×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Urteile
/
Wettbewerbsrecht
/
Urteile 2010
/
Der beste Powerkurs aller Zeiten - KG Berlin, Beschluss vom 3. August 2010, Az.: 5 W 175/10

Leitsätzliches

Die Werbeaussage "Der beste Powerkurs aller Zeiten" stellt keine irreführende Spitzenstellungswerbung dar. Der durchschnittlich informierte Verbraucher erkennt, dass eine solche Aussage entgegen dem Wortsinn lediglich eine reklamehafte Übertreibung ist.

KAMMERGERICHT BERLIN

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 5 W 175/10
Entscheidung vom 3. August 2010

In dem Rechtsstreit (...)

hat der fünfte Zivilsenat des Kammergerichts Berlin (...) beschlossen:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Zivilkammer 15 des Landgerichts Berlin vom 25. Juni 2010 - 15 O 375/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 50.000 €.

Gründe

I.

Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet, §§ 935, 940 ZPO. Zutreffend hat das Landgericht Unterlassungsansprüche der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin aus deren als Blickfang ausgestalteter Werbung "Der beste Powerkurs aller Zeiten" für Fremdsprachenfernkurse (Bücher mit Audio-CDs) verneint. Diese Werbung enthält keine irreführende Allein- und/oder Spitzenstellungsbehauptung gegenüber den Produkten der Konkurrenz, § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG.

1.
Maßgebend für die Beurteilung einer Werbeaussage nach § 5 UWG ist, wie der angesprochene Verkehr die beanstandete Werbung versteht (BGH, GRUR 2002, 182, juris Rn. 33 - Das Beste jeden Morgen). Auszugehen ist dabei vom Wortsinn des angegriffenen Werbeslogans (BGH, a.a.O., juris Rn. 34). Ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher versteht die Werbung regelmäßig ihrem Wortsinn nach (BGH, GRUR 1989, 608, juris Rn. 10 m.w.N. - Raumausstattung; BGH, a.a.O., Das Beste jeden Morgen, juris Rn. 32), wobei allerdings der durchschnittlich informierte, situationsadäquat aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher (auf den es maßgeblich ankommt, BGH, a.a.O., Das Beste jeden Morgen, juris Rn. 32) eher erkennen wird, wenn es sich bei einer Werbeaussage um eine reklamehafte Übertreibung handelt (Bornkamm in: Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage, § 5 Rn. 2.125). Die Behauptung einer Alleinstellung kann vorliegen, wenn der Verkehr in der Werbeangabe eine, jedenfalls in ihrem Kern konkret fassbare und einer Nachprüfung zugängliche Tatsachenbehauptung erkennt (BGH, a.a.O., Raumausstattung, juris Rn. 10). Bei Anpreisungen, deren Inhalt zwar ganz oder teilweise objektiv nachprüfbar ist, die der Verkehr aber als reklamehafte Übertreibungen wertet, fehlt es an einer Irreführung, soweit der Verkehr die Angaben als Tatsachenbehauptung nicht ernst nimmt (Bornkamm, a.a.O., § 5 Rn. 2.127). Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn (und je mehr) subjektive Einschätzungen und Wertungen erkennbar der Werbeaussage zugrunde liegen (BGH, a.a.O., Das Beste jeden Morgen, juris Rn. 32; Bornkamm, a.a.O., § 5 Rn. 2.127).

2.
Die Bewertung "der beste" ist zwar für einen Fremdsprachenfernkurs nicht völlig unbestimmt und ohne jeden Tatsachenkern, denn sie bezieht sich erkennbar auf die Qualität dieses Produktes. Insofern bewegt sich die vorliegende Werbung durchaus in einem Grenzbereich.

Der angesprochene verständige Durchschnittsverbraucher weiß allerdings, dass die Bewertung derartiger Produkte in einem hohen Maß subjektiv gefärbt ist. Die Einschätzung dieser Fernkurse hängt wesentlich von den Vorkenntnissen und der Lernfähigkeit des einzelnen Verbrauchers, den mit dem Lernen der Fremdsprache jeweils verfolgten Zwecken und nicht zuletzt vom persönlichen Geschmack des Verwenders ab. Der gleichwohl in der Bewertung "der beste" enthaltene Tatsachenkern wird deshalb - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - erkennbar weit in den Hintergrund gedrängt.

