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LG Köln zur unrechtmäßigen Verwendung eines Bildnisses (Urt. v. 20. Februar 2013; Az.: 28 O 431/12)

Leitsätzliches

1. Die Einwilligung in die Verbreitung eines aufgenommenen Bildes wird vermutet, wenn die Aufnahme gegen ein Entgelt erfolgte.
2. Ein Bildnis der Zeitgeschichte liegt vor, wenn es einen Bezug zu Fragen mit allgemeinem gesellschaftlichen Interesse aufweist.

LANDGERICHT Köln

Im Namen des Volkes

Teilurteil

Entscheidung vom 20. Februar 2013

Az.: 28 O 431/12

 


In dem Rechtsstreit...

 

gegen

 

... für Recht erkannt:

1. Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an der Geschäftsführung, untersagt, mit dem Bildnis der Klägerin zu werben und/oder werben zu lassen, wie in Anlage K1 geschehen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang der Werbekampagne, in der wie in Anlage K1 geschehen das Bildnis der Klägerin verwendet wurde, Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer zeitlich und nach den jeweiligen Werbeträgern gegliederten Aufstellung, die genaue Angaben enthält über

a) alle Werbeträger (Postwurfsendung, Handzettel, Zeitung, Zeitschrift, Internet, City-Light-Plakate etc.), deren Auflage und die Verbreitung sowie die Größe, in der die Abbildung in den jeweiligen Werbeträgern abgedruckt oder auf sonstige Weise verbreitet worden ist,

b) den Zeitpunkt bzw. die Zeitdauer der jeweiligen Werbemaßnahmen und

c) die mit der jeweiligen Werbung verbundenen Kosten.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.683,65 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 13.10.2012 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, hinsichtlich des Tenors zu 1. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 70.000,- EUR, hinsichtlich des Tenors zu 2. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 7.000,- EUR und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
 

T a t b e s t a n d


Die Klägerin begehrt von der Beklagten im Wege der Stufenklage die Unterlassung der Nutzung ihres Bildnisses in Werbeanzeigen, Auskunft und Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr nach Auskunftserteilung sowie Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin ist eine deutsche Schauspielerin und spielte u.a. die Hauptrolle in dem Film „Die Rache der Wanderhure“.

Die Beklagte gehört zur METRO Group, dem viertgrößten Handelsunternehmen weltweit.

Anfang März 2012 veröffentlichte die Beklagte einen Werbekatalog, in dem sie u.a. auch TV-Geräte bewarb. Auf drei Fernsehbildschirmen ist ein Bildnis der Klägerin aus dem Film „Die Rache der Wanderhure“ abgebildet. Ferner befindet sich der Titel des Films am rechten oberen Bildschirmrand. Am unteren Bildschirmrand befindet sich mittig der Text „Als DVD und Blu-ray erhältlich“. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1, Bl.16 f. d.A. Bezug genommen.

Das Bildnis wurde der Beklagten von ihrem Lieferanten der DVDs, der T Tonträger Vertriebs-GmbH, zum Zwecke der Bewerbung der DVDs und Blu-rays zur Verfügung gestellt. Die T Tonträger Vertriebs-GmbH erhielt dieses Bildnis von dem Händlerportal der G GmbH, auf welchem letztgenannte den Händlern Szenenbilder von Filmen zur Verfügung stellt, damit diese bestimmungsgemäß zu Werbezwecken eingesetzt werden. Hinsichtlich der entsprechenden AGB wird auf Anlage B3, Bl. 76 f. d.A. Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 5.3.2012 mahnte die Klägerin die Beklagte ab und forderte sie zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf. Die Beklagte lehnte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung mit Schreiben vom 7.3.2012 ab.

Mit Schriftsatz vom 22.3.2012 beantragte die Klägerin eine einstweilige Verfügung. Am 27.3.2012 hat die Kammer die beantragte einstweilige Verfügung erlassen (Az. 28 O 134/12).

Die Klägerin ist der Auffassung, sie sei auf dem Szenenbild als Person erkennbar und trete nicht hinter ihre Filmrolle zurück. Sie werde in ihrer natürlichen Erscheinung ohne maskenbildnerische Veränderung gezeigt.

