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Kein Anspruch auf Unterlassung der Berichterstattung wegen Betrugsvorwürfen - LG Hamburg, Urteil vom 16.5.2008, Az.: 324 O 847/07

Leitsätzliches

Ein verurteilter Mörder, gegen den Betrugvorwürfe erhoben wurden, hat kein Anspruch auf Unterlassung wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gegen die Berichterstattung in den Medien. Es ergeben sich keine journalistischen Sorgfalspflichten aus dem Umstand, dass dich im Jahr 2006 eine Abmahnung allein auf die volle Namensnennung im Zusammenhang mit dem Mord bezogen hatte. Eine Pflicht den Beitrag umfassend von selbst auf etwaige andere Rechtsverletzungen zu überprüfen, besteht nicht.

LANDGERICHT HAMBURG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 324 O 847/07

Entscheidung vom 16. Mai 2008

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat das Landgericht Hamburg durch die Richter ... am ... für Recht erkan

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.


Tatbestand:

Der Kläger wurde 1992 wegen Mordes an dem Geschäftsmann S. festgenommen und 1993 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Er wurde zwischenzeitlich auf Bewährung aus der Haft entlassen. Der Kläger begehrt von der Beklagten die Unterlassung der Berichterstattung, dass ihm Betrugstaten zum Nachteil von Herrn S. zur Last gelegt würden.

Die Beklagte verantwortet die Unterseite www.lexikon.f.de, eine Unterseite ihres Internetauftritts www.f.de. In diesem Internetauftritt stellt sie in erster Linie ihre Produkte aus den Bereichen Internetzugang, Mobiltelefonie und Online-Dienstleistungen vor und bewirbt diese. Darüber hinaus stellt sie dort verschiedene Inhalte zur Verfügung, u.a. die Unterseite www.lexikon.f.de. Auf der linken Seite der Eingangsseite der Homepage der Beklagten findet sich unter der Überschrift „Themen“ eine Liste mit Links, darunter auch ein Link mit der Bezeichnung „Wikipedia“ (Anlage B 1). Klickt ein Nutzer auf diesen Link, gelangt er auf die Unterseite www.lexikon.f.de der Beklagten. Diese Seite ist so aufgebaut, dass sich zwar auf dem oberen Teil der Seite der Schriftzug „f.“ befindet, darunter jedoch die Hauptseite der deutschsprachigen Version von „Wikipedia“ erscheint, was für die Nutzer an der Überschrift „Willkommen bei Wikipedia“, dem Eingangssatz „Wikipedia ist ein Projekt zum Aufbau einer Enzyklopädie aus freien Inhalten in allen Sprachen der Welt. Jeder kann mit seinem Wissen beitragen“, dem Erscheinen des „Wikipedia“-Logos sowie der Gestaltung dieses Teils der Homepage in dem üblichen Blau der „Wikipedia“-Seite (abweichend von der grünen Leitfarbe der Beklagten) erkennbar ist. Am Ende jeder einzelnen „Wikipedia“-Seite heißt es: „Dieser Artikel basiert auf dem Artikel

‚[Bezeichnung des jeweiligen Artikels]‘ aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. Die Liste der Autoren ist unter dieser Seite verfügbar. Der Artikel kann nur über Wikipedia bearbeitet werden.“

Bei dem Internetangebot „Wikipedia“ handelt es sich nach unbestrittenem Beklagtenvortrag um eine weltweit sehr häufig genutzte „Online-Enzyklopädie“, bei der die Inhalte nicht von der Betreiberin erstellt werden, sondern bei der von der Betreiberin lediglich Dritten die Plattform und Speicherplatz zur Verfügung gestellt wird, damit diese selbstverfasste Beiträge hinterlegen können, so dass jedermann an der „Wikipedia“ mitarbeiten, Artikel erstellen und bearbeiten kann, wobei weder eine Vorabkontrolle noch eine nachträgliche Steuerung durch eine Redaktion stattfindet.

