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Wikipedia haftet nicht für gegen ein Unternehmen gerichtete Äußerungen - LG Köln, Urteil vom 14.05.2008, Az.: 28 O 344/07

Leitsätzliches

Im Falle von Meinungsforen im Internet ist - auch bei Wikipedia - ein Verbreiten von Äußerungen durch den Betreiber des Forums gegeben. Die Wikimedia Foundation Inc. macht sich als Betreiberin der Wikipedia – eines Meinungsforums im weiteren Sinne – die darin enthaltenen Aussagen nicht zu Eigen. Nichts anderes gilt für wikipadia.de, sowie für den Admin-C. Es liegt auf der Hand, dass die Haftung desjenigen, der auf bestimmte Inhalte verweist und auf diese weiterleitet, jedenfalls nicht weiter gehen darf als die des Betreibers der als Ziel der Weiterleitung angegebenen Homepage. Eine Haftung kommt daher allenfalls unter den Gesichtspunkten der Störerhaftung in Betracht, wobei die beanstandete Handlung des Dritten rechtswidrig sein muss.

LANDGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Entscheidung vom 14. Mai 2008

Aktenzeichen: 28 O 344/07

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat die 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln auf die mündliche Verhandlung vom ... durch die Richter ... für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Verantwortlichkeit der Beklagten für in einem Artikel auf de.wikipedia.org enthaltene Äußerungen, die die Klägerin betreffen.

Bei der Klägerin handelt es sich um eine Dachgesellschaft; zu ihrem Konzern gehört u.a. die Frankfurter Literaturverlag GmbH. Letzterem wiederum sind mehrere „Imprintverlage“ zugeordnet, die selbst keine Rechtspersönlichkeit besitzen, aber verschiedene Genres und Sparten von Literatur abdecken (sog. Labels), Das Geschäftsmodell dieser Verlage weicht von dem klassischer Publikumsverlage insoweit ab, als Letztere selbst die Buchveröffentlichung finanzieren; bei den Verlagen der Klägerin hingegen zahlen die Autoren Zuschüsse und finanzieren damit die Veröffentlichung des Werkes. Die Klägerin bzw. ihre Verlage bewerben sodann die Bücher gegenüber dem Buchhandel und bieten weitere unterstützende Maßnahmen an. Zu den von der Klägerin für die Verlage verwendeten Bezeichnungen gehören: August-von-Goethe-Literaturverlag, Weimarer Schiller-Presse sowie Deutsche Bibliothek der Wissenschaften.

Der Beklagte zu 1) ist ein beim AG Charlottenburg eingetragener Verein mit Sitz in Berlin, dessen Ziele laut Satzung die Erstellung, Sammlung und Verbreitung freier Inhalte (open content) sind, was hauptsächlich durch den Einsatz von Wikis (im Folgenden erläutert) erreicht werden soll. Als prominentestes Beispiel wird die Wikipedia genannt. Nach § 2 Abs. 3 der Satzung übernimmt der Beklagte zu 1) die Aufgaben einer Sektion der Wikimedia Foundation Inc., der Dachorganisation aller nationalen Wikimedia-Sektionen mit Sitz in Florida. Als Schwerpunkte der Tätigkeit des Beklagten zu 1) werden in der Satzung (§ 2 Abs. 4) beispielhaft der Betrieb und die finanzielle Förderung des Betriebs von Internetsystemen zur Erstellung, Sammlung und Verbreitung freier Inhalte genannt, wobei insoweit der Schwerpunkt auf den internationalen Wikimedia-Projekten liegen soll. Der Beklagte zu 1) veranstaltet auch Tagungen zum Thema Wikipedia und anderen Aspekten freien Wissens.

Der Beklagte zu 1) ist darüber hinaus Inhaber der Domain wikipedia.de, als deren administrativer Ansprechpartner der Beklagte zu 2) eingetragen ist. Auf dieser Domain befand sich ursprünglich kein eigener Inhalt, sondern lediglich eine automatische Weiterleitung auf die Domain de.wikipedia.org. Unter Letzterer ist der deutschsprachige Teil der Online-Enzyklopädie Wikipedia abrufbar. Inzwischen gibt es diese Weiterleitung nicht mehr; stattdessen wird unter wikipedia.de eine Suchmaschine angeboten, mittels derer u.a. Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia gesucht werden können.

Nach den Domain-Richtlinien der DENIC eG. (dort unter VIII) hat der administrative Ansprechpartner folgende Aufgaben:

„Der administrative Ansprechpartner (admin-c) ist die vom Domaininhaber benannte natürliche Person, die als sein Bevollmächtigter berechtigt und verpflichtet ist, sämtliche die Domain betreffenden Angelegenheiten verbindlich zu entscheiden, und die damit den Ansprechpartner DENICs darstellt. Für jede Domain kann nur ein admin-c benannt werden. Mitzuteilen sind Name, Anschrift, Telefonnummer und E-Mail-Adresse des admin-c. Sofern der Domaininhaber seinen Sitz nicht in Deutschland hat, ist der admin-c zugleich dessen Zustellungsbevollmächtigter i.S.v. §§ 174 f. ZPO; er muss in diesem Falle seinerseits in Deutschland ansässig sein und mit seiner Straßenanschrift angegeben werden.“

Die Wikipedia basiert auf der oben erwähnten Wiki-Technik. Solche Wikis setzen auf einer serverbasierten Software auf, die es jedem Internetnutzer über seinen Browser ermöglicht, auch ohne vorherige Anmeldung Artikel zu bearbeiten oder neu zu erstellen, Inhaberin der Domain wikipedia.org und der dazugehörigen Sub-Domain de.wikipedia.org ist die Wikimedia Foundation Inc. mit Sitz in Florida. Auf deren Servern werden auch die Inhalte der Wikipedia gespeichert. Es existieren ca. 620.000 allein deutschsprachige Einträge in der Wikipedia.

Auf de.wikipedia.org befand sich bei Eingabe des Suchbegriffs „Frankfurter Verlagsgruppe“ bzw. „August von Goethe Literaturverlag“ unter der URL „de.wikipedia.org/wiki/Frankfurter–Verlaggruppe“, ein die Klägerin betreffender Artikel, Dieser wies bis zu einem bestimmten Zeitpunkt den in Anlage ASt. 7 (Bl. 50 d.A.) wiedergegebenen Inhalt auf; danach wurde er durch den in Anlage ASt. 6 (Bl. 48 d.A.) wiedergegebenen Artikel ersetzt, in dem ebenfalls ein Teil der angegriffenen Äußerungen enthalten ist. Wegen der Inhalte dieser Artikel wird auf die genannten Anlagen Bezug genommen. Beide Artikel wurden nicht von den Beklagten verfasst Aus der Änderungshistorie des Artikels ergibt sich, dass hieran verschiedene Nutzer Änderungen und Ergänzungen vorgenommen haben.

