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Nahrungsergänzungsmittel darf nicht beworben werden - OLG München, Urteil vom 22.02.2007, Az.: 6 U 2158/06

Leitsätzliches

Die streitgegenständliche Internetwerbung für ein Nahrungsergänzungsmittel, die sich an den Endverbraucher richtet, verstößt gegen das Verbot krankheitsbezogener Werbung.

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 6 U 2185/06

Entscheidung vom 22. Februar 2007

 

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

wegen Unterlassung

erlässt der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht … Richterin am Oberlandesgericht … und Richter am Bundespatentgericht … aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18.1.2007

folgendes ENDURTEIL:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts München I vom 3.1.2006 wird als unbegründet kostenfällig zurückgewiesen.

2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe:

Die Parteien streiten sich um die Zulässigkeit einer Werbung für das von der Beklagten vertriebene Nahrungsergänzungsmittel (ergänzende bilanzierte Diät) Synervit. Hinsichtlich des Tatbestandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Erstgericht hat antragsgemäß wie folgt verurteilt:

1. Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250 000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder

einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an untersagt,

im geschäftlichen Verkehr für das Mittel “S.…” außerhalb der Fachkreise zu werben:

1.1. “S.…” hat mit seiner patentierten, hochdosierten Kombination der Vitamine B6, B12 und Folsäure einen nachweisbaren Doppelnutzen. Einerseits werden die Homocystein-Werte signifikant gesenkt und erreichen bei fast 96 Prozent der Patienten innerhalb von nur vier Wochen wieder Normalwerte. Andererseits öffnen sich durch die Gabe des Präparates kleinste, bereits verschlossene Gefäße und es kommt so zu einer verbesserten Durchblutung des gesamten Organismus”,

1.2. “Ist der Homocysteinspiegel erhöht, verdicken sich die glatten Muskelzellen in den Gefäßwänden, in deren Folge sich auch die Innenschicht der Blutgefäße, die so genannte Intima, verdickt. Je nach Art und Stärke der Verdickung kommt es dann zu einem Verschluss des Gefäßes oder zu einer Stenose, bei der die Blutversorgung vermindert ist. Die Verdickung der Intima kann durch die Gabe von “S.…” rückgängig gemacht werden. Ein wichtiger therapeutischer Nutzen, denn die deutlich verbesserte Blutversorgung durch die Gabe von “S.…” führt zu einer zunehmenden Leistungsfähigkeit der Patienten”,

1.3. “Hohe Homocystein-Werte werden in der medizinischen Fachwelt mit immer mehr Krankheiten/Leiden in einem ursächlichen Zusammenhang gesehen. Folgende Krankheitsbilder mit Hyperhomocysteinämie sollten dringend mit Synervit behandelt werden:

• Venöse Vaskulopathie
S.… ist sinnvoll bei oberflächlichen und tiefen Beinvenenthrombosen sowie bei tiefen Beckenvenenthrombosen.

• Arterielle Vaskulopathie
S.… ist sinnvoll bei Angina pectoris-Beschwerden (KHK), bei cerebralem Insult (Hirninfarkt), bei peripherer arterieller Verschlußkrankheit (paVK) sowie bei angeborener Hyperhomocysteinämie in Folge von Enzymdefekten.

• Vaskulopathien …
… die nicht eindeutig venös oder arteriell einzuordnen sind – S.… ist sinnvoll bei vaskulären Formen der Altersdemenz, bei Verschlüssen, Stenosen und Leckagen im venösen oder arteriellen Endstromgebiet. Für den otologischen Bereich sind dies insbesondere Gefäß- Prozesse des Innenohres und der Hörbahn. Für den opthamologischen Bereich sind dies feuchte Makulopathie, trockene Makulopathie, Opticusatrophie, Glaukom, diabetische Retinopathie, neovaskuläre Retinopathie, Astvenenthrombose und Astarterienverschluß. S.… ist ebenso sinnvoll bei Vaskulopathien im Rahmen von Allgemeinerkrankungen wie z.B. die diabetischer Angiopathie bzw. die vaskulär bedingte Impotenz.

