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Einwilligung in Veröffentlichung von Portraitfoto gilt nicht für gesponsorte Beilage - LG Hamburg, Urteil vom 05.06.2009, Az.: 324 O 953/08

Leitsätzliches

Willig der Pressesprecher eines Unternehmens in eine redaktionelle Presseveröffentlichung ohne kommerziellen Charakter ein und stellt hierfür ein Portraitfoto bereit, kann er die Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts geltend machen, wenn die Beilage in dem das Interview erscheinen soll, von einem Energiekonzern gesponsert wird, zudem er sich zuvor negativ geäußert hatte.

LANDGERICHT HAMBURG

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

 Entscheidung vom 5. Juni 2009

Aktenzeichen: 324 O 953/08

 

In dem Rechtsstreit

...

Kläger,

Prozessbevollmächtigte: ...

gegen

...

Beklagter,

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt ...


hat das Landgericht Hamburg aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2009 durch die Richter B., Dr. K. und R. für Recht erkannt:

I. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger € 2 392,86 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 8.1.2009 zu zahlen.

II. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Die Kosten des Rechtsstreits fallen zu 7/11 dem Kläger und zu jeweils 4/22 den Beklagten zur Last.

IV. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Für die Beklagten ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch die Beklagten abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Erstattung vorgerichtlich angefallener Anwaltskosten sowie die Zahlung einer Lizenz wegen einer Interviewveröffentlichung unter Beifügung seines Portätbildes.

Der Kläger ist Pressesprecher bei G.e.V. Im Verlag der Beklagten zu 1) erscheint die Zeitung „H.M.“. Die Beklagte zu 2) arbeitet als externe Redaktion. Sie produziert neben Kunden- und Mitarbeiterzeitungen auch redaktionelle Beiträge für Unternehmen und Organisationen.

Im Frühjahr 2008 wurde der Kläger im Auftrag der Beklagten zu 2) kontaktiert. Man teilte ihm mit, dass man eine Umweltbeilage für die „B.“ und die „H.M.“ plane. In diesem Zusammenhang wurde der Kläger um ein Interview gebeten, das als Verbrauchertipp zum Energiesparen veröffentlicht werden solle, sowie um ein Portraitfoto. Darüber hinaus wurde dem Kläger gesagt, dass es um einen redaktionellen Beitrag zum Thema „Green IT“ gehe. Die Beilage solle Berichte wie auch Interviews umfassen, die den Leser über umweltbewusstes Arbeiten im Büro informiere. Der Kläger gab das Interview und stellte auch ein Foto zur Verfügung, ohne dass er hierfür ein Honorar verlangte oder erhielt.

Tatsächlich erschienen das Interview und das Foto des Klägers in einer Beilage zur „B.“ und der „H.M.“ mit dem Titel „Unsere Umwelt – Folge 5 Vorbildlich arbeiten“. Auf der Titelseite der Beilage findet sich der Hinweis „Mit Unterstützung von: V.“. Auf den Innenseiten der Beilage ist jeweils am unteren Ende einer Doppelseite das Logo von V. aufgeführt. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die als Anlagenkonvolut K1 zur Akte gereichte Kopie der Beilage Bezug genommen. Die Druckauflage der „H.M.“, der die Beilage beigefügt war, betrug 142 000 Exemplare, verkauft wurden 95 805 Exemplare.

Diese Beilage wurde von der Beklagten zu 2) erstellt. Für die Erstellung der Beilage erhielt die Beklagte zu 2) eine Vergütung vom B. Verlag, an den die Firma V. einen Produktionskostenzuschuss zahlte. Der B. Verlag gab der Beklagten zu 2) die Vorgabe, dass eine Beilagenreihe zum Thema „Unsere Umwelt“ mit möglichst serviceorientiertem Inhalt erstellt werden solle.

In der Vergangenheit war die Beklagte zu 2) auch für die Firma V. tätig. Sie führt V. auf ihrer Referenzliste.G.e.V. hat in der Vergangenheit ein „Schwarzbuch V. Strahlend und verkohlt hinein in den Klimawandel“ herausgegeben, das sich kritisch mit der Firma V. und deren Energiepolitik beschäftigt (Anlage K12).