Die Klägerin behauptet, sie habe in die Verwendung der Standaufnahme aus dem Film „Die Rache der Wanderhure“ für Werbemaßnahmen der Beklagten nicht eingewilligt. Sie habe im Rahmen des Produktionsvertrags des Films eine Einräumung eines Rechts zur Bewerbung Dritter und deren Produkten und Dienstleistungen ausgeschlossen. Sie ist der Meinung, Fotoaufnahmen aus dem Film „Die Rache der Wanderhure“ dürften allein zum Zwecke der Promotion des Filmes verwandt, nicht jedoch durch Dritte zur Bewerbung ihrer eigenen Produkte genutzt werden. Nur insoweit habe sie gegenüber dem Produzenten des Films in die werbliche Verwendung ihres Bildnisses eingewilligt.

Es sei fernliegend, wenn die Beklagte behaupte, die Werbemaßnahmen hätten lediglich der Bewerbung des Films und nicht der TV-Geräte gegolten. Überdies sei das Bildnis der Klägerin als „Eyecatcher“ eingesetzt worden, um die Aufmerksamkeit des Zielpublikums zu erreichen. Durch diesen Einsatz als „Eyecatcher“ werde der Werbe- und Imagewert der Klägerin ausgenutzt. Die Verwendung der Bildnisse diene auch nicht der Vermittlung von Informationen über die Klägerin. Auch auf § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG könne sich die Beklagte nicht berufen, da die Verwertung des Bildnisses allein zu Werbezwecken erfolge.

Die Klägerin beantragt zunächst,

1. Der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, letztere zu vollziehen an der Geschäftsführung, untersagt, mit dem Bildnis der Klägerin zu werben und/oder werben zu lassen, wie in Anlage K1 geschehen;

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin über den Umfang der Werbekampagne, in der wie in Anlage K1 geschehen das Bildnis der Klägerin verwendet wurde, Auskunft zu erteilen durch Vorlage einer zeitlich und nach den jeweiligen Werbeträgern gegliederten Aufstellung, die genaue Angaben enthält über

a) alle Werbeträger (Postwurfsendung, Handzettel, Zeitung, Zeitschrift, Internet, City-Light-Plakate etc.), deren Auflage und die Verbreitung sowie die Größe, in der die Abbildung in den jeweiligen Werbeträgern abgedruckt oder auf sonstige Weise verbreitet worden ist,

b) den Zeitpunkt bzw. die Zeitdauer der jeweiligen Werbemaßnahmen und

c) die mit der jeweiligen Werbung verbundenen Kosten;

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.101,06 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 13.10.2012 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Meinung, dass mit der streitgegenständlichen Werbung die DVD und Blu-ray des Films „Die Rache der Wanderhure“ beworben werde. Diese Werbung erfolge unabhängig von der Werbung für die TV-Geräte. Die Gestaltung der Werbung und die Anordnung der Angebote und Informationen seien so gewählt, dass für Kunden ohne weiteres erkennbar sei, dass mit der Abbildung ausschließlich die DVD beworben werde. Die Wiedergabe der Filmszene habe keinen inhaltlichen oder werblichen Bezug zu dem gleichfalls angebotenen TV-Gerät.

Die Beklagte ist ferner der Auffassung, sie sei zur Verwendung der streitgegenständlichen Abbildung berechtigt und sie habe den Werbe- und Imagewert der Klägerin nicht ausgenutzt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist, soweit über sie zu entscheiden war, weit überwiegend begründet.

I. Der Antrag zu 1. ist begründet

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß den §§ 823, 1004 BGB in Verbindung mit den §§ 22, 23 KUG die Unterlassung der Nutzung des streitgegenständlichen Bildnisses aus dem Film „Die Rache der Wanderhure“ zu Werbezwecken verlangen. Die kommerzielle Nutzung des Bildnisses der Klägerin durch die Beklagte in der streitgegenständlichen Anzeige verletzt die Klägerin rechtswidrig in ihrem Recht am eigenen Bild.