• Prävention
S.… ist sinnvoll bei Schwangerschaften als effektiver Ersatz der nicht in jedem Behandlungsfall sicheren Folatbehandlung.

• Medikamentöser Hyperhomocysteinämie
S... ist sinnvoll bei einer Cyclosporin-Therapie nach Organ-Transplantation (Herz, Niere, Leber etc.), bei einer Cytostatica-Therapie bei Malignomen wie etwa Seminom, Mamma-Ca., M. Hodgkin, Sarkom sowie Magen-Ca., bei einer immunsuppressiven Therapie von Autoimmunkrankheiten und einer immunsuppressiven Therapie rheumatischer Erkrankungen”,

1.4. mit dem Hinweis auf ärztliche Gutachten und/oder ärztliche Empfehlungen sowie Hinweise auf solche, insbesondere zu werben:

1.4.1. “S.… wird unter fachkundiger medizinischer Aufsicht zur Senkung des erhöhten Homocysteinspiegels im Blutplasma eingesetzt. In diesem Einsatzgebiet hat S.… eine besonders hohe Therapie-Sicherheit. In einer breit angelegten multizentrischen Studie ergaben sich u.a. folgende wesentliche Therapie-Faktoren:

• die durchschnittliche Senkung des Homocystein- Wertes durch S.… betrug 46,2 % des Ausgangswertes

• die durchschnittliche Senkung des Homocystein- Wertes durch S.… betrug bei medikamentös bedingten Hyperhomocysteinämien (z.B. durch Cyclosporingabe nach Herz-Transplantation) 29,6 % des Ausgangswertes.

• mit S.… gab es keinen einzigen Therapie- Versager

• mit S.… gab es bei den umfassenden vorliegenden Studien in keinem einzigen Fall unerwünschte Wirkungen

• mit S.… gab es bei keinem einzigen Patienten paradoxe Anstiege der Homocystein-Werte wie unter anderen Therapien, z.B. der Folat-Therapie”,

1.4.2. “S.… kann bei regelmäßiger Verwendung viel leisten. In einer multizentrischen Studie ergaben sich u.a. folgende wesentliche Therapie-Faktoren: Sichere Senkung der Homocystein-Werte ohne jede Nebenwirkung, auch bei medikamentös bedingten hohen Werten wie z.B. durch Cyclosporingabe nach Herz-Transplantation”,

1.4.3. “Aus anderen Studien weiss man: Ist der Homocystein- Spiegel erhöht, verdicken sich die glatten Muskelzellen (Intima) in den Gefäßwänden, in deren Folge sich auch die Innenschicht der Blutgefäße verdickt. So kann es zur arteriosklerotischen Verdickung der Gefäße kommen. Je nach Art und Stärke der Verdickung kommt es dann zu einem Verschluss oder zu einer Stenose, bei der die Blutversorgung vermindert ist. Die Verdickung der Intima kann durch die Gabe von “S.…” rückgängig gemacht werden. Ein wichtiger therapeutischer Nutzen, denn die deutlich verbesserte Blutversorgung durch die Gabe von “S.…” führt zu einer zunehmenden Leistungsfähigkeit der Patienten”,

1.5. “Der Einsatz von S.… sollte ab Werten von über 10 Mikromol/L. erfolgen. Ab diesem Wert empfiehlt auch die American Heart Association Maßnahmen zur Senkung des Homocystein-Wertes. Nachfolgende Homocystein-Werte und deren mögliche medizinische Bedeutung:

• bis 8 Mikromol/L.: Kein Homocysteinabhängiges Risiko vorhanden
• bis 10 Mikromol/L.: Grenzwert, erster schädlicher Einfluss auf die Gefäß-Innenwand (Intima) möglich
• bis 15 Mikromol/L.: Erhöhter Wert mit gefäßaggressiven Wirkungen
• ab 15 Mikromol/L.: Erhöhter Wert mit deutlich gesteigerten Arteriosklerose-Risiken in den Gefäßgebieten Herz, Gehirn, periphere Arterien, verbunden mit erhöhtem Risiko für Thrombose, Gefäßstenose, arterielle Verschlüsse oder Stenosen”,

