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eDonkey-Server-Betreiber haften nicht - OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.10.2008, Az.: I-20 U 196/07

Leitsätzliches

Die Betreiber eines eDonkey-Servers haften nicht für von Dritten begangenen Urheberrechtsverletzungen. Auf den Servern der Betreiber wird lediglich ein Verzeichnis der Dateien präsentiert; die Musikdateien, die von den Nutzern heruntergeladen werden, sind dort nicht gespeichert. Damit scheidet ein täterschaftlicher Urheberrechtsverstoß in Form eines urheberrechtswidrigen öffentlichen Zugänglichmachen der Werke aus.

OBERLANDESGERICHT DÜSSELDORF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Entscheidung vom 15. Oktober 2008

Aktenzeichen: I-20 U 196/07

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat die 20. Zivilsenatdes Oberlandgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom ... durch den Richter ... als Einzelrichter für Recht erkannt:

Auf die Berufung der Antragsgegner wird das Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 28.11.2007 abgeändert. Die Beschlussverfügung vom 02.08.2007 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin auferlegt.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin zu 1. betreibt unter dem Hostnamen "U." und einer festen IP-Adresse im Internet einen sogenannten eDonkey-Server, welcher Bestandteil des Filesharing-Systems eDonkey 2000 ist. Der Antragsgegner zu 2. ist als administrativer und technischer Verantwortlicher eingetragen. Bei dem Filesharing-System eDonkey 2000 handelt es sich um eine Mischform aus einem zentralen System, das dadurch gekennzeichnet ist, dass ein Server-Betreiber einen zentralen Server bereit hält, der die im Netz verfügbaren Informationen nach Mitteilung des Clients indiziert und einem dezentralen System, das Suchanfragen direkt an die einzelnen Peers im Netz weiterleitet. In dem PeertoPeer-System von eDonkey kommen zwar Index-Server zum Einsatz, die Suchanfragen bearbeiten, jedoch werden anstelle eines zentralen Servers innerhalb des Netzes einzelne angeschlossene Peers zu dezentralen Index-Servern bestimmt (vgl. Spindler/Leissner, GRUR Int. 2005, 773, 774).

Die Kommunikation zwischen Client und Server findet im wesentlichen wie folgt statt: Der Client übermittelt die Informationen über seine freigegebenen Dateien an einen Server, der diese indiziert. Der Client möchte eine Datei suchen und übermittelt einen Teil eines Dateinamens an einen oder mehrere Server. Die angefragten Server durchsuchen in ihren Indices und schicken die entsprechenden eD2K-Links zurück. Der Client fragt regelmäßig alle bekannten Server ab, welche Clients die Dateien freigeben, die er herunterladen möchte. Die Server schauen in ihren Indices nach und senden IP-Adressen und Ports dieser Clients zurück.

Die Server verwalten also nur einen Index der freigegebenen Dateien und der dazugehörigen Client-Adressen. Der Server speichert und verschickt keine Dateien, sondern lediglich deren Metadaten.

Die Antragstellerin ließ der Antragsgegnerin zu 1. durch anwaltliches Schreiben vom 19.06.2007 mitteilen, dass in dem von der Antragsgegnerin zu 1. über den eDonkey-Server (Hostname U., IP-Adresse ...) zum Download vorgehaltenen Musikangebot Aufnahmen enthalten seien, an denen sie – die Antragstellerin – die ausschließlichen Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte sowie das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung innehabe. Beispielhaft führte die Antragstellerin die zwölf in der Beschlussverfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 02.08.2007 genannten Musikaufnahmen des Künstlers S. sowie fünf weitere Titel dieses Künstlers an.

Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beanstandet die Antragstellerin, dass die Antragsgegnerin zu 1. über ihren Server noch nach der Mitteilung vom 19.06.2007 das Album "Greatest Hits" des Künstlers S. anderen eDonkey-Nutzern am 23.07.2007 verfügbar gemacht habe.

