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OLG Köln, Urteil vom 19. Januar 2001, AZ: 6 U 78/00 - "Zeitung" im Internet

Leitsätzliches

Bei der Werbung für eine "Zeitung" im Internet erwartet der Verkehr kein Printmedium. Mit dem Begriff "Zeitung" verbindet man allerdings nur solche Sammlungen von Informationen, bei denen der Publikationsstoff gesammelt, im Wege der ordnenden Sichtung, Kürzung und ggf. Umarbeitung veröffentlichungsreif durch eine Redaktion gestaltet wird, wobei die Redaktion eine - wenngleich begrenzte - Entscheidungsbefugnis über Auswahl und Gestaltung des zu publizierenden Stoffes zusteht. Dies gilt auch für "Internet-Zeitungen".

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 78/00

Entscheidung vom 19. Januar 2001

 

In dem Rechtsstreit

....

 

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln

aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 08.12.2000

für Recht erkannt:

Die Berufungen der Klägerin gegen das am 11.01.2000 verkündete Teil-Urteil sowie das am 25.01.2000 verkündete Schluss-Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 41 O 147/99 - werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Der Klägerin wird nachgelassen, diese Sicherheit in Form der unbedingten, unbefristeten, unwiderruflichen, selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen.

Die mit diesem Urteil für die Klägerin verbundene Beschwer wird auf 150.000,00 DM festgesetzt.

 

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist Verlegerin der unter den Titeln "A.Z." und "A.N." erscheinenden regionalen Tageszeitungen. Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2) ist, verlegt das Anzeigenblatt "A.". Die Beklagte zu 3) bietet eine unter der Adresse "www.r....de." erreichbare Internetpublikation unter der Bezeichnung "R. Die Zeitung im Netz" (im folgenden: "R.") an.

Gegenstand der vorliegenden Auseinandersetzung der Parteien ist eine in der Ausgabe des Anzeigenblattes A. vom 22.06.1999 veröffentlichte Werbeanzeige, in der u.a. mit der Aussage "Die erste regionale Tageszeitungs-Neugründung Deutschlands seit mehr als 20 Jahren!" für "R. DIE ZEITUNG IM NETZ" geworben wurde. Hinsichtlich der Gestaltung dieser Werbeanzeige im einzelnen wird auf das als Anlage zur Klageschrift eingereichte Original der Ausgabe A. vom 22.06.1999 (dort S. 14) verwiesen.

Die Klägerin, welche die Beklagten auf Unterlassung dieser Werbung in Anspruch nimmt, hat die Anzeige als eine nach Maßgabe der §§ 1 und 3 UWG wettbewerbswidrige Darstellung der Art des tatsächlich beworbenen Angebots beanstandet. Zur Begründung dieses Standpunktes hat die Klägerin vorgebracht, dass die Verwendung des Begriffs "Zeitung" zur Bezeichnung einer Internetpublikation irreführend und auch aus presserechtlichen Gesichtspunkten unzulässig sei. Denn bei einer Zeitung handele es sich um ein sogenanntes "verkörpertes" Medium, nämlich eine Druckschrift. Der Verkehr erwarte daher, wenn er dem Begriff Zeitung begegne, keine "körperlose" Publikation wie im Streitfall beworben, sondern ein Printmedium. Aber auch in der Sache handele es sich bei R. nicht um eine Zeitung. Es existiere weder, wie dies aber für eine Zeitung charakteristisch sei, eine Redaktion, noch finde eine vorherige redaktionelle Bearbeitung der in R. publizierten Beiträge statt. Bei dieser Publikation handele es sich vielmehr - wie sich dies schon aus einer eigenen werblichen Selbstdarstellung der Beklagten zu 3) ergebe, um ein bloßes Diskussionsforum bzw. um einen Informationsdienst. Wer indessen unzutreffend behaupte, eine "Zeitung" herauszugeben, verschaffe sich gegenüber den Herausgebern von Printmedien einen durch Irreführung hervorgerufenen sachlich nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil. Die Beklagte zu 1) hafte dabei auch in ihrer Eigenschaft als Verlegerin des die Werbeanzeige veröffentlichenden Anzeigenblattes A., da ihr Geschäftsführer, der Beklagte zu 2), zugleich auch Geschäftsführer der Betreiberin der Homepage R. sei und ihr daher die Wettbewerbswidrigkeit der Werbung bewusst gewesen sei.

