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OLG Celle / LG Verden: Verbot von Links

Leitsätzliches

Die Aufnahme der Adressen von Websites, die von einem Wettbewerber erstellt und auf dessen Server abgelegt wurden, in ein eigenes Link-Verzeichnis ist wettbewerbsrechtlich unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Leistungsübernahme unlauter und verstößt gegen § 1 UWG. Das ändert nichts an der grundsätzlichen Zulässigkeit von Links.

OBERLANDESGERICHT CELLE

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 13 U 38/99

Entscheidung vom 12. Mai 1999

 

 

 

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren

 

(...)

 

hat der 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 1999 für Recht erkannt:

 

Auf die Berufung der Verfügungsklägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Verden vom 7. Dezember 1998 geändert:

 

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im Internet Links (Verknüpfungen) ohne schriftliche Genehmigung der Klägerin oder ohne Urheberrechtsnachweis der Klägerin auf deren Domain "weyhe-online.de" direkt oder auf dort genannte Inserenten beginnend mit ..weyhe-online.de/." zu schalten.

 

Die Kosten des Verfügungsverfahrens trägt der Beklagte.

 

 

 

Entscheidungsgründe

 

I.

 

Die zulässige Berufung der Verfügungsklägerin hat Erfolg.

 

Die Verfügungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) kann gemäß § 1 UWG verlangen, daß der Verfügungsbeklagte (im Folgenden: Beklagter) es unterläßt, unter seiner Internet-Domain gewerbliche Inserenten der Klägerin aufzuführen, ohne dass deutlich wird, dass diese Homepages der Inserenten von einem anderen Anbieter, nämlich der Klägerin, stammen.

 

1. Die Parteien sind Wettbewerber. Die Aufnahme nicht selbst akquirierter Homepages in ein eigenes Verzeichnis und das Herstellen von Verknüpfungen zu diesen Homepages ohne Hinweis auf die Internet-Adresse des Klägers geschieht zum Zwecke des Wettbewerbs. Das Verhalten des Beklagten bei der Gestaltung seines Hompage-Informationsdienstes ist objektiv geeignet, den Absatz seiner Produkte zum Nachteil der Klägerin zu fördern. Der Beklagte wird dabei tätig, um seinen eigenen Wettbewerb gegenüber der Klägerin zu fördern. Beide Parteien konkurrieren auf dem Markt der Präsentation von Homepages, die unter ihrer Domain zu finden sind. Von der Reichhaltigkeit des Umfanges ihres Angebotes ist abhängig, in welchem Umfang Homepage-Werbende über die Klägerin oder über den Beklagten ihre Leistungen anbieten oder andere Unternehmen im Zusammenhang mit dem jeweiligen Informationsdienst beim Beklagten oder der Klägerin werben wollen.

 

2. Die Aufnahme von Homepages, die von der Klägerin akquiriert wurden und unter deren Domain präsentiert werden, in ein eigenes Homepage-Verzeichnis ist wettbewerblich unter dem Gesichtspunkt der unmittelbaren Leistungsübernahme unlauter. Der Beklagte macht sich das Arbeitsergebnis der Klägerin zu Nutze, um unter Ersparnis eigener Kosten und Aufwendungen die Leistung der Klägerin auf den Markt zu bringen (vgl. zur Leistungsübernahme Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 20. Aufl., § 1 Rn. 498 m. w. N.).

 

Die Klägerin hat glaubhaft dargestellt, dass sie unter ihrer Domain ein schutzwürdiges Ergebnis eigener Leistungen präsentiert. Sie wendet erhebliche Kosten auf, um Homepage-Anbieter zu akquirieren und um ein möglichst umfassendes Angebot in den jeweiligen gewerblichen Bereichen der Homepageanbieter gewährleisten zu können. Dieses Arbeitsergebnis übernimmt der Beklagte, wenn er unter seiner Domain dem Internet-Benutzer unterschiedslos eigene und fremde Homepages präsentiert. Er suggeriert dem Benutzer, er, der Beklagte, sei auf Grund eigener Leistung in der Lage, dieses umfassende Angebot zu unterbreiten und er verfüge über die geschäftlichen Kontakte zu allen in seinem Informationsdienst aufgeführten Unternehmen. Er will und kann auf diese Art und Weise erreichen, dass mehr Benutzer auf seine Internet-Adresse aufmerksam werden und die dort vorhandene Werbung wahrnehmen. Damit erhöht er das eigene Prestige.

