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Kein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen private Sportwetten-Vermittler aufgrund der europarechtswidrigen Rechtslage - LG Berlin, Urteil vom 14.08.2007, Az.: 16 O 1002/05

Leitsätzliches

Nach deutschem Recht ist die Vermittlung von Sportwetten an ausländische Anbieter ohne deutsche Lizenz wettbewerbswidrig und begründet einen Unterlassungsanspruch. Aufgrund der europarechtswidrgen deutschen Gesetzeslage zum Sportwetten-Recht gebührt dem Europarecht der Anwendungsvorrang, sodass das deutsche Wettbewerbsrecht gesperrt ist und ein Unterlassungsanspruch hierauf nicht gestützt werden kann.

LANDGERICHT BERLIN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 16 O 1002/05

Entscheidung vom 14. August 2007



In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat die Zivilkammer 16 des Landgerichts Berlin in Berlin-Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 26.05.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... und die Richter am Landgericht ... und ... für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.



Sachverhalt:

Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Unterlassung der Veranstaltung von Sportwetten ohne behördliche Erlaubnis und ferner auf Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht sowie auf Auskunft in Anspruch.

Die Klägerin ist Gesellschafterin des Deutschen Lotto- und Totoblocks. Sie organisiert und veranstaltet im Gebiet des Bundeslandes Brandenburg mit behördlicher Erlaubnis eine Vielzahl von Glücksspielen, insbesondere Sportwetten zu festen Gewinnquoten.

Die Beklagte zu 1), deren Vorstand der Beklagte zu 2) ist, ist Inhaberin der Domain www.w....de. Dort werden Sportwetten zu festen Quoten angeboten. Der Spielvertrag kommt unter Vermittlung des Beklagten zu 3) mit der in Gibraltar ansässigen Digibet Ltd. zustande, die über eine staatliche Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten dieses Landes verfügt.

Wegen der Einzelheiten der Wettbestimmungen wird auf die Anlage CHB 2 und wegen der Einzelheiten des Internetauftritts unter www.w....de auf die Anlage CHB 1 verwiesen.

Die Klägerin meint, die Beklagten handelten wettbewerbswidrig. Bei den angebotenen Wetten handelte es sich um Glücksspiele i. S. d. § 284 StGB, für die die Beklagten keine behördliche Erlaubnis der zuständigen deutschen Behörden hatten. Es sei von einem weiten Begriff des Veranstaltens auszugehen. Die Beklagten handelte daher wettbewerbswidrig gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG

Eine behördliche Erlaubnis der Digibet Ltd. in Gibraltar sei vorliegend unbeachtlich, weil es Sache der jeweiligen nationalen Stellen sei, das Glücksspiel zu regeln.

Die von der Klägerin bestrittene Erteilung einer DDR-Gewerbeerlaubnis an den Beklagten zu 3) hätte nach ihrer Ansicht die Veranstaltung von Sportwetten zu festen Gewinnquoten nicht legalisieren können, weil die Genehmigung des Ministers des Inneren der ehemaligen DDR fehlte.

Eine solche Genehmigung würde auch nicht das Veranstalten von Sportwetten zu festen Gewinnquoten umfassen, weil derartige Wetten zum Zeitpunkt der vermeintlichen Erteilung der Genehmigung 1990 unbekannt gewesen seien. Die vermeintliche DDR-Genehmigung könnte darüber hinaus allenfalls für das Gebiet von Berlin-Mitte Wirkung entfalten, nicht aber für die gesamte Bundesrepublik Deutschland.

Mögliche Beschränkungen der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten durch § 284 StGB seien gerechtfertigt, insbesondere durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses, die hier in dem Ziel zu sehen seien, die wirtschaftliche Ausbeutung der natürlichen Spielleidenschaft des Publikums unter staatliche Kontrolle und Zügelung zu nehmen.

Das deutsche Sportwettmonopol, das durch das Bundesverfassungsgericht (Urteil vom 28 März 2006 - Az. 1 BvR 1054/01) auf eine neue und verfassungsgemäße Grundlage mit Gesetzeskraft gestellt worden sei, sei mit dem Europarecht vereinbar, insbesondere verhältnismäßig.

Ein Staatsmonopol sei zur Verringerung und Kontrolle des Glücksspielangebotes geeignet. Die Begrenzung der Zahl der Anbieter auf einen sei auch verfassungsrechtlich und europarechtlich erforderlich. Hier verfüge der Gesetzgeber über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum. Alternativen, die gleiche Wirksamkeit versprächen und die Betroffenen weniger belasteten, seien nicht bekannt.

