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StA LG München I: Keine Haftung von Internet-Cafés

Leitsätzliches

Der Betreiber eines Internet-Cafés kann grundsätzlich davon ausgehen, der durchschnittliche Benutzer der von ihm zur Verfügung gestellten Geräte werde diese nicht für Straftaten benutzen. Eine Rechtspflicht des Gaststättenbetreibers, den Benutzer der von ihm zur Verfügung gestellten Geräte an Straftaten zu hindern bzw. dem Benutzer die Kenntnisnahme der von ihm angeforderten Daten in Einzelfällen zu verwehren, besteht nicht.

Staatsanwaltschaft beim Landgericht München I

 

EINSTELLUNGSBESCHEID

 

Aktenzeichen: 467 Js 319998/96

Entscheidung vom 16. Januar 1997

 

 

 

Den Beschuldigten lag zur Last, als Betreiber eines sogenannten Internet-Cafes sich des Verbreitens pornographischer, insbesondere kinderpornographischer, Schriften dadurch schuldig gemacht zu haben, daß sie in der von ihnen betriebenen Gaststätte EDV-Geräte aufstellten sowie die entsprechenden Programme zur verfügung stellten, so daß mit den Geräten aus dem Internet einschlägige Schriften zugänglich gemacht werden konnten.

 

Dieses Verhalten der Beschuldigten bietet keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, weitere straftrechtliche Ermittlungen zu führen.

 

Während sich bei den sogenannten Internet-Providern, also Personen, die gewerbsmäßig Zugang zum Internet gewähren, noch darüber streiten läßt, ob der Schwerpunkt ihres Verhaltens aus strafrechtlicher Sicht in einem aktiven Tun oder einem passiven Unterlassen liegt, so besteht vorliegend kein Zweifel, daß den Beschuldigten allenfalls zum Vorwurf gemacht werden könnte, ein von ihnen gefordertes Verhalten pflichtwidrig unterlassen zu haben. Denn das Betreiben einer Gaststätte, die zugleich als "Internet-Cafe" fungiert, stellt ein sozialübliches und grundsätzlich rechtlich zulässiges Verhalten dar. Zudem - und das ist hier entscheidend - steht der Betreiber eines Internet-Cafes nicht in einem näheren Zusammenhang mit den internationalen Datennetzen, weil im Internet-Cafe selbst beispielsweise keinerlei Daten - wie bei Providern - vorrätig gehalten werden.

 

Soweit demnach den Beschuldigten zur Last gelegt wird, es unterlassen zu haben, die Benutzung der bereitgestellten Geräte ununterbrochen überwacht zu haben, ist unter keinem Gesichtspunkt eine strafrechtliche Haftung hierfür gegeben: Der Eintritt des nicht gewollten Erfolges (Zugänglichmachen pornographischer Schriften) setzt ein vorsätzliches Verhalten dritter Personen, nämlich der Gerätebenutzer, voraus. Der Gastwirt und Betreiber kann grundsätzlich davon ausgehen, der durchschnittliche Benutzer der von ihm zur Verfügung gestellten Geräte werde diese nicht für Straftaten benutzen. Eine Rechtspflicht des Gaststättenbetreibers, den Benutzer der von ihm zur Verfügung gestellten Geräte an Straftaten zu hindern bzw. dem Benutzer die Kenntnisnahme der von ihm angeforderten Daten in Einzelfällen zu verwehren, besteht nicht. Der Betreiber eines Internet-Cafes ist demnach kein Garant dafür, daß ohne sein Wissen über die von ihm teilweise zur Verfügung gestellten Datennetze keine Schriften strafbaren Inhalts verbreitet werden.