Die Klägerin, die zunächst nur gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) Klage erhoben und diese sodann nachträglich auf die Beklagte zu 3) erweitert hat, hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung durch das Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes, ersatzweise Ordnungshaft, zu unterlassen, im Zusammenhang mit dem Betreiben der Internethome-page "R." mit dem Hinweis

"Die Zeitung im Netz"

zu werben oder werben zu lassen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Nach Ansicht der Beklagten stellt sich die Klage gegenüber der Beklagten zu 1) schon mangels deren Passivlegitimation als abweisungsreif dar. Jedenfalls aber erweise sich die streitbefangene Werbung nicht als wettbewerbswidrig; sie halte sämtlichen der mit der Klage vorgebrachten Angriffen stand. Für die Beurteilung der durch die Verwendung des Begriffs "Zeitung" hervorgerufenen Erwartung komme es allein auf das Verständnis der Werbeadressaten und nicht etwa auf presserechtliche Definitionen an. Die Werbung richte sich aber ausschließlich an Internetbenutzer, denen bekannt sei, dass sie bei einer "Zeitung im Netz" nicht auf ein Printmedium, sondern auf eine Internetpublikation bzw. eine Homepage stießen. Es treffe ebenfalls nicht zu, dass es sich bei R. lediglich um einen Informationsdienst oder ein Diskussionsforum handele. Es existierten ein Redaktionsteam und ein verantwortlicher Redakteur, die eine vorherige redaktionelle Bearbeitung der in R. veröffentlichten Beiträge vornähmen.

Das Landgericht hat die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 1) und zu 2) durch Teil-Urteil vom 11.01.2000 abgewiesen. Nachdem über die nachträglich gegenüber der Beklagten zu 3) erhobene Klage verhandelt worden war, hat es die Klage durch Schluss-Urteil vom 25.01.2000 sodann auch insoweit abgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidungen, auf die zum Zwecke der näheren Sachdarstellung Bezug genommen wird, hat es im wesentlichen ausgeführt, dass der durch die Werbung angesprochene Verkehr, der sich aus einem Publikum zusammensetze, das bereits in irgendeiner Beziehung zum Internet stehe oder einem solchen Kontakt zumindest nicht abgeneigt sei, nicht erwarte, dass es sich bei der mit der streitbefangenen Anzeige beworbenen "Zeitung im Netz" um ein Printmedium handele. Vor diesem Hintergrund scheide ein Anspruch aus § 3 UWG ebenso aus wie ein solcher aus § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung, da sich die Werbung u.a. in keiner Weise an die Printmedien der Klägerin anlehne.

Mit ihren gegen diese Urteile jeweils form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Unterlassungsantrag - ergänzt um eine weitere, der streitbefangenen Werbung entnommene Formulierung - in der nachfolgend wiedergegebenen Fassung weiter.

Das Unterlassungsbegehren, so führt die Klägerin unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens im übrigen aus, stelle sich aus § 3 UWG als begründet dar und sei daher zuzusprechen. Zu Unrecht habe das Landgericht bei seiner Wertung das Verständnis eines mit dem Internet vertrauten oder doch an ihm interessierten Personenkreises zugrundegelegt. Denn die Werbung richte sich an jedermann, nur eine Minderheit sei damit vertraut, was unter "Netz" zu verstehen sei. Die Verwendung des Begriffs "Zeitung" erwecke bei der ganz überwiegenden Mehrheit der angesprochenen Werbeadressaten die Vorstellung, dass ein entsprechendes Druckerzeugnis angekündigt werde. Denn bei einer "Zeitung" handele es sich nicht um ein Medium, bei dem Informationen zur elektronischen Verbreitung in das Internet eingespeist werden, sondern um ein Druckwerk. Der Verkehr, so bringt die Klägerin weiter vor, erwarte nach der Werbung allenfalls, dass zusätzlich zu einer Print-Zeitung auch eine Publikation im Internet bzw. eine Homepage geboten werde. Jedenfalls aber, so bringt die Klägerin unter Vertiefung ihres bereits in erster Instanz vertretenen Standpunktes vor, liege eine Irreführung auch deshalb vor, weil mit R. eine reines Internetforum zur Verfügung gestellt werde. Fremdbeiträge würden - ohne durch den vorherigen Filter einer Redaktion zu gehen - unmittelbar vom PC des jeweiligen Autors in R. gesetzt. Das aber sei mit einer "Zeitung", so wie der Verkehr sie verstehe, nicht zu vereinbaren.

