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„Geld verdienen auf Rezept" - unzulässige Werbung einer Versandapotheke - OLG München, Urteil vom 22.03.2007, Az.: 29 U 5300/06

Leitsätzliches

Der Slogan "Geld verdienen auf Rezept" einer Apotheke ist dann unzulässig, wenn diese für jedes zuzahlungsfreie Generikum, das auf Kassenrezept eingereicht wird, einen Bonus von 2,50 € verspricht.
Zudem ist eine Gratiszugabe in Höhe von € 9,30 bei einer Medikamentenbestellung eine unzulässige Zuwendung.

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

 

Aktenzeichen: 29 U 2681/03

 

Entscheidung vom 11. September 2003

 

 

 

 

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat der 29. Zivilsenat des OLG München durch den Vorsitzenden Richter am OLG ... sowie die Richter am OLG Prof. Dr. ... und ... auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 22. 3. 2006


für Recht erkannt:

I. Die Berufung der Ag. gegen das Urteil des LG München I vom 13. 9. 2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Ag. hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Die Ast. betreibt eine Apotheke in München. Die Ag. ist eine niederländische Kapitalgesellschaft; sie betreibt eine Versandapotheke und unterhält eine Niederlassung in Deutschland.

Die Ag. warb mit einem Werbezettel, der unter anderem folgenden Text enthielt:

Neu bei [der Ag.]:

Geld verdienen auf Rezept - mit zuzahlungsfreien Generika

Liebe Kundin, lieber Kunde,

im Rahmen eines neuen Arzneimittel-Gesetzes entfällt seit dem 1. 7. 2006 für viele rezeptpflichtige Generika die gesetzliche Zuzahlung. Somit erhalten Sie diese Medikamente in jeder Apotheke kostenlos. [Die Ag.] bietet Ihnen mehr!

Für jedes zuzahlungsfreie Generikum, das Sie auf Kassenrezept einreichen, schreiben wir Ihnen einen Sonder-Bonus von 2,50 Euro auf Ihrem persönlichen Treuekonto gut. Sobald Sie 30 Euro angesammelt haben, überweisen wir den Betrag auf Ihr Bankkonto. Sie sparen also nicht nur bei der Zuzahlung, sondern verdienen zudem auf Rezept bares Geld.

Außerdem lobte sie in einem anderen Werbezettel für jede Medikamentenbestellung bei ihr als Gratiszugabe das Kosmetikum V. im Wert von 9,30 € (unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers) aus.

Das LG hat deswegen antragsgemäß am 8. 8. 2006 im Beschlussweg eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts erlassen:

Der Ag. wird bei Meidung [der gesetzlichen Ordnungsmittel] verboten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

Kunden für den Bezug eines zuzahlungsfreien Generikums auf Kassenrezept die Gutschrift eines Sonderbonus von 2,50 € auf einem Treuekonto anzubieten und/oder zu gewähren, insbesondere wenn dies unter der Überschrift Geld verdienen auf Rezept - mit zuzahlungsfreien Generika wie nachfolgend wiedergegeben geschieht:

(Wiedergabe des ersten Werbezettels)

und/oder

für eine Medikamentenbestellung als Dankeschön eine Gratiszugabe, deren unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers 9,30 € oder mehr beträgt, auszuloben, insbesondere wie nachfolgend wiedergegeben:

(Wiedergabe des zweiten Werbezettels)

Auf Widerspruch der Ag. hat das LG die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 13. 9. 2006 bestätigt. Auf die tatsächlichen Feststellungen in diesem Urteil wird ergänzend Bezug genommen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Ag.. Sie beantragt,

das landgerichtliche Urteil und die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Ast. beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll des Termins vom 22. 3. 2007 Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Das Anbieten oder Gewähren eines Sonder-Bonus von 2,50 € für den Bezug eines zuzahlungsfreien Generikums auf Kassenrezept ist gem. § 3, § 8 I UWG als unlautere Wettbewerbshandlung zu unterlassen.

a) Zu Recht hat das LG darin einen Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG gesehen.