Ein Sportwettmonopol sei auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Denn von Bedeutung sei insofern, dass der Gesetzgeber davon ausgehe, dass sich Maßnahmen zur Bekämpfung von Spielsucht und problematischem Spielverhalten mit Hilfe eines Spielmonopols besser durchsetzen lassen als bei privatem Spielbetrieb. Im Übrigen habe die Klägerin die Maßgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts ausreichend umgesetzt.

Die Klägerin meint, einen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 9 UWG und einen Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung als gewohnheitsrechtlichen Hilfsanspruch zu haben,

Die Klägerin beantragt,

1. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250,000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnunghaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs wie nachfolgend wiedergegeben in der Bundesrepublik Deutschland ohne behördliche Erlaubnis Sportwettlen zu veranstalten oder zu bewerben oder zu vermitteln oder Anträge zur Beteiligung an solchen Sportwelten entgegenzunehmen,

2. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen Schaden zu ersetzen, der dieser aus den in Ziffer 1 beschriebenen Handlungen in Brandenburg seit dem 16 06.2005 entstanden ist oder künftig noch entstehen wird;

3. die Beklagten zu verurteilen, der Klägerin seit dem 16.06.2005 Auskunft zu erteilen über die Umsätze, die mit oder aufgrund von Handlungen nach Ziffer 1 in Brandenburg erzielt worden sind.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, der Klägerin fehle die Aktivlegitimation, weil sie nur berechtigt sei, auf dem Gebiet des Landes Brandenburg Wetten zu veranstalten und im Übrigen ein konkretes Wettbewerbsverhältnis fehle.

Der Beklagte zu 3) behauptet, über eine Erlaubnis zur Annahme von Wetten für Sportveranstaltungen bzw. Pferderennen, ausgestellt im Jahr 1990 von den zuständigen DDR-Behörden, zu verfügen. Dies ergebe sich aus den Anlagen M 12 und M 14, auf die insoweit ergänzend Bezug genommen wird.

Insoweit habe der Beklagte zu 3) Feststellungsklage bei dem Verwaltungsgericht Berlin erhoben. Die zuständige Senatsverwaltung des Landes Berlin dulde bis zum Abschluss dieses Verfahrens in erster Instanz die Annahme und Vermittlung von Sportwetten durch den Beklagten zu 3).

Die Beklagten meinen, diese Genehmigung gelte im ganzen Bundesgebiet. Das folge nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus Art. 19 Einigungsvertrag.

Die Beklagte zu 1) meint nicht verantwortlich zu sein, denn sie unterhalte nur die Website und leiste den technischen Support mittels einer Telefon-Hotline, veranstalte aber keine Sportwetten, Veranstalter der Sportwelten sei die Digibet Ltd. in Gibraltar, die dort über eine entsprechende staatliche Konzession verfüge.

Die Beklagten sind der Auffassung, die - ihrer Ansicht nach von der Digibet Ltd. - veranstalteten Sportwetten seien kein Glücksspiel gemäß § 204 StGB, sondern ein Geschicklichkeitsspiel.

Die Beklagten sind der Auffassung, sie seien auch nicht Veranstalter eines Glücksspiels gemäß § 284 StGB. Denn sie entwürfen nicht den Spielplan und würden nicht Vertragspartner des Spielers.

Die bloße Vermittlung von Glücksspielen sei nicht tatbestandsmäßig gemäß § 284 StGB. Es liege auch kein Bereitstellen von Einrichtungen i. S. d § 284 StGB vor, weil der Internetseite der erforderliche deliktische Entfaltungsbezug fehle Unvereinbar mit den gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten, der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit seien im Übrigen § 284 StGB und die inländischen Vorschriften über die Erteilung von Erlaubnissen zur Veranstaltung von Glücksspielen, weshalb die Beklagten die Vorlage an den EuGH beantragen.

Ferner würde durch eine Unterlassungsverfügung in die Berufsfreiheit der Beklagten eingegriffen.


Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet

I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 UWG.

1. Die Aktivlegitimation der Klägerin leidet zwar nicht daran, dass sie selbst nur im Bundesland Brandenburg Sportwetten anbiete. Ihr wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch würde dadurch räumlich nicht eingeschränkt (vgl. BGH, GRUR 1999, 509, 510).

2. Ein nach innerstaatlichem Recht der Klägerin zustehender Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 UWG ist aber unvereinbar mit Europarecht, insbesondere mit der europarechtlichen Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit gemäß Art, 43 und 49 EG, und führt insoweit zur Nichtanwendung des § 8 Abs, 1 UWG.

a) Der Klägerin steht zwar dem Grunde nach gemäß § 8 Abs, 1 UWG ein Anspruch auf Unterlassung zu.