Mit Schreiben vom 1.7.2008 nahm der Kläger die Beklagten wegen der streitgegenständlichen Veröffentlichung auf Unterlassung in Anspruch und forderte sie auf, Auskunft über die Gesamtauflage der in der H.M. erschienen Beilage zu erteilen (Anlagen k2 und K3). Mit Schreiben vom 2.7.08 bzw. 3.7.08 ließen die Beklagten jeweils eine strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärung abgeben. Die Zahlung der diesbezüglich entstandenen Rechtsanwaltskosten wurde jeweils verweigert.

Der Kläger trägt vor, er sei ausschließlich mit einer redaktionellen Nutzung einverstanden gewesen. Die von ihm gegebene Einwilligung decke die konkrete Verbreitungsform nicht ab. Es handele sich bei der Beilage um eine werbende Veröffentlichung für die Firma V. in Form einer „Greenwashing-Werbekampagne“ und nicht um eine redaktionelle Berichterstattung. Maßgebend sei insoweit die Sicht des durchschnittlichen verständigen Lesers. Selbst wenn der Leser die Beilage nicht als Werbung, sondern als von V. gesponserte, redaktionelle Beilage verstehe, so decke seine Einwilligung die Veröffentlichung nicht, da zwischen gesponserten und nicht gesponserten Beiträge unterschieden werde. Wäre ihm gegenüber erwähnt worden, dass es sich um ein Produkt, zumindest aber um ein Gemeinschaftsprodukt von V. und den Beklagten handele, dann hätte er seine Zustimmung nicht erteilt.

Die Beklagten schuldeten die Erstattung der für die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten gemäß § 830 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner, berechnet jeweils nach einem Gegenstandswert in Höhe von € 50 000,– und unter Zugrundelegung einer 1,5 Geschäftsgebühr. Daneben schuldeten sie auch Schadensersatz, der im Wege der Lizenzanalogie zu berechnen sei. Hätte V. die Verbrauchertipps des Klägers mit seiner Reputation als Pressesprecher von G.e.V. und unter Nutzung des Bildnisses gekauft, so hätte das Unternehmen dafür mindestens einen Betrag von € 5 000,– gezahlt.

Der Kläger beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner dazu zu verurteilen, an den Kläger EUR 8 781,82 nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit dieser Klage zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor, dass den Kläger der genaue Inhalt der Umweltbeilage nicht interessiert habe. Er habe weder danach gefragt noch Bedingungen oder Vorbehalte formuliert, unter denen die Veröffentlichung seines Interviews stehen sollte. Die streitgegenständliche Veröffentlichung sei von der Einwilligung des Klägers gedeckt. Bei der Beilage handele es sich um ein redaktionelles Produkt und nicht um Werbung. Inhaltlich enthalte die Beilage keinerlei Werbung für V., sondern habe reinen Service-Charakter und informiere den Leser neutral und unabhängig.V. habe auf den Inhalt der Beilage keinen Einfluss genommen.

Sie schuldeten keinen Schadensersatz, da Interviews wie das streitgegenständliche keinen Marktwert hätten. Mangels Rechtsverletzung schuldeten sie auch keine Erstattung von Anwaltskosten.

Die Klage ist der Beklagten zu 1) am 7.1.2009 und der Beklagten zu 2) am 8.1.2009 zugestellt worden.

Für den weiteren Sach- und Streitstand wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.4.2009 Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist teilweise begründet.

Dem Kläger steht ein Anspruch auf Schadensersatz wegen der außergerichtlich für die Abmahnung der Beklagten entstandenen Rechtsanwaltskosten in der aus dem Tenor ersichtlichen Höhe gemäß §§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 1, 249 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG zu. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

1. a) Der Kläger kann von den Beklagten Erstattung der für die Abmahnung der Beklagten entstandenen Rechtsanwaltskosten gemäß §§ 823 Abs. 1, 830 Abs. 1, 249 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verlangen.