 

Dieses Verhalten birgt für die Klägerin die Gefahr in sich, dass Internet-Benutzer auf die Nutzung ihrer Internet-Adresse verzichten, weil sie unmittelbar beim Beklagten dieselben und noch darüber hinausgehende gewerbliche Informationen erhalten. So steigert der Beklagte die Attraktivität seines Informationsdienstes und wird das Internet-Angebot der Klägerin wesentlich entwertet, weil die Internet-Adresse der Klägerin nicht mehr so häufig frequentiert wird. Da die Abfragehäufigkeit für die werbenden Unternehmen ein entscheidendes Kriterium für das Plazieren von Werbung ist, ist der Beklagte gegenüber der werbenden Wirtschaft im Raum Weyhe in der Lage, werbewirksame Eigenschaften seines Unternehmens zu eröffnen, die er nicht selbst, sondern nur mittels des Leistungsergebnisses der Klägerin geschaffen hat. Dadurch wird die Klägerin letztendlich systematisch um die ihr zustehenden Früchte ihrer Arbeit, das Akquirieren und Zusammenstellen von Homepages für werbende Unternehmen gleichsam auf einem Marktplatz, gebracht. Dementsprechend ist die von dem Beklagten vorgenommene Gestaltung seines Informationsdienstes, die dem Benutzer keinerlei Hinweis auf die Internet-Adresse der Klägerin gibt, unbeachtlich der grundsätzlichen Zulässigkeit von sogenannten Links (Verknüpfungen) im Internet mit anderen Homepages zu verbieten.

 

II.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Einer Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit bedarf es nicht, weil dieses Urteil rechtskräftig ist.

LANDGERICHT VERDEN

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 10 O 117/98

Entscheidung vom 7. Dezember 1998

 

 

 

In dem Rechtsstreit der

 

xxx, 28844 Weyhe,

 

Verfügungsklägerin,

 

g e g e n

 

xxx, 28844 Weyhe,

 

Verfügungsbeklagter,

 

wegen unlauteren Wettbewerbs

 

hat die 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Verden, Schindel, Bruns, Lehnhardt, auf die mündliche Verhandlung vom 9. November 1998 für Recht erkannt:

 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird abgelehnt.

 

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Verfügungsklägerin auferlegt.

 

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Verfügungsklägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.500,-- DM abwenden, sofern nicht der Verfügungsbeklagte vor Beginn der Zwangsvollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

 

Streitwert: 25.000,-- DM

 

 

 

Tatbestand:

 

Die Verfügungsklägerin (im folgenden: Klägerin) ist Inhaberin der Domain "weyhe-online.de". Sie übernimmt für ihre Auftraggeber die Herstellung von Homepages. Der Internetbenutzer hat damit Zugang zu den Daten der Inserenten. Auch der Verfügungsbeklagte (im folgenden: Beklagter) inseriert im Internet für Kunden aus der Region Weyhe. Durch Links kann auf die Inserentenseiten der Klägerin geschaltet werden.

 

Die Klägerin meint, dass damit dem Internetbenutzer suggeriert werde, es handele sich um ein im Angebot des Beklagten bestehendes Inserat, was sie für wettbewerbswidrig hält.

 

Sie beantragt,

 

es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

 

im Internet Links (Verknüpfungen) ohne schriftliche Genehmigung der Verfügungsklägerin und ohne Urheberrechtsnachweis der Firma xxx GmbH auf deren Domain "weyhe-online de" direkt oder auf dort genannte Inserenten, beginnend mit "weyhe-online de/..." zu schalten.