Denn in allen Bundesländern besteht ein landesrechtlich geregeltes staatliches Monopol für Lotterien und Wetten, insbesondere für Sportwetten (vgl. u.a. § 8 a Abs. 1 i. V. m. § 1 Abs. 3 LottGBbg).

Den Beklagten ist es daher nicht möglich, eine Erlaubnis für die von ihnen betriebene Sammlung und Vermittlung von Sportwetten an einen im EU-Ausland (Gibraltar) konzessionierten Wettanbieter zu erlangen. Ihr Verhalten steht - da nach deutschem Recht nicht erlaubt - gemäß § 284 StGB unter Strafe. Da § 284 StGB eine wettbewerbsbezogene Norm ist, die auch dem Schutz der Verbraucher dient, stellt sich das Verhalten der Beklagten als wettbewerbswidrig gemäß § 4 Nr. 11 UWG dar (vgl. BGH, NJW 2004, 2158, 2160 Schöner Wetten, zitiert nach Beck-online).

b) In der Untersagung des Handelns der Beklagten liegt aber eine Beschränkung sowohl der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43 EG als auch der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art 49 EG der in Gibraltar ansässigen Digibet Ltd., mit der der Spielvertrag bzgl. der von den Beklagten gesammelten und vermittelten Wetten zustande kommt (EuGH, NJW 2004, 139, Rn. 49 Gambelli; EuZW 2007, 209, 211, Rn 42 Placanica, jeweils zitiert nach Beck-online).

Diese Beschränkung ist hier nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininleresses gerechtfertigt

aa) Anerkannt sind als zwingende Gründe des Allgemeininteresses der Verbraucherschutz, die Betrugsvorbeugung und die Vermeidung von Anreizen für die Bürger zu überhöhten Ausgaben für das Spielen sowie die Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung im Allgemeinen (EuGH, EuZW 2007, 209, 211, Rn. 46).

Es steht den Mitgliedstaaten frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und gegebenenfalls das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen, jedoch müssen die von ihnen vorgeschriebenen Beschränkungen den sich aus der Rechtsprechung des EuGH ergebenden Anforderungen hinsichtlich ihrer Verhältnismäßigkeit genügen Daher ist zu prüfen, ob die Beschränkungen geeignet sind, die Verwirklichung des von dem Mitgliedstaat geltend gemachten Ziels zu gewährleisten, und ob sie nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Auf jeden Fall dürfen die Beschränkungen nicht diskriminierend sein (EuGH, a. a. O., Rn 48 f).

bb) Hauptzweck für die Errichtung eines staatlichen Weltmonopols in Deutschland ist die Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht (BVerfG, Urt. vom 26 März 2006 - 1 BvR 1054/01, Rn, 98). Diese vom Bundesverfassungsgericht mit Blick auf die Rechtslage in Bayern getroffene Feststellung kann auf alle landesrechtlichen Regelungen übertragen werden (BGH, Beschluss vom 8. Mai 2007 - KVR 31/06, Rn 45). Dabei handelt es sich grundsätzlich um ein Ziel, das ein Wettmonopol rechtfertigen kann (vgl. EuGH, EuZW 2000, 148, 151, Rn 42, zitiert nach Beck-online; BVerfG, a.a.O., Rn 142; BGH, a.a.O., Rn 47).

Diesem Zweck werden die landesrechtlichen Regelungen zum staatlichen Wettmonopol aber in nicht ausreichender Weise gerecht.

Zwar mag davon auszugehen sein, dass die Errichtung eines staatlichen Wettmonopols grundsätzlich ein geeignetes Mittel zur Erreichung das legitimen Ziels darstellt (BVerfG, a.a.O., Rn. 111) und dass der Gesetzgeber auch von der Erforderlichkeit des Wettmonopols ausgehen durfte (BVerfG, a.a.O., Rn. 115). Die gesetzliche Ausgestaltung ist aber unverhältnismäßig im engeren Sinne (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 119).

Denn eine Ausrichtung am Ziel der Bekämpfung von Wettsucht und problematischen Spielverhalten ist allein durch ein staatliches Monopol noch nicht gesichert (BVerfG, a. a O., Rn 123). Erforderlich sind vielmehr entsprechende materiellrechtliche Regelungen und strukturelle Sicherungen, die dies hinreichend gewährleisten (BVerfG, a.a.O., Rn. 120). Weil die Anforderungen des deutschen Verfassungsrechts, an denen das Bundesverfassungsgericht das Bayr. Staatslotteriegesetz allein gemessen hat, parallel zu den Vorgaben des EuGH laufen (BVerfG, a.a.O., Rn. 144), folgt aus diesem Befund auch die Unvereinbarkeit des deutschen staatlichen Wettmonopols mit Art. 43 und 49 EG (OLG München, NJW 2006, 3588, 3590 zum Bayr. Staatslotteriegesetz; OVG Münster, EuZW 2006, 603, 604 f zur Rechtslage in NRW, jeweils zitiert nach Beck-online).