 

Die Klägerin beantragt,

das am 11.01.2000 verkündete Teil-Urteil sowie das am 25.01.2000 verkündete Schluss-Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Aachen - 41 O 147/ 99 - abzuändern und die Beklagten zu verurteilen,

es zwecks Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise einer am Geschäftsführer der Beklagten zu 1) und zu 3) jeweils zu vollstreckenden Ordnungshaft, zu unterlassen, die Internet-Homepage "R." mit dem Hinweis

"DIE ZEITUNG IM NETZ" und/oder "Die erfrischend andere Tageszeitung" zu bewerben oder bewerben zu lassen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufungen zurückzuweisen.

Die Beklagten wiederholen ihr erstinstanzliches Vorbringen und bringen ergänzend vor, dass bei R. eine redaktionelle Bearbeitung der online eingesandten Beiträge im klassischen Sinne stattfinde. Dabei werde u.a. die Verständlichkeit der von den jeweiligen Autoren der Redaktion online zugeleiteten Beiträge sowie die Frage überprüft, ob der Beitrag überhaupt gebracht werden könne. Anschließend würden die redigierten und veränderten Texte nach Rücksprache mit dem Autor entweder in veränderter Form oder gar nicht ins Internet eingestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten im Vorbringen der Parteien wird auf ihre in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze jeweils nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat mit dem aus dem Protokoll vom 08.12.2000 er-sichtlichen Ergebnis Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 20.10.2000 (Bl. 205 d.A.) durch Vernehmung des Zeugen L..

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die in formeller Hinsicht einwandfreie und insgesamt zulässige Berufungen haben in der Sache keinen Erfolg.

Das - wie nachfolgend noch näher zu erläutern sein wird - allein noch aus § 3 UWG zu beurteilende Unterlassungsbegehren der Klägerin ist hinsichtlich sämtlicher, von der Klägerin geltend gemachter Irreführungsaspekte unbegründet.