Der über S. abrufbare Beitrag enthielt die hier streitgegenständliche Passage: „Er eröffnete die Wirtschaft ‚Beim S.‘ am Münchner Viktualienmarkt, deren Leitung er seinem Ziehsohn W. anvertraute. Mit diesem zerstritt er sich jedoch schon bald und warf ihm öffentlich Betrug vor“. Im weiteren Verlauf des Beitrags wurde ursprünglich über den Kläger – wiederum unter voller Namensnennung – als einem der Mörder von S. berichtet. Wegen des letzteren Teils der Berichterstattung über den Mord an S. unter voller Namensnennung des Klägers hatte dieser die Beklagte abgemahnt und sodann beim LG Frankfurt am Main eine einstweilige Verfügung erwirkt (Anlagenkonvolut B 7, Antragsschriften vom 30.6.2006), mit der der Beklagten untersagt wurde, über den Kläger im Zusammenhang mit dem Mord an S. in identifizierender Weise, insb. bei voller Namensnennung, zu berichten. Diese Regelung erkannte die Beklagte durch Abschlusserklärung als endgültige Regelung an. Die hier streitgegenständliche Textpassage war bereits im Zeitpunkt dieser Abmahnung in dem Artikel enthalten. Der Kläger hatte diesen Teil der Berichterstattung nicht abgemahnt. Die nunmehr streitgegenständliche Passage blieb in der Folge weiter abrufbar, bis der Kläger auch diese Passage mit Schreiben vom 3.7.2007 bei der Beklagten abmahnte. Die Beklagte gab die geforderte Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht ab. Sie ergriff jedoch umgehend nach Zugang der Abmahnung Maßnahmen, aufgrund derer die angegriffene Äußerung aus dem Wikipedia-Artikel entfernt wurde, so dass der Kläger seitdem auch an dieser Stelle des Beitrags nicht mehr namentlich genannt wird.

Der Kläger hatte daraufhin zunächst eine einstweilige Verfügung beim LG Hamburg erwirkt (Beschl. v. 8.8.2007, Az. 324 O 695/07), mit der der Beklagten untersagt wurde, „über den Antragsteller zu berichten, ihm würden Betrugstaten zu Lasten von Herrn S. zur Last gelegt.“ Diese einstweilige Verfügung war im Widerspruchsverfahren wegen fehlender Eilbedürftigkeit aufgehoben worden (Urt. v. 23.10.2007, 324 O 695/07). Daraufhin hat der Kläger die vorliegende Hauptsacheklage erhoben.

Das Strafverfahren wegen der Betrugsvorwürfe war bereits mit Beschluss vom 8.5.1991 von der Staatsanwaltschaft bei dem LG München I nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden (Anlage K 2).

Der Kläger ist der Ansicht, auch durch diese Berichterstattung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt zu sein und einen diesbezüglichen Unterlassungsanspruch zu haben.

Der Kläger beantragt, der Beklagten bei Vermeidung eines in jedem Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zum Betrag von 250.000 € ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu vollstrecken an ihrem Vorstandsmitgliedern zu untersagen, über den Kläger zu berichten, ihm würden Betrugstaten zum Nachteil von Herrn S. zur Last gelegt.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, sie hafte weder als Täterin noch als Teilnehmerin oder (Mit-)Störerin, da sie den Artikel nicht selbst verfasst oder eingestellt habe, ihn sich nicht zu eigen gemacht habe oder Gehilfenvorsatz gehabt habe, sondern allenfalls als technische Verbreiterin anzusehen sei. Auch habe sie keine Prüfpflichten verletzt, da sie nach der Abmahnung aus dem Juni 2006 keine Veranlassung gehabt habe, auch den Rest des Artikels zu überprüfen – gerade und vor allem auch, weil der Kläger selbst damals die Äußerung trotz Kenntnis nicht angegriffen habe, so dass sie davon habe ausgehen können, dass sich der Kläger an der Wiedergabe der nunmehr streitgegenständlichen Passage nicht störe. Da sie nach der erneuten Abmahnung vom 3.7.2007 mit Erfolg alle ihr zumutbaren Maßnahmen ergriffen habe, um den Wikipedia-Artikel unverzüglich löschen zu lassen, sei sie ihrer „Löschungsverpflichtung“ nachgekommen.

Im Übrigen vertritt die Beklagte die Ansicht, die Berichterstattung verletze den Kläger nicht in seinem Persönlichkeitsrecht, da sie wahr sei. Es werde lediglich zutreffend darüber berichtet, dass S. dem Kläger Betrug vorgeworfen habe. Lediglich die Sozialsphäre sei betroffen. Auch der Resozialisierungsgedankte greife hier nicht, da der Kläger nicht wegen Betruges in Haft gewesen sei. Daher überwiege das Berichterstattungsinteresse.

Auch habe der Kläger jegliche Unterlassungsansprüche verwirkt, da er wenigstens seit Juni 2006 von der streitgegenständlichen Äußerung Kenntnis gehabt habe (Anlagenkonvolut B 7) und die Beklagte nur wegen einer anderen Passage abgemahnt habe.

Schließlich sei die Antragsfassung zu weit, da die Beklagte nicht „berichtet“ habe und auch der konkrete Antrag aus der Klageschrift nicht mit dem Inhalt der Berichterstattung übereinstimme.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der Sitzung vom 11.4.2008 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:

I. Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte. Insbesondere steht dem Kläger der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nicht aus dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu.

