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Gewinnabschöpfungsanspruch der Konkurrenz erfordert Vorsatz - LG Bonn, Urteil vom 12.05.05, Az.: 12 O 33/05

Leitsätzliches

Ein Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG besteht nicht, wenn dem Handelnden kein Vorsatz nachgewiesen werden kann.

LANDGERICHT BONN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen 12 O 33/05
Entscheidung vom 12. Mai 2005


In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat die 12. Zivilkammer des Landgerichts Bonn durch die Richter ... auf die mündliche Verhandlung vom ... für Recht erkannt:

 

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
3. Der Kostenausspruch ist zugunsten der Beklagten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, doch bleibt dem Kläger vorbehalten, eine vorläufige Vollstreckung durch Sicherheitsleistung, die durch selbstschuldnerische Bankbürgschaft erbracht werden kann, ohne Hinterlegung in Höhe 1.000,00 € abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der vorläufigen Vollstreckung in gleicher Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob zu Lasten der Beklagten ein Gewinnabschöpfungsanspruch im Sinne von § 10 UWG n.F. UWG besteht.

Die Beklagte warb im September 2004 wie aus Blatt 18 der Akten ersichtlich unter Bezugnahme auf einen Bericht der X vom März 2003, hinsichtlich deren Einzelheiten auf Blatt 19 bis 22 der Akten verwiesen wird. Unstreitig wurde bei der Wiedergabe des Unterkriteriums „Gesundheit und Umwelt“, das die X mit 10 % der Gesamtwertung taxiert hat, das Zwischenergebnis „befriedigend“ unrichtig mit „sehr gut“ wiedergegeben, was den Kläger am 01.09.2004 zur Abmahnung wie aus Blatt 23 bis 25 der Akten ersichtlich veranlaßte. Die darin geforderte strafbewehrte Unterlassungserklärung hat die Beklagte am 10.09.2004 abgegeben. Streitig ist allein, ob zu Lasten der Beklagten auch ein Gewinnabschöpfungsanspruch des Klägers nach § 10 UWG besteht.

Der Kläger behauptet, die unzutreffende Wiedergabe des Zwischenergebnisses „Gesundheit und Umwelt“ bei der Matratze „P“ könne nur auf Vorsatz im Sinne von § 10 UWG beruhen, die davon abweichende Darstellung der Beklagten könne nur als Schutzbehauptung qualifiziert werden.

Der Kläger beantragt,

 

1. dem Kläger Auskunft über folgende Punkte zu erteilen:
1.1 Zeitraum des Wettbewerbsverstosses;
1.2 Umfang der unlauteren Handlung/Werbung, aufgeschlüsselt nach den Werbeträgern (Internet, Zeitungs-, Prospektwerbung usw.);
1.3 Angaben über Liefermengen, Lieferpreise, Namen und Anschriften der Abnehmer und den erzielten Umsatz in dem unter Ziffer 1 anzugebenen Zeitraum bezogen auf den Warenabsatz, der im Zusammenhang mit der unlauteren Handlung steht;
1.4 Angaben über die Gestehungskosten
- Einkaufspreise
- Umsatzsteuer,
- Transportkosten, Zölle,
- sonstige variable Betriebskosten, Material-, Lohn-, Werbekosten - Gemeinkosten usw., soweit sie nicht auch ohne die Zuwiderhandlung angefallen wären
betreffend die umworbene Ware/Leistung in dem sich aus Ziffer 1 ergebenen Zeitraum;
1.5 Angaben über Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferzeiten in dem letzten Kalendervierteljahr vor der erstmaligen Veranlassung der Werbung;
1.6 Angaben über Leistungen, die aufgrund der Zuwiderhandlung an Dritte oder den Staat geleistet wurden;

2. die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben an Eides statt zu versichern;

3. an das C-Amt in L den Gewinn in einer nach Erteilung der Auskunft noch zu bestimmenden Höhe nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

hilfsweise, dem Kläger nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, die auch in Beibringung einer Bankbürgschaft bestehen kann.

Die Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte läßt vortragen, von einem auch nur bedingt vorsätzlichen Verhalten könne keine Rede sein, es liege ein schlichter Übertragungsfehler vor, welcher der Beklagten bei dem gleichen Anlaß betreffend eine andere ebenfalls von ihr beworbenen Matratze, die seinerzeit von X getestet worden ist, auch zu Lasten der Beklagten unterlaufen sei, nämlich betreffend die Matratze „G“. Schon hieraus könne erkannt werden, daß der Vorwurf des Klägers, die Beklagte habe vorsätzlich gehandelt, unberechtigt sei, zumal die Beklagte eine weitere von ihr vertriebene Matratze auch hinsichtlich eines negativen Bewertungsurteils („ausreichend“) zutreffend auf der Website wiedergegeben habe, was sicher unterblieben wäre, wenn der Beklagten daran gelegen wäre, den Verbraucher auch nur bedingt vorsätzlich in seiner Kaufentscheidung mit unzutreffenden Angaben zu beeinflussen.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.