Durch Beschlussverfügung des Landgerichts Düsseldorf vom 02.08.2007 ist den Antragsgegnern unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt worden, die auf dem Albumtonträger "Greatest Hits" enthaltenen Musikaufnahmen

   1. …
   2. …
   3. …
   4. …
   5. …
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   7. …
   8. …
   9. …
  10. ...
  11. ...
  12. ...

des Künstlers S. über den Dienst der Antragsgegner mittels eines eDonkey-Servers mit dem Hostnamen U. und der Server IP-Adresse ... öffentlich zugänglich zu machen. Das Landgericht hat die Beschlussverfügung durch Urteil vom 28.11.2007 bestätigt und zur Begründung ausgeführt, dass die Antragsgegner im Wege der Störerhaftung für eine Urheberrechtsverletzung nach §§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 19 a UrhG verantwortlich seien und daher nach § 97 Abs. 1 UrhG zur Unterlassung zu verurteilen seien. Durch das Zur-Verfügung-Stellen der Auflistung aller freigegebenen Dateien der jeweils am Server der Beklagten angemeldeten Nutzer sei eine öffentliche Zugänglichmachung dieser Daten im Sinne des § 19 a UrhG gegeben. Dem stehe nicht entgegen, dass die streitgegenständlichen Werke zu keinem Zeitpunkt auf dem Server der Beklagten waren, da § 19 a UrhG nicht voraussetze, dass das urheberrechtlich geschützte Werk in digitaler Form im Herrschaftsbereich des Anspruchsgegners abgespeichert werde. Für diese Rechtsverletzung hafteten die Beklagten, weil sie durch Bereitstellung ihres Servers die Möglichkeit eröffnet hätten, die streitgegenständlichen Werke als digitale Musikdatei der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Die Antragsgegner hätten die Infrastruktur bereitgestellt, mit deren Hilfe die eigentlichen Täter der Urheberrechtsverletzung ihre Tat vollendet hätten.

Da die Antragsgegner von der Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt worden seien, hätten sie unverzüglich alle zumutbaren Maßnahmen zu ergreifen gehabt, um eine Wiederholung dieser Verletzung zu verhindern. Dies hätten sie jedoch nicht getan, da auch noch am 23.07.2007 Stücke des Künstlers S. über den Server der Antragsgegner auffindbar gewesen seien. Die Beklagten hätten den von ihnen eingesetzten Wortfilter nicht in ausreichender Weise eingerichtet. Er sei zumindest auch auf den Titel des entsprechenden Albums "Greatest Hits" zu erstrecken gewesen, da die streitgegenständlichen Werke von diesem entnommen worden sind und auch die herunterzuladende Datei diesen Namen trägt.

Mit der Berufung erstreben die Antragsgegner eine Aufhebung der Beschlussverfügung.

Die Antragsgegner verweisen insbesondere darauf, dass es jedem Nutzer ohne weiteres möglich sei, auch ohne Beteiligung eines bestimmten Servers und auch völlig ohne Hilfe irgendeines Servers Dateien innerhalb dieses Netzwerkes aufzufinden und herunterzuladen. Jede im Netzwerk verfügbare Datei könne entweder über den Index auf dem Server der Antragsgegner, über den Index auf irgendeinen beliebigen anderen von 100, weltweit verteilten Server oder völlig ohne Einschaltung eines Servers, über die sogenannte "KAD-Netzwerkfunktion" gefunden werden. Insofern entfalte die Untersagungsverfügung gegen die Antragsgegner auch überhaupt keine Schutzwirkung für die Antragstellerin, weil sämtliche Dateien nach wie vor in anderer Weise aufgefunden und heruntergeladen werden könnten.

Eine Störerhaftung der Antragsgegner scheide schon deshalb aus, weil sie keine zumutbare und erfüllbare Prüfungspflicht verletzt hätten. Das öffentliche Zugänglichmachen nach § 19 a UrhG sei bereits dann erfüllt, indem eine Datei auf einem Client-Programm freigegeben werde. Damit sei die Rechtsverletzung bereits eingetreten und es spiele keine Rolle, ob zusätzlich auf einem anderen Computer, hier dem eDonkey-Server der Antragsgegner Informationen über diese Datei hinterlegt werden. Das auf dem Server gehostete Verzeichnis biete den herunterladenden Clients nur eine Hilfestellung und ein Mehr an Komfort.