Dabei kann hier dahinstehen, ob die Beklagte als Täterin oder lediglich als Störerin hinsichtlich der Verbreitung der streitgegenständlichen Passage anzusehen ist. Die Beklagte ist jedenfalls durch Wahrnehmung berechtigter Interessen (entsprechend § 193 StGB) gerechtfertigt bzw. hat keine ihr obliegenden Prüfpflichten verletzt.

Das Grundrecht der Pressefreiheit hat seine konkrete, auf die öffentliche Berichterstattung und Kritik bezogene Ausprägung in dem – im Straf- und Zivilrecht analog angewendeten – Rechtfertigungsgrund der „Wahrnehmung berechtigter Interessen gem. § 193 StGB gefunden (Löffler/Ricker Handbuch des Presserechts 5. Aufl. 2005, 41. Kapitel Rz. 9 mit weiteren Nachweisen). Dabei sind für die Rechtmäßigkeit der Pressetätigkeit folgende Momente maßgeblich: die Befriedigung eines ernsthaften Informationsinteresses der Öffentlichkeit und die Erfüllung der journalistischen Sorgfaltspflicht (vgl. Löffler/Ricker, a.a.O., 41. Kapitel Rz. 10 mit weiteren Nachweisen).

1. Es bestand ein öffentliches Informationsinteresse an dem Beitrag über S. Bei S. handelt es sich um einen bekannten Schauspieler, bei dem im Rahmen einer umfassenden (Online-)Enzyklopädie ein öffentliches Interesse an seinen näheren Lebensumständen besteht, wozu auch das persönliche Verhältnis von S. zu seinem Ziehsohn, dem Kläger, gehört.

2. Die Beklagte hat auch die journalistische Sorgfalt gewahrt. Es handelt sich bei der Berichterstattung, die von der Beklagten verbreitet wird, nicht um eine eigene Berichterstattung, sondern erkennbar um Beiträge Dritter, die den Einträgen in einem Internetforum in wesentlichen Punkten vergleichbar ist. Die Beklagte hatte keine Veranlassung, den angegriffenen Artikel von sich aus vorab auf seine rechtliche Unbedenklichkeit zu überprüfen (a). Auch aufgrund der ersten Abmahnung durch den Kläger ergibt sich keine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflichten (b). Nach der neuerlichen Abmahnung hat die Beklagte unverzüglich dafür Sorge getragen, dass die angegriffene Passage aus dem Beitrag entfernt wird (c).

a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagte das Internetangebot „Wikipedia“ über eine Verlinkung in ihre eigene Seite integriert hat. Aufgrund des unstreitigen optischen Eindrucks und der konkreten Texthinweise auf der Homepage der Beklagten wird für den Nutzer deutlich, dass hier kein Service der Beklagten genutzt wird, sondern dass lediglich über die Seite der Beklagten ein Zugriff auf die Online-Enzyklopädie „Wikipedia“ erfolgt. Diese Online-Enzyklopädie „Wikipedia“ ist in wesentlichen Grundzügen einem Internetforum vergleichbar. Zwar handelt es sich bei der von der Beklagten in ihre Homepage integrierte Internetseite „Wikipedia“ nicht um ein Internetforum im engeren Sinne. Jedoch ist die Online-Enzyklopädie „Wikipedia“ einem Forum in wesentlichen Aspekten vergleichbar. Zwischen den Parteien ist insoweit unstreitig, dass es sich bei der Internetseite „Wikipedia“ um eine Homepage handelt, bei der von der Betreiberin lediglich Dritten die Plattform und Speicherplatz zur Verfügung gestellt wird, damit diese selbstverfasste Beiträge hinterlegen können, so dass jedermann an der „Wikipedia“ mitarbeiten, Artikel erstellen und bearbeiten kann, wobei weder eine Vorabkontrolle noch eine nachträgliche Steuerung durch eine zentrale Redaktion stattfindet.

Diese Funktionsweise der Online-Enzyklopädie ist damit in den zentralen Punkten der eines Forums vergleichbar. Auch dort stellt der Forenbetreiber nur einen Rahmen, eine Plattform und Speicherplatz zur Verfügung, damit Dritte selbstverfasste Beiträge hinterlegen können. Auch dort findet regelmäßig keine Vorabkontrolle oder eine nachträgliche Steuerung durch eine Redaktion statt.