1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie wurde in der Werbeanzeige abgebildet und wird dadurch in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht betroffen. Auch wenn die Klägerin in den Werbeanzeigen in einer Standbildaufnahme aus dem Spielfilm „Die Rache der Wanderhure“ und damit in ihrer Rolle dargestellt worden ist, ist sie als Person Alexandra Neldel für den Betrachter erkennbar. Die Vorschriften der §§ 22, 23 KUG schützen eine Person nicht nur in einer ihrem Leben entsprechenden äußeren Darstellung, sondern auch im Rahmen einer künstlerischen Darbietung einer anderen Person (BGH GRUR 1961, 138, 139 – Familie Schölermann). In der dargestellten Einstellung aus dem Film „Die Rache der Wanderhure“ tritt die Klägerin mit ihrem natürlichen Erscheinungsbild auf, wie es auch aus anderen Rollendarbietungen in der Öffentlichkeit bekannt ist; ihre Persönlichkeit tritt nicht hinter die Maske der Filmfigur zurück (Kammer, Urt. v. 7.11.2012, Az. 28 O 1016/10).

2. Nach der Rechtsprechung ist die Zulässigkeit von Bildveröffentlichungen an dem abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG (vgl. BGHZ 171, 275; 178, 213; 180, 114; BGH NJW 2009, 3032, 3033 – Wer wird Millionär?) unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben (BVerfG NJW 2008, 1793, 1798 f. – Caroline von Hannover) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Schutzgehalt des Art. 8 Abs. 1 EMRK zu messen (EGMR NJW 2004, 2647 – Caroline von Hannover). Danach dürfen Bildnisse einer Person grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG), es sei denn, es handelt sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Dies gilt wiederum nicht, wenn durch die Bildveröffentlichung berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG), was eine Abwägung des Informationsinteresses der Allgemeinheit und der Pressefreiheit gegenüber dem Interesse des Abgebildeten am Schutz seiner Persönlichkeit und seiner Privatsphäre voraussetzt (BGH NJW 2009, 3032, 3033).

3. Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten unstreitig nicht in die werbliche Nutzung ihres Bildnisses in den Werbeanzeigen der Beklagten gemäß § 22 S. 1 KUG eingewilligt.

Die Beklagte kann sich auch nicht auf eine von der Firma T Tonträger Vertriebs-GmbH abgeleitete Berechtigung zur werblichen Nutzung des Bildnisses der Klägerin auf der Grundlage des zwischen der T Tonträger Vertriebs-GmbH und G GmbH geschlossenen Vereinbarung berufen.

Es kann hier offen bleiben, ob es in dem Darstellervertrag heißt: „Das Werberecht umfasst nicht das Recht die Produktion für Dritte sowie der Waren und/oder Dienstleistungen zu nutzen“.

Denn nichts anderes ergibt sich aus den AGB, die der Vereinbarung der T Tonträger Vertriebs-GmbH und der G GmbH zugrunde liegen, wenn es dort heißt: „Ausdrücklich ausgeschlossen ist vor allem jegliche Nutzung zu anderen Werbezwecken und jegliche Nutzung für andere Produkte als die von der G verbreiteten Videogramme. Die am Film mitwirkenden Personen (z.B. Schauspieler) dürfen nicht zum Zwecke der Förderung des Absatzes irgendwelcher Produkte und Leistungen verwendet werden.“

Letzteres ist hier jedoch der Fall.

Zwar lässt sich in der Regel annehmen, dass die Einwilligung in die Verwendung eines Bildnisses für ein bestimmtes Medium auch die Werbung für dieses Medium umfasst (Schricker/Loewenheim/Götting, 4. Aufl. 2010, § 60/§ 22 KUG, Rn. 52; Dreier/Schulze § 22 KUG Rn. 23). Der Einwilligung in die werbliche Nutzung der Fotoaufnahme zur Bewerbung des jeweiligen Mediums ist jedoch von einer anderweitigen kommerziellen Nutzung durch Dritte strikt zu trennen (vgl. BGH GRUR 2005, 74, 75 – Charlotte Casiraghi II). Die Klägerin hat durch ihre Teilnahme an dem Spielfilm „Die Rache der Wanderhure“ lediglich in die Nutzung ihres Bildnisses für diesen Film und dessen Bewerbung eingewilligt. Von dieser Einwilligung kann auch eine Bewerbung des Films durch Dritte erfasst sein, wenn diese den Film „Die Rache der Wanderhure“ und nicht ihre eigenen Produkte bewerben. Bei der streitgegenständlichen Verwendung des Szenenbildes der Klägerin in den Werbeanzeigen der Beklagten steht nicht jedoch die Bewerbung des Films „Die Rache der Wanderhure“ im Vordergrund, sondern die Werbung für die TV-Geräte.

