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Umsatzsteueridentifikationsnummer muss nur derjenige angeben, der eine solche auch besitzt - LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 21.03.2010, Az.: 3 HK O 9663/09

Leitsätzliches

Ein Rechtsanwalt ist nur dann dazu verpflichtet, auf seiner Internetseite eine Umsatzsteueridentifikationsnummer anzugeben, wenn er eine solche auch besitzt. Zudem genügt es, dass der Rechtsanwalt auf die für ihn geltenden berufsrechtlichen Regelungen hinweist und Angaben dazu macht, wo diese abrufbar sind. Eine unmittelbare Verlinkung auf die berufsrechtlichen Regelungen ist hierfür nicht erforderlich.

LANDGERICHT NÜRNBERG-FÜRTH

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 3 HK O 9663/09 

Entscheidung vom 25. März 2010

In dem Rechtsstreit (...)

hat die dritte Kammer für Handelssachen auf die mündliche Verhandlung vom (...) durch die Richter (...) für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 400 € abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Mitteilung bestimmter Angaben auf seiner Internetseite.

Sowohl der Kläger wie auch der Beklagte unterhalten im Internet Websites, auf denen sie für Interessierte ihre Dienste anbieten.

Der Kläger trägt vor, der Beklagte habe es entgegen den gesetzlichen Vorgaben unterlassen, seine Umsatzsteueridentifikationsnummer anzugeben. Weiterhin sei zu beanstanden, dass entgegen den gesetzlichen Erfordernissen ein unmittelbarer Link von der Website des Beklagten auf die ebenfalls anzugebenden berufsrechtlichen Regelungen nicht möglich ist. Der Beklagte verweise nur allgemein auf die Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer, von der dann ein Internetnutzer sich erst den Zugang zu der Seite mit den berufsrechtlichen Regelungen verschaffen müsse.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedrohten Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs geschäftsmäßige Teledienste anzubieten, wie auf der Internetseite rechtsanwalthartmann.de geschehen, ohne im Rahmen einer Anbieterkennung die Angaben, insb. der Umsatzsteueridentifikationsnummer sowie des Links auf die Regeln der Bundesrechtsanwaltskammer, gem. Telemediengesetz zu machen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte trägt vor, eine Umsatzsteueridentifikationsnummer brauche er nicht anzugeben, da er eine solche nicht habe. Diese Nummer sei nur dann nach den gesetzlichen Vorschriften anzugeben, wenn sie zugeteilt worden sei.

Im Übrigen entspreche seine Verweisung auf die berufsrechtlichen Vorschriften den Vorgaben, wie sie auch von der Bundesrechtsanwaltskammer als richtig bestätigt worden seien.

Hinsichtlich des übrigen Vorbringens der Parteien wird zur Ergänzung auf die gegenseitig gewechselten Schriftsätze einschließlich der beigefügten Anlagen ebenso Bezug genommen, wie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 25.3.2010 (Bl. 25 d.A.).

Entscheidungsgründe:

Die – zulässige – Klage ist unbegründet, da ein Wettbewerbsverstoß des Beklagten durch Unterlassung von Pflichtangaben nach dem Telemediengesetz nicht gegeben ist.

1. Beide Parteien sind als Rechtsanwälte überregional tätig, so dass sie gem. §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG als Mitwettbewerber im Rahmen der Ausübung juristischer Tätigkeiten anzusehen sind.

Soweit der Beklagte (wie auch der Kläger) durch Bereithalten einer Internetseite auf seine Tätigkeit als Rechtsanwalt hinweist, ist er gem. § 2 Nr. 1 TMG ein Diensteanbieter, da er fremde Telemedien zur Nutzung durch Dritte bereithält. Damit ist er auch verpflichtet, die in § 5 TMG gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtangaben auf seiner Internetseite zu machen.

Wenn derartige Pflichtangaben nicht enthalten sind, würde dies im Rahmen des zwischen den Parteien bestehenden Wettbewerbs einen Verstoß nach § 4 Nr. 11 UWG darstellen, da diese Angaben nicht nur den Marktzutritt regeln sollen, sondern auch eine Regelung für das sog. Marktverhalten von Wettbewerbern darstellen.

2. Dass der Beklagte keine Umsatzsteueridentifikationsnummer angegeben hat, stellt jedoch keinen derartigen Wettbewerbsverstoß dar.