Hieran hat sich durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28 März 2006 nichts geändert. Durch diese Entscheidung ist zwar eine bis Ende 2007 befristete Weitergeltung des staatlichen Wettmonopols angeordnet worden. Die inhaltlichen Defizite der gesetzlichen Regelung sind damit aber nicht beseitigt worden. Denn nach wie vor gibt es keine materiellrechtliche Regelungen und strukturelle Sicherungen, die eine Ausrichtung am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht hinreichend gewährleisten. Die von der Klägerin (nach Schluss der mündlichen Verhandlung) vorgetragenen Maßnahmen tatsächlicher Art, die den Maßgaben der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Rechnung tragen sollen, können hieran nichts ändern. Sie haben keinen Einfluss auf die Gesetzeslage.

Es ist daher weiterhin von der Europarechtswidrigkeit der deutschen Rechtslage auszugehen.

c) Die Europarechtswidrigkeit führt hier zur Nichtanwendung des § 8 UWG.

Dem Europarecht kommt grundsätzlich gegenüber dem innerstaatlichen Recht ein Anwendungsvorrang zu.

Das staatliche Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts anzuwenden hat, ist gehalten, für die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (EuGH, Urt. vom 9 März 1978 - 106/77. BeckRS 2004, 70669).

Hieraus folgt, dass infolge der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts im Urteil vom 28 März 2006 die Unerlaubtheit und mithin hier die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit des Handels der Beklagten vor dem europäischen Recht keinen Bestand haben kann, weil eben nicht die Beseitigung der Regelung auf gesetzgeberischem Wege abgewartet: werden soll.

Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass das Gebot der Rechtssicherheit die mit dem Vorrang des Europarechts korrespondierende Nichtanwendungspflicht des nationalen Rechts vorübergehend suspendieren könnte (Reichert/Winkelmüller, EuZW, 2007, 214, 215; a, A, OVG Münster, EuZW 2006, 603, 605, OLG München, NJW 2006, 3588, 3591). Der Rechtsprechung des EuGH lässt sich nicht entnehmen, dass nationales Recht oder die Gefahr von Gesetzeslücken im nationalen Recht die Befugnis nationaler Behörden oder Gerichte begründen könnte, Gemeinschaftsrecht vorübergehend außer Kraft zu setzen (OVG Saarlouis, NVwZ 2007, 717, 723, zitiert nach Beck-online).

Dieser Würdigung steht entgegen der Ansicht der Klägerin schließlich auch nicht die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 8. Mai 2007 entgegen (KVR 31/06). Der in dieser Entscheidung enthaltene Satz, dass wahrend der Übergangszeit die Länder nicht verpflichtet sind, bestehende Monopole im Glücksspielwesen aufzuheben, findet in dem dort gegebenen Zusammenhang zum einen seine Rechtfertigung darin, dass der Schutzbereich der Art 46 und 49 EG gar nicht berührt ist, weil der erforderliche grenzüberschreitende Bezug von vornherein fehlt (BGH, a. a. O., Rn. 42) und zum anderen darin, dass die Schaffung eines Monopols im Rahmen der bis zum 31. Dezember 2007 erforderlichen Neuregelung verfassungsrechtlich und europarechtlich nicht ausgeschlossen sei und es daher nicht geboten erscheine, den Ordnungsbehörden in Ländern mit Monopol lediglich ein nachträgliches Eingreifen zu erlauben (BGH, a. a. O., Rn. 47).

Dieser Fall unterscheidet sich daher wesentlich in zwei Punkten von dem vorliegenden: Hier ist Europarecht unmittelbar zu beachten, weil der erforderliche grenzüberschreitende Bezug vorliegt, und an den europarechtlichen Vorgaben ist das geltende innerstaatliche Recht zu messen und nicht ein etwaigenfalls in der Zukunft geltendes und möglicherweise europarechtsgemäß ausgestaltetes Wettspielmonopol.

Das geltende Recht ist aber - wie ausgeführt - nicht mit Europarecht in Einklang zu bringen und darf daher insoweit nicht angewendet werden.

II.
Aus denselben Erwägungen hat die Klägerin auch keinen Anspruch auf Schadensersatz und auf den Schadensersatzanspruch vorbereitende Auskunft.

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbaren ergibt sich aus §§ 708, 709 ZPO.

(Unterschriften)