe Reichweite haben können.

Belohnung und Billigung von Straftaten (§ 140 StGB): Die Billigung künftiger schwerer Straftaten ist, wenn diese geeignet sind den öffentlichen Frieden zu stören, nunmehr unter Strafe gestellt. Dies richtet sich gegen Versuche, ein Klima der Angst zu schaffen. Das öffentliche Befürworten der Äußerung, jemand gehöre „an die Wand gestellt“ ist ein Beispiel für die künftige Strafbarkeit.

Störung des öffentlichen Friedens durch Androhung von Straftaten (§ 126 StGB): Die Androhung einer gefährlichen Körperverletzung und von schweren Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist nunmehr vom Katalog des § 126 StGB mitumfasst.

Antisemitische Tatmotive(§ 46 Abs. 2 StGB) werden nunmehr ausdrücklich als strafschärfende Beweggründe für die Strafzumessung in das Strafgesetzbuch aufgenommen.

 

Das ändert sich im Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG)

Zur besseren Bekämpfung von Hass im Netz wurde im Jahr 2017 das Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken, das sog. Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG), erlassen. Das Gesetz wird vielfach kritisiert. Nunmehr wurde eine erste große Ergänzung vorgenommen, welche stückweise - nämlich zum 28. Juni 2021, zum 1. Oktober 2021 und zum 2. Februar 2022 - Wirkung entfaltet.

Neu eingefügt wird mit § 3a NetzDG eine Meldepflicht der sozialen Netzwerke, welche im Inland mehr als zwei Millionen registrierte Nutzer haben. Diese sieht vor, dass der Anbieter eines sozialen Netzwerks in bestimmten Fällen dem Bundeskriminalamt (BKA) – als Zentralstelle zum Zwecke der Ermöglichung der Verfolgung von Straftaten – Inhalte übermitteln muss. Die Meldepflicht besteht insbesondere, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass rechtswidrige Inhalte mindestens einen der in § 3a Abs. 2 Nr. 3 NetzDG genannten Tatbestände (z.B. §§ 86, 86a, 89a, 91, 126, 129 bis 129b, 130, 131, 140, 241 StGB) erfüllen und nicht gerechtfertigt sind.

Ausdrücklich nicht von der Meldepflicht erfasst sind die Beleidigungstatbestände der §§ 185 bis 189 StGB sowie die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB). Soziale Netzwerke sollen allerdings künftig Nutzer*innen darüber informieren, wie und wo sie Strafanzeige und erforderlichenfalls Strafantrag stellen können.

 

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