Die Veröffentlichung des mit ihm geführten Interviews unter Beifügung seines Porträtfotos in der der Zeitung „H.M.“ beigefügten Beilage gemäß Anlagenkonvolut K1 verletzt den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Die konkrete Veröffentlichung ist nicht von der Einwilligung des Klägers umfasst. Der Kläger hat zwar grundsätzlich eingewilligt, dass das mit ihm geführte Interview zum Thema Green IT und sein Bildnis in einer Beilage zum Thema Umwelt in den Zeitungen „H.M.“ und „B.“ veröffentlicht werden. Es kann dennoch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Einwilligung des Klägers auch auf die hier in Rede stehende Veröffentlichung bezogen hat. Die Beklagten sind für den Umfang der Einwilligung darlegungsbelastet. Sie tragen jedoch lediglich vor, den Kläger habe der genaue Inhalt der Umweltbeilage nicht interessiert, und er habe keinerlei Bedingungen oder Vorbehalte formuliert, unter denen die Veröffentlichung seines Interviews stehen solle, während der Kläger bestreitet, dass er seine Zustimmung zu einer Veröffentlichung erteilt hätte, wenn erwähnt worden wäre, dass es um ein Gemeinschaftsprodukt der Firma V. und den Beklagten gehe.

Für den Umfang der vom Kläger erklärten Einwilligung ist gemäß § 133 BGB der wirkliche Wille des Erklärenden maßgeblich, der anhand der Erklärung und der Umstände zu erforschen ist. Danach lässt sich vorliegend nicht der Schluss ziehen, dass sämtliche Formen einer Veröffentlichung – und insbesondere die hier in Rede stehende – von der Einwilligung des Klägers gedeckt sein sollten. Denn aus Sicht des Klägers ist für die Erteilung seiner Einwilligung entscheidungserheblich, ob die Veröffentlichung, in der sich das mit ihm geführte Interview und sein Porträtbild befinden, von der Firma V. unterstützt wird. Es kann hier dahin stehen, ob es sich vorliegend um eine rein redaktionelle Berichterstattung oder um eine Veröffentlichung zu Werbezwecken handelt. Entscheidend ist, dass der Wille des Klägers dahin geht, mit der Firma V. nicht in dem Sinne in Verbindung gebracht zu werden, dass sie beide gemeinsame Ziele und Interessen verfolgen würden und sich dabei gegenseitig unterstützten. Denn ein solcher Eindruck könnte sich negativ auf die Glaubwürdigkeit des Klägers und des von ihm repräsentierten Vereins G. auswirken. Es könnte widersprüchlich erscheinen, dass G.e.V. einerseits öffentlich gegen den Energiekonzern V. in Form eines sog. Schwarzbuch V. vorgeht und andererseits gemeinsam mit V. publiziert, um anscheinend ein gemeinsames Ziel zu verfolgen. Dieser Eindruck entsteht aber, wenn sich die Verbrauchertipps, die der Kläger als Pressesprecher für Green IT bei G. veröffentlicht, in einer für den Verbraucher ersichtlich von der Firma V. unterstützten Zeitungsbeilage befinden.

Dieser Wille konnte auch aus Sicht eines objektiven Empfängerhorizontes nachvollzogen werden. Dabei kann es nicht dem Betroffenen auferlegt werden, ins Blaue hinein sämtliche Umstände, unter denen seine Einwilligung nicht gelten soll, zu benennen, damit seine Einwilligung nicht als umfassend angesehen wird. Vielmehr ist es anerkannt, dass es Sache desjenigen sei, der eine Veröffentlichung vornimmt, Zweck und Umfang der geplanten Veröffentlichung klarzustellen, wenn eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild vermieden werden soll (vgl. Gerstenberg / Götting in Schricker, Urheberrecht, Kommentar, § 60 Rz. 16). Für die Wortberichterstattung kann nichts anderes gelten (vgl. auch OLG München, AfP 2001, 135, 136; Soehring, Presserecht, 3. Auflage , Rz. 19.46a). Wenn sich die Einwilligung des Klägers in die Veröffentlichung seines Interviews und seines Bildes auch auf die streitgegenständliche Veröffentlichung hätte beziehen sollen, dann hätten die Beklagten den Kläger darüber aufklären müssen, dass sich Interview und Bild in einer von der Firma V. unterstützen Beilagen wieder finden werden.