aa) Nach dieser Vorschrift handelt unlauter, wer Wettbewerbshandlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. Ein derartiger Einfluss liegt vor, wenn er in einer Anlockwirkung besteht, die so groß ist, dass bei einem verständigen Verbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund tritt (vgl. BGHGRUR 2006, 161 ‑ Zeitschrift mit Sonnenbrille Tz. 15, 17; vgl. auch BGH GRUR 2006, 511 ‑ Umsatzsteuererstattungs-Modell Tz. 21; jeweils m.w. Nachw.). Dabei genügt es, dass die Einflussnahme dazu geeignet ist, also eine gewisse objektive Wahrscheinlichkeit besteht, dass die Entscheidungsfreiheit in dieser Weise beeinträchtigt wird (vgl. Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. 2007, § 4 UWG Rz. 1.8 m.w. Nachw.).

bb) Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

(1) Zutreffend hat das LG darauf abgestellt, dass im Streitfall nicht nur ‑ wie sonst bei Rabattgewährungen ‑ eine vom Kunden zu erbringende Zahlung reduziert wird, sondern der Kunde ein Geschenk erhält, dem keinerlei eigene Vermögenshingabe gegenübersteht. Das begründet eine ‑ bei gewöhnlichen Rabatten nicht gegebene ‑ Motivation, unabhängig von der medizinischen Notwendigkeit möglichst viele zuzahlungsfreie Generika bei der Ag. zu bestellen, um so in den Genuss entsprechend hoher Geldgeschenke zu gelangen.

Allerdings kann für die Begründung des ausgesprochenen Verbots die Verstärkung der Anlockwirkung durch die Regelung, dass die Sonder-Boni erst bei Erreichen einer Gesamtsumme von 30,‑ € an den Kunden überwiesen werden, nicht herangezogen werden. Denn das Verbot erfasst jegliches Anbieten oder Gewähren einer Gutschrift für den Bezug eines zuzahlungsfreien Generikums auf Kassenrezept; erst in dem mit „insbesondere“ eingeleiteten Teil des Verbotsausspruchs wird auf die konkrete Ausgestaltung des Angebots der Ag. mit der Kumulationsklausel abgestellt.

(2) Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch besteht jedoch gleichwohl in dem zugesprochenen Umfang, da der Sonder-Bonus von 2,50 € pro Medikament auch ohne die verstärkende Wirkung der Kumulationsklausel einen unangemessenen unsachlichen Einfluss bewirkt.

Die durch die angegriffene Maßnahme herbeigeführte Anlockwirkung ist unsachlich. Sie beruht weder auf der bezogenen Ware oder auf mit dem Warenbezug verbundenen Nebenleistungen noch auf der Höhe der dafür ‑ jedoch nicht vom Kunden, sondern dessen gesetzlicher Krankenversicherung ‑ zu erbringenden Gegenleistung. Sie erstreckt sich insbesondere darauf, auch solche Verschreibungen vorzulegen, die medizinisch nicht indiziert sind, weil auch mit diesen Geld verdient werden kann, und verlässt damit den Bereich des Sachbezugs zum geförderten Geschäft.