 

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

 

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

 

Sie nimmt die Aktivlegitimation der Klägerin in Abrede, weil das Copyright des Inserenten nicht bei der Klägerin liege. Im übrigen könne jeder Benutzer erkennen, dass wenn er Seiten der Klägerin aufrufe, es sich um deren Seiten handele.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist mangels Verfügungsanspruchs nicht gerechtfertigt. Nach Auffassung der Kammer entspricht es gerade dem Wesen des Internets, den vom Nutzer gewünschten Zugang zu bekommen. Die Argumentation läuft daher auch im wesentlichen darauf hinaus, dass beim Benutzer der Eindruck entsteht, er habe es mit Inserenten der Beklagten zu tun. Abgesehen davon, dass dies - zumindest - fraglich ist, steht der Klägerin auch kein Unterlassungsanspruch unter dem Gesichtspunkt der unlauteren Ausbeutung fremder Leistung zu. Bei Fällen der vorgenannten Art kommt innerhalb des Gesichtspunktes der unlauteren Ausbeutung der Tatbestand der unmittelbaren Aneignung eines fremden Arbeitsergebnisses in Betracht. Dieser Tatbestand besteht darin, dass sich der Mitwettbewerber zu Zwecken des Wettbewerbs das fertige Arbeitsergebnis eines anderen, das eine schutzwürdige Eigenart aufweist und nur unter Aufwand an Mühe und Kosten erreichbar war, unter der Ersparung eigener Kosten aneignet und es ohne jede eigene Verbesserung oder Zutat auf den Markt bringt, um den Vorgänger um die Früchte seiner Arbeit zu bringen. Eine derartige Schutzwürdigkeit ist zu verneinen. Sie ist nämlich nur zu bejahen, wenn das übernommene Leistungsergebnis eine gewisse wettbewerbliche Eigenart besitzt, d. h. seine Gestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, auf die betriebliche Herkunft oder Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen, wodurch dem Erbringer der Leistung eine Gewinnchance eröffnet ist. Leistungsergebnisse, denen derartige wettbewerbliche Eigenarten nicht anhaften, verdienen selbst dann keinen wettbewerbsrechtlichen Schutz, wenn für sie Mühe und Kosten aufgewendet wurden. So liegt es hier; denn es handelt sich um Schaffung des Zugangs zu jedermann frei zugänglichen Daten, zumal diese im Interesse der Inserenten bekannt gegeben werden. Die bloße Wiedergabe solcher Daten genießt keinen wettbewerbsrechtlichen Schutz. Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, warum die Klägerin um die Früchte ihrer Arbeit gebracht worden sein soll und inwiefern der Klägerin durch die Gestaltung der Homepages ein erheblicher Kostenaufwand entstanden sein könnte.

 

Auch sonstige in Betracht kommende Umstände, bei deren Vorliegen die Übernahme der fremden Leistung anstößig erscheinen könnte, etwa bei einer vermeidbaren Herkunftstäuschung, sind zu verneinen. Eine Herkunftstäuschung kommt allerdings immer dann in Betracht, was die Klägerin geltend macht, wenn ein fremdes Ergebnis mit Merkmalen übernommen wird, mit denen der Verkehr eine Herkunftsvorstellung verbindet. Den aufgerufenen Daten, und nur auf diese kommt es bei der Herkunftstäuschung an, haften solche Merkmale aber nicht an.

 

Es kann daher auch dahinstehen, ob die von der Klägerin gestalteten Homepages urheberrechtlichen Schutz genießen; denn es geht nicht darum, dass die Beklagte sie selbst nutzt, sondern darum, dass er den Zugang zu ihnen eröffnet.

 

Die Nebenentscheidungen folgen aus Paragraphen 91, 708 Nr. 6 ZPO.

 

Schindel, Vorsitzender Richter am Landgericht

Bruns, Handelsrichter

Lehnhardt, Handelsrichter