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Bestimmtheit eines Unterlassungsantrags - OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 15.05.2008, Az.: 6 U 36/03

Leitsätzliches

Zu den Anforderungen an die Bestimmtheit eines Unterlassungsantrages, der auf das Verbot unerwünschter Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden gerichtet ist. Hierin muss ein konkreter Verletzungsfall genannt werden und gleichzeitig diejenigen Umstände aufgeführt, aus denen sich die Wettbewerbswidrigkeit des beanstandeten Vorfalls ergibt.

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT AM MAIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Entscheidung vom 15. Mai 2008

Aktenzeichen: 6 U 36/03

 

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom ... für Recht erkannt:

G r ü n d e

I.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Des Weiteren wird wegen des Sach- und Streitstandes auf den Tatbestand des in diesem Rechtsstreit ergangenen Urteils des Senats vom 24.07.2003 sowie auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16. November 2006 (Az. I ZR 191/03) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. Januar 2003 (Aktenzeichen 3/11 O 97/02) die Beklagte zu verurteilen,

1. es bei Meidung von Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000,-- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs, unaufgefordert Telefonwerbung zu betreiben, ohne dass ein vorheriges Einverständnis des Adressaten besteht oder aber zumindest Umstände vorliegen, aufgrund derer das Einverständnis mit einer solchen Kontaktaufnahme vermutet werden kann,

hilfsweise hierzu
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Telefonanrufen gegenüber Gewerbetreibenden zu werben und/oder werben zu lassen, ohne dass deren zumindest mutmaßliche Einwilligung vorliegt,
wenn dies geschieht wie in dem Fall der Tischlerei Z1, ..., …, mit der die Beklagte am … 2001 zu Werbezwecken telefonischen Kontakt aufgenommen hat,

hilfsweise hierzu,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Telefonanrufen gegenüber Gewerbetreibenden zu werben und/oder werben zu lassen, ohne dass deren zumindest mutmaßliche Einwilligung vorliegt, wenn dies geschieht wir in dem Fall der Tischlerei Z1, ...straße ..., O1, mit der die Beklagte am ….2001 telefonischen Kontakt aufgenommen hat, ohne dass zuvor eine Geschäftsbeziehung zwischen ihr und der Tischlerei Z1 bestand, um der Tischlerei Z1 ein Angebot über eine entgeltliche Vermittlung von Bauaufträgen zu unterbreiten, nach dem diese bei einem Vertragsabschluss Vorleistungen hätte erbringen müssen;

hilfsweise hierzu, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit Telefonanrufen gegenüber Gewerbetreibenden zu werben und/oder werben zu lassen, ohne dass deren zumindest mutmaßliche Einwilligung vorliegt, weil zuvor keine Geschäftsbeziehung zu dem Angerufenen bestand, wenn dabei nur ein allgemeiner Sachbezug zu dem Gewerbe des Angerufenen besteht und dem Angerufenen entgeltliche Vermittlungsleistungen betreffend Bauaufträgen angeboten werden, bei denen der Angerufene in Vorleistung treten muss, wenn dies geschieht wie in dem Fall der Tischlerei Z1, ..., …, mit der die Beklagte am ... 2001 zu Werbezwecken telefonischen Kontakt aufgenommen hat.

2. Die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 175,07 € nebst 5% Zinsen über dem aktuellen Basiszinssatz zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung auch mit den jetzt gestellten Klageanträgen zurückzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei auch mit den jetzt gestellten Anträgen unzulässig, weil auch diese nicht hinreichend bestimmt seien.

II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache überwiegend, und zwar mit dem zweiten Hilfsantrag, Erfolg.

Unzulässig ist der mit der Klage verfolgte Hauptantrag, weil dieser mit der Formulierung „zumindest Umstände vorliegen, aufgrund derer das Einverständnis mit einer solchen Kontaktaufnahme vermutet werden kann“ aus den vom Bundesgerichtshof dargelegten Gründen nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit von Klageanträgen genügt.

Auch mit dem zuerst gestellten Hilfsantrag kann die Klage keinen Erfolg haben, weil die Bezugnahme auf den Fall der Tischlerei Z1 ohne die Nennung derjenigen Umstände, die diesen Fall als Verletzungshandlung der Beklagten charakterisieren, nicht geeignet sind, das Klagebegehren hinreichend zu konkretisieren.