Die Anlockwirkung ist auch unangemessen. Sie ist geeignet, zumindest bei einem Teil der Verbraucher die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund drängen, weil die in Aussicht gestellten Geldgeschenke ‑ anders als Warengeschenke, die nur bei entsprechendem Bedarf nützlich sind ‑ uneingeschränkt Wert besitzen. Ohne Erfolg beruft sich die Ag. darauf, dass ein verständiger Verbraucher stets seinen Aufwand mit dem jeweiligen Nutzen abwäge und es deshalb nahezu unvorstellbar sei, dass er mit Wartezeiten und Untersuchungen verbundene Arztbesuche auf sich nehme, nur um in den Genuss der Boni zu kommen; wer auf diese Weise für seinen Lebensunterhalt sorgen müsse, könne ebenso gut Obdachlosenzeitschriften verkaufen oder Pfandgut auf der Straße einsammeln und zu Geld machen. Zu Recht weist die Ast. in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Zeitaufwand für Versicherte, die wenig oder nichts verdienen, keine wesentliche Rolle spielt. Da sich die angegriffene Werbung an alle gesetzlich Versicherten unabhängig von ihrer Einkommenssituation wendet, ist der Begriff des verständigen Verbrauchers im Streitfall nicht mit einem bestimmten (Durchschnitts-)Einkommen verbunden, das dazu führen könnte, dass die Wirkung auf andere Verbraucher unberücksichtigt zu lassen wäre. Zudem ist der mit der Erlangung von Verschreibungen verbundene Aufwand nicht so groß, wie von der Ag. dargestellt. Häufig werden Verschreibungen, insbesondere Folgeverschreibungen, auf telefonische Anfrage allein auf Grund von Angaben der Patienten ausgestellt; oftmals kann auch bei einem ohnehin notwendigen Arztbesuch die Verschreibung eines zusätzlichen ‑ von der Ag. vergüteten ‑Medikaments auf ähnliche Weise erreicht werden. Aus diesem Grund kann auch in der Verschreibungspflichtigkeit der Medikamente als solcher kein Umstand gesehen, der der Anlockwirkung hinreichend mindern würde. Auch die Versandkosten stellen kein Korrektiv der Anlockwirkung dar, da die Ag. dem Kunden keine solchen Kosten berechnet, wenn er mehr als ein Medikament bestellt.

Schließlich sieht der Senat Anlass zu dem Hinweis, dass der Sinn der gesetzlichen Krankenversicherung unter anderem darin besteht, die angemessene Versorgung der Patienten mit Medikamenten sicherzustellen, und nicht darin, ‑ wie von der Ag. propagiert ‑ „auf Rezept bares Geld zu verdienen“.

b) Angesichts der Unlauterkeit der Sonderboni unter dem Gesichtspunkt der unangemessenen unsachlichen Beeinflussung gem. § 4 Nr. 1 UWG kann dahin stehen, ob der Unlauterkeitsvorwurf daneben auch auf einen Verstoß gegen § 7 I HWG gestützt werden könnte.

2. Auch die Auslobung einer Gratiszugabe, für die der Hersteller einen Preis von 9,30 € oder mehr empfiehlt, ist unlauter und gem. § 3, § 8 I UWG zu unterlassen.

a) Entgegen der Auffassung des LG ergibt sich die Unlauterkeit allerdings nicht § 4 Nr. 1 UWG.

aa) Nach Aufhebung der Zugabeverordnung ist es einem Unternehmen nicht mehr generell verwehrt, die Abgabe von zwei keine Funktionseinheit bildenden Produkten in einer Weise miteinander zu verbinden, dass bei Erwerb des einen Produkts das andere ohne Berechnung abgegeben wird. Damit ist indessen nicht gesagt, dass derartige Kopplungsangebote uneingeschränkt zulässig wären. Ein missbräuchliches und damit wettbewerbsrechtlich unzulässiges Kopplungsangebot kann im Einzelfall dann vorliegen, wenn die Anlockwirkung so groß ist, dass bei einem verständigen Verbraucher ausnahmsweise die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund tritt.

Das In-Kraft-Treten des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb am 8. 7. 2004 hat an der Rechtslage nichts geändert. Der Gesetzgeber hat durch die Vorschrift des § 4 Nr. 4 UWG Zugaben als grundsätzlich wettbewerbskonform anerkannt. Eine restriktivere Handhabung der Zulässigkeit von Zugaben im Rahmen von § 4 Nr. 1 UWG ist ersichtlich nicht gewollt, da die UWG-Reform auch der Abschaffung des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung Rechung trägt (vgl. BGH, a. a. O. ‑ Zeitschrift mit Sonnenbrille, Tz. 14 - 16 m.w. Nachw.).

bb) Ausgehend hiervon liegt in der angegriffenen Auslobung einer Zugabe keine unangemessene unsachliche Beeinflussung i.S. von § 4 Nr. 1 UWG.