1.
Zu Recht hat das Landgericht in den angefochtenen Urteilen die Gefahr der Irreführung eines mehr als nur unbeachtlichen Teils der Werbeadressaten über die äußere Form des nach der werblichen Ankündigung erwarteten Mediums verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat zunächst gemäß § 543 Abs. 1 ZPO Bezug auf die insoweit überzeugenden Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen der erstinstanzlichen Urteile (dort jeweils auf S. 5-7), zu deren abweichender Beurteilung das Berufungsvorbringen der Klägerin keinen Anlass bietet.
Soweit die Klägerin einwendet, das Landgericht habe bei der Beurteilung der Werbung zu Unrecht nur auf einen "Internet-erfahrenen" Adressatenkreis abgestellt, vermag das keine andere Wertung herbeizuführen. Allerdings spricht der Umstand, dass sich das Anzeigenblatt "A.", in der die streitbefangene Anzeige geschaltet wurde, an einen denkbar breiten Adressatenkreis bzw. praktisch jedermann richtet, dafür, bei der Würdigung des Aussagewertes dieser Werbung die Vorstellung auch des Publikums heranzuziehen, das keinen Internetzugang und/oder noch keine eigenen Erfahrungen mit dem Internet gemacht hat. Auch danach kann indessen die Gefahr der Irreführung eines zumindest nicht unerheblichen Teils des angesprochenen Verkehrs über die Art der beworbenen Publikation ausgeschlossen werden. Der Begriff "Internet" und seine inhaltliche Bedeutung haben in sämtlichen Medien eine derart weite Verbreitung gefunden, dass sowohl der Ausdruck als solcher als auch der damit beschriebene Sachverhalt jedenfalls den Grundstrukturen nach fest im Bewusstsein der Allgemeinheit verankert sind. Auch den Personen, die nicht über einen eigenen Zugang zum Internet verfügen und auch nicht zu den Nutzern der Möglichkeiten des Internets gehören, ist doch zumindest annähernd bekannt, was es mit dieser Form der Datenbeschaffung und -präsentation auf sich hat und dass es sich dabei vor allen Dingen nicht um ein Printmedium handelt.
Wenn vor diesem Hintergrund für ein erkennbar als Internetpublikation beworbenes Informationsangebot der Begriff "Zeitung" gewählt wird, so erwartet das Publikum mit Ausnahme eines allenfalls unerheblichen, für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung zu vernachlässigenden Teils keine Zeitung im "klassischen" Sinn bzw. keine Druckschrift. Es erkennt vielmehr, dass der Begriff "Zeitung" im übertragenen Sinn zur Kennzeichnung eines "körperlosen" Mediums gebraucht wird, um dieses der Art nach anhand eines bisher aus anderen Zusammenhängen vertrauten Ausdrucks näher beschreiben zu können. Der Verkehr ist gerade im hier betroffenen Bereich der elektronischen Medien daran gewöhnt, wenn nicht sogar darauf angewiesen, bislang unbekannte Kommunikations- und Informationsmöglichkeiten im Wege analoger Begriffsbildung unter Verwendung von aus herkömmlichen Sachverhalten entlehnten Begriffen zu bezeichnen, um auf diese Weise eine Vorstellung davon erhalten und vermitteln zu können, welchen Zwecken ein bestimmtes Angebot dient und was mit ihm geleistet werden kann. Dies würdigend liegt es aber fern, dass der in der streitbefangenen Werbung verwendete Begriff der "Zeitung" suggeriert, mit R. ein Printmedium erhalten zu können. Denn dem Verkehr wird aus der konkret zu beurteilenden Werbung der Charakter des beworbenen Informationsangebots als Internet-Publikation unmissverständlich vor Augen geführt. Die Werbung verwendet nicht nur selbst den Begriff "Internet" ("Nur im Internet"), sondern lässt auch die sonstigen Insignien erkennen, die typischerweise auf das Internet hindeuten ("www.R....de").
Die Formulierung "Zeitung im Netz" weist danach eindeutig auf eine "Zeitung im Internet" hin, so dass der Begriff "Netz" zwanglos und unzweifelhaft als Kurzform von "Internet" verstanden wird. Da die Mitglieder des Senats ebenso wie diejenigen der erstinstanzlich entscheidenden Kammer zu dem werblich angesprochenen Personenkreis zählen, kann der Senat die Irreführungseignung bei dieser Sachlage aus eigener Sachkunde und Lebenserfahrung verneinen, ohne dass es der Einholung der klägerseits angebotenen Verkehrsbefragung bedarf. Letzteres gilt auch deshalb, weil sich dieses Beweisangebot allein auf die mit dem Begriff der "Zeitung" als solchen verbundene Erwartung bezieht, es hier indessen um die durch die konkrete Werbeanzeige hervorgerufene Erwartungshaltung des angesprochenen Verkehrs und nicht etwa darum geht, was dieser generell mit dem Begriff der "Zeitung" verbindet.

2.
Soweit die Klägerin in der Berufung weiter geltend macht, die Irreführungseignung der Werbung sei deshalb zu bejahen, weil der Teil des Verkehrs, der erkenne, dass eine Internet-Publikation beworben wird, jedenfalls erwarte, dass diese als zusätzliches Informationsangebot zu einer Druckschrift, also zu einer Zeitung im "klassischen" Sinn, ins Netz gestellt sei, vermag das ebenfalls nicht zu überzeugen. Denn der in der Werbung im übrigen enthaltene Hinweis "Nur im Internet" stellt unmissverständlich klar, dass die beworben Publikation ausschließlich im Internet vorhanden ist und nicht daneben noch als Printmedium R. existiert.

