×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Urteile
/
Wettbewerbsrecht
/
Urteile 2007
/
Keine Berufung bei Verurteilung wegen E-Mail-Spam - KG Berlin, Urteil vom 26.01.2007 - Az. 9 U 52/06

Leitsätzliches

Im Fall eines zur Unterlassung von E-Mail-Werbung verurteilten Beklagten ist im Berufungsverfahren der Wert der Beschwerdegegenstandes zu schätzen, wobei hier das (Abwehr-) Interesse des Rechtsmittelführers maßgeblich ist, welches regelmäßig die Berufungssumme von 600 EUR nicht übersteigt.

KAMMERGERICHT BERLIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 9 U 52/06

Entscheidung vom 26. Januar 2007

In dem Rechtsstreit


...
g e g e n
...

hat der 9. Zivilsenat des Kammergerichts in Berlin-Schöneberg, Elßholzstr. 30-33, 10781 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 26.01.2007 durch …

für R e c h t erkannt:

Die Berufung des Antragsgegners gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 10. Januar 2006 (15.O.475/05) wird auf dessen Kosten als unzulässig verworfen.

Gründe

I.Der Antragsteller, der Rechtsanwalt ist, nimmt den Antragsgegner auf Unterlassung von E-Mail-Werbung in Anspruch. Er erhielt am 22. Juli 2005 über die von ihm geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse eine E-Mail des Antragsgegners, in der dieser für eine von ihm vertriebene Vordrucksoftware für Rechtsanwälte warb. Zwischen den Parteien bestanden keine geschäftlichen Beziehungen.

Das Landgericht Berlin hat den Antragsgegner antragsgemäß durch einstweilige Verfügung vom 02.August 2005 zur Unterlassung verpflichtet und die einstweilige Verfügung auf den Widerspruch desAntragsgegners durch Urteil vom 10. Januar 2006 bestätigt. Dem Antragsgegner ist das Urteil am 13.Februar 2006 zugestellt worden. Mit seiner am 13. März 2006 eingelegten und am 18. April 2006 begründetenBerufung verfolgt der Antragsgegner seine erstinstanzlichen Anträge weiter.

Wegen des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils Bezug genommen.


Der Antragsteller beantragt,

in Abänderung des Urteils des Landgerichts Berlin – 15.O.475/05 – vom 10. Januar 2006 dieeinstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin vom 02. August 2005 aufzuheben und den Antragauf deren Erlass zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.


II. Die Berufung ist unzulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro nicht übersteigt, §511 Absatz 2 Ziffer 1 ZPO.

Im vorliegenden Fall einer Unterlassungsverpflichtung ist dieser Wert gemäß § 3 ZPO zu schätzen.Maßgeblich ist hierbei das Interesse des Rechtsmittelführers, seine erstinstanzliche Verurteilung zu beseitigen.Unerheblich ist hierbei die Beeinträchtigung, die von dem beanstandeten Verhalten ausgeht. Diese erfasst das Interesse des Antragstellers an der begehrten Unterlassung. Für den Antragsgegner ist dagegen darauf abzustellen,inwieweit dieser durch die titulierte Unterlassungsverpflichtung betroffen (beschwert) ist. Deshalb ist für den Wert des Beschwerdegegenstandes – wie bei Auskunftsansprüchen(vgl. Zöller 26. Auflage, § 3, Rn. 16 – Auskunft) – nach dem Angriffsinteresse des Klägers (Antragstellers) und dem Abwehrinteresse des Beklagten (Antragsgegners) zu differenzieren.

Das Abwehrinteresse des Antragsgegners wird im vorliegenden Fall eines Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb allein durch den Aufwand und die Kosten bestimmt, die damit verbunden sind, dem titulierten Unterlassungsanspruch nachzukommen (vgl. zum insoweit vergleichbaren Auskunftsanspruch BGH FamRZ 2006, 33).

Aufwand und Kosten übersteigen aber bei der Unterlassung von E-Mail-Werbung keinesfalls 600,00 Euro (vgl. auch BGH NJW-RR 2005, 219). Der Antragsgegner hat selbst erklärt, er habe lediglich die EMail-Adresse des Antragstellers aus seiner Verteilerliste löschen müssen.

Das Abwehrinteresse eines Antragsgegners mag höher sein, wenn die Verpflichtung zur Unterlassung darüber hinaus noch zu Beeinträchtigungen führen könnte, wie beispielsweise im Wettbewerbsrecht eine Verpflichtung, bestimmte Werbemaßnahmen zu unterlassen, Einnahmeverluste nach sich ziehen könnte. Damit ist der vorliegende Fall jedoch nicht vergleichbar. Der Antragsteller will vom Antragsgegner keinerlei Werbenachrichten erhalten, er will keine geschäftlichen Kontakte mit dem Antragsgegner, der Antragsgegner hat seinerseits bereits erklärt, er wird nicht noch einmal an den Antragsteller herantreten. Weitere Nachteile, als den Aufwand den Antragsteller aus seiner Verteilerliste zu löschen, sind somit nicht ersichtlich.Unabhängig davon wäre die Berufung auch in der Sache erfolglos. Dem Kläger steht ein Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Absatz 1, 1004 Absatz 1 Satz 2 BGB analog zu. Die Zusendung von E-Mail-Werbung stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar, wobei bereits die Zusendung einer einzigen Werbe-E-Mail einen rechtswidrigen Eingriff darstellt. Auch Wiederholungsgefahr (BGH NJW 1986, 2503) und Verfügungsgrund sind gegeben. Der Senat schließt sich insoweit der obergerichtlichen Rechtsprechung an (OLG Bamberg MMR 2006, 481; OLGR Düsseldorf 2006, 544; MMR 2004, 820; OLG München MMR 2004;324; KGR Berlin 2003, 322; OLG Koblenz MMR 2003, 590; KGR Berlin 2002, 353). Das Berufungsvorbringen des Antragsgegners wirft hierzu keine neuen Rechtsfragen auf und gibt keinen Anlass von dieser Rechtsprechung abzurücken.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1 ZPO.

(Unterschriften)