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Kanzlerin Merkel, die Düsseldorfer Toten Hosen und der Wahlkampf 2013

Im Krieg und in der Liebe ist angeblich alles erlaubt. Wie ist es im Wahlkampf ?

von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M. 
- parteilos ;) -

Die bevorstehende Bundestagswahl wirft im gefühlten Last-Minute-Wahlkampf ihre Schatten voraus.

Gerade noch die Domain angelamerkel.de für Aufsehen und die Toten Hosen beschweren sich aktuell werbewirksam über die Verwendung ihrer Musik ("Tage wie diese") im Wahlkampf. Was ist also erlaubt und was gerade nicht? Welche Regeln gelten für Politiker im Wahlkampf? Wir stellen eine kurze Übersicht.

angelamerkel.de - fehlendes Satzzeichen kann das Namensrecht beeinträchtigen

Der aktuelle Fall angelamerkel.de war besonders brisant. Wer noch vor wenigen Tagen diese Domain in seinen Browser eingab, der landete nicht wie erwartet auf einer Seite, die sich mit der amtierenden Bundeskanzlerin oder ihrer Partei beschäftigt. Das genaue Gegenteil war der Fall: Der Nutzer fand unter dieser Domain den Internetauftritt der anderen großen Volkspartei vor, der SPD. Die Domain angela-merkel.de - mit Bindestrich also - führt weiterhin auf ihren persönlichen Auftritt.

Diese erstgenannte Domain ist bereits seit den 90er-Jahren auf einen Dritten registriert und zielt auf klassische Vertipper ab. Zwischenzeitlich führte sie immer mal wieder auf andere Internetauftritte, die mit der Politikerin Angela Merkel nichts direkt zu tun hatten. Mittlerweile führt diese Domain wieder keine Inhalte, was sich aber stündlich ändern kann. Die Aufmerksamkeit hierüber war jedoch enorm. Offenbar wird diese Domain überhaupt nicht von der SPD oder jemandem ihr nahestehendem gesteuert.

domain namensrecht angela merkel spd

Was kann Angela Merkel jedoch tun? Grundsätzlich könnte sie ihr Namensrecht aus § 12 BGB geltend machen und damit die Nutzung der Domain in dieser beschriebenden Art und Weise unterbinden. Der Verweis auf den SPD-Auftritt stellt nämlich eindeutig eine Verletzung ihres Namensrechts dar. Sie könnte sogar unter gewissen Umständen die Domain komplett an sich ziehen. Dass sie dies jetzt nicht tat, mag möglicherweise praktische Gründe haben. Die Wahl ist nicht mehr lange hin und eine Klageverfahren ließe sich so schnell natürlich nicht mehr abschließen.

Für eine den Erlass einer einstweiligen Verfügung würde die Zeit allerdings ohne weiteres reichen, wobei es am erforderlichen Eilbedürfnis fehlen könnte, wenn man schon länger von dem Sachverhalt Kenntnis hat. Ein solches Verfahren würde jedoch auch eher wieder mehr Aufmerksamkeit erwecken und von den für Politiker im Vordergrund stehenden Themen ablenken. Unsere Meinung nach der Wahl ist vor der Wahl... darum sollte sich Frau Merkel durchaus mal kümmern.

Tage wie diese! Dürfen Parteien im Wahlkampf jede Musik spielen?

Bei Wahlveranstaltungen ist es üblich, die Stimmung mit Musik anzuheizen. Es kommt viel besser an, wenn das Publikum begeistert ist und singt. Die Toten Hosen müssen dabei scheinbar besonders oft herhalten. Ihr Lied "Tage wie diese" wird besonders gerne auf Wahlveranstaltungen verschiedener Parteien gespielt - unabhängig von der politischen Ausrichtung.

Dies passte den Düsseldorfer Altpunkern nicht. Laut ihrer eigenen Website empfinden sie es als unanständig und unkorrekt, dass ihre Musik auf politischen Wahlkampfveranstaltungen. Ihre Musik würde im Wahlkampf von Leuten missbraucht, die ihr nicht nahestehen.

Allerdings können die Toten Hosen dies - wie sie selbst erkannt haben - auch nicht einfach unterbinden. Ihre Musik wird nämlich von der GEMA lizensiert - dabei sind Kriterien, mit wieviel Herzblut die Musik wahrgenommen wird oder aus welchem politischen Lager die Verwender kommen, nicht interessant. Die Vergabe erfolgt wertungsfrei nach dem Motto "wer zahlt, darf nutzen".
Dies gilt aber nicht ausnahmslos: Jeder Urheber kann nämlich neben der reinen wirtschaftlichen Seite sich auch auf sein Urheberpersönlichkeitsrecht berufen. Dieses beinhaltet auch einen Schutz davor, dass das Werk entstellt wird. Das bedeutet, er darf eine Nutzung verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen und persönlichen Interessen am Werk zu gefährden.

Das dürfte hier wohl schwer der Fall sein, da insbesondere eine politische Haltung nicht zum Ausdruck kommt. Infrage kommen eher die Fälle, wenn zum Beispiel die NPD auf ihren veranstaltungen Musik von Ton Steine Scherben o.ä. spielen würde. An dieser Stelle kommt es aber auch wie immer bei persönlichkeitsrechtlichen Angelegenheiten auf eine Interessenabwägung an.

Meinungsfreiheit und Wahlkampf

Meinungsfreiheit und Politik sind zwei besonders interessante Aspekte, wenn sie aufeinander treffen. Bekanntlich wird im politischen Wahlkampf mit harten Bandagen gekämpft. Auch aus den Parlamenten werden teilweise scharfe Reden bekannt. Grund dafür ist einerseits, dass die Wahrnehmung der öffentlichen Interessen im Mandat auch verlangt, dass sich Politiker scharf für sie einsetzen. Andererseits kommt insbesonders im Wahlkampf auch zum tragen, dass es nicht mehr nur um die reine Diskussion geht, sondern sich Politiker gegenüber dem anderen durchsetzen können müssen. Bildlich gesprochen kann man dies so darstellen, dass der Gürtel etwas tiefer geschnallt wird und die Gürtellinie nicht mehr so hoch liegt, wenn mal ein Politiker im Wahlkampf aus der Hüfte schießt.

Dies soll allerdings nicht darüber hinweg täuschen, dass falsche Tatsachenbehauptungen und grobe Beleidigungen grundsätzlich nicht erlaubt sind. Hier gilt aber oft, wo kein Kläger, da kein Richter und das ist in vielen Fällen, wenn auch nicht allen, sicher auch gut so.