Dabei sind die folgenden Umstände, die in den Äußerungen angesprochen werden, zwischen den Parteien unstreitig: Die Klägerin selbst führte nicht die angegebenen Verfahren vor dem OLG Stuttgart und vor dem LG München, sondern der Bund Deutscher Schriftsteller e.V., worauf die Fußnote in dem Artikel hinwies. Auch wurde über die Klägerin in WIS in der Rubrik „WISO ermittelt“ zumindest einmal berichtet. In dieser Rubrik werden Fälle zweifelhafter Geschäftspraktiken verschiedener Unternehmen plastisch dargestellt, indem ein Schauspieler als Detektiv diversen Vorgängen nachgeht. Bei dem zweiten Bericht in WISO ging es u.a. um die Brentano Gesellschaft, die das „Deutsche Literaturfernsehen“ (eine Internetsendung mit Autorenlesungen) vormals unter dem Namen „Literatur im Zweiten“ betrieb. Wegen der Einzelheiten des letzteren Berichts wird auf die zu den Akten gereichte DVD mit dem Mitschnitt des entsprechenden WISO-Berichts verwiesen. Der Geschäftsführer der Klägerin, Herr Dr. U.F., ist ausweislich des Impressums der Webseiten www.ixlibris.de, www.haus-der-literatur.de und www.cornelia-goethe-akademie.de, die sämtlich von der Brentano-Gesellschaft unterhalten werden, Geschäftsführer der Brentano-Gesellschaft. Diese hat die gleiche Adresse wie die Klägerin. Der in der letzten Äußerung angesprochene Autorenratgeber wurde kostenlos an Buchhandlungen versandt; in ihm sind Werbecoupons für die Klägerin und die Brentano-Gesellschaft enthalten.

Die Klägerin mahnte den Beklagten zu 1) wegen der Äußerungen ab und forderte ihn auf, sein Verhalten einzustellen, was dieser ablehnte.

Die Klägerin ist der Ansicht, beide Beklagte seien für die streitgegenständlichen Äußerungen verantwortlich. Hierzu behauptet sie, der Beklagte zu 1) bestimme die Inhalte der Wikipedia mit und habe die Bearbeitung des hier streitgegenständlichen Artikels darin gesperrt. Dies geschehe dadurch, dass der Beklagte zu 1) in Deutschland Administratoren anwerbe, welche die Bearbeitung der über Wikipedia erreichbaren Texte vornähmen und die Bereitstellung derselben realisierten. Aus der Selbstdarstellung des Beklagten zu 1) folge, dass dieser Software-Entwicklern einen Zugriff auf die Wikipedia-Datenbank zur Verfügung stelle. Insofern wolle der Beklagte zu 1) sich durch die eingerichtete Weiterleitung auf wikipedia.org auch die Inhalte der Wikipedia zu Eigen machen; es sei ein Erst-Recht-Schluss zur Verlinkung auf andere Internetseiten zu ziehen. Die Passivlegitimation des Beklagten zu 2) ergebe sich daraus, dass der Admin-C die verantwortliche natürliche Person für die Inhalte der Internet-Seite sei; insofern sei er in der Lage und verpflichtet, die Störung zu beseitigen. Die Vertretungsberechtigung betreffe nicht nur die Domain, sondern auch deren Inhalte, was auch Gegenstand des Vertragsverhältnisses mit der Denic sei. Hinsichtlich der Äußerungen im Einzelnen trägt die Klägerin vor, dass aus der Verantwortlichkeit beider Beklagter für den Inhalt der Wikipedia folge, dass diese die Behauptungen über die Klägerin selbst aufstellten.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Äußerungen seien sämtlich unzulässig. Die von ihr gewählten Namen legten keine Nähe zu ähnlich klingenden Verlagen nahe und seien so nicht zur Täuschung geeignet, was die Klägerin auch nicht beabsichtige. Auch sei der BDS von der Klägerin unabhängig. Der Geschäftsführer der Klägerin habe nie Prozessvollmachten für den BDS erteilt. Die Berichterstattung in WISO habe dem Grunde nach einen markenrechtlichen Namensstreit zum Gegenstand gehabt und habe nichts mit Betrug oder Bauernfängerei zu tun gehabt. Auch seien sie und ihre Verlage Dienstleisterverlage und daher Verlage im eigentlichen Sinne. Die von ihr erbrachten Tätigkeiten stellten normale Verlagsarbeiten dar (lektorieren, korrigieren, gestalten). Das Literaturfernsehen gehöre bereits nicht zur Klägerin, sondern zur Brentano-Gesellschaft mbH, welche eine eigenständige juristische Person und auch sonst völlig unabhängig von der Klägerin sei. Die Namensänderung sei – wie der Klägerin bekannt sei – aufgrund eigenständiger Überlegungen der Brentano-Gesellschaft abgeändert worden, um freiwillig vermeintliche Streitigkeiten zu vermeiden. Bei dem an Buchhandlungen versandten Ratgeber handele es sich nicht um Werbung für sie; es sei üblich, dass Ratgeber auch Coupons für Dienstleistungsangebote Dritter enthielten.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren, in dem Fall des Beklagten zu 1) zu vollziehen an dem gesetzlichen Vertreter, zu unterlassen, unter Bezugnahme auf die Klägerin aufzustellen und zu verbreiten

„… sie wähle bewusst wohlklingende Namen und Bezeichnungen von ähnlich renommierten Verlagen und Vereinigungen, um so potenzielle Autoren zu täuschen.“

„Die Verlagsgruppe ging 2005 und 2006 in mehreren Fällen erfolglos gerichtlich gegen kritische Berichterstattungen vor. So klagte sie gegen einen Artikel des Autorenhaus Verlags, der Verflechtungen der Verlagsgruppe u.a. mit dem Bund Deutscher Schriftsteller, der World Writers Association (WWA) und der Brentano-Gesellschaft Frankfurt mbH nahelegte, unterlag jedoch 2005 vor dem OLG Stuttgart und 2006 vor dem LG München ….“