3.
Die Klägerin dringt mit ihrem Rechtsmittel schließlich ebenfalls nicht durch, soweit sie geltend macht, ein nicht unerheblicher Teil des von der Werbung angesprochenen Verkehrs werde deshalb durch die werblichen Hinweise "Die Zeitung im Netz" und/oder "Die erfrischend andere Tageszeitung" in die Irre geführt, weil das beworbene Informationsangebot den sachlichen Kriterien nach nicht als "Zeitung" einzuordnen sei, sondern es sich dabei um ein "Diskussionsforum" bzw. um eine ungeordnete, zufällige Sammlung verschiedener Beiträge handele, zu denen die Leser nach gusto unmittelbar eigene Anmerkungen machen könnten.

Allerdings trifft es im Ausgangspunkt zu, dass zumindest ein nicht unerheblicher Teil der Werbeadressaten mit dem Begriff "Zeitung" die Vorstellung verbindet, es werde nicht lediglich eine Sammlung verschiedener Beiträge zu unterschiedlichen Themen veröffentlicht. Vielmehr erwartet er, dass die Beiträge vor der Veröffentlichung durch eine Redaktion bearbeitet werden, die den Publikationsstoff sammelt und im Wege der ordnenden Sichtung, Kürzung und ggf. Umarbeitung veröffentlichungsreif gestaltet und der eine - wenngleich begrenzte - Entscheidungsbefugnis über Auswahl und Gestaltung des zu publizierenden Stoffes zusteht. Dass bei der hier zu beurteilenden Internet-Publikation eine derartige redaktionelle Bearbeitung nicht stattfindet, kann indessen im Streitfall nicht festgestellt werden. Die Beklagten haben vielmehr bewiesen, dass die in R. abrufbaren Beiträge einer redaktionellen Bearbeitung im vorstehenden Sinne unterzogen werden und daher insoweit die sachlichen Kriterien, die der Verkehr durch die Verwendung des Begriffs der "Zeitung" erwartet, erfüllt sind.

Die Beklagten traf dabei auch die Beweislast für die Vornahme der von ihnen behaupteten redaktionellen Arbeit. Zwar hat grundsätzlich die klagende Partei die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Irreführungstatbestandes - im konkreten Fall das Fehlen einer redaktionellen Bearbeitung - darzulegen und zu beweisen. Angesichts der von dem Beklagten zu 2) stammenden Eigenwerbung von R., wie sie aus den Anlagen zu Klageschrift ("R.", "Die R.-Redaktion stellt sich vor" , "Über R.". "Lust, bei R. mitzumachen?") ersichtlich ist, schien die Vornahme einer redaktionellen Arbeit im vorbezeichneten Sinne aber zumindest zweifelhaft. Denn danach sollte die Besonderheit von R. gerade darin bestehen, dass "...kein Text mehr an die örtliche Redaktion durchgegeben werden" müsse, sondern "...gleich von unterwegs in die kommende Ausgabe eingegeben" werde. Der "Redakteur" - was erkennbar als Synonym für Autor verwendete wurde - müsse sich nicht dem "Stil der Zeitung unterordnen", sondern bestimme diesen selbst ("Jede/r kann...nicht nur das Thema selbst wählen, sondern auch den Schreibstil, in dem berichtet wird"), wobei durch die "Möglichkeit der Leser, unmittelbar mit dem jeweiligen Autor per E-mail in Verbindung zu treten", der jeweilige Verfasser "..ja sofort Feedback darüber ..."erhalte, "ob der Artikel gut geschrieben" sei. Weiter hieß es darin: "Angesichts der Aufgabe, die wir uns gesetzt haben, aus möglichst allen Orten der Region aktuell und schnell berichten zu können, stellte sich sehr schnell die Frage: Wo ist die Redaktion? Wo ist der Verlag? Wo ist die Produktion? Die Antwort kann in einem solchen Fall immer nur heißen: Überall! An jedem Ort, an dem der Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin sich hinsetzt und einen Artikel für uns verfasst, muss Redaktion, Verlag und Produktion sein...". Nach dieser werblichen Selbstdarstellung lag es nahe, dass eine redaktionelle Bearbeitung des publizierten Stoffes im oben dargestellten Sinne nicht stattfand, sondern die Beiträge sowohl thematisch als auch stilistisch und sprachlich ungefiltert direkt aus der "Feder" des Autors online in die jeweilige Tagesausgabe von R. flossen.