Auch hätten sie – die Antragsgegner – alles Mögliche und Zumutbare unternommen, um ein weiteres Auffinden der streitbefangenen Dateien mit Hilfe des auf ihrem Server gehosteten Verzeichnisses zu finden. Sie seien nie darauf hingewiesen worden, dass die Antragstellerin auch Rechte an dem Album "Greatest Hits" für sich in Anspruch nehme; die Abmahnung habe sich nur auf die konkret aufgelisteten Musikstücke bezogen. Ansonsten bliebe wirksamer Schutz nur durch die völlige Abschaltung des Servers oder die großflächige "oder-Filterung" ganz allgemeiner Begriffe wie des Vornamens S. übrig. Dies könne von ihnen jedoch nicht verlangt werden, ebenso wenig wie eine händische Überprüfung der Daten auf ihrem Server.

Die Antragsgegner ergänzen ihr Vorbringen in der Berufungsschrift noch unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27.02.2008, aus dem sie meinen entnehmen zu können, dass im Streitfall ein Verbot erstrebt werde auf der Grundlage von Informationen, die die Antragstellerin durch systematische Ausspähung der Systeme der Antragsgegnerin zu 1. erlangt habe, nämlich seitens der von ihr beauftragten Firma P. GmbH.

Die Antragsgegner beantragen

die Aufhebung des Urteils des Landgerichts Düsseldorf vom 28.01.2007 in der einstweiligen Verfügungssache 12 O 418/07, unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags und unter Aufgabe aller Kosten an die Verfügungsklägerin

Die Antragstellerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Antragstellerin verteidigt das zu ihren Gunsten ergangene landgerichtliche Urteil; sie hält die Berufung der Antragsgegner bereits für unzulässig, weil sie nicht ordnungsgemäß begründet sei, jedenfalls aber für unbegründet.

Zwingende Voraussetzung jeglicher Nutzung des eDonkey-Netzwerkes sei die Verbindung mit einem eDonkey-Server. Die Antragsgegner als Betreiber eines eDonkey-Servers hätten annähernd die komplette Kontrolle über die Interaktionen, die über ihren Server laufen. Das serverlose Protokoll KAD sei ein eigenständiges Tauschbörsennetzwerk, welches technisch gesehen nichts mit dem eDonkey-Netzwerk zu tun habe, sondern in anderen Tauschbörsennetzwerken zum Einsatz kommen könne. Ein Großteil der Nutzer des eDonkey-Netzwerkes nutze dieses KAD-Programm nicht, weil es mit bestimmten technischen Schwierigkeiten verbunden sei.

Die Antragsgegner hafteten aufgrund ihrer technischen Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten für die Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung aus § 19 a UrhG. Die öffentliche Zugänglichmachung nach § 19 a UrhG sei erst in dem Moment vollendet, in dem sich der anbietende Teilnehmer bei dem jeweiligen eDonkey-Server anmelde und die von ihm freigegebenen Daten in den dortigen Index aufgenommen werden. Entsprechend den Ausführungen des Landgerichts liege eine öffentliche Zugänglichmachung nach § 19 a UrhG erst dann vor, wenn die Übermittlung des jeweiligen Angebots an den eDonkey-Server erfolge. Damit leisteten die Antragsgegner einen kausalen Tatbeitrag zum Verstoß gegen § 19 a UrhG.

Da der von den Antragsgegnern betriebene Server die Präsentation der freigegebenen Inhalte gegenüber den nachfragenden Teilnehmern übernehme und diese nur über den Server für andere Teilnehmer des eDonkey-Netzwerkes sichtbar gemacht würden, nimmt die Antragstellerin in zweiter Instanz sogar eine Haftung der Antragsgegner als Täter oder Teilnehmer an. Auch in subjektiver Hinsicht sei es angesichts der im eDonkey-Netzwerk vorgehaltenen Fülle von bekannten Musikangeboten geradezu offensichtlich, dass diese nicht autorisiert verfügbar gemacht würden, da sie ansonsten nur gegen Entgelt bei itunes oder anderen Diensten erhältlich seien.