„… Auch das ZDF berichtete in seiner Sendung WISO in der Reihe „WISO ermittelt“, in der reale Fälle von Betrug und Bauernfängerei mit einem Schauspieler nachgestellt werden, bereits zweimal kritisch über die Aktivitäten der Verlagsgruppe. Zuletzt ging es um das „Deutsche Literaturfernsehen“, das ebenfalls von der Verlagsgruppe im Internet betrieben wird ….“

so wie geschehen in dem als Anlage ASt. 6 veröffentlichten Internetauftritt unter dem Internetpfad de.wikipedia.org/wiki/August von Goethe Literaturverlag auf der Internetseite der freien Enzyklopädie „Wikipedia“ eingestellten Artikel unter dem Schlagwort „Frankfurter Verlagsgruppe“, sowie unter Bezugnahme auf die Klägerin aufzustellen und zu verbreiten,

„Da man hierbei nicht von einem Verlag im eigentlichen Sinne sprechen kann, bezeichnen sich die Unternehmen der Gruppe selbst als Dienstleistungsverlage …“

„… Laut ZDF verlangt man von einem Autor bis zu 5.000 € für einen Auftritt in diesem reinen Internet-Medium. Auf Betreiben des ZDF musste zudem die Frankfurter Verlagsgruppe den Namen des Literaturfernsehens, das zuvor „Literatur im Zweiten“ hieß, ändern ….“

„… Bei dem Ratgeber handelt es sich offensichtlich um nicht gekennzeichnete Werbung für die Verlage der Frankfurter Verlagsgruppe; In mehreren Essays wird der Verband Deutscher Schriftsteller (VS) scharf angegriffen, Selbstverlage sowie Book-on-Demand-Anbieter werden verteufelt. Dagegen werden das Modell Zuschussverlag (dort: „Dienstleistungsverlag“) sowie der „Bund Deutscher Schriftsteller“ (BDS) immer wieder deutlich beworben …“

so wie geschehen in dem als Anlage ASt 7 zuvor veröffentlichten Internetauftritt unter dem Internetpfad de.wikipedia.org/wiki/August_von_Goethe_Literaturverlag auf der Internetseite der freien Enzyklopädie „Wikipedia“ eingestellten Artikel unter dem Schlagwort „Frankfurter Verlagsgruppe“.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie sind der Ansicht, ihrer Inanspruchnahme stehe bereits ihre fehlende Störereigenschaft entgegen. Hinsichtlich des Beklagten zu 1) sei richtig zu stellen, dass Wikipedia ein alleiniges Projekt der Wikimedia Foundation Inc. sei, das der Beklagte zu 1) nicht als eigenes ansehe. Eine Beeinflussung der Inhalte durch den Beklagten zu 1) sei nicht möglich, dieser habe auch keinen Zugriff auf die Server der Wikimedia Foundation Inc. Eine Vorabkontrolle der neu erstellten Inhalte oder eine nachträgliche Steuerung durch eine zentrale Redaktion finde nicht statt. Angesichts der Fülle der allein in der deutschen Version der Wikipedia enthaltenen Artikel sei die eingerichtete Weiterleitung vom objektiven Empfängerhorizont nicht so zu verstehen, dass der Beklagte zu 1) sich jegliche Äußerung in der Wikipedia zu Eigen mache. Die Weiterleitung habe nur technische, keine inhaltliche Relevanz. Es sei unverhältnismäßig, wenn die gesamte Weiterleitung von wikipedia.de auf de.wikipedia.org abgeschaltet werden müsse, nur weil einige Äußerungen in einem Artikel auf einer Unterseite von de.wikipedia.org abrufbar waren. Dies sei außerdem ungeeignet, weil trotz Abschaltung der Weiterleitung der Inhalt noch abrufbar sei. Die Klägerin deute die Stellung eines Admin-C falsch, denn aus den DENIC Domainrichtlinien folge, dass die Vertretungsberechtigung des Admin-C sich allein auf die Domain als solche, also als Adressierungsmethode im Internet, beschränke. Dies sei aber nicht mit dem Inhalt der betreffenden Internetseite gleichzusetzen.

Hinsichtlich der Äußerungen rügen die Beklagten zunächst die Antragsfassung, da sie die Äußerungen nicht selbst aufgestellt hätten. Die Äußerungen seien aber auch nicht zu untersagen. Bei der ersten Äußerung habe die Klägerin zunächst – insoweit unstreitig – die Einleitung des Satzes, die lautete „Der Autorenhaus Verlag wirft der Verlagsgruppe vor …“ ausgelassen. Die Verwendung der Namen berühmter Autoren oder deren Verwandten durch die Klägerin und ihre Verlage sei im Literaturbetrieb unüblich. Durch die Wahl der Bezeichnung „Deutsche Hochschulschriften“ oder „Deutsche Bibliothek der Wissenschaften“ rufe die Klägerin den Eindruck einer offiziellen, repräsentativen und großen Einrichtung hervor. Der BDS gehöre zu der Klägerin. Der BDS habe auch vormals die Domains augustvongoethe.de, august-von-goethe.de, corneliagoethe.de, cornelia-goethe.de und cornelia-goethe-akademie.de innegehabt und damit Bezeichnungen der Klägerin verwendet Es sei in der Vergangenheit mehrfach vorgekommen, dass der alleinige Vorstand und Geschäftsführer der Tochterunternehmen der Klägerin, Dr. U.F., für den BDS Prozessvollmachten erteilt habe, Es finde ein auffälliges Cross-Marketing zwischen Verlagen der Klägerin oder der mit ihr verbundenen Unternehmen und dem BDS statt, so zB hinsichtlich des Ratgebers für Autoren. Dabei fehlten Hinweise auf Angebote Dritter völlig, Auch der zweite WISO-Bericht betreffe die Klägerin, weil über den Fouque Literaturverlag berichtet worden sei, und zwar insofern, als – unstreitig – im Zusammenhang mit der Einladung zu Lesungen des Deutschen Literaturfernsehens ein vom BDS zertifizierter Verlagsvertrag des Fouque Literaturverlages übersandt worden sei, nach dem die Veröffentlichung 5.000 € habe kosten sollen. Die Brentano-Gesellschaft sei keine eigenständige juristische Person, was sich daraus ergebe, dass – insoweit unstreitig – der alleinige Vorstand und Geschäftsführer der Klägerin auch Geschäftsführer der Brentano-Gesellschaft sei. Eigner der Geschäftsanteile der Brentano-Gesellschaft und derjenigen der Klägerin sei Dr. M. H.-H.; beide hätten – Insoweit unstreitig – denselben Geschäftssitz. Die Zusammengehörigkeit folge auch aus dem Umstand, dass Autoren, um ins Deutsche Literaturfernsehen der Brentano-Gesellschaft zu kommen, zuvor einen Verlagsvertrag bei der Klägerin unterschreiben müssten. Deshalb sei die Änderung der Bezeichnung „Literatur im Zweiten“ ohne weiteres der Klägerin zuzurechnen. In Bezug auf den als Werbung bezeichneten Ratgeber für Autoren seien die Tatsachenangaben in dem Artikel zutreffend, weil in dem Ratgeber der Verband Deutscher Schriftsteller tatsächlich kritisiert worden sei und Selbstverlage sowie Book-on-Demand-Anbieter negativ dargestellt worden. seien, während das Geschäftsmodell der Klägerin und der BDS positiv dargestellt würden. In der Adressliste des Ratgebers seien neben Publikumsverlagen nur Verlage der Frankfurter Verlagsgruppe aufgeführt, nicht aber Konkurrenten der Klägerin wie zB ihr Wettbewerber, der P-Verlag.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte, auf §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog gestützte Unterlassungsanspruch hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen nicht zu, weil diese sie weder in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht noch in ihrem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzen. Dabei erstreckt sich der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts auch auf Kapitalgesellschaften wie die Klägerin, wenn sie in ihrem sozialen Geltungsanspruch als Arbeitgeber oder als Wirtschaftsunternehmen betroffen werden (BGH NJW 1986, 2951).