Dies folgt zum einen aus den lediglich untergeordneten Hinweisen auf den Titel des Films am rechten oberen Bildrand und auf die Erhältlichkeit als DVD und Blu-ray in der unteren Bildmitte. Demgegenüber stehen die technischen Daten des TV-Geräts, dessen Aussehen, dessen Hersteller, der Preis, eine Finanzierungsmöglichkeit etc. im Vordergrund und lassen für den Durchschnittsrezipienten die Tatsache, dass der Film auch auf DVD und Blu-ray erhältlich sei, in den Hintergrund treten. Für den zuvor Genannten ist es klar erkennbar, dass mit diesen Werbeanzeigen allein und ausschließlich die TV-Geräte beworben werden sollen und das Bildnis der Klägerin in ihrer Rolle als „Wanderhure“ lediglich dazu dienen soll, dass sich der geneigte Interessent vorstellen kann, wie er sich diesen – bei einem großen Publikum beliebten – Film auf seinem neuen TV-Gerät anschauen kann. Die Verwendung des Bildnisses soll eine Assoziation bei dem Betrachter des Werbekatalogs in dem Sinne hervorrufen, dass er seine möglicherweise positiven Gefühle bezüglich des von ihm gemochten Films auf die TV-Geräte überträgt und in dieser Art und Weise zum Kauf eines neuen TV-Geräts animiert wird. Dass die Werbung für das TV-Gerät im Vordergrund steht, ergibt sich zudem aus der Tatsache, dass die von der Beklagten genannten Daten des TV-Geräts sogar in das sich auf dem Bildschirm des TV-Geräts befindliche Bildnis der Klägerin hineinreichen und dieses teilweise verdecken. So wird in der linken oberen Bildschirmecke die Bildschirmdiagonale in Zoll und Zentimeter angegeben. Ferner reichen auch das Leasingangebot, technische Daten und das Herstellerlogo in das Bildnis der Klägerin hinein.

Vor diesem Hintergrund ist die Ansicht der Beklagten, es werde ausschließlich für die DVD/Blu-ray geworben, abwegig. Es findet sich zudem noch nicht einmal der Preis der DVD/Blu-ray in der Werbeanzeige. Weshalb sich ein potentieller Kunde veranlasst sehen sollte, diesen Film bei der Beklagten zu erwerben, obschon er nicht einmal den Preis derselben kennt, erschließt sich der Kamer nicht. Ferner wird für DVDs und Blu-rays – was gerichtsbekannt ist - in anderer Art und Weise, in der Regel durch die Präsentation der DVD- oder Blu-ray-Hülle geworben. Nichts anderes gilt für die Internetseite www.amazon.de. Auch dort findet sich als „Angebotsbild“ das jeweilige Cover der DVD bzw. Blu-ray. Erst hiernach findet sich unter den Szenenbildern aus dem Film das streitgegenständliche Bildnis.

4. Die Veröffentlichung des Bildnisses der Klägerin ist auch nicht gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG ohne Einwilligung der Klägerin zulässig.

a) Bei dem Bildnis der Klägerin handelt es um ein Bild der Zeitgeschichte im Sinne des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG. Die gesetzliche Bestimmung erfasst nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung. Ein Bildnis der Zeitgeschichte liegt bereits dann vor, wenn es einen Bezug zu Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse aufweist. Innerhalb der gesetzlichen Grenzen obliegt es der Presse in Ausübung ihrer Presse- und Meinungsfreiheit darüber zu befinden, was sie im öffentlichen Interesse für berichtenswert hält (BGH GRUR 2009, 1085, 1086 – Wer wird Millionär? m. w. Nachw.). Zum verfassungsrechtlichen Schutz der Pressefreiheit bzw. Rundfunkfreiheit gehört grundsätzlich auch die Ablichtung von Personen (BGH a.a.O.; OLG Köln, Urt. v. 22.02.2011 - 15 U 133/10). Das Wirken der Klägerin als Schauspielerin und als Darstellerin im Film „Die Rache der Wanderhure“ ist eine Frage von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse, das als zeitgeschichtliches Ereignis Gegenstand einer Berichterstattung sein kann.