Demgegenüber ist die Klage mit dem an zweiter Stelle gestellten Hilfsantrag zulässig, weil dieser Antrag den Anforderungen an die Bestimmtheit von Klageanträgen genügt. Denn es wird nicht nur ein konkreter Verletzungsfall genannt, sondern gleichzeitig werden diejenigen Umstände aufgeführt, aus denen sich nach Auffassung des Klägers die Wettbewerbswidrigkeit des beanstandeten Vorfalls ergibt.

Die Einwände der Beklagten gegen die Bestimmtheit dieses Antrages greifen nicht durch. Entgegen ihrer Auffassung muss der Unterlassungstenor nicht abstrakt definieren, in welchen Fällen und unter welchen Voraussetzungen vom Vorliegen einer mutmaßlichen Einwilligung ausgegangen werden kann. Abgesehen davon, dass dies in einem Unterlassungstenor nicht geleistet werden kann, ist eine abstrakte Definition deshalb nicht erforderlich, weil der Kläger sich darauf beschränkt, das Verhalten der Beklagten in einem konkreten Verletzungsfall anzugreifen, in welchem es jedenfalls an der erforderlichen mutmaßlichen Einwilligung fehlte. Der Unterlassungstenor erstreckt sich damit nur auf diesen und im Kern gleichgelagerte Verletzungsfälle, bei denen die im Tenor aufgeführten Umstände ebenfalls vorliegen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Tenor nicht so zu verstehen, dass eine mutmaßliche Einwilligung zwingend eine bestehende Geschäftsbeziehung voraussetze. Das Fehlen einer Geschäftsbeziehung ist nur eine von mehreren Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um dem Tenor zuwiderzuhandeln. Hinzutreten muss vor allem, dass die telefonische Kontaktaufnahme dem Zweck dient, ein Angebot der im Antrag näher beschriebenen Art zu unterbreiten, bei dem es sich jedenfalls nicht um ein dem Angerufenen objektiv günstiges Angebot handelt.

Die – nicht weiter begründete – Beanstandung der Formulierungen „Geschäftsbeziehung“, „Angebot über eine entgeltliche Vermittlung von Bauaufträgen“, „Vorleistungen“ verfängt ebenfalls nicht, weil es zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Beklagte zur Tischlerei Z1 (überhaupt) keine Geschäftsbeziehung unterhalten hat und der Anruf dazu diente, ein Angebot über die entgeltliche Vermittlung von Bauaufträgen zu unterbreiten, bei dessen Annahme die Tischlerei Vorleistungen hätte erbringen müssen.

Mit diesem Antrag ist die Klage auch begründet, weil das beanstandete Verhalten sowohl gegen § 1 UWG a.F. unter dem Gesichtspunkt des Kundenfangs durch Belästigung als auch gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 Variante 2 UWG verstößt. Zur Begründung wird auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in dieser Sache verwiesen. Der Umstand, dass die Beklagte die Individualvereinbarung, wie in Rdn. 20 des Urteils des BGH beschrieben, nicht mehr verwendet, beseitigt die Wiederholungsgefahr nicht und lässt den Unterlassungsanspruch daher unberührt.

Ebenfalls begründet ist die Zahlungsklage, mit der der Kläger die Erstattung seiner Abmahnkosten verlangt. Insoweit wird zur Begründung auf die Ausführungen des Bundesgerichtshofs unter Rdn. 24 des Urteils verwiesen. Der Zahlungsanspruch ist mangels früheren Verzugseintritts ab Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Dem Kläger waren 20% der Kosten aufzuerlegen, weil er sein Klageziel zwar im Wesentlichen erreicht, seine Klage mit dem Hauptantrag und dem zuerst gestellten Hilfsantrag jedoch keinen Erfolg hatte. Dem steht nicht entgegen, dass sein Hauptantrag zum Zeitpunkt der Klageerhebung nach der damals geltenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (WTRP 1996, 100 – Telefax-Werbung) zulässig war. Entscheidend ist, dass das mit dem Hauptantrag verfolgte Klageziel aufgrund der stärkeren Abstraktion von der beanstandeten Verletzungshandlung weiter reichte als das zugesprochene Verbot.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs in seinem Revisionsurteil in dieser Sache keine grundsätzliche Bedeutung mehr hat.

(Unterschriften)