Es ist zunächst davon auszugehen, dass die Beklagten sich die Äußerungen nicht zu Eigen gemacht haben, so dass ein eigenes Behaupten, wie es die Klägerin in ihren Verbotsantrag aufnimmt, ausscheidet. Selbst unter Zugrundelegung der Annahme, die Beklagten seien für die Inhalte auf de.wikipedia.org als Störer verantwortlich, folgt hieraus nicht, dass sie diese Inhalte als eigene Äußerung aufstellen. Die Klägerin kann sich insoweit nicht auf die Entscheidung des LG Hamburg (NJW 1998, 3650) berufen, wonach die Verlinkung auf fremde Webseiten bei fehlender Distanzierung des Verlinkenden dazu führt, dass der Verlinkende für die dort aufzufindenden Inhalte wie eigene haftet. Denn diese ist nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Der entscheidende Unterschied zum hier zu beurteilenden Streitfall besteht vor allem darin, dass die Beklagten nicht gezielt auf einen bestimmten Artikel verlinkt haben, sondern die Weiterleitung nur auf die Hauptseite von de.wikipedia.org erfolgte; dort wiederum ist eine Vielzahl von Autoren tätig, die eine ebenso große Vielzahl von Artikeln verfasst hat. Vor diesem Hintergrund kann der Weiterleitung nicht die ausdrückliche oder konkludente Erklärung entnommen werden, die Beklagten billigten die in diesen über 600.000 Artikeln enthaltenen Äußerungen und machten sie sich zu Eigen; die Annahme eines solchen Erklärungswerts wäre bloße Fiktion. In ähnlicher Weise haben der BGH (NJW 2007, 2558, 2559) und zuvor bereits die Kammer (Urt. v. 4.12.2002 – 28 O 627/02, teilweise abgedruckt in MMR 2003, 601) angenommen, dass im Falle von Meinungsforen im Internet lediglich ein Verbreiten von Äußerungen durch den Betreiber des Forums gegeben ist. Diese Erwägung ist im vorliegenden Fall ebenfalls durchgreifend; denn macht sich die Wikimedia Foundation Inc. als Betreiberin der Wikipedia – eines Meinungsforums im weiteren Sinne – die darin enthaltenen Aussagen nicht zu Eigen, so kann nichts anderes für die Beklagte zu 1) gelten. Es liegt auf der Hand, dass die Haftung desjenigen, der auf bestimmte Inhalte verweist und auf diese weiterleitet, jedenfalls nicht weiter gehen darf als die des Betreibers der als Ziel der Weiterleitung angegebenen Homepage.

Ein eigenes Behaupten folgt auch nicht daraus, dass – wie die Klägerin behauptet – der Beklagte zu 1) Administratoren anwerbe, die ihrerseits die Befugnis zur Änderung und ggf. Sperrung der Wikipedia-Artikel hätten. Denn die Klägerin verkennt insoweit die Rolle von Administratoren bei der Wikipedia. Wie sich aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten und in Bezug genommenen Stern-Artikel (Bl. 220 ff., hier insbes, 230 d.A.) ergibt, sind die Administratoren gerade keine Angestellten des Beklagten zu 1), sondern vielmehr Nutzer bzw. Autoren der Wikipedia mit einem gewissen Sonderstatus, Dieser Sonderstatus beruht aber nicht auf einer entsprechenden Verleihung von Schreibrechten durch den Beklagten zu 1), sondern auf Wahl der Administratoren durch andere erfahrene Nutzer der Wikipedia (Prinzip der Meritokratie). Dem durch die Klägerin angebotenen Beweis durch Vernehmung einzelner Administratoren als Zeugen war deshalb nicht nachzugehen. Die von der Klägerin angeführten vertraglichen Abreden des Beklagten zu 1) mit der Wikimedia Foundation Inc., die eine inhaltliche Verantwortlichkeit des Beklagten zu 1) für die Inhalte der Wikipedia begründen sollen, sind nicht ersichtlich. Der Vortrag der Klägerin, wonach der Beklagte zu 1) ein Serversystem betreibt, auf dem auch Inhalte der Wikipedia gehostet werden, begründet ebenfalls kein Zu-Eigen-Machen. Insoweit haben zum einen die Beklagten substantiiert vorgetragen, dass es sich hierbei um ein Serversystem handelt, auf dem Software-Entwickler Werkzeuge für die Erstellung und Verbreitung freien Wissens entwickeln können. Im Vordergrund steht also die Entwicklung neuer Programme, nicht inhaltliche Arbeit an der Wikipedia, Nach dem Vortrag der Beklagten geschieht die Speicherung von (Teil-)Inhalten der Wikipedia auf diesem Serversystem nur zu Zwecken des Tests der entwickelten Tools.. Für Außenstehende ist ein inhaltlicher Zugriff nach dem Beklagtenvortrag, dem die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten ist, aber gerade nicht möglich.

Macht sich damit der Beklagte zu 1) die streitgegenständlichen Äußerungen nicht zu Eigen, so gilt dies noch weniger für den Beklagten zu 2). Als administrativer Ansprechpartner von wikipedia.de (und nicht von wikipedia.org) ist dieser entgegen der seitens der Klägerin vertretenen Auffassung nicht derjenige, der die Inhalte der jeweiligen Webseite als eigene Inhalte zu verantworten hat. Die von der Klägerin angenommene Verantwortlichkeit des Admin-C für die Inhalte der jeweiligen Webseite beruht auf der Vorstellung, dass Domain und Webseite ein- und dasselbe sind, was aber nicht zutrifft. Die Domain ist – das ergibt sich aus dem Ausdruck von der DENIC-Webseite – nur eine Adressierungsmöglichkeit für bestimmte Webseiten, ist aber nicht mit Letzteren gleichzusetzen (ebenso KG MMR 2006, 392 [393]). Die Behauptung der Klägerin, der Vertrag des Domaininhabers mit der DENIC erstrecke sich auch auf inhaltliche Aspekte, findet ebenfalls keine Stütze in den DENIC-Richtlinien.