(1) Die damit verbundene Anlockwirkung ist gerade eine gewollte Folge des Wettbewerbs. Selbst wertvolle Zugaben brauchen nicht zu einer irrationalen Nachfrageentscheidung zu führen. Allein die vom LG wegen ihres Werts angenommene Attraktivität der Zugabe schließt die Rationalität der Nachfrageentscheidung nicht aus. Eine Zugabe macht wirtschaftlich nur Sinn, wenn sie für die angesprochenen Verbraucher interessant ist (vgl. BGH, a. a. O. ‑ Zeitschrift mit Sonnenbrille, Tz. 17 f.).

(2) Anders als in dem unter 1. behandelten Fall der Gewährung von Geldgeschenken bei Geschäften ohne eigene Gegenleistung des Kunden ist bei der Auslobung einer Warenzugabe in der angegriffenen Weise nicht ersichtlich, dass sie die Rationalität der Nachfrageentscheidung vollständig in den Hintergrund drängen könnte.

Zum einen sind Warenzugaben nur jeweils für solche Kunden interessant, die mit dieser Ware etwas anfangen können; außerdem ist auch für solche Kunden eine Warenzugabe wegen ihrer Zweckgebundenheit nicht in gleichem Maße attraktiv wie ein entsprechendes Geldgeschenk.

Zum anderen bezieht sich die angegriffene Auslobung auf jede Medikamentenbestellung und ist nicht auf zuzahlungsfreie Waren beschränkt. Darin, dass der Kunde selbst eine Gegenleistung für die bestellte Ware ‑ sei es der Zuzahlungsbetrag, sei es der volle Kaufpreis ‑ zu erbringen hat, liegt ein die Attraktivität der Zugabe verringerndes Korrektiv. Denn wenn ein Kunde selbst etwas bezahlen muss, um in den Genuss der Zugabe zu gelangen, so liegt es wesentlich näher, dass er seine Nachfrageentscheidung nach sachlichen, an der zu kaufenden Ware selbst orientierten Gesichtspunkten trifft, als wenn ihm ein Geschenk ohne jegliche eigene Leistung in Aussicht gestellt wird.

b) Die Unlauterkeit der angegriffenen Auslobung einer Warenzugabe ergibt sich jedoch aus der spezialgesetzlichen Regelung des § 7 I HWG i. V. m. § 4 Nr. 11 UWG.

aa) Nach dieser Vorschrift des Heilmittelwerbegesetzes, das gem. dessen § 1 I Nr. 1 Anwendung auf die Werbung für Arzneimittel findet, ist es grundsätzlich unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren. Eine Ausnahme hiervon besteht ‑ soweit für den Streitfall von Bedeutung ‑ lediglich gem. § 7 I Satz 1 Nr. 1 HWG für geringwertige Kleinigkeiten.

Das Verbot bezieht sich, wie die Regelung des Anwendungsbereichs des Gesetzes in § 1 I HWG zeigt, auf Werbung für Arzneimittel. Einbezogen in den Anwendungsbereich des Heilmittelwerbegesetzes ist allerdings nur die produktbezogene Werbung, nicht aber eine allgemeine Firmen-, Unternehmens- oder Imagewerbung, die nur dem Ansehen des Unternehmens allgemein dient (vgl. BGH GRUR 1997, 761 [765] ‑ Politikerschelte; GRUR 1992, 873 ‑ Pharma-Werbespot). Das hierzu aufgestellte Abgrenzungskriterium der Anpreisung bestimmter oder zumindest individualisierbarer Arzneimittel (vgl. BGH, a. a. O. ‑ Pharma-Werbespot) ist freilich nur dort tauglich, wo es gilt, Werbung eines Herstellerunternehmens zu beurteilen, weil bei diesem Firmenwerbung immer auch Werbung für seine Erzeugnisse und damit Werbung für die von ihm hergestellten Arzneimittel ist.