1.6. “Die Bestimmung des Homocystein-Gehaltes im Blut gehört in immer mehr Praxen zur Standard-Untersuchung bzw. zur Routine. Dieser Trend wird sich nach Ansicht von Fachleuten noch erheblich verstärken, denn der negative Einfluss von zu hohen Homocystein-Werten ist zwischenzeitlich unbestritten und durch eine Vielzahl von Studien belegt. Die Homocystein- Bekämpfung wird daher mehr und mehr zur Pflicht – ähnlich wie in den USA, wo das amerikanische Gesundheitsministerium die Homocystein-Bekämpfung bereits im Herbst 2002 als eigenständiges Behandlungsziel einstufte. Ein Schritt, der auch in Deutschland zu erwarten ist, zumal in den letzten Monaten wissenschaftlich dargelegt wurde, dass erhöhte Homocystein-Werte nicht nur einen massiven negativen Einfluss auf das gesamte Gefäß-System, sondern auch auf Alters-Demenz und Alzheimer-Krankheit haben. Neueste Forschungen belegen zudem, dass es einen engen Zusammenhang zwischen erhöhten Homocystein-Werten und den gerade im Alter weit verbreiteten Glaukom-Erkrankungen gibt”,

1.7.  “Aus Studien weiss man:
Ist der Homocystein-Spiegel erhöht, verdicken sich die glatten Muskelzellen (Intima) in den Gefäßwänden, in deren Folge sich auch die Innenschicht der Blutgefäße verdickt. So kann es zur arteriosklerotischen Verdickung der Gefäße kommen. Je nach Art und Stärke der Verdickung kommt es dann zu einem Verschluss des Gefäßes. Die Verdickung der Intima kann durch die Gabe von Synervit rückgängig gemacht werden. Ein wichtiger therapeutischer Nutzen, denn die deutlich verbesserte Blutversorgung führt zu einer zunehmenden Leistungsfähigkeit bei den von zu hohen Homocystein-Werten Betroffenen”,

1.8. “S.… hilft zweifach: Einerseits werden die Homocystein-Werte signifikant gesenkt und erreichen bei fast 96 Prozent der Patienten innerhalb von nur vier Wochen wieder Normalwerte. Andererseits öffnen sich durch die Gabe des Präparates “S.…” kleinste, bereits verschlossene Gefäße und es kommt so zu einer verbesserten Durchblutung des gesamten Organismus. Von der Öffnung der Gefäße profitieren alle Patienten mit Gefäßproblemen, besonders stark jedoch Patienten, die bereits ernsthaft mit Gefäßverschlüssen rechnen müssen, z.B. nach einer Bypass-Operation oder nach einer Herztransplantation. In hohem Maße profitieren nach neuesten Erkenntnissen auch Glaukom-Patienten”,

1.9. “S.… sollte bei Homocysteinwerten von über 10 Mikromol/L. regelmäßig eingenommen werden – am besten 1 Kapsel täglich mit einer Mahlzeit.

Zum besseren Verständnis hier Homocystein-Werte und deren mögliche medizinische Bedeutung: bis 10 Mikromol/L.: Grenzwert, erster schädlicher Einfluss auf die Gefäß-Innenwand (Intima) möglich

• bis 15 Mikromol/L.: Erhöhter Wert mit gefäßaggressiven Wirkungen
• ab 15 Mikromol/L.: Erhöhter Wert mit deutlich gesteigerten Gefäß- und Durchblutungsrisiken in Herz und Gehirn sowie Arterien, verbunden mit erhöhten Gefahren durch Gefäßverschlüsse”.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung des Klägers in Höhe von 2 000,– EUR vorläufig vollstreckbar.

Bezüglich der Gründe für diese Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des Ersturteils verwiesen. Hiergegen richtet sich die zulässige Berufung der Beklagten. Sie wiederholt und vertieft ihre Ausführungen 1. Instanz und verweist insbesondere nochmals auf das von ihr gesehene Spannungsverhältnis zwischen § 12 LFGB und § 21 DiätV.

