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Keine Online-Sportwetten-Werbung in der Arena auf Schalke II (wetten.de) - OVG Münster, Beschluss vom 05. Dezember 2003, AZ. 4 B 1987/03 -

Leitsätzliches

Das OVG Münster bestätigt die Entscheidung des VG Gelsenkirchen, das ein Verbot, für Online-Sportwetten in der Arena "auf Schalke" durch Bandenwerbung zu werben, rechtfertigt.
Dies soll auch für den Fall gelten, dass der Anbieter der Wetten zwar grundsätzlich eine (deutsche) behördliche Erlaubnis innehat, diese aber keine solche des Landes Nordrhein-Westfalen ist.

OBERVERWALTUNGSGERICHT FÜR DAS LAND NRW

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 4 B 1987/03
(Vorinstanz: 16 L 2273/03 Gelsenkirchen)

Entscheidung vom 5. Dezember 2003

In dem Verwaltungsstreitverfahren

des FC Gelsenkirchen-Schalke 04 e.V., vertreten durch seinen Vorstand, dieser vertreten durch ... und ..., Ernst-Kuzorra-Weg 1, 45891 Gelsenkirchen,

Antragstellers,

gegen

den Oberbürgermeister der Stadt Gelsenkirchen, ...

Antragsgegner,

wegen Untersagung der Werbung für Sportwetten

(hier: Regelung der Vollziehung)

hat der 4. Senat des OVG NRW am 5.Dezember 2003

durch den Vorsitzenden Richter ..., ... und ...

auf die Beschwerde des Antragsstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 18.September 2003

beschlossen:

Die Beschwerde wird auf Kosten des Antragsstellers zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 230.840 € festgesetzt

Gründe:<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:office:office" /><o:p></o:p>

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die vom Antragssteller fristgerecht dargelegten Gründe – nur diese hat der Senat gem. § 146 Absatz 4 Satz 6 VwGO zu prüfen, sodass die Ausführungen im Schriftsatz vom 10. November 2003 nicht berücksichtigt werden können – rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 15. August 2003 mit der Begründung abgelehnt, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsverfügung überwiege, weil vieles für die Rechtsmäßigkeit der angefochtenen Verfügung spreche. Es bestehe die Gefahr der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes des § 284 Absatz 4 StGB, bzw. der §§ 284 Absatz 4, 27 Abs. 1 StGB durch den Antragsteller und damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 14 OBG. Die Sportwetten für die der Antragsteller bzw. mit dessen Unterstützung die Firma digibet wetten.de AG werbe, seien Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB. Der Antragsteller wolle im Sinne des § 284 Absatz 4 StGB für diese unter anderem über das Internet abzuwickelnden Glückspiel werben. Doch weder der Antragsteller noch die Firmen digibet wetten.de AG bzw. Bernd Hobiger Wettbüro Goldesel seien im Besitz einer für Nordrhein-Westfalen, wo die Werbung stattfinde, erforderlichen Erlaubnis. Die Herrn Bernd Hobiger erteilte Erlaubnis gelte nicht in Nordrhein-Westfalen. Bezüglich der Frage ob eine behördliche Erlaubnis vorliege, sei aber entsprechend dem Sinn und Zweck des durch das Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1988 eingefügten Straftatbestand des § 284 Abs. 4 StGB auf den Ort der Werbung abzustellen: Denn der neu geschaffene Straftatbestand richte sich gerade auch gegen die Werbung ausländischer Anbieter gegenüber dem inländischen Publikum für behördlich nicht genehmigte Glücksspiele, die unter Zuhilfenahme der mittlerweile gegebenen technischen Möglichkeiten unmittelbar vom inländischen Aufenthaltsort des Spielteilnehmers aus abgewickelt werden können. Zurecht sehe der Antragsgegner daher die im Land Berlin konzessionierte Wettunternehmerin bzw. die Firma digibet wetten.de AG bezogen auf das Bundesland Nordrhein-Westfalen als „ausländische Anbieter“ an. Damit liege eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vor. Auf die Frage, ob es sich bei dem Wettangebot im Internet – auch am Ort der Werbung – bereits um ein Veranstalten im Sinne des § 284 Absatz 1 StGB handele, komme es daher nicht an.

Demgegenüber wendet der Antragsteller ein, das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die beabsichtigte Werbung den Straftatbestand des § 284 Absatz 4 StGB erfülle. Voraussetzung dafür sei, dass der ausländische Glücksspielbetreiber, auf dessen Geschäft sich die Bewerbung beziehe, gemäß § 284 Absatz 1 oder 2 StGB unerlaubtes Glücksspiel betreibe. Im Rahmen der Prüfung der Strafbarkeit nach § 284 Absatz 4 StGB sei zu untersuchen, ob derjenige, auf dessen Tätigkeit sich die Werbung beziehe, den objektiven Tatbestand des § 284 Absatz 1 oder Absatz 2 StGB erfüllen. Bei der Prüfung des Grundtatbestandes sei aber festzustellen, dass das beworbene Glücksspiel nicht in Gelsenkirchen, sondern in Berlin veranstaltet werde. Dort sei es erlaubt und daher nicht strafbar. Der Vollzug der Sponsorenvereinbarung durch den Antragsteller verwirkliche nicht den objektiven Tatbestand des § 284 Absatz 1 StGB und damit auch nicht den des § 284 Absatz 4 StGB. Die angefochtene Ordnungsverfügung des Antragsgegners sei daher offensichtlich rechtswidrig, sodass kein Interesse der Allgemeinheit an der angeordneten sofortigen Vollziehung bestehe.

