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Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch Zitat - OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. November 2006, Az.: I-15 U 49/01

Leitsätzliches

Es ist allgemein anerkannt, dass der Zitierende sich das Zitat zurechnen lassen muss, sofern er sich nicht von der Äußerung ernsthaft distanziert. Er kann sich nicht darauf zurückziehen, eine wahre Tatsache wiedergegeben zu haben, nämlich das sich ein Dritter wie zitiert geäußert habe.

OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL 

Aktenzeichen: 1-15 U 49/01

Entscheidung vom 11. November 2006

In dem Rechtsstreit

XXX,

gegen

XXX,

 

hat der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 22. November 2006

durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...

für Recht erkannt :

Die Berufung des Antragsgegners gegen das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 31. Januar 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

I.

Das Landgericht hat auf Antrag der Antragstellerin zu 1) dem Antragsgegner bei Meidung von Ordnungsmitteln untersagt, die folgenden Äußerungen aufzustellen und/oder zu verbreiten:

a) die Antragstellerin zu 1) habe Frau A "einen jungen Mann, den Schweizer B, als unehelichen Sohn von L. Ron Hubbard" vorgestellt;

b) die Antragstellerin zu 1) habe "lauthals" verkündet, "der C-Geheimdienst" habe die angebliche C-Aussteigerin D. auf sie und Frau A angesetzt;

c) die Antragstellerin zu 1) habe "an einer Räuberpistole" mitgewirkt, "bei der TV-Star E als C geoutet wurde - und man doch nur einen S. Namensvetter des beliebten "Moderatoren" gefunden hatte;

d) die Antragstellerin zu 1) habe "eigene Psycho-Seminare" angeboten "für DM 2.900,00 (drei Tage)", auf den sie ihre Buchveröffentlichung "zur detaillierten Vorbereitung" feilbietet, denn: "dies trägt zur Intensität des Seminars bei";

e) die Antragstellerin zu 1) gehöre zu einem Kreis von Personen, "die das Engagement gegen s für eigene, ebenfalls nicht ganz saubere Interessen nutzen".

Ebenso wurde dem Antragsgegner auf Antrag des Antragstellers zu 2) untersagt, die zu 1. d) und e) genanten Äußerungen zu verbreiten.

Die Antragstellerin zu 1) ist Vorsitzende des Vereins "R e.V." und der Antragsteller zu 2) zweiter Vorsitzender dieses Vereines. Dieser Verein beschäftigt sich ausschließlich mit der Sammlung von Daten über C und deren Verflechtung insbesondere im Wirtschaftsleben der Bundesrepublik Deutschland. Gleichzeitig dient dieser Verein als "Anlaufstelle" für Aussteiger aus C und für die Wirtschaft und die Industrie als Beratungsstelle.

Am 27. November 2000 hat der Antragsgegner einen Beitrag in das Internetforum ".C" des Betreibers .com eingestellt. In diesem Beitrag hat er Passagen aus dem Buch "C greift an - der Inside-Report über die unheimliche Macht des X" die streitgegenständlichen Äußerungen einer Frau A zitiert. Die dem Antragsgegner untersagten Äußerungen sind in diesem Text enthalten gewesen. Diese Äußerungen sind Frau A durch das Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 20. August 1997 (12 O 301/97), das durch die Entscheidung des Senats vom 22. April 1998 (15 U 193/97) voll umfänglich bestätigt worden ist, wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes der Antragsteller untersagt worden. Demzufolge musste das Buch in der Folgezeit auch ohne diese Äußerungen erscheinen. Im Zeitpunkt des Erlasses des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 20. August 1997 war allerdings ein Teil der Buchauflage schon über den Handel abgesetzt. Der Antragsgegner ist im Besitz eines dieser ungekürzt verbreiteten Buchexemplare und hat daraus zitiert.

Das Landgericht hat in dem angefochtenen Urteil die untersagten Äußerungen zu a) bis d) als Tatsachenbehauptungen gewertet, weil ihr Gehalt jeweils einer objektiven Klärung zugänglich sei und als etwas Geschehenes grundsätzlich dem Beweis offen stehe. Diese Äußerungen habe sich der Antragsgegner durch die Zitierung in dem Forumsbeitrag zu eigen gemacht. Denn auch in der Verbreitung der Äußerung eines Dritten sei eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen, wenn es an einer eigenen und ernsthaften Distanzierung desjenigen, der die Äußerung wiedergebe, fehle oder wenn das Verbreiten nicht schlicht Teil einer Dokumentation des Meinungsstandes sei, in welcher Äußerung verschiedener Seiten gegenübergestellt würden. Der Antragsgegner habe sich weder von den Äußerungen der Frau A distanziert noch seien diesen Äußerungen andere gegenteilige Stellungnahmen gegenübergestellt worden. Vielmehr seien die Äußerungen einseitig und völlig kritiklos unter Angabe des Zitatanfangs und des Zitatsende in das Internetforum eingestellt worden. Der Antragsgegner habe den Wahrheitsgehalt dieser Äußerungen weder behauptet noch gar glaubhaft gemacht. Es könne dabei dahinstehen, ob ihm der ehrverletzende Charakter der streitgegenständlichen Äußerungen bewusst gewesen sei, da der Unterlassungsanspruch aus § 1004 BGB kein Verschulden voraussetze. Die erforderliche Wiederholungsgefahr folge schon daraus, dass er die durch eine Vertragsstrafe gesicherte Unterlassungsklärung abgelehnt habe und seine einfache Erklärung, er beabsichtige nicht, dass Zitat erneut in die Diskussion einzubringen, nicht genüge.