Angesichts dessen kann dahinstehen, ob auch die nunmehr von den Beklagten unter wikipedia.de eingerichtete Suchmaschine Gegenstand des klägerischen Unterlassungsbegehrens ist. weil auch diese Gestaltung nach dem Gesagten jedenfalls nicht ausreicht, um ein Zu-Eigen-Machen hinsichtlich der streitgegenständlichen Inhalte durch die Beklagten anzunehmen.

Es kann gleichfalls offen bleiben, ob beide Beklagte – da ihre täterschaftliche Verantwortung für die streitgegenständlichen Äußerungen mangels eigener Behauptung nicht eingreift – als Störer für die Äußerungen verantwortlich sind. Denn die Äußerungen sind auch bei Unterstellung der Passivlegitimation der Beklagten nicht zu untersagen. Insoweit gilt, dass unabhängig von den weiteren Voraussetzungen der Störerhaftung jedenfalls die beanstandete Handlung des Dritten rechtswidrig sein muss (vgl. BGH NJW 2003, 958 [961] – Paperboy), woran es hier fehlt.

An den Inhalt und die Zulässigkeit der einzelnen Äußerungen sind die für die Abwägung bei Persönlichkeitsrechtsbeeinträchtigungen durch Werturteile oder Tatsachenbehauptungen in der Rechtsprechung entwickelten Prüfkriterien und Abwägungsmaßstäbe anzulegen. Handelt es sich bei einer Äußerung um eine Tatsachenbehauptung, ist in der Regel entscheidend, ob der Wahrheitsbeweis gelingt. Bei Werturteilen wird maßgebend, ob sie als Schmähung, Formalbeleidigung oder Verletzung der Menschenwürde anzusehen und deshalb zu unterlassen sind, oder wenn dies zu verneinen ist, ob sie im Rahmen einer Abwägung dem Persönlichkeitsschutz vorgehen (vgl. BVerfGE 90, 241 ff.; 93, 266 ff.). Für die Abgrenzung zwischen Tatsachenbehauptung und Werturteil ist dabei der Inhalt der Äußerung, ausgehend vom Wortlaut, unter Berücksichtigung des sprachlichen Kontextes, in dem sie steht, sowie der für den Adressaten erkennbaren Begleitumständen, unter denen sie gemacht wird, zu ermitteln (BGH NJW 2004, 598). Bei Mischtatbeständen – eine Äußerung enthält sowohl Tatsachenbehauptungen wie auch Elemente der Meinungsäußerung – ist für die Abgrenzung entscheidend, ob die Äußerung insgesamt durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt ist, weil ihr Tatsachengehalt so substanzarm ist, dass er ggü.. der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt (dann Meinungsäußerung, BVerfG NJW 1983, 1415). oder ob die Äußerung überwiegend durch den Bericht über tatsächliche Vorgänge geprägt ist und bei dem Adressaten zugleich die Vorstellung von konkreten in die Wertung eingekleideten Vorgängen hervorruft, die als solche einer Überprüfung mit den Mitteln des Beweises zugänglich sind (dann Tatsachenbehauptung, BGH NJW 1994, 2614).

In Anwendung dieser Maßstäbe gilt zu den angegriffenen Äußerungen im Einzelnen Folgendes:

1. Die erste angegriffene Äußerung stellt keine Verletzung der Rechte der Klägerin dar, weil es sich um eine wahre Tatsachenbehauptung handelt, die von der Klägerin hinzunehmen ist. Bei der Einordnung der Äußerung als Tatsachen- oder Meinungsäußerung ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin – anders als erforderlich (vgl. Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 5. Aufl., 2003, Kap. 12 Rz. 79) – nicht die konkrete Verletzungsform, also die Ausgangsäußerung zum Gegenstand ihres Antrags macht. Dieser war unstreitig vorangestellt: „Der Autorenhaus Verlag wirft der Verlagsgruppe vor“. Insofern stellt sich die Äußerung als Tatsachenbehauptung dar, nämlich des Inhalts, dass entsprechende Vorwürfe durch den Autorenhaus Verlag tatsächlich geäußert worden sind. Ob dies der Fall war, ist ohne weiteres dem Beweis zugänglich und begründet den Tatsachencharakter der Äußerung. Entgegen der Auffassung der Klägerin haben die Beklagten sich diese Äußerung auch nicht zu Eigen gemacht; auf die obigen Ausführungen wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.

Die Verbreitung dieser Äußerung eines Dritten kann den Beklagten – ihre Passivlegitimation unterstellt – nicht untersagt werden, weil die Abwägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin bzw. von deren Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb mit der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) zu Lasten der Klägerin ausfällt Bei der im Einzelfall vorzunehmenden Abwägung müssen Persönlichkeitsinteressen regelmäßig hinter der Meinungsfreiheit zurückstehen, wenn die umstrittene Äußerung Tatsachen zum Gegenstand hat, die als wahr anzusehen sind. Dieser Grundsatz gilt aber nicht ausnahmslos. Insbesondere können wahre Berichte das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dann verletzen, wenn die Folgen der Darstellung für die Persönlichkeitsentfaltung schwerwiegend sind und die Schutzbedürfnisse das Interesse an der Äußerung überwiegen (BVerfG NJW 1998, 2889 [2891]). Dass die Vorwürfe erhoben worden sind, ist von der Klägerin nicht in Abrede gestellt werden. Auch stellt sich die Erwähnung dieser Vorwürfe seitens des Autorenhaus Verlags nicht als schwerwiegende Beeinträchtigung des der Klägerin in ihrem wirtschaftlichen Betätigungsfeld zustehenden sozialen Geltungsanspruchs dar. Denn die von der Klägerin geführten Imprint-Verlage (und auch sie selbst) tragen zum Teil tatsächlich die Namen berühmter Persönlichkeiten (Weimarer Schiller-Presse, Fouque-Literaturverlag) bzw. im Falle des August-von-Goethe Literaturverlags denjenigen eher unbekannter Verwandter solcher Persönlichkeiten. Auch lehnt sich die Bezeichnung „Deutsche Hochschulschriften“ – wie die Beklagten unwidersprochen vorgetragen haben – an diejenige der von der Deutschen Nationalbibliothek herausgegebenen Reihe „Hochschulschriften“ an. Insofern hat die Klägerin selbst durch die entsprechende Namenswahl eine Ursache für daran anknüpfende Kritik gesetzt; dieser Kritik muss sie sich im Rahmen ihrer Tätigkeit stellen. Soweit die Äußerung darüber hinaus beinhaltet, dass die Klägerin diese Namenswahl zur Täuschung potenzieller Autoren vorgenommen habe, gelten hierfür die gleichen Erwägungen, denn Gegenstand der Äußerung ist mangels Zu-Eigen-Machen durch die Beklagten nicht die Frage, ob die Klägerin tatsächlich derartige Absichten verfolgt, sondern allein, ob der Autorenhaus Verlag sich in dieser Richtung geäußert hat. Die in der Äußerung zum Ausdruck kommende und als Meinung einzustufende Bewertung, diese Namenswahl erfolge zur Täuschung von Autoren, beruht – nachdem die entsprechende Namenswahl nicht bestritten ist – nicht auf einer falschen Tatsachengrundlage, so dass auch die Ausgangsäußerung des Autorenhaus Verlags für sich genommen nicht rechtswidrig wäre.