Jedenfalls sei eine Störerhaftung zu bejahen. Es sei den Antragsgegnern ohne weiteres möglich, die Rechtsverletzungen zu verhindern, indem sie z. B. den Server außer Betrieb nähmen oder effektive Filter einsetzten. Die gerügten Rechtsverletzungen bzw. deren Wiederholung hätten durch die Blockierung bestimmter Suchbegriffe und bestimmter Dateien anhand der Datei ID verhindert werden können. Durch die Sucheingabe des Namens S. in das Filterprogramm wären die streitgegenständlichen Rechtsverletzungen unterbunden worden. Darüber hinaus hätte es weitere Möglichkeiten gegeben. Dies sei ja auch mittlerweile geschehen, da die lokale Suche nach S. auf dem Server der Antragsgegner keinen einzigen Treffer mehr liefere. Auf die Frage, inwieweit den Antragsgegnern eine Filterung des Albumtitels "Greatest Hits" abzuverlangen gewesen sei, komme es nicht an. Schon die Eingabe des Begriffs S. habe zu positiven Suchergebnissen und somit zu den Rechtsverletzungen geführt.

II.

Die Berufung der Antragsgegner ist zulässig und begründet.

Die Antragsgegner können von der Antragstellerin nicht auf Unterlassung gemäß § 97 Abs. 1 i.V.m. §§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2, 19 a UrhG in Anspruch genommen werden.

Allerdings scheitert das Begehren der Antragstellerin nicht bereits daran, dass sie die Rechteinhaberschaft zur öffentlichen Zugänglichmachung in Bezug auf die zwölf Tonaufnahmen des Künstlers S., die auf dem Tonträger "Greatest Hits" enthalten sind, nicht ausreichend glaubhaft gemacht hätte. Die Rechteinhaberschaft zur öffentlichen Zugänglichmachung ist in erster Instanz unstreitig gewesen. Die Antragsgegner haben im Schriftsatz vom 12.09.2007 lediglich pauschal die Inhaberschaft eines Unterlassungsanspruchs verneint; welche mündlichen Erklärungen die Antragsgegner erstinstanzlich zur Rechteinhaberschaft abgegeben haben, lässt sich anhand des Sitzungsprotokolls des Landgerichts nicht nachvollziehen; jedenfalls hat das Landgericht im erstinstanzlichen Urteil zu Beginn der Entscheidungsgründe festgestellt, es stehe außer Streit, dass die Antragstellerin Inhaberin des Rechts zur öffentlichen Zugänglichmachung nach § 19 a UrhG an den streitgegenständlichen Werken ist. Hiergegen ist von den Antragsgegnern mit der Berufungsschrift nichts vorgebracht worden. Die Antragsgegner haben in der Berufungsbegründung vom 30.01.2008 nur in Bezug auf das Album "Greatest Hits" die Rechteinhaberschaft bestritten. Insofern ist das in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 29.04.2008 erklärte Bestreiten der Inhaberschaft der Verwertungsrechte neu und für die Antragstellerin nicht zu erwarten gewesen. Zwar müssen sich die Parteien auf die mündliche Verhandlung so vorbereiten, dass sie neuem Sachvortrag und neuen Glaubhaftmachungsmitteln des Gegners entgegentreten können. Jedoch darf sich eine Partei keine Vorteile dadurch verschaffen, dass sie den Gegner mit neuem Vorbringen in rechtsmissbräuchlicher Weise überrascht (Berneke, Die einstweilige Verfügung in Wettbewerbssachen, 2. Auflage, Rdnr. 146). So haben es hier jedoch die Antragsgegner getan, so dass ihr missbräuchlich spät eingeführtes Bestreiten der Aktivlegitimation unberücksichtigt zu bleiben hat.

Ist damit von einer Inhaberschaft der Antragstellerin in Bezug auf das Recht auf öffentliche Zugänglichmachung auszugehen, kann jedoch keine Verletzung der Urheberrechte der Antragstellerin angenommen werden.

Die Antragstellerin hat in der Antragsschrift die Störereigenschaft der Antragsgegner in Bezug auf den Tonträger "Greatest Hits" mit den zwölf benannten Tonaufnahmen des Künstlers S. beanstandet. In der Berufungserwiderung würdigt sie das verletzende Verhalten gar als Täterschaft oder Teilnahme zu einer Urheberrechtsverletzung. Eine solche Wertung liegt jedoch fern.