Mit der Berufung rügt der Antragsgegner insbesondere die Feststellung des Landgerichts, er habe sich die ehrverletzenden Äußerungen zu eigen gemacht. Dies sei nicht der Fall, da er das Zitat deutlich gekennzeichnet habe. Durch diese deutliche Kennzeichnung habe er hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er lediglich eine fremde Meinung wiedergegeben habe und sich diese nicht zu eigen machen wolle. Hinzu komme, dass er auf seiner eigenen Homepage ausdrücklich darauf hinweise, das er mit den Inhalten seiner Links nicht automatisch übereinstimme. Ihm sei es nicht auf den Inhalt der einzelnen Aussagen der Autorin A angekommen, sondern er habe in erster Linie die Auseinandersetzung gegenüber C darstellen wollen.

Davon abgesehen sei bei der Abwägung zu berücksichtigen, dass es sich um eine Diskussion in einem Internetforum gehandelt habe. Naturgemäß seien die Äußerungen in einem solchen Forum von einer gewissen Spontanität geprägt. Im übrigen fehle es aber auch an der erforderlichen Rechtswidrigkeit, da die Antragstellerin zu 1) die Urteile des Landgerichts Düsseldorf vom 20. August 1997 und des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 28. April 1998 selbst anbiete, und damit die Verbreitung der jetzt untersagten Äußerungen unterstütze. Die Antragsteller seien innerhalb der Kritikerszene von C als Personen des öffentlichen Lebens anzusehen. Es fehle auch an dem Verfügungsgrund, da er sofort mitgeteilt habe, dass er dieses Zitat nicht mehr verwenden werde. Außerdem widerspreche eine Wiederholung dem Charakter eines Internetforums.

II.

Die zulässige Berufung des Antragsgegners gibt zu einer von dem angefochtenen Urteil abweichenden Beurteilung keinen Anlass. Wie das Landgericht mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen ebenso Bezug genommen wird wie auf das entsprechende Senatsurteil vom 20. August 1997 (Bl. 19 ff. GA), handelt es sich bei den streitgegenständlichen Äußerungen zu a) bis d) um zumindest nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptungen, die geeignet sind, die Antragsteller in einer von der Rechtsordnung nicht gebilligten Art und Weise in ihrer persönlichen Ehre zu verletzen. Entsprechendes gilt wegen ihres diffamierenden Charakters für die Äußerung zu e). Diesen Äußerungen hat der Antragsgegner sich auch zu eigen gemacht, in dem er sie als Zitat verwendet hat, ohne sich ausdrücklich von ihrem Inhalt zu distanzieren. Es ist allgemein anerkannt, dass der Zitierende sich das Zitat zurechnen lassen muss, sofern er sich nicht von der Äußerung ernsthaft distanziert. Er kann sich nicht darauf zurückziehen, eine wahre Tatsache wiedergegeben zu haben, nämlich das sich ein Dritter wie zitiert geäußert habe (vgl. nur Prinz/Peters, Medienrecht, 1. Aufl. 1999 Rdn. 17 m.w.Nachw. in FN. 149). Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, würde der Ehrenschutz völlig ins Leere laufen, wenn sich der Äußernde durch Gebrauch  eines Zitats aus der äußerungsrechtlichen Verantwortung stehlen könnte. Für den Betroffenen macht es keinen Unterschied, ob die ehrverletzende Tatsachenbehauptung isoliert oder als Tatsachenbehauptung eines Dritten geäußert wird.

Unter Abwägung der kollidierenden Grundrechte und Interessen der Parteien ist das Handeln des Antragsgegners als rechtswidrig zu qualifizieren, weil unbeschadet des Umstandes, dass die Antragsteller im Bereich der C-Kritiker-Szene im öffentlichen Rampenlicht stehen, an der Verbreitung unwahrer oder diffamierender Äußerungen kein schutzwürdiges Interesse besteht. Daran ändert auch nichts, dass der Antragsgegner im Internetforum ein ganzes Kapitel aus dem A-Buch zitiert hat.

Dem steht nicht entgegen, das die Antragsteller die streitgegenständlichen Äußerungen im Rahmen der Übersendung von Urteilsabschriften der früheren Verfahren selbst verbreiten. Denn in diesen Verfahren werden sie als ehrverletzend und rufschädigend charakterisiert und untersagt. Dies hat ein völlig anderen Charakter als die Verbreitung der rufschädigenden Äußerungen selbst.

Die Wiederholungsgefahr für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch wird aufgrund des rechtswidrigen Handelns des Antragsgegners vermutet. Diese Vermutung hat der Antragsgegner nicht widerlegt. Es reicht, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, nicht aus, in einer einfachen Erklärung die Absicht kund zu tun, die untersagten Äußerungen nicht zu wiederholen. Es ist vielmehr eine strafbewehrte schriftliche Unterlassungserklärung zu fordern, die der Antragsgegner gerade abgelehnt hat.

Entgegen der Ansicht des Antragsgegners ist es auch ohne Belang, dass er im Zeitpunkt des Einstellens des Zitates in seinem Forumbeitrag die Widerrechtlichkeit der Äußerungen in der Textpassage des Buches von Frau A nicht gekannt haben will. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist ein Verschul- den für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 BGB nicht erforderlich. Ausreichend für ein Unterlassungsanspruch ist die vorsätzliche objektiv rufschädigende Äußerung ohne Rücksicht darauf, ob der Äußernde den rufschädigenden Charakter subjektiv erkennt oder nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit entfällt, da das Urteil mit seiner Verkündung gemäß § 545 Abs. 1 Satz 2 ZPO in Rechtskraft erwächst.

Streitwert für die Berufungsinstanz: 100.000,00 DM.