Im Übrigen verweist sie auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 22.4.1999 – Az: 1 ZR 159/96 – “Vitalkost” und des Europäischen Gerichtshofs vom 15.7.2004 in der Rechtssache C – 239/02.

Sie beantragt daher zu erkennen:

Aufhebung des Ersturteils und Abweisung der Klage.

Der Kläger beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Auch er wiederholt und vertieft seinen Vortrag 1. Instanz.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Schriftsätze der Parteien und Anlagen Bezug genommen.

II.

1. Die zulässige Berufung blieb in der Sache ohne Erfolg.

Zu Recht hat das Erstgericht festgestellt, dass die angegriffene und hier streitgegenständliche Internetwerbung, die sich an den Endverbraucher richtete, gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 und 2 LFGB verstößt.

2. Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht auf ein “Spannungsverhältnis” zwischen § 12 LFGB und § 21 DiätV berufen.

Ob ein solches Spannungsverhältnis überhaupt je bestehen kann, mag hier dahinstehen. Im konkreten Fall liegt ein solches Spannungsverhältnis aber schon deshalb nicht vor, weil die angegriffene Werbung auch nicht § 21 Abs. 2 Nr. 1 und 2 DiätVO entspricht.
Die einzelnen Werbebehauptungen enthalten nicht den Hinweis “zur diätetischen Behandlung von …” ergänzt durch eine Krankheit, Störung oder durch Beschwerden für die das Lebensmittel bestimmt ist. Sie beinhalten auch nicht eine Beschreibung der Eigenschaften und Merkmale, denen das Lebensmittel seine Zweckbestimmung verdankt.

3. Der uneingeschränkten Anwendung von § 12 LFGB steht auch nicht die von der Beklagten angeführte Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 15.7.2004 – Az: C – 239/02 – entgegen.
Dort wird in Nr. 34 der Entscheidungsgründe ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zwischen den Regelungen die sich auf die Etikettierung beziehen und denen die sich auf Werbung beziehen, zu unterscheiden ist.
Maßgebliches Entscheidungskriterium in solchen Fällen sind die Vorschriften des EG-Vertrages über den freien Warenverkehr, insbesondere Art. 28 EG und 30 EG.

4. Hier sind die Werbevorschriften des § 12 LFGB als nichtharmonisierte Vorschriften anzusehen, deren Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht von ihrer Begründung und von der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit abhängt.
Hierzu ist festzustellen, dass es sich bei dem hier beworbenen Nahrungsergänzungsmittel um eine ergänzende bilanzierte Diät handelt, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers grundsätzlich nur unter ärztlicher Aufsicht eingenommen werden sollte. Man kann also davon ausgehen, dass der Gesetzgeber angenommen hat, dass diese Mittel, auch wenn sie lediglich Nahrungsmittel sind und nicht als Arzneimittel zu qualifizieren sind, möglicherweise bei unsachgemäßer Anwendung gesundheitsschädliche und nicht gesundheitsfördernde Wirkung haben können.
Wenn daher trotzdem der freie Vertrieb derartiger Nahrungsmittel für zulässig erachtet worden ist, bedarf es doch restriktiver Maßnahmen, um einen ungehemmten Gebrauch dieser Nahrungsmittel durch den Endverbraucher ohne ärztliche Kontrolle in Grenzen zu halten.
Die Situation ist insoweit keineswegs mit der der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zugrunde liegenden Werbung für ein Schlankheitsmittel zu vergleichen. Es ist hier auch nicht zu sehen, durch welche minder schweren Maßnahmen dieses Ziel sollte erreicht werden können.
Abgesehen davon ist festzustellen, dass es sich hierbei um eine rein innerdeutsche Angelegenheit handelt. Die Beklagte führt das Mittel S.… nicht aus dem Ausland ein, um es hier zu vertreiben. Sondern es ist ein Präparat der Beklagten, wie sich aus Anlage K 2 ergibt.

