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Unzulässige „gesundheitsbezogenen Angaben“ - „bekömmlicher Wein“ und „Energy & Vodka“

Unzulässige „gesundheitsbezogenen Angaben“ bei Alkohol - kein „bekömmlicher Wein“ und auch kein „Energy & Vodka“

 

Urteil des EuGH vom 06. September 2012, Az. C-544/10 („Bekömmlicher Wein“)

Urteil des OLG Hamm vom 10.07.2012, Az. I-4 U 38/12 („Energy & Vodka“)

von Rechtsanwalt Michael Terhaag, LL.M.

 

Der EuGH hat entschieden, dass ein Wein in der Werbung nicht als „bekömmlich“ vermarktet werden darf. Das gilt ebenso für das der Flasche anhaftende Etikett. Bei der Bezeichnung „bekömmmlich“ handele es sich um eine gesundheitsbezogene Angabe, durch die die Erhaltung eines guten Gesundheitszustandes suggeriert werde. Die Nachteile durch einen potenziell schädlichen Verzehr blieben schließlich unerwähnt.

Was war der Fall?

Eine Pfälzer Winzergenossenschaft vermarktete einige ihrer Weine unter „Edition Mild – sanfte Säure“.

Aufgrund eines besonderen „Schonverfahrens zur biologischen Säurereduzierung“ seien die Weine besonders „bekömmlich“, so die Etiketten. Die in Rheinland-Pfalz für die Überwachung des Vertriebs alkoholischer Getränke zuständige Behörde kritisierte diese Angaben. Dagegen erhob die Winzergenossenschaft Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Sie wollte festgestellt wissen, dass sie befugt sei, derartige Angaben für den Vertrieb von Wein zu benutzen. Die Winzer trugen insbesondere vor, es handele sich bei „bekömmlich“ um keine gesundheitsbezogene Angabe.

Mit diesem Rechtsstreit hatte sich letztinstanzlich das Bundesverwaltungsgericht zu befassen. Die Richter dort legten die Sache jedoch dem EuGH vor, da die entscheidende Norm zum Thema gesundheitsbezogene Angabe eine EU-Verordnung ist und damit in den Zuständigkeitsbereich der Luxemburger Richter fällt.

Warum entschieden die Luxemburger Richter wie oben beschrieben?

Das Gericht sah in „bekömmlich“ eindeutig eine gesundheitsbezogene Angabe. Der Begriff „gesundheitsbezogene Angabe“ setze nämlich nicht zwingend voraus, dass durch den Verzehr des jeweiligen Produkts eine Verbesserung des Gesundheitszustandes suggeriert werde. Vielmehr genüge es, dass durch den Verzehr eine bloße Erhaltung eines guten Gesundheitszustandes suggeriert werde. Durch derartige Angaben werde unterstellt, andere Weine hätten einen negativen Einfluss auf das Verdauungssystem. Selbst, wenn die gemachten Angaben zuträfen, wäre die Kennzeichnung gleichwohl unvollständig. Schließlich würden die negativen Folgen des Alkoholkonsums mit keinem Wort erwähnt.

Das Verbot, das solche gesundheitsbezogenen Angaben bei allen Getränken mit mehr als 1,2 vol. % Alkohol erfasst, sei zudem auch in diesem Fall verhältnismäßig. Es schaffe ein angemessenes Gleichgewicht zwischen dem Gesundheitsschutz und der Berufsfreiheit der Erzeuger und Vermarkter.

 

Das OLG Hamm entschied vor kurzem einen ähnlich gelagerten Fall

Ein Hersteller alkoholischer Getränke hatte eines seiner Mischgetränke (25% Vodka, 75 % Energy-Drink, Gesamtalkoholgehalt: 10 vol. %) als „ENERGY & VODKA“ bezeichnet. Dagegen ging ein Verein, der sich mit der Einhaltung lebensmittelrechtlicher und wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen im Bereich der Spirituosen-Industrie befasst, gerichtlich vor. Er berief sich ebenfalls auf die bereits erwähnte EU-Verordnung, wonach Getränke mit mehr als 1,2 vol. % Alkohol keine gesundheitsbezogenen Angaben enthalten dürfen. Das Getränk fiel damit unter die Verordnung.

 

Nach Ansicht der Hammer Richter vermittle die Bezeichnung „Energy&Vodka“ „dem Verbraucher den Eindruck, der Konsum des Getränks verschaffe ihm Energie, Kraft, Tatkraft und Leistungsvermögen.“ Das Produkt werde so unzulässigerweise „als funktionelles Lebensmittel beschrieben, das positive Nährwerteigenschaften habe.“

Fazit

Bei dem Vertrieb und der Werbung für alkoholische Getränke ist Vorsicht angebracht. Sobald die Angaben einen Gesundheitsbezug aufweisen, hat der Hersteller grundsätzlich verloren. Dass diese Schwelle des Gesundheitsbezuges neuerdings schnell überschritten ist, ergibt sich aus diesem EuGH-Urteil. Warum in der EU-Verordnung 1,2 vol. % als Grenze festgelegt wurde, bleibt ein Rätsel. Es wird wohl nur wenige alkoholisches Getränke geben, die weniger Alkohol haben und damit nicht unter diese Regelung fallen.

Haben Sie weitere Fragen? Sprechen Sie uns gerne an!