Im Zusammenhang mit Händlerwerbung ist die Ansicht, § 7 I HWG untersage unterschiedslos lediglich Zuwendungen mit unmittelbarem Bezug zu einem oder mehreren bestimmten Heilmitteln (vgl. OLG Naumburg GRUR-RR 2006, 336 f. ‑ Einkauf-Gutschein; Gröning, Heilmittelwerberecht, Bd. I, 2. Ergänzungslieferung 2005, § 7 Rz. 11), so dass eine Zuwendung für nur abstrakt, etwa als rezeptfrei beschriebene Medikamente nicht erfasst sei (vgl. OLG Düsseldorf WRP 2005, 135 [136]), verschiedentlich verworfen worden. So haben das OLG Frankfurt die Rabattgewährung eines Hörgeräte-Einzelhändlers auf alle bei ihm erhältlichen digitalen Hörsysteme (vgl. OLG Frankfurt GRUR-RR 2005, 393 ‑ Barrabatt für Hörgeräte) und das Hanseatische OLG Hamburg die Werbung eines Augenoptikerunternehmens für dessen gesamtes Brillenfassungssortiment von mehr als 1.500 Fassungen mit bestimmten Kunststoffgläsern in allen Glasstärken und Ausführungen(vgl. OLG Hamburg Urt. v. 7. 4. 2005 ‑ 3 U 176/04, in juris nachgewiesen) an § 7 I HWG gemessen.

Die einschränkende Auffassung, auch bei Händlerwerbung unterfielen nur Zuwendungen für bestimmte Heilmittel § 7 I HWG, ist jedenfalls durch das Urteil des BGH vom 6. 7. 2006 ‑ I ZR 145/03 ‑ Kunden werben Kunden (GRUR 2006, 949 ff.) überholt. Darin hat der BGH die Werbung eines Augenoptikerunternehmens für Gleitsichtgläser ohne Unterscheidung nach Hersteller oder sonstigen konkretisierenden Merkmalen nicht als eine bloße Unternehmenswerbung, sondern um eine den Verboten des Heilmittelwerbegesetzes unterfallende Produktwerbung angesehen (vgl. BGH, a. a. O. ‑ Kunden werben Kunden, Tz. 23).

bb) Im Streitfall stellt die Auslobung einer Zugabe bei Bestellung von Medikamenten keine Unternehmens-, sondern Produktwerbung dar. Die Bezugnahme der Ag. auf Medikamente erfasst ‑ anders als das bei reinen Pharmaherstellern der Fall ist ‑ nicht deren gesamtes Unternehmensangebot, da auch andere Waren apothekenüblich sind (vgl. § 25 Apothekenbetriebsordnung). Aus der Gesamtheit der von der Ag. vertriebenen Produkte werden Medikamente herausgegriffen und durch die Auslobung einer Zugabe deren Absatz gefördert. Für jedes einzelne der von der Ag. vertriebenen Arzneimittel gilt das Zuwendungsverbot des § 7 I HWG; es ist kein Grund ersichtlich, weshalb für die Gesamtheit dieser Arzneimittel etwas anderes gelten sollte. Deshalb handelt sich bei der angegriffenen Maßnahme um eine Zuwendung für Arzneimittel, die an den Vorgaben § 7 I Satz 1 HWG zu messen ist.

Die angegriffene Zugabe ist unzulässig, da sie keinem der Ausnahmetatbestände des§ 7 I Satz 1 HWG unterfällt. Insbesondere kann eine Zugabe, deren Verkaufswert vom Hersteller mit mindestens 9,30 € eingeschätzt wird, nicht mehr als geringwertige Kleinigkeit angesehen werden, die gem. § 7 I Satz 1 Nr. 1 HWG bei der Werbung für Heilmittel zulässig wäre (vgl. OLG Stuttgart GRUR-RR 2005, 64 [65] ‑ Praxisgebührerstattung; Bülow, Heilmittelwerbegesetz, 3. Aufl. 2005, § 7 Rz. 17 m.w. Nachw.).

cc) Da das Verbot des § 7 I Satz 1 HWG den Schutz der Verbraucher bezweckt, ist der Verstoß gegen diese Vorschrift zugleich unlauter i.S. von § 4 Nr. 11 UWG (vgl. BGH, a. a. O. ‑ Kunden werben Kunden, Tz. 25 m.w. Nachw.).

III. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 I ZPO.

(Unterschriften)