Die rechtswidrige Veröffentlichung erfolgte auch schuldhaft. Die Beklagten hätten als am Markt tätige und erfahrene Medienunternehmen erkennen können, dass die streitgegenständliche Veröffentlichung nicht von der Einwilligung des Klägers umfasst war.

Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts für die Abmahnung der Beklagten, die auf Abgabe von strafbewehrten Unterlassungsverpflichtungserklärungen gerichtet war, stellt eine erforderliche Maßnahme der Rechtsverfolgung dar.

b) Ein Schadensersatzanspruch steht dem Kläger jedoch nur in Höhe von € 2 392,86 zu. Soweit der Kläger einen weiteren Schaden geltend macht, ist die Klage unbegründet.

Für die Berechnung des Schadens ist für die Unterlassungsansprüche jeweils unter Berücksichtigung der Eingriffsintensität und des Verbreitungsgrades ein Streitwert von € 30 000,– zugrunde zu legen. Dabei würdigte die Kammer insbesondere, dass es sich bei dem in Rede stehenden Interview um ein tatsächliches Interviews des Klägers handelte, und er grundsätzlich mit der Veröffentlichung in einer Umweltbeilage zur „H.M.“ einverstanden gewesen ist. Nach Nr. 2300 wtrp des Vergütungsverzeichnisses Anlage 1 zum RVG kann der Kläger statt einer 1,5-lediglich eine 1,3-Geschäftsgebühr in Ansatz bringen, da eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Dazu hat der Kläger nicht vorgetragen.

Der dem Kläger zu ersetzende Schaden berechnet sich wie folgt:

Gegenstandswert € 30 000,–

1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG€ 985,40

Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG€ 20,00

Zwischensumme€ 1 005,40

19 % Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG€ 191,03

Gesamt€ 1 196,43

× 2 Beklagte =€ 2 392,86.

2. Soweit der Kläger von den Beklagten wegen der streitgegenständlichen Veröffentlichung die Zahlung einer fiktiven Lizenz begehrt, ist die Klage unbegründet. Ein solcher Anspruch steht dem Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu, er folgt insbesondere nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB.

Im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Lizenzanalogie ist der Vermögensvorteil herauszugeben, den der Verletzer des Persönlichkeitsrechts auf Kosten des Abgebildeten erlangt hat. Dies setzt voraus, dass es sich um eine Veröffentlichung handelt, die grundsätzlich kommerzialisierbar ist und die zumindest auch kommerziellen Charakter hat (vgl. Wanckel in Hamburger Kommentar Gesamtes Medienrecht, 44. Kapitel, Rz. 41f.). Daran fehlt es hier. Im Verhältnis zu den Beklagten handelt es sich um eine redaktionelle Presseveröffentlichung ohne kommerziellen Charakter. Es kann dahin stehen, ob – wie der Kläger vorträgt – das Unternehmen V. für die Nutzung der Verbrauchertipps des Klägers und unter Nutzung seines Bildnisses einen Betrag von € 5 000,– gezahlt hätte. Nach der Verkehrssitte ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Beklagten für die in Rede stehende Veröffentlichung kein Honorar gezahlt hätten (vgl. Wanckel, a.a.O. Rz. 43). In Bezug auf die Beklagten handelt es sich um eine redaktionelle gestaltete Beilage zu der Zeitung „H.M.“ zum Thema Umwelt. Dass die Firma V. die Erstellung dieser Beilage unterstützt hat, vermag im Verhältnis zu den Beklagten an der redaktionellen Gestaltung der Beilage nichts zu ändern.

3. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

II. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 709 S. 1, 2, 711 ZPO.

(Unterschriften)