In tatsächlicher Hinsicht besteht der Verletzungsfall im Nachweis von Dateien, auf denen der Tonträger "Greatest Hits" des Künstlers S. zum Download zur Verfügung gestellt wird. Auf dem von der Antragsgegnerin zu 1. betriebenen Server wird lediglich ein Verzeichnis der Dateien präsentiert; die Musikdateien, die von den Nutzern heruntergeladen werden, sind dort nicht gespeichert. Damit scheidet ein täterschaftlicher Urheberrechtsverstoß in Form eines urheberrechtswidrigen öffentlichen Zugänglichmachen der Werke gemäß § 19 a UrhG aus. Als Betreiber eines Nachweisdienstes greifen die Antragsgegner nicht selbst in die urheberrechtlichen Verwertungsrechte der Antragstellerin ein, sondern ermöglichen allenfalls solche Eingriffe durch die Nutzer ihres Dienstes. Bei Letztgenannten und nicht bei den Antragsgegnern liegt deshalb die Tatherrschaft.

Auch eine Haftung als Teilnehmer an Urheberrechtsverletzungen der Nutzer kommt nicht in Betracht, weil dies voraussetzt, dass der Anstifter oder Gehilfe zumindest bedingten – das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit umfassenden – Vorsatz in Bezug auf die jeweils konkrete Haupttat haben muss (BGH GRUR 2007, 708 – Internetversteigerung II; OLG Köln, GRUR-RR 08, 35 – 37). Ein solcher Vorsatz ist hier nicht glaubhaft gemacht worden.

Die Antragstellerin hat in der Berufungserwiderung vom 14.04.2008 ausgeführt, dass der Serverbetreiber sehr genaue Kenntnis über die Abläufe und Interaktionen seines Servers und der verbundenen Clients besitze und es allgemein bekannt sei, dass nur ein geringer Teil der in den Tauschbörsen offerierten Titel keinen Urheberrechtsschutz genieße. Angesichts der dort vorgehaltenen Fülle von bekannten Musikangeboten sei es geradezu offensichtlich, dass diese nicht autorisiert verfügbar gemacht würden, da sie ansonsten nur gegen Entgelt erhältlich seien.

Die Antragsgegner halten dem entgegen, dass das eHotkey-Netzwerk ein rechtlich völlig neutrales Dienstleistungsangebot sei, das unter Nutzung der technischen Möglichkeiten den unkomplizierten, komfortablen und weltweiten Datenaustausch ermögliche. Von letzterem ist auszugehen, da die Antragstellerin ihre gegenteilige Behauptung nicht glaubhaft gemacht hat und damit eine bekanntermaßen überwiegend illegale Nutzung des eDonkey-Netzes, die für einen zumindest bedingten Gehilfenvorsatz der Antragsgegnerin zu 1. als Netzbetreiberin spräche, nicht angenommen werden kann.

Mithin konzentriert sich – wovon die Antragstellerin in der Antragsschrift auch selbst ausgegangen ist – die Prüfung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs darauf, ob die Antragsgegner nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Grundsätzen zur Störerhaftung in Anspruch genommen werden können.

Für eine Urheberrechtsverletzung oder die Verletzung eines anderen absoluten Schutzrechtes kann als Störer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer ohne selbst Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich oder adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Guts beiträgt. Weil die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt sie eine Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist. Eine erhöhte Prüfungspflicht besteht für ihn immer dann, wenn er vom Rechtsinhaber auf eine klare Rechtsverletzung hingewiesen worden ist; in diesem Fall muss er nicht nur den Zugang zu der konkreten Datei unverzüglich sperren, sondern darüber hinaus Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (BGH GRUR 2004, 860 – Internetversteigerung I; BGH GRUR 2007, 708 – Internetversteigerung II; OLG Köln, GRUR-RR, 2008, 35 – 37). Schließlich dürfen den Antragsgegnern aber keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung an sich gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (BGH GRUR 2007, 890 – 896 – Jugendgefährdende Medien bei eBay).

Nach den vorgenannten Grundsätzen ist eine Störerhaftung der Antragsgegner im vorliegenden Fall zu verneinen.

Die Antragsgegner sind erstmals durch die Antragsschrift in Kenntnis gesetzt worden von dem hier streitgegenständlichen Verletzungsfall in Bezug auf das Album "Greatest Hits" mit den zwölf Einzeltiteln des Sängers S.. Sie haben in zweiter Instanz unbestritten vorgetragen, den Albumtitel unmittelbar nach Kenntniserlangung "ausgefiltert" zu haben. Es konnte von ihnen dahingegen nicht erwartet werden, dass sie, nachdem sie durch das Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin vom 19.06.2007 auf Urheberrechtsverletzungen von 17 Einzeltiteln des Künstlers S. hingewiesen worden waren, aus eigener Veranlassung verhindert hätten, dass auch der Tonträger "Greatest Hits" des Sängers S. nicht mehr in den von ihnen zur Verfügung gestellten Nachweislisten erscheint.