b) Ob das Bildnis der Klägerin in den Werbeanzeigen der Klägerin verwandt werden darf, erfordert nach dem vorgenannten abgestuften Schutzkonzept der §§ 22, 23 KUG allerdings eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Allgemeinheit und der Pressefreiheit bzw. Rundfunkfreiheit auf der einen und dem Interesse des Abgebildeten am Schutz seiner Persönlichkeit und seiner Privatsphäre auf der anderen Seite. Entscheidend – und im Zuge der Abwägung zu berücksichtigen – ist, in welchem Ausmaß die streitgegenständliche Veröffentlichung einen Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung erbringen kann (BGH GRUR 2009, 1085, 1087 – Wer wird Millionär?). Dabei kann ein Interesse der Öffentlichkeit schon darin bestehen, dass die Allgemeinheit über Gestaltung und Inhalt des eigenen Programms informiert wird. Auch die Eigenwerbung eines Presseerzeugnisses genießt den Schutz der Pressefreiheit (BGH NJW-RR 2010, 855, 856 – Der strauchelnde Liebling; OLG Köln, Urt. v. 22.02.2011, 15 U 133/10). Der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen wiegt jedoch umso schwerer, je geringer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist. Als Grenze für das berechtigte Informationsinteresse ist die Intensität des in Rede stehenden Eingriffs zu berücksichtigen, die sich auch auf die ungewollte Vereinnahmung für fremde kommerzielle Werbeinteressen beziehen kann. Wesentlicher Bestandteil des Persönlichkeitsrechts ist die Entscheidung, ob und in welcher Weise das eigene Bildnis für Werbezwecke zur Verfügung gestellt wird (BGH GRUR 2009, 1085, 1087 – Wer wird Millionär?). Ein Vorrang der Interessen der Presse an der gewerblichen Nutzung eines Bildnisses gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen ist im Ergebnis nur dann anzunehmen, wenn die Werbeanzeige nicht ausschließlich den Geschäftsinteressen des mit der Abbildung werbenden Unternehmens, sondern auch dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit dient (BGH GRUR 1956, 427 – Paul Dahlke; GRUR 2009, 1085, 1087 – Wer wird Millionär?; NJW-RR 2010, 855, 856 – Der strauchelnde Liebling).

c) Der Informationswert des im Rahmen der Werbeanzeige veröffentlichten Bildnisses der Klägerin ist derart gering, dass er keinen erheblichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet und hinter das Interesse der Klägerin an einer Entscheidung über die werbliche Nutzung ihres Bildnisses zurücktritt. Der prägende Eindruck der Werbeanzeige besteht darin, den positiven Werbe- und Imagewert der Klägerin auf das eigene Produkt der Beklagten zu übertragen. Die Standbildaufnahme aus dem Film „Die Rache der Wanderhure“ nimmt beinahe die gesamte Fläche der jeweiligen Werbeanzeige ein und ist auf den Bildschirmen der Fernseher zu sehen. Das Bildnis der Klägerin dient der Anziehung der Kunden und dem Verkauf der Fernseher bei der Beklagten. Zwar enthält die Anzeige auch einen textlichen Hinweis darauf, dass der Film „Die Rache der Wanderhure“ als DVD und Blu-ray erhältlich sei. Dieser Hinweis tritt jedoch durch die überwältigende Größe der Abbildung der Klägerin in der Werbeanzeige zurück, wohingegen die Werbung mit der Person der Klägerin deutlich hervorsticht. Das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ist daher bei der streitgegenständlichen Gestaltung der Werbeanzeige so gering, dass der Schutz des Persönlichkeitsrechts der Klägerin im Rahmen der Abwägung überwiegt.