Hatten in dieser Situation ausnahmsweise die Beklagten zu beweisen, dass bei R. tatsächlich - wie behauptet - eine redaktionelle Bearbeitung der eingereichten und sodann veröffentlichten Beiträge stattfindet, so ist ihnen dieser Beweis nach den Bekundungen des hierzu vernommenen Zeugen L. gelungen.
Der Zeuge, der seit Januar 1999 bei R. beschäftigt ist, hat detailliert und nachvollziehbar geschildert, dass und wie die von den für die erwähnte Publikation schreibenden Autoren ein-gereichten Beiträge einer redaktionellen Bearbeitung unterzogen werden. Danach sei bei R. ein "virtuelles Redaktionssystem" eingerichtet, das die Möglichkeit der Kommunikation der Autoren und Mitarbeiter sowohl mit den jeweils zuständigen Redakteuren als auch untereinander biete. Den weiteren Angaben des Zeugen zufolge sei nach diesem Redaktionssystem ein Redaktionsschluss für die in der folgenden Tagesausgabe von R. vorgesehenen Artikel gesetzt, wobei die bis dahin eingehenden Beiträge von dem jeweils zuständigen Chef vom Dienst, dem sämtliche für die kommende Ausgabe von R. eingegangenen Beiträge abrufbar seien, überprüft und redigiert würden. Der Chef vom Dienst entscheide dabei maßgeblich, ob ein Artikel erscheinen und der redaktionellen Bearbeitung unterzogen werden solle; ihm stehe nicht nur die Befugnis zu, einen Beitrag ggf. nach Rücksprache mit dem betroffenen Verfasser inhaltlich abzuändern, sondern er stelle die Beiträge insgesamt für die Tagesausgabe zusammen und bestimme dabei die Reihenfolge, wie die in die Tagesausgabe schließlich aufgenommenen Artikel aufeinander folgen sollen. Auf der Grundlage dieser Bekundungen des Zeugen hat sich zur Überzeugung des Senats erwiesen, dass eine sichtende und ordnende redaktionelle Bearbeitung bei R. stattfindet und die Publikation daher der Sache nach nicht lediglich als Informationsdienst oder Diskussionsforum einzuordnen ist.
Die Angaben des Zeugen, der nach seinem Aussageverhalten erkennbar um die wahrheitsgemäße und vollständige Aufklärung des Sachverhalts bemüht war, sind dabei auch glaubhaft. Der Zeuge hat auf Vorhalt der oben geschilderten Eigenwerbung von R. erläutert, dass diese ihm bekannte Werbung letztlich nur zum Ausdruck habe bringen wollen, dass nicht mehr wie bei einer "klassischen" Zeitung eine "Redaktionsstube" von den jeweiligen Mitarbeitern aufgesucht werden müsse, sondern dass diese ihre Mitarbeit "online" verrichten können.

4.
Stellt sich die streitbefangene Werbung nach alledem unter keinem der klägerseits geltend gemachten Irreführungsaspekte als wettbewerbswidrig i.S. von § 3 UWG dar, so hat die Klage insgesamt keinen Erfolg, ohne dass es des Eingehens auf den in erster Instanz zur Begründung des Unterlassungsbegehrens noch angeführten Unlauterkeitstatbestandes des § 1 UWG bedarf. Denn die Klägerin hat das mit der Berufung weiterverfolgte Klagepetitum ausschließlich noch auf § 3 UWG gestützt (vgl. die Berufungsbegründungen vom 28.04.2000, dort jeweils S. 2 f = Bl. 124 f, 148 f d.A.). Die Bestimmung des § 1 UWG wäre im übrigen auch aus den vom Landgericht in den angefochtenen Urteilen dargestellten Gründe, auf die zur Vermeidung von Widerholungen Bezug genommen wird (§ 543 Abs. 1 ZPO) jedenfalls nicht verletzt.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 708, 711 ZPO.

Die gemäß § 546 Abs. 2 ZPO festzusetzende Beschwer orientiert sich am Wert des Unterlassungsantrags, mit dem die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit unterlegen ist.

 

(Unterschriften)