Dieses Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Der Senat lässt dahinstehen, ob die Auffassung des Verwaltungsgerichts bezüglich der Frage ob eine behördliche Erlaubnis vorliege, sei auf den Ort der Werbung abzustellen, selbst dann zutrifft, wenn das Glückspiel nicht (auch) am Ort der Werbung veranstaltet wird; denn darauf kommt es letztendlich nicht an, weil das beworbene Glückspiel nicht nur in Berlin, sondern auch in Gelsenkirchen veranstaltet wird.

Veranstalten im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB bedeutet, dass jemand verantwortlich und organisatorisch den äußeren Rahmen für eine Abhaltung des Glückspiels schafft und dem Publikum Gelegenheit zur Beteiligung am Glücksspiel gibt.

Vgl. Senatsbeschluss vom 13. Dezember 2002
- 4 B 1844/02 -, GewArch 2003, 162= NVWBl 2003,
220= NVwZ-RR 2003, 352, mit Nachweisen aus der
Rechtssprechung und Literatur.

Die Rechtsprechung hat demgemäß das Verhalten des Glücksspiels bereits dann bejaht, wenn der Veranstalter Spielscheine versendet und so dem Empfänger eine Beteiligung am Glückspiel ermöglicht. Auf die tatsächliche Durchführung des Glückspiels kommt es nicht an, das Angebot des Vertragsabschlusses genügt.

Vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2002 – I ZR 279/99 –
NJW 2002, 2175; vorgehend OLG Köln, Urteil vom
22. Oktober 1999 – 6 U 63/98 – GRUR 2000, 538.

Diesem weiten Veranstaltungsbegriff unterfällt auch das Anbieten von Sportwetten im Internet durch die Firma digibet wetten.de AG, die nach eigenen Angaben mit der Abwicklung des Spielbetriebs befasst ist. Denn es macht keinen Unterschied, ob dem Wettinteressenten der Wettschein per Post zugesandt oder über das Internet zugeleitet wird. In beiden Fällen bietet der Veranstalter den Abschluss eines Wettvertrages an. Dass im Falle des Angebots über das Internet der Wettinteressent selbst initiativ werden muss, ändert nichts daran, dass der Anbieter in beiden Fällen den Abschluss des Wettvertrages anbietet und damit ein Glückspiel veranstaltet.

Dieses Glücksspiel wird nicht nur – wie der Antragsteller meint – in Berlin veranstaltet, sondern auch in Nordrheinwestfalen und damit auch am Ort der Werbung; denn Ort der Begehung einer Straftat im Sinne von § 9 Abs. 1 StGB ist jeder Ort an dem irgendein Teil des strafbaren Tatbestandes verwirklicht wird.

Vgl. RG, Urteil vom 2. März 1933 – II 834/32 -,
RGSt 67, 130 (138); Senatsbeschluss vom
15. Dezember 2002, aaO.

Ist aber die Übermittlung des Wettscheins durch die Post wie über das Internet Teil des Veranstaltens des Glückspiels, wird dieses auch dort veranstaltet, wo das Angebot ankommt, also vorliegend auch in Nordrhein-Westfalen. Dass bei der Internetnutzung der Veranstalter sein Angebot nicht an bestimmte Personen richtet, ändert hieran nichts, weil er durch das Einstellen des Angebots ins Internet jedem deutschen Wettinteressenten, also auch dem in Nordrhein-Westfalen wohnenden, die Teilnahme von seinem jeweiligen Aufenthaltsort aus ermöglichen will.

Ebenso HansOLG, Urteil vom 10. Januar 2002 - 3 U 218/01-,
MMR 2002, 471= ZUM-RD 2002,
545.

Auch der Begründung des Sechsten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl. I S. 164) ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der vergleichbaren Problematik von Angeboten zum Vertragsabschluss aus dem Ausland davon ausgegangen ist, ein Glücksspiel werde selbst dann (auch) im Inland veranstaltet, wenn der Veranstalter sein Angebot über Internet aus dem Ausland macht; denn er hat die Vorschriften der §§ 284 Abs. 4 und 287 Abs. 2 StGB eingefügt, weil es praktisch schwierig sei, die Strafvorschrift der jeweiligen Absätze 1 gegenüber dem im Ausland befindlichen Anbieter durchzusetzen.

Vgl. BT-Drucks. 13/8587 S. 68.

Das Glückspiel wird auch ohne behördliche Erlaubnis in Nordrhein-Westfalen veranstaltet, weil die Fa. digibet wetten.de AG als Veranstalter über keine Erlaubnis nach §§ 1 Abs. 1 Satz 1, 2 SportWG NRW verfügt und – davon abgesehen – die Herrn Hobiger möglicherweise vor der Wiedervereinigung in der DDR erteilte Erlaubnis nicht in Nordrhein-Westfalen gilt,

vgl. Senatsbeschluss vom 13. Dezember 202, aaO.

Zweifeln des Senats, ob Herrn Hobiger überhaupt eine Erlaubnis erteilt worden ist, Sportwetten zu veranstalten bzw. diese Erlaubnis inzwischen erloschen ist,

vgl. dazu VG Köln, Beschluss vom 21. Oktober 2002 - 1 L 2417/02 -

braucht der Senat daher nicht nachzugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf den §§ 20 Abs. 3, 18 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

(Unterschriften)