5. Die Wiederholungsgefahr wird durch die rechtswidrige Erstbegehung indiziert.

II. Der mit dem Klageantrag zu 2. verfolgte Auskunftsanspruch der Klägerin ist begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten gemäß § 242 BGB die begehrte Auskunft beanspruchen. Die Auskunft der Beklagten ist zur Geltendmachung eines zu beziffernden Schadensersatz- oder Bereicherungsanspruchs erforderlich und kann von der Beklagten unschwer erteilt werden.

III. Der Antrag zu 3. ist teilweise begründet.

Die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten stehen der Klägerin als Schadenersatzanspruch gemäß den §§ 823, 249 BGB in Höhe von 1.683,65 Euro zu, da die Beklagte durch die streitgegenständliche Veröffentlichung die Persönlichkeitsrechte der Klägerin - wie dargelegt - verletzte.

Zu dem wegen einer unerlaubten Handlung zu ersetzenden Schaden zählen auch die notwendigen Rechtsanwaltskosten. Dies sind insbesondere die Kosten eines mit der Sache befassten Rechtsanwalts, soweit sie zur Wahrnehmung der Rechte des Betroffenen erforderlich und zweckmäßig waren. Voraussetzung hierfür ist das der Geschädigte seinem Rechtsanwalt im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist (BGH NJW-RR 2010, 428, 430).

Der Klägerin ist ein Schaden in Form von Anwaltskosten entstanden, der auch adäquat kausal auf der Rechtsverletzung beruht, da die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war.

Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine 1,3 Geschäftsgebühr dem Bemühen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausreichend Rechnung trägt.

Der Anspruch berechnet sich ferner für den Unterlassungsanspruch nach einem Gegenstandwert von 60.000,00 Euro. Aus diesem Gegenstandswert ergibt sich eine Gebühr von 892,44 Euro.

Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs bemisst sich die Gebühr nach einem Gegenstandswert von 5.000,- Euro, was einer Gebühr von 256,62 Euro entspricht.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch hinsichtlich der Kosten für das Abschlussschreiben gemäß den §§ 823, 249 BGB.

Für die Mitwirkung ihres Rechtsanwalts steht der Klägerin jedoch keine über eine 0,8 Geschäftsgebühr hinausgehende Kostenerstattung zu. Das Abschlussschreiben stellt geringere Anforderungen als die erste Abmahnung. Als Abschlussschreiben genügt die formlose Anfrage, ob die vorangegangene einstweilige Verfügung nunmehr als endgültige Regelung anerkannt werde (BGH, GRUR 2007, 621, 622 - Abschlussschreiben). Auch wenn das Abschlussschreiben nicht mehr zu dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gehört, ändert dies nichts daran, dass der Sachverhalt für dieses Verfahren bereits aufgearbeitet worden ist. Bei einer Anwendung des für eine außergerichtliche Tätigkeit in Nr. 2300 des Vergütungsverzeichnisses zum RVG für die Geschäftsgebühr vorgesehenen Gebührenrahmens von 0,5 bis 2,5 kann Ausgangspunkt für die gebührenrechtliche Einstufung des Abschlussschreibens nur die Mindestgebühr sein (KG, NJOZ 2010, 213); eine Orientierung an der Mittelgebühr oder gar ein Überschreiten derselben scheidet aus. Dass es sich vorliegend um einen ganz ungewöhnlich schwierigen Sachverhalt gehandelt habe, der ein Hinausgehen über die bereits über der Mindestgebühr liegende 0,8 Geschäftsgebühr rechtfertigen könnte, hat die Klägerin nicht dargetan. Auch hier ist ein Gegenstandswert von 60.000,- Euro ansetzen. Unter Zugrundelegung der o.g. Berechnungsweise ergibt sich ein Anspruch in Höhe von 534,59 Euro.

Dies ergibt insgesamt einen Anspruch in Höhe von 1.683,65 Euro.

Die prozessuale Nebenentscheidung beruht auf § 709 ZPO.

Streitwert: 85.000,- Euro (60.000,- Euro Unterlassung; 5.000,- Euro Auskunft; 20.000,- Euro Feststellung)