Der angesprochene verständige Durchschnittsverbraucher kann deshalb aus der Kombination der beiden Superlative "der beste" und "aller Zeiten" - wie das Landgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - die in dieser Anpreisung liegende reklamehafte Übertreibung erkennen. Gerade der Zusatz "aller Zeiten" für Fremdsprachenfernkurse verdeutlicht dies. Anders als etwa bei von bestimmten Fremdsprachenlehrern persönlich durchgeführten Sprachkursen ist es für ein "bestes" Lehrbuch fernliegend, dass es zwischenzeitlich vom Markt genommen worden und nicht mehr erhältlich sein könnte (ein bestimmter Fremdsprachenlehrer kann hingegen seine Dienstleistung aufgegeben haben). Der Verbraucher geht daher von vornherein davon aus, dass die von den Verlagen angebotenen aktuellen Sprachkurse jeweils moderner und besser sind als die Vorauflagen. Die Wendung “aller Zeiten“ ist daher vorliegend als werbetypische, reklamehafte Anpreisung erkennbar.

Der verständige Durchschnittsverbraucher weiß zwar, dass mittlerweile auch derartige Produkte von seriösen und neutralen Institutionen einem Testverfahren unterzogen und mit einem Testurteil versehen werden. Ebenso weiß dieser Verbraucher aber, dass dahingehende Werbeaussagen jeweils einen Hinweis auf den Durchführenden des Tests und weitere Informationen hierzu enthalten. Vorliegend ist auf den ersten Blick ersichtlich, dass die streitgegenständliche Werbeaussage nicht mit einem solchen Test verknüpft ist. In einem Test werden zudem in aller Regel auch nicht alle jemals angebotenen Konkurrenzprodukte geprüft (erst recht nicht vom Markt genommene Produkte), so dass mit einem solchen Testverfahren die Aussage “aller Zeiten“ unvereinbar ist. Um so mehr wird der Verbraucher dann von einer bloßen subjektiven Anpreisung des Werbenden ausgehen.

3.
Darüber hinaus ist hier - entgegen der Annahme des Landgerichts - auch zu berücksichtigen, dass die ungeschützte Bezeichnung "Powerkurs" für Fremdsprachenfernkurse der vorliegenden Art (Bücher zum Selbsterlernen einer Sprache) bisher im Wesentlichen nur von der Antragsgegnerin für eine von ihr herausgegebene Serie (Intensivkurse) verwendet worden ist. Üblich sind nach wie vor Bezeichnungen wie Sprachkurs, Sprachlehrgang, Intensivkurs oder Turbokurs. Der "Power Dictionary" von Langenscheidt (von der Antragstellerin als einziges Gegenbeispiel benannt) weicht sprachlich und inhaltlich deutlich ab. Der streitgegenständliche, auf den Büchern der Serie der Antragsgegnerin angebrachte Werbehinweis (der im Internetauftritt kaum lesbar ist) tritt den Verbrauchern insbesondere dann entgegen, wenn diese sich im Handel die verschiedenen Konkurrenzangebote anschauen. In dieser Situation liegt für die Verbraucher die Annahme nicht fern, die reklamehafte Aussage "Der beste Powerkurs aller Zeiten" beschränke sich ohnehin auf die verschiedenen Auflagen der "Powerkurse" der Antragsgegnerin.

Da der streitgegenständlichen Werbeaussage nicht von vornherein jeglicher Tatsachenkern fehlt, könnte eine wettbewerbsrechtlich irreführende Alleinstellungsbehauptung der Antragsgegnerin erneut zu prüfen sein, wenn sich die Bezeichnung "Powerkurs" auch für die unmittelbaren Konkurrenzprodukte durchgesetzt hätte. Derartiges ist aber vorliegend (noch) nicht ersichtlich.

4.
Ebenso wäre eine wettbewerbsrechtliche Irreführung nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn die Antragsgegnerin neben der beworbenen Serie auch noch qualitativ bessere (und teurere) Intensiv-Sprachkurse anbieten würde oder wenn die konkret von der Antragsgegnerin beworbene Serie in einem seriösen Test negativ abgeschnitten hätte. Derartiges ist vorliegend aber nicht vortragen. Der Test der Stiftung Warentest (Anlage AS 8) bezog sich ersichtlich auf einen "Anfängerkurs" der Antragsgegnerin und damit auf eine andere Serie.

II.

Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf § 91 Abs. 1, § 3 ZPO.

Unterschriften