Zutreffend hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass diese Identifikationsnummer nach § 5 Abs. 1 Nr. 6 TMG nur dann anzugeben ist, wenn sie tatsächlich vergeben worden ist. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass dies bei ihm nicht der Fall ist, so dass er eine derartige Nummer auch nicht angeben könne. Dieses Vorbringen des Beklagten wurde durch den Kläger nicht widerlegt. Sein schriftsätzliches Vorbringen, dass diese Nummer auf den Schriftsätzen des Beklagten enthalten sei, entspricht nicht den Tatsachen. Dort hat der Beklagte seine Umsatzsteuernummer, wie vorgeschrieben, angegeben. Dies ergibt sich für das Gericht bereits aus der für eine solche Nummer typischen Abfolge der Ziffern, die sich erheblich von derjenigen unterscheidet, wie sie bei einer Umsatzsteueridentifikationsnummer verwendet werden. Besonders fällt auf, dass eine bei der Identifikationsnummer typische Länderabkürzung (nämlich DE für Deutschland) bei dieser auf dem Briefbogen des Beklagten mitgeteilten Steuernummer nicht enthalten ist. Diese Feststellungen kann das Gericht aus eigener Sachkunde treffen, nachdem Mitglieder der Kammer für ihre gewerbliche Tätigkeit sowohl im Besitz einer Umsatzsteuernummer wie auch einer Umsatzsteueridentifikationsnummer sind und daher Kenntnis über die Unterschiede bei diesen Nummern haben. Dass der Kläger, immerhin ein Rechtsanwalt, diese Kenntnis nicht haben soll, ist für das Gericht kaum nachvollziehbar, zumal er selbst im Besitze einer solchen Umsatzsteueridentifikationsnummer ist und somit wissen müsste, in welchen Details sich diese Nummer von einer Umsatzsteuernummer unterscheidet.

3. Ein Wettbewerbsverstoß des Beklagten ist auch nicht deshalb gegeben, weil auf die nach § 5 Abs. 1 Nr. 5c TMG anzugebenden berufsrechtlichen Regelungen (im Unterschied zur Website des Klägers) durch zwei Links erst möglich ist.

a) Der Kläger hat bezüglich dieser berufsrechtlichen Regelungen auf seiner Website folgenden Passus:

Die berufsrechtlichen Regelungen können unter der Rubrik „Berufsregeln“ unter www.brak.de eingesehen werden. Klickt man diese durch Unterstreichung hervorgehobene Website der Bundesrechtsanwaltskammer an, kommt man auf deren Startseite, wo wiederum ein Link zu der Rubrik „Berufsregeln“ möglich ist.

Wie das Gericht sich selbst überzeugen konnte, ist hingegen beim Kläger eine unmittelbare Verbindung zu diesen Berufsregeln möglich. Die Website des Klägers enthält folgende Eintragung:

Die Tätigkeit von Rechtsanwälten richtet sich nach den berufsrechtlichen Regelungen der BRAO, BORA, FAO, RVG sowie den Standesregeln der Rechtsanwälte in der Europäischen Gemeinschaft. Diese Bestimmungen können auf den Seiten der Bundesrechtsanwaltskammer eingesehen werden.

Klickt man dann auf das Wort „Bundesrechtsanwaltskammer“ gelangt man unmittelbar auf diese Berufsregeln. Allerdings hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen, dass dieser Hinweis auf die Seiten der Bundesrechtsanwaltskammer nicht unbedingt von einem Nutzer dahingehend verstanden werden kann, dass durch Anklicken dieses Wortes die Verbindung hergestellt wird. Denn auch andere Worte auf dieser Website sind in Fettschrift gehalten, bei denen offensichtlich (und auch unbestritten vom Kläger) keine weitere Verbindung zu irgendwelchen anderen Websites erfolgen kann. Der Hinweis auf der Webseite des Beklagten ist daher zugunsten eines Nutzers eindeutiger als möglicher Link anzusehen als derjeniger auf der Website des Klägers.

Soweit der Kläger deshalb mit dieser nicht eindeutigen Form eines Hinweises zur möglichen Verlinkung auf eine andere Website einen Verstoß nach UWG begangen haben kann, führt dies rechtlich nicht dazu, dass seine Beanstandung ggü. einem Mitwettbewerber deshalb unzulässig ist.

b) Nach den gesetzlichen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Nr. 5c TMG hat ein Diensteanbieter die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen anzugeben sowie auch, wie diese zugänglich sind. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Vorschrift ist es somit nicht erforderlich, dass ein Diensteanbieter auf seiner eigenen Website diese berufsrechtlichen Regelungen wiedergeben muss. Es ist vielmehr nur vorgeschrieben, dass er die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen anzugeben hat, wie dies auch auf der Website des Beklagten geschehen ist. Weiterhin hat er anzugeben, wie diese für einen Nutzer zugänglich sind. Auf der Website des Beklagten geschieht dies dadurch, dass (hervorgehoben durch Unterstreichen) auf die Website der Bundesrechtsanwaltskammer hingewiesen wird. Durch Anklicken dieser auch als mögliche Internetverlinkung eindeutig hervorgehobenen Adresse gelangt man auf die Startseite der Bundesrechtsanwaltskammer, von der dann wiederum durch einen weiteren Klick der Zugriff auf diese Standesregeln möglich ist.
Durch diese Art der Verlinkung ist sichergestellt, dass ein Nutzer, soweit er vom Inhalt dieser Standesregeln Kenntnis nehmen will, durch nur wenige Links zu diesen Regeln geführt wird.