2. Die zweite angegriffene Äußerung betreffend durch die „Verlagsgruppe“ geführte Rechtsstreitigkeiten stellt sich ebenfalls als nicht zu untersagende Tatsachenbehauptung dar. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass nicht die Klägerin selbst, sondern der Bund Deutscher Schriftsteller (BDS) jedenfalls die in Bezug genommenen Prozesse vor dem LG München und dem OLG Stuttgart geführt hat. Insoweit kann dahinstehen, ob der in der Fußnote des Artikels enthaltene Text, aus dem ersichtlich ist, dass es sich zumindest bei dem Verfahren vor dem OLG Stuttgart um ein solches des BDS handelte, eine ausreichende Klarstellung hinsichtlich der tatsächlichen Prozessparteien enthält. Denn auch unter Zugrundelegung der die Klägerin stärker belastenden Deutungsvariante, wie sie beim Unterlassungsanspruch im Falle mehrdeutiger Äußerungen geboten ist (BVerfG NJW 2006, 207 [209] – „IM Sekretär“ Stolpe), stellt sich die Äußerung als wahre Tatsachenbehauptung dar.

Denn es ist davon auszugehen, dass der BDS als zu der Verlagsgruppe der Klägerin zugehörig anzusehen ist. Die Beklagten haben insoweit mehrere Indizien dafür vorgetragen, dass der BDS eng mit der Klägerin verflochten ist: So war der BDS Inhaber mehrerer Domains mit Namen eines Verlags der Klägerin (www.augustvongoethe.de: www.august-von-goethe.de): weitere vom BDS innegehabte Domains (www.cornelia-goethe.de; www.corneliaqoethe.de; www.cornelia-goethe-akademie.de) werden von der Brentano-Gesellschaft mbH bzw. deren Ablegern verwendet, bei denen wiederum der Geschäftsführer der Klägerin ausweislich des Impressums als Geschäftsführer fungiert. Auch die von den Beklagten im Einzelnen dargelegten „Cross-Marketing“-Aktivitäten sprechen für bestehende enge Verbindungen zwischen der Klägerin und dem BDS, So wird der „Ratgeber für neue Autoren 2007/2008“, in dem eine deutliche Stellungnahme zugunsten des von der Klägerin gehandhabten Geschäftsmodells enthalten ist, durch den BDS beworben und auch auf einer von der Brentano-Gesellschaft mbH betriebenen Webseite (www.ixlibris.de) – unter Verweis auf die Bestellmöglichkeit beim BDS – positiv besprochen. Auf der Webseite des BDS (Anlage Bl. 4, Bl. 172 d.A.) wird dieser Ratgeber vom BDS zudem als „unsere Publikation“ angeboten; zugleich wurde der Ratgeber nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten gemeinsam mit einem Essayband des Gründers der Klägerin, Herrn H.-H., an Buchhandlungen versandt. Angesichts dieses substantiierten Vortrags der Beklagten wäre es an der Klägerin gewesen, die genannten Indizien zu widerlegen. Denn für die Unwahrheit der hier in Rede stehenden Tatsachenbehauptung war nach der allgemeinen Beweislastregel die Klägerin als Anspruchstellerin beweisbelastet (Burkhardt in Wenzel, a.a.O., Kap. 12 Rz. 138). Der ihnen obliegenden erweiterten Darlegungslast (Burkhardt, a.a.O., Kap. 12 Rz. 133) sind die Beklagten durch die genannten Indizien hinreichend nachgekommen. Der Beweis der Unwahrheit ist der Klägerin indes nicht gelungen. Auch nach dem Hinweis der Kammer in der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin zwar umfangreich zum Tätigkeitsbereich des BDS vorgetragen, jedoch zu den bestehenden Indizien und deren Widerlegung keine Stellung genommen. Der pauschale Vortrag, die Klägerin und der BDS seien nicht miteinander verbunden, genügte insoweit nicht den Anforderungen an substantiiertes Vorbringen, so dass auch dem angebotenen Zeugenbeweis nicht nachzugehen war. Stellen sich nach alledem die der Äußerung zugrunde liegenden Tatsachen, nämlich die Zugehörigkeit des BDS zu der Klägerin, als zutreffend dar, so ist auch die Formulierung die „Verlagsgruppe“ sei erfolglos gegen kritische Berichterstattungen vorgegangen nicht zu untersagen. Denn insoweit stellt sich die Verwendung des Begriffs „Verlagsgruppe“ als Meinungsäußerung dar, die auf der zutreffenden Tatsachengrundlage fußt, dass enge Verbindungen zwischen der Klägerin und dem BDS bestehen.