5. Der Anwendung von § 12 LFGB steht auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs “Vitalkost” entgegen.

Soweit dort davon die Rede ist, dass eine “informative Werbung etwa für ein diätetisches Lebensmittel” möglich bleibt, ist zu beachten, dass sich diese Äußerung im Zusammenhang mit der Erörterung des früheren § 18 Abs. 1 Nr. 6 LMBG (Angstwerbung) befindet. Sie dient also ersichtlich dazu, angstbesetzte Werbung von einer informativen Werbung für ein Lebensmittel abzugrenzen “dessen Einsatzbereich sich durch Erkrankungen definiert, bei deren Vorliegen eine bestimmte Diät einzuhalten ist”.
Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung allerdings auch ausgeführt, dass selbst bei einer solchen Werbung “Wirkungsaussagen und Behandlungsanleitungen” zu unterbleiben haben. An diese Leitlinie hält sich auch der erkennende Senat.

6. Das Erstgericht hat zutreffend festgestellt, dass auf das hier streitgegenständliche Mittel S.… § 12 Abs. 1 Nr. 1 und 2 LFGB anzuwenden ist. Es hat zutreffend festgestellt, dass etwaige Ausnahmevorschriften insoweit nicht bestehen.
Der Senat schließt sich diesen Feststellungen in vollem Umfang an. Das Erstgericht hat zutreffend festgestellt, dass die hier streitgegenständlichen Äußerungen mit Ausnahmen derer, die im Tenor des Ersturteils unter Nr. 1 1.4 abgehandelt sind, Aussagen enthalten, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen.

7. In Nr. I 1.1 wird unter anderem damit geworben, dass sich durch die Gabe von S.… “kleinste, bereits verschlossene Gefäße” wieder öffnen. Die Werbung nimmt daher Bezug auf das Krankheitsbild Gefäßverschluss. Es handelt sich dabei um eine Störung des gesundheitlichen Wohlbefindens und der normalen Funktion des Körpers, vgl. Fezer-Meyer, UWG, § 4 – S 4 Rdnr. 298.

8. In I 1.2 wird eine Gefäßverdickung angesprochen, in deren Folge es zu einem Gefäßverschluss oder zu einer Stenose kommen kann. Dies soll durch die Gabe von S.… rückgängig gemacht werden können, was als “wichtiger therapeutischer Nutzen” dargestellt wird.

9. I 1.3. Unter dieser Ziffer werden eine ganze Reihe von Krankheitsbildern ausdrücklich benannt, wie z.B. venöse Vaskulopathie, arterielle Vaskulopathie, sonstige Vaskulopathien.

10. Auch I 1.5 weist auf Krankheiten, nämlich Gefäßverengungen, zum Teil mit “gefäßaggressiven Wirkungen” hin.

11. I 1.6. Aus dieser Bemerkung kann der angesprochene Verkehr entnehmen, dass die Einnahme von S.… sich positiv auf Altersdemenz und Alzheimerkrankheit auswirkt.

12. I 1.7. Hier geht es wieder um Gefäßverdickung, die durch die Gabe von S.… rückgängig gemacht werden soll.

13. I 1.8. Auch hier wird wiederum S.… mit Gefäßverschlüssen und mit Glaukomerkrankungen in Verbindung gebracht.

14. I 1.9. Auch hier werden erneut Gefäßinnenwandverengungen angeführt “verbunden mit erhöhten Gefahren durch Gefäßverschlüsse”.

15. Die unter I 1.4. verbotenen Aussagen beziehen sich auf ärztliche Empfehlung und ärztliche Gutachten.
So wird ausgeführt, dass sich aus einer “breit angelegten multizentrischen Studie viele positive Aspekte für S.… ergeben hätten”.
In einer weiteren multizentrischen Studie habe sich eine sichere Senkung von Homocysteinwerten ohne jede Nebenwirkung ergeben und schließlich wird auch die Rückgängigmachung von Gefäßverdickungen wiederum mit einer Studie belegt.

16. Daher war die Berufung der Beklagten gegen das angefochtene Urteil in vollem Umfang zurückzuweisen.

17. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

18. Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich um eine Einzelfallentscheidung an Hand der vom Bundesgerichtshof und vom

Europäischen Gerichtshof vorgegebenen Leitlinie ohne weitere rechtsgrundsätzliche Bedeutung handelt.

(Unterschriften)