Die Kammer hat im Termin vom 14.04.2005 Hinweise erteilt und eine Beweiserhebung durch Parteivernehmung des geschäftsführenden Gesellschafters Herrn I der Beklagten auf Antrag der Klägerseite durchgeführt. Hinsichtlich des Beweisergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, die keinerlei Zulässigkeitsbedenken begegnet, war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme abzuweisen, da die Klägerseite den ihr obliegenden Nachweis eines zumindest bedingt vorsätzlichen Handelns im Sinne von § 10 UWG nicht zu führen vermocht hat, wie die Klägerseite nach Durchführung der Parteivernehmung im Verhandlungstermin auch nicht mehr ernsthaft in Zweifel gezogen hat.

Der Kläger hat schlicht einen ungeeigneten Fall zum Anlaß genommen, die neue Regelung des § 10 UWG zur Gewinnabschöpfung, die im Ansatz zweifellos zu begrüßen ist, in der Praxis umzusetzen. Ein Erfahrungssatz, daß die unzutreffende Wiedergabe von Testurteilen nur zumindest bedingt vorsätzlich erfolgt sein kann, ist nicht gegeben. Es ist eine geradezu banale Erkenntnis, daß jeder Mensch Fehler macht - auch Richter und Rechtsanwälte, die immer mal wieder feststellen werden, daß in von ihnen verfaßten Schriftstücken, trotz Korrekturlesens, Fehler verblieben sind -, das heißt, allein der unstreitige Übertragungsfehler rechtfertigt noch nicht den Vorwurf „Vorsatz“ im Sinne von § 10 UWG n.F.. Allerdings ist an den Nachweis eines vorsätzlichen Verhaltens kein allzu hoher Maßstab zu setzen, da vorsätzliches Fehlverhalten in wettbewerbsrechtlich relevanten Sachverhalten alles andere als selten ist und es gewiß nicht Aufgabe der Rechtsprechung ist, sich schützend vor diejenigen zu stellen, die zumindest bedingt vorsätzlich die Verhaltensmaßregeln mißachten. Von einem dahingehenden Sachverhalt kann im hier zu entscheidenden Fall freilich keine Rede sein:

Der geschäftsführende Gesellschafter der Beklagten Herr I hat in seiner von Klägerseite beantragen Parteivernehmung eingehend und glaubhaft dargetan, daß ein - zweifelsohne fahrlässiger - Übertragungsfehler vorgelegen hat betreffend die Wiedergabe des Zwischenurteils „Gesundheit und Umwelt“ zur Matratze „P“. Die Glaubhaftigkeit seiner Aussage ergibt sich schon daraus, daß die gleiche Person bei gleicher Gelegenheit einen zweiten Übertragungsfehler gemacht hat, diesen aber zu Lasten der Beklagten, nämlich betreffend die des weiteren beworbene Matratze „G“ wo das durchaus gewichtigere Zwischenergebnis „Haltbarkeit“ mit „befriedigend“ statt „gut“ wiedergegeben worden ist, wobei in beiden Übertragungsfehlern die unzutreffende Wiedergabe korrespondiert mit der jeweils daneben befindlichen Bewertung einer anderweitigen Matratze, das heißt, der Vorgang, der zum Übertragungsfehler geführt hat, ist durchaus plausibel und nachvollziehbar. Für einen nur fahrlässigen Übertragungsfehler spricht auch, daß er bei der Matratze „P“ lediglich ein untergeordnetes Kriterium (von X mit 10 % taxiert) betraf, nicht dagegen die sehr viel gewichtigeren Kriterien „Liegeeigenschaften“ und/oder „Haltbarkeit“ und schon gar nicht das Endergebnis, das jeweils korrekt wiedergegeben worden ist, das heißt, auch bei einem nur bedingt vorsätzlichen Fehlverhalten wäre diese Art des Fehlverhaltens unverständlich, eben weil nicht erfolgsgeeignet.

Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die weiteren Kriterien des § 10 UWG n.F. hinreichend dargetan sind, da schon der fehlende Nachweis eines zumindest bedingt vorsätzlichen Fehlverhaltens zur Abweisung der Klage führen mußte.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 91 ZPO beziehungsweise §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.

Der Gegenstandswert wird gemäß § 3 ZPO auf 6.000,00 € festgesetzt. Die Wertangaben des Klägers im Schriftsatz vom 28.12.2004 werden nicht dem Umstand gerecht, daß bei einer Stufenklage, wie sie hier erhoben worden ist, der Gegenstandswert der höchsten Stufe maßgebend ist, nämlich letztlich das Zahlungsbegehren, das heißt, die Wertangabe mit 6.000,00 € betreffend die Ziffer 2 und 2.000,00 € betreffend die Ziffer 1 des Klagebegehrens sind gleich in mehrfacher Hinsicht nicht zu übernehmen. Die Kammer schätzt vielmehr das letztlich verfolgte Zahlungsbegehren auf maximal 6.000,00 €. Dementsprechend war der Gegenstandswert festzusetzen.

Unterschriften