Die Antragstellerin meint insbesondere, wie ihr Verfahrensbevollmächtigter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 29.04.2008 nochmals betont hat, dass der Antragsgegnerin zu 1. zuzumuten gewesen wäre, nach dem Schreiben vom 19.06.2007 den Begriff "S." in den Wortfilter einzugeben. Um zu verhindern, dass neben den illegalen auch legale Inhalte, die unter dem Suchbegriff S. abgespeichert sind, nicht mehr verfügbar sind, wäre der Antragsgegnerin zu 1. eine händische Kontrolle der sich ergebenden knapp 300 Treffer zuzumuten gewesen, indem sie die Dateien heruntergeladen, geöffnet und sodann geprüft hätte. Notfalls wäre der Antragsgegnerin zu 1. auch abzuverlangen, urheberrechtlich freie Inhalte herauszunehmen.

Damit würden nach Auffassung des Senats jedoch die die Antragsgegnerin zu 1. treffenden Prüfungspflichten überspannt und die Grenze dessen, was im Rahmen einer Störerhaftung möglich und zumutbar ist, um die Störung zu beseitigen und weitere Störungen zu verhindern, überschritten. Wie der Senat bereits entschieden hat (OLG Düsseldorf, MMR 2008, 254 – 256), muss der Aufwand für eine Prüfung verhältnismäßig sein. Der Dienstanbieter muss dabei nicht jeden nur denkbaren Aufwand betreiben, um die Nutzung rechtswidriger Inhalte zu vermeiden, vielmehr muss die Bedeutung des Einzelfalles und der erforderliche technische und wirtschaftliche Aufwand sowie die Auswirkungen auf andere Teile des Dienstes gesehen werden.

Unter Berücksichtigung dessen kann von der Antragsgegnerin nicht verlangt werden, dass sie nach den ihr im Schreiben vom 19.06.2007 mitgeteilten Rechtsverletzungen zunächst großflächige Wortfilter z.B. mit dem Namen S. einsetzte und dann im Wege einer händischen Kontrolle illegale Inhalte aussortiert. Wie der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner in der mündlichen Verhandlung nochmals das bereits schriftsätzlich erfolgte Vorbringen erläutert hat, ist es mit dem Geschäftskonzept der Antragsgegnerin zu 1. nicht zu vereinbaren, Personal für eine händische Überprüfung zu beschäftigen; dies würde die Wirtschaftlichkeit des von der Antragsgegnerin zu 1. beriebenen Geschäfts erheblich beeinträchtigen – bis hin zur Unwirtschaftlichkeit.

Des weiteren ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung neben der Frage, was dem Störer zuzumuten ist, auch zu berücksichtigen, was der Verletzte selbst tun kann, um weitere Störungen zu vermeiden. Insofern wäre es für die Antragstellerin einfach und mit keinem nennenswerten Aufwand verbunden gewesen, wenn sie neben den im Schreiben vom 19.06.2007 aufgeführten 17 Einzeltiteln als weiteren Verletzungsfall auch das – ihr ohne weiteres bekannte – Album "Greatest Hits" genannt hätte. Demgegenüber wäre es unverhältnismäßig, stattdessen von der Antragsgegnerin zu 1. zu verlangen, dass sie jenseits der ihr konkret mitgeteilten Titel Dateinamen, hinter denen sich weitere Verletzungsfälle verbergen könnten, erst ausfindig mache.

Der Berufung der Antragsgegner war daher stattzugeben.
 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, da die Sache kraft Gesetzes nicht revisibel ist, § 542 Abs. 2 ZPO.

Streitwert: 80.000,- € für den Antrag gegen die Antragsgegnerin zu 1.

40.000,- € für den Antrag gegen die Antragsgegnerin zu 2.

120.000,- € insgesamt (entsprechend der von den Parteien nicht beanstandeten Wertfestsetzung durch das Landgericht).

(Unterschriften)