3. Hinsichtlich der Äußerungen über die WISO-Berichterstattung steht der Klägerin ebenfalls kein Unterlassungsanspruch zu, Denn die Berichterstattung in der ersten WISO-Sendung stellt auch die Klägerin nicht in Abrede, so dass insoweit von einer wahren Tatsachenbehauptung, nämlich über den Umstand, dass der WISO-Bericht stattgefunden hat, auszugehen ist. Soweit die Klägerin sich dagegen wendet, dass sie unzulässigerweise in den Ruf von „Bauernfängerei und Betrug“ gestellt werde, so ist dies nicht durchgreifend. Die entsprechende WISO-Rubrik befasst sich tatsächlich mit Firmen, deren Geschäftsgebaren kritisch beleuchtet wird; die von den Beklagten angeführten Beispiele der Berichte über „Laserkämme“ und Schlankheitspillen belegen dies. Die von dem Verfasser des Artikels gewählte zusammenfassende Beschreibung dieser Rubrik als Berichterstattung über Bauernfängerei und Betrug stellt sich in diesem Kontext als zutreffende Zusammenfassung des Inhalts der Sendungen dar. Dass die Klägerin im Zusammenhang mit dieser Rubrik erwähnt wird, stellt sich auch nicht als Schmähkritik oder Formalbeleidigung dar. Denn Kritik an ihren gewerblichen Leistungen – auch in scharfer Form – muss die Klägerin im Grundsatz hinnehmen (BGH NJW 2002, 1192 [1193]); dies gilt umso mehr, als sie nicht vorgetragen hat, dass in der ersten sie betreffenden WISO-Sendung Unwahrheiten über sie verbreitet worden sind. Die Bezeichnung als „Betrug“ ist auch keine Tatsachenbehauptung dergestalt, dass der Klägerin entsprechende (strafrechtliche) Vorwürfe zu machen wären. Zum einen weist die Äußerung, die in erster Linie auf die Charakterisierung der WISO-Rubrik abzielt, keinerlei Tatsachengrundlagen auf, bei denen sich die Frage ihrer Richtigkeit stellen könnte; zum anderen ist der Begriff des Betruges – wie sich unmittelbar aus seiner Nennung im Zusammenhang mit dem Begriff „Bauernfängerei“ ergibt – hier erkennbar im umgangs- bzw. alltagssprachlichen Sinne verwendet.

Der zweite Teil der Äußerung betreffend das „Literaturfemsehen“, das ebenfalls Gegenstand eines WISO-Berichts war, ist desgleichen zulässig. Bei diesem Bericht ging es nach dem Vortrag der Beklagten, dem die Klägerin nicht entgegengetreten ist, zumindest auch um die Aktivitäten des Fouque-Verlags, eines Imprint-Verlags der Klägerin. Insofern ist die Behauptung, es sei insgesamt zweimal über die Klägerin berichtet worden, nicht unwahr und stellt sich bei einer Abwägung der widerstreitenden Interessen nicht als rechtswidriger Eingriff in das Persönlichkeitsrecht oder das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin dar. Die von der Beklagten im Einzelnen dargelegten und in der Sendung kritisierten Verhaltensweisen des Fouque-Verlags und der Brentano-Gesellschaft belegen zudem, dass es – anders als die Klägerin zunächst behauptet hat – nicht im Wesentlichen um einen markenrechtlichen Namensstreit ging, sondern im Vordergrund die Problematik stand, dass Autoren mit intensiven Publikationswünschen durch die ihnen unterbreiteten Angebote möglicherweise übervorteilt würden.

Auch in der Äußerung, dass das „Deutsche Literaturfernsehen“ von der Verlagsgruppe betrieben werde, liegt keine unwahre Tatsachenbehauptung. Zwar ist formaler Betreiber dieses Internet-Portals die Brentano-Gesellschaft. Indes greifen hier ähnliche Erwägungen Platz wie hinsichtlich der Zugehörigkeit des BDS zu der Verlagsgruppe der Klägerin. Denn die von den Beklagten vorgetragenen Indizien sprechen eindeutig dafür, dass die Brentano-Gesellschaft der Klägerin zuzurechnen ist. Beide teilen denselben Geschäftsführer, Herrn Dr. W.F.; Anteilseigner beider Gesellschaften war mindestens bis zum 1.1.2005 Herr Dr. von H.-H. Der Geschäftssitz beider Gesellschaften ist identisch. Für eine enge Verbindung der beiden Gesellschaften spricht des Weiteren, dass an einer Lesung im „Literaturfernsehen“ interessierte Autoren zunächst einen Verlagsvertrag mit der Klägerin bzw. deren Verlagen schließen mussten und dass dieser Vertrag an die Autoren zeitgleich mit der Einladung zur Lesung übersandt wurde. Ebenfalls hat die Brentano-Gesellschaft teil an den oben dargelegten „Cross-Marketing“-Aktivitäten; der „Ratgeber für neue Autoren 2007/2008“ wird auf der von ihr betriebenen Webseite www.haus-der-literatur.de umfangreich beworben und auf der Webseite www.ixlibris.de, die gleichfalls von der Brentano-Gesellschaft betrieben wird, positiv rezensiert. Zugleich beschränkt sich die auf www.haus-der-literatur.de. und www.cornelia-goethe-akademie.de (für die ebenfalls die Brentano-Gesellschaft verantwortlich ist) vorzufindende Werbung, wie aus den von den Beklagten eingereichten Screenshots (Anlage B17, Bl. 175 ff. d.A.) ersichtlich ist, auf den August-von-Goethe-Literaturverlag, bei dem es sich um einen Imprint-Verlag der Klägerin handelt. Diese Indizien hat die Klägerin, die auch insoweit die Beweislast für die Unwahrheit der Behauptung trägt, nicht entkräftet, Es mag zutreffen, dass die Klägerin und die Brentano-Gesellschaft nicht unmittelbar durch gegenseitiges Halten von Kapitalanteilen o.Ä.. untereinander verbunden sind; auch ist zwischen den Parteien nicht umstritten, dass die Brentano-Gesellschaft und die Klägerin jeweils – gesellschaftsrechtlich betrachtet – eigenständig sind. Ob insoweit eine „Beherrschung“ (etwa im konzernrechtlichen Sinne, § 308 AktG) vorliegt, ist entgegen der klägerischen Auffassung für die vorliegende Fragestellung ohne Belang. Denn die erwähnten Indizien belegen eine enge Zusammenarbeit der Brentano-Gesellschaft und der Klägerin, ohne dass dies von formalen gesellschaftsrechtlichen Konstruktionen abhängig wäre. Diese konkreten Anhaltspunkte für ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken beider Gesellschaften, wie es in der angegriffenen Äußerung durch die wertende Zusammenfassung, dass das „Literaturfernsehen“ von der Verlagsgruppe betrieben werde, zum Ausdruck kommt, werden durch die Behauptungen der Klägerin gerade nicht widerlegt; den insoweit angebotenen Beweisantritten der Klägerin war aus diesem Grund nicht nachzugehen.