Zwar ist dies auf der Website des Klägers nur durch einen einzigen Link möglich, sofern denn ein Nutzer mangels eindeutigen Hinweises überhaupt auf die Idee kommt, dass er das fettgedruckte Wort Bundesrechtsanwaltskammer anzuklicken hat, um diese Verbindung herzustellen.

c) Nach dem Wortlaut der genannten Vorschrift ist ein Diensteanbieter nur verpflichtet mitzuteilen, wie diese zu benennenden berufsrechtlichen Regelungen zugänglich sind. Dass ein Diensteanbieter auf seiner Website selbst unmittelbar für eine Verlinkung zu diesen berufsrechtlichen Regelungen sorgen muss, ist im Gesetz so nicht geregelt.

Zwar hat der Kläger schriftsätzlich auf die zugrundeliegende Bundestagsdrucksache hingewiesen, aus der sich die Verpflichtung ergeben soll, eine unmittelbare Verlinkung herstellen zu müssen. Wenn der Gesetzgeber dies so gewollt hätte, hätte er auch dies in das dann verabschiedete Gesetz eindeutig hineinschreiben müssen. Die Formulierung im Gesetz ist auch nicht zweideutig in dem Sinne, dass zum Verständnis der gesetzlichen Regelung über die vom Diensteanbieter einzuhaltenden Pflichten im Wege einer vorzunehmenden Auslegung auf andere Unterlagen als den Gesetzestext zurückgegriffen werden muss. Diese Regelung ist in Verbindung mit § 4 Nr. 1 UWG immerhin mit der Möglichkeit versehen, dass wegen eines Verstoßes Ordnungsmaßnahmen bis hin zu Ordnungshaft verhängt werden können. Die Möglichkeit zivilrechtlicher Sanktionen erlaubt es daher nur in ganz engem und begrenztem Umfange, eine vom Wortlaut her eindeutige Regelung auf dann verbindliche Handlungen auszudehnen, die sich so nicht zwingend aus dem eigentlichen Wortlaut ableiten lassen.

d) Soweit insb. im Zusammenhang mit Fernabsatzverträgen, die auf elektronischem Wege zustande kommen, von der Rechtsprechung besondere Vorgaben für die dann zu machenden Pflichtangaben gemacht worden sind, unterscheidet sich dieses Fallgebiet erheblich von dem hier vorliegenden.

In diesem Bereich ist bereits höchstrichterlich bestätigt, dass Verbraucher, die auf elektronischem Wege einen Vertrag schließen wollen, über ihre Rechte und Pflichten intensiv zu belehren sind. Die Hinweise sind hierbei in einer Art und Weise zu gestalten, dass ohne größeres Suchen auf der Website des potentiellen Partners der Verbraucher hiervon Kenntnis nehmen kann. Diese von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernisse eines Zugriffs über nur wenige Links rechtfertigen sich deshalb, weil bei Abschluss eines Vertrages ein Verbraucher sich rechtlich bindet mit den sich dann daraus auch für ihn unter Umständen ergebenden negativen Folgen. Aus diesen Gründen ist es erforderlich, dass er eine Belehrung über seine Rechte und Pflichten vollständig und umfänglich vor Vertragsabschluss und ohne größere Schwierigkeiten für ihn bei Bedienung des Computers erhalten kann.

Beide Parteien unterhalten ihre Website im Internet jedoch nur deshalb, um auf ihre Tätigkeit als Anwalt hinzuweisen. Potentielle Interessenten sollen nur auf sie aufmerksam gemacht werden, damit ggf. eine Mandatierung zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Dass beide Parteien unmittelbar über das Internet Verträge mit Mandanten eingehen, ist für die Kammer nicht ersichtlich geworden. Der Schutz eines Internetnutzers ist daher nicht in dem Umfange erforderlich, wie dies beim Abschluss eines Fernabsatzvertrages der Fall ist.

e) Von daher ist für das Gericht durchaus nachvollziehbar, wenn nach den glaubhaften Angaben des Beklagten seitens der Bundesrechtsanwaltskammer ihm die Auskunft erteilt worden sein soll, dass sein Internetauftritt mit diesem Hinweis auf die Startseite der Bundesrechtsanwaltskammer und der weiteren Verlinkung auf die Standesregeln für Rechtsanwälte nicht zu beanstanden ist.

4. Da der Beklagte somit durch Gestaltung seiner Internetseite nicht gegen die Vorschriften des Telemediengesetzes verstoßen hat, liegt auch kein wettbewerbsrechtlich relevanter Verstoß nach § 4 Nr. 11 UWG vor.

Die Klage ist daher abzuweisen.

5. Der Kostenausspruch beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

6. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Unterschriften