Im Unterschied zu einem Forum betrifft die Enzyklopädie „Wikipedia“ zwar nicht ein spezielles Themengebiet, sondern naturgemäß eine unüberschaubare Vielzahl von Themen und ist – anders als viele Foren – auf ein dauerhaftes Vorhalten der Beiträge bei ständiger Weiterentwicklung, Anpassung und Veränderung gerichtet. Entscheidend ist aber hinsichtlich der Funktionsweise, dass jedermann die Möglichkeit eröffnet wird, Inhalte ohne redaktionelle Prüfung einzustellen. Diese Funktionsweise macht die „Wikipedia“-Seite sonstigen Internetforen vergleichbar. An einer Online-Enzyklopädie wie der „Wikipedia“ besteht auch als solcher ein öffentliches Interesse. Sie ermöglicht einer Vielzahl von Menschen schnellen und aktuellen Zugriff auf Informationen, und zwar auch Personen, die nicht über eine umfangreiche gedruckte Enzyklopädie verfügen.

Damit ist hinsichtlich der Beklagten davon auszugehen, dass sie keine eigenen Inhalte verbreitet und auch nicht feststehende Beiträge eines Dritten in ihren Internetauftritt integriert, sondern Inhalte, die darauf ausgerichtet sind, sich durch Veränderung beliebiger Nutzer permanent weiterzuentwickeln und die einem öffentlichen Informationsinteresse dienen. Gründe, die der Beklagten vor diesem Hintergrund eine anlassbezogene Prüfungspflicht auferlegt hätten, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. In der Einstellung des Angebots „Wikipedia“ im Allgemeinen und des angegriffenen Beitrags im Speziellen in das Internetangebot der Beklagten liegt mithin keine Verletzung der journalistischen Sorgfalt.

b) Auch aus dem Umstand, dass der Kläger die Beklagte bereits im Jahr 2006 wegen anderer Passagen dieses Beitrags abgemahnt hatte und der Artikel in der Folge mit der streitgegenständlichen Passage (lediglich ohne die damals abgemahnte Passage) weiter im Internet bereitgehalten wurde, ergibt sich keine Verletzung der journalistischen Sorgfaltspflichten.

Die Beklagte war aufgrund der konkreten Abmahnung des Klägers im Jahr 2006, die sich allein auf die volle Namensnennung im Zusammenhang mit dem Mord an S. bezogen hatte, nicht gehalten, den Beitrag umfassend von selbst auf etwaige andere Rechtsverletzungen zu überprüfen.

Gegen eine solche umfassende Prüfpflicht eines gesamten Artikels nach Erhalt einer auf eine konkrete Formulierung gerichteten Abmahnung spricht insb., dass der Abmahnende mit einer konkreten Abmahnung deutlich macht, dass er gerade in der angegriffenen Passage eine Rechtsverletzung sieht und den restlichen Teil des Beitrags nicht beanstanden möchte. Für die Beklagte musste sich die Sachlage nach der ersten Abmahnung im Jahr 2006, die sich auf eine konkrete Passage, nämlich die volle Namensnennung im Zusammenhang mit dem Mord an S. bezogen hatte, so darstellen, dass der Kläger nur die abgemahnte Passage als rechtsverletzend ansah und gegen die weiter andauernde Veröffentlichung des Beitrags ansonsten keine Bedenken hatte.

Damit musste die Beklagte aufgrund der Abmahnung jedenfalls nicht von sich aus jede weitere Passage auf denkbare weitere Persönlichkeitsrechtsverletzungen hin überprüfen. Ob in einer derartigen Situation eine weitergehende Prüf- und Entfernungspflicht hinsichtlich offenkundiger, quasi „ins Auge springender“ persönlichkeitsrechtsverletzender Passagen besteht (wie etwa in Fällen, in denen die gleiche Rechtsverletzung sich an einer zweiten Stelle in dem Text noch einmal wiederfindet oder bei einer offenkundigen Schmähung), kann hier offenbleiben. Um derartige offenkundige, „ins Auge springende“ Persönlichkeitsrechtsverletzungen geht es im vorliegenden Fall nicht. Dem Kläger ging es bei der ersten Abmahnung um sein Resozialisierungsinteresse, da seine Haftentlassung nach Verbüßung der Haftzeit wegen Mordes bevorgestanden hatte. Bei der Berichterstattung über einen von dritter Seite erhobenen Betrugsvorwurf spielt dagegen der Resozialisierungsgedanke nur eine ganz untergeordnete Rolle. Die Beklagte musste nicht von sich aus darauf kommen, dass der Kläger auch Anstoß an der gerade nicht abgemahnten Passage nehmen würde, wonach sein Ziehvater ihm öffentlich Betrug vorgeworfen habe.

c) Schließlich begründet auch das Verhalten der Beklagten nach der neuerlichen Abmahnung des Klägers im vorliegenden Verfahren keine Verletzung der pressemäßigen Sorgfaltspflichten. Die Beklagte hat nach dieser Abmahnung unstreitig unverzüglich dafür Sorge getragen, dass die angegriffene Passage aus dem Beitrag entfernt wird.

II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

(Unterschriften)