4. Die Äußerung, bei den Verlagen der Klägerin handele es sich nicht um Verlage im eigentlichen Sinn, stellt sich als zulässige Meinungsäußerung dar. Denn mit ihr nimmt der Äußernde Stellung zum Geschäftsmodell der Klägerin und stellt dies in Relation zum Geschäftsmodell der Publikumsverlage. Insofern steht die Bewertung des Geschäftsmodells der Klägerin im Vordergrund; dem Beweis, ob es sich bei der Klägerin um einen „Verlag im eigentlichen Sinne“ handelt, ist die Äußerung schon deshalb nicht zugänglich, weil dies entscheidend auf dem Vorverständnis beruht, was ein „echter“ oder „eigentlicher“ Verlag für Leistungen erbringt oder erbringen sollte. Eine Unzulässigkeit lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass die entsprechende Wertung des von der Klägerin praktizierten Verlagsmodells auf unzutreffender Tatsachengrundlage beruht. So kann eine als Wertung erscheinende Äußerung zwar dann als Tatsachenbehauptung anzusehen sein, wenn und soweit sie mit unrichtigen oder unvollständigen Tatsachen untermauert und belegt wurde (OLG Köln NJOZ 2005, 3518 [3525] – Müller Milch). Wie sich aus dem Kontext der hier zu beurteilenden Äußerung ergibt, bezieht sich die Wertung, es handele sich nicht um einen Verlag im eigentlichen Sinne darauf, dass bei der Klägerin die publikationswilligen Autoren die Finanzierung der Veröffentlichung übernehmen müssen und dass dies bei renommierten Publikumsverlagen nicht so ist. Diese Abweichung ihres Geschäftsmodells von dem zuletzt genannten Modell stellt auch die Klägerin nicht in Abrede. Ob die Klägerin oder andere diese Kritik für „falsch“ oder „ungerecht“ hält oder halten, ist nicht von Bedeutung (vgl. BGH NJW 2002, 1192 [1193]).

5. Die Beurteilung der Äußerung, dass die Klägerin den Namen des „Deutschen Literaturfernsehens“, welches vormals unter dem Namen „Literatur im Zweiten“ vermarktet wurde, auf Betreiben des ZDF ändern musste, folgt im Wesentlichen derjenigen der unter 3. erörterten Äußerung. Sie führt dazu, die Äußerung als zulässig anzusehen. Soweit die Klägerin sich dagegen wendet, nicht sie, sondern die Brentano-Gesellschaft sei Betreiberin des „Literaturfernsehens“, so wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Erwägungen (unter 3.) Bezug genommen. Die Klägerin kann des Weiteren nicht mit ihrem Vorbringen gehört werden, bei der Namensänderung habe es sich um eine eigene und autonome Entscheidung der Brentano-Gesellschaft gehandelt, die nicht durch das ZDF beeinflusst war. Denn es handelt sich bei diesem Teil der Äußerung um eine zulässige Meinungsäußerung. Zwar wohnt ihr ein tatsächliches Element insofern inne, als dass auch die innere Tatsache angesprochen wird, dass die Klägerin bzw. die Brentano-Gesellschaft bei der Namensänderung bestimmte Ziele (Vermeidung eines Rechtsstreits mit dem ZDF wegen möglicher Irreführungsgefahr) verfolgte. Indes tritt dieser Tatsachenkern, der zudem weitgehend substanzarm bleibt, bei wertender Betrachtung hinter die Bewertung der tatsächlichen Vorgänge zurück. Von einer auf unwahrer Tatsachengrundlage beruhenden Bewertung ist auch insoweit nicht auszugehen. Denn die Klägerin hat selbst eingeräumt, dass die Namensänderung nach ihrer Kenntnis geschah, um „vermeintliche Streitigkeiten“ zu vermeiden; solche Streitigkeiten aber konnten angesichts der sich aufdrängenden Nähe der Bezeichnung „Literatur im Zweiten“ zu Sendungsbezeichnungen beim Zweiten Deutschen Fernsehen allein mit Letzterem drohen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Beklagten unwidersprochen vorgetragen haben, dass die Namensänderung unmittelbar im Anschluss daran erfolgte, dass die Klägerin bzw. die ihr zuzurechnende Brentano-Gesellschaft davon Kenntnis hatte, dass die Namensverwendung im WISO-Bericht (einer ZDF-Sendung) als wettbewerbswidrig bezeichnet wurde und dass die Namensänderung noch vor Ausstrahlung der entsprechenden Sendung vorgenommen wurde. Inwiefern der erste Teil der Äußerung unwahr sein soll, wonach von Autoren 5.000 € für den Auftritt bei einer Lesung verlangt wurden, hat die Klägerin nicht dargelegt und ist nach dem Vortrag der Beklagten auch nicht ersichtlich. Denn hiernach war die Teilnahme an einer solchen Lesung in der Tat nur für solche Autoren möglich, die zunächst einen Verlagsvertrag mit der Klägerin bzw. dem Fouque-Verlag abschlossen; Letzterer aber verursachte Kosten in entsprechender Höhe.

6. Die Bezeichnung des „Ratgebers für neue Autoren 2007/2008“ als nicht gekennzeichnete Werbung für die Klägerin ist gleichfalls nicht zu untersagen. Die Klägerin hat den Inhalt dieses Ratgebers, den die Beklagten substantiiert vorgetragen haben, nicht bestritten. Angesichts dessen ist davon auszugehen, dass die in dem angegriffenen Beitrag enthaltenen Tatsachengrundlagen sämtlich zutreffend sind, insb. dass der (formal von einem anderen Verlag als der Klägerin stammende) Ratgeber zusammen mit einem Essayband des Herrn von H.-H. an Buchhandlungen verschickt wurde und dass die darin enthaltenen Beiträge sich kritisch mit alternativen Publikationsformen auseinandersetzen, während das Zuschussmodell der Klägerin durchweg positiv beurteilt wird. Auch den weiteren inhaltlichen Aspekten des Ratgebers ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Dies betrifft die Gestaltung der darin enthaltenen Adressliste, in der nur – für die angesprochenen Autoren unerreichbare – Publikumsverlage und Verlage der Klägerin unter Auslassung von deren direkten Konkurrenten wie dem Frieling-Verlag aufgeführt werden und die Beigabe von Werbecoupons (nur) für die Klägerin bzw. einen ihrer Verlage und die (ihr nach dem oben Gesagten zuzurechnende) Brentano-Gesellschaft im Anhang des Buches. Unter Zugrundelegung dieser Tatsachengrundlagen stellt sich die Bezeichnung des Ratgebers als „nicht gekennzeichnete Werbung für die Klägerin“ insgesamt als zulässige Meinungsäußerung dar; mit ihr wird erkennbar die auf den genannten zutreffenden Tatsachengrundlagen beruhende und nicht fern liegende Bewertung abgegeben, dass der Ratgeber, ohne dies offen zu legen, einer Förderung des Geschäftsbetriebs der Klägerin diene. Eine Schmähkritik liegt hierin ersichtlich nicht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 709 Satz 1 und 2 ZPO.

Streitwert: 60.000 € (2 × 30.000 €)

(Unterschriften)