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Smartglasses: Wenn die Brille heimlich mitfilmt

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Smartglasses: Wenn die Brille heimlich mitfilmt

Der Internetgigant „Meta“ (Facebook, Instagram) und der Brillenhersteller „RayBan“ bringen eine intelligente Brille auf den Markt, die sog. Smartglasses. Mit dieser soll man unter anderem Musik hören, aber auch Foto- und Filmaufnahmen fertigen können. Unter anderem soll es möglich sein, besondere Momente per Livestream unmittelbar auf Instagram oder Facebook zu übertragen – dafür wurden laut Hersteller eine 12 Megapixelkamera mit Ultraweitwinkel und mehrere Mikrofone in die Brille verbaut. Vermutlich werden bald auch andere Anbieter mit entsprechenden Produkten hinterherziehen.

Der Zuschauer nimmt die Perspektive des Brillenträgers ein

Bei den Livevideos sollen die Zuschauer, welche den Stream in den sozialen Netzwerken verfolgen, die Ich-Perspektive des Brillenträgers einnehmen können. Das bedeutet: Was dieser sieht, sehen auch die Zuschauer. Dies gilt für aufgezeichnete Videos und geknipste Fotos gleichermaßen. Und hier, man wird es ahnen, beginnen auch mögliche rechtliche Probleme.

Wer nur die Natur bei seiner Wanderung oder den eigenen Hund bei einem Spaziergang filmt, wird kaum Schwierigkeiten bekommen. Problematisch wird es jedoch immer dann, wenn andere Personen ins Bild rücken und in eine Aufnahme – und dazu zählt natürlich auch ein Livestream – nicht eingewilligt haben. In vielen Fällen werden sie wahrscheinlich nicht einmal bemerken oder damit rechnen, gerade von einem Brillenträger gefilmt zu werden.

So wird es vermutlich bald zahlreiche, auf den ersten Blick vielleicht nicht so brisante, Aufnahmen aus Konzertsälen, Diskotheken, Fitnessstudios, Einkaufspassagen oder von Partys geben, in welche die gezeigten Personen nicht eingewilligt haben. Das allein genügt in der Regel schon, um die Rechte der abgelichteten Person zu verletzen. Hinzu kommt, dass die Brille zum Beispiel auch für heimliche Aufnahmen im Freibad, in der Umkleidekabine oder in einer anderen unangenehmen Situation genutzt werden könnte.

Aufnahmen können das Recht am eigenen Bild verletzen

Die ungefragte Veröffentlichung von Aufnahmen von anderen verletzt grundsätzlich das Recht am eigenen Bild der gezeigten Menschen. Nach § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) dürfen Bildnisse von Personen grundsätzlich nur mit Einwilligung der abgebildeten Person veröffentlicht werden.  Dies bedeutet, man muss die gezeigten Personen vor Verbreitung um Erlaubnis bitten und insbesondere konkret darüber aufklären, wo die Veröffentlichung erfolgen wird.

Im Falle eines Livestreams ist die Einwilligung naturgemäß vor der Aufnahme einzuholen. Das Gesetz sieht in § 23 KUG zwar auch einige Ausnahmen von der Pflicht zur Einholung einer Einwilligung vor, z.B. wenn es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt, die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft erscheinen oder es sich um Bilder von Versammlungen handelt. Die Abgrenzung ist jedoch mitunter nicht sehr leicht und hängt vom Einzelfall ab – weshalb gerade hinsichtlich dieser Ausnahmen viel vor Gericht gestritten wird. Man sollte sich demnach nicht darauf verlassen und grundsätzlich immer eine Einwilligung einholen, insbesondere dann wenn andere Personen klar und deutlich erkennbar sind.

Grundsätzlich unzulässig ist die Veröffentlichung von Aufnahmen in sehr persönlichen Momenten sein, wenn sich also die gefilmte Person in einer besonders privaten oder intimen Situation befindet (z.B. in Toilettenräumen).

Im Übrigen stellt auch bereits das Aufnehmen an sich – ohne Zustimmung der gezeigten Person – regelmäßig eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG) dar. Verletzungen gegen das Recht am eigenen Bild lassen sich von den Betroffenen auf dem Zivilrechtsweg verfolgen. Denkbar sind unter anderem Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche sowie Schadensersatz- und Geldentschädigungsansprüche.

Manche Aufnahmen erfüllen Straftatbestände

Das Anfertigen von ungefragten Aufnahmen kann auch strafbar sein. So kann das Verbreiten oder Zuschaustellen eines Bildnisses, welches nicht den Anforderungen der §§ 22, 23 KUG entspricht, nach § 33 KUG strafbar sein. Auch sind Aufnahmen unter Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs nach § 201a StGB strafbar. Hierzu gehören zum Beispiel unbefugte Aufnahmen aus einer fremden Wohnung oder einen gegen Einblicke besonders geschützten Raum (z.B. Umkleide) genauso wie Aufnahmen, welche die Hilflosigkeit einer Person zur Schau stellt (z.B. nach einem Unfall, ein schwer Betrunkener). Ebenso strafbar sind Aufnahmen, welche unter die Kategorie „Upskirting“ (z.B. unter den Rock filmen) oder „Downblousing“ (z.B. in den weiblichen Ausschnitt filmen) fallen (§ 184k StGB). Auch nicht erlaubt ist es, fremde nichtöffentliche Gespräche aufzuzeichnen und zu verbreiten (§ 201 StGB).

 

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