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Pressemitteilung des AG Düsseldorf zu Anklage von ehemaligem Fußball Nationalspieler war in dieser Form rechtswidrig -, OVG NRW, Beschluss vom 4.2.2021, Az: 4 B 1380/20

Leitsätzliches

1. Gerichtliche Pressemitteilungen, die in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Einzelnen eingreifen, bedürfen regelmäßig der Rechtfertigung durch eine gesetzliche oder verfassungsunmittelbare Ermächtigung. Eine solche bieten für die mit der Auskunftserteilung gegenüber der Presse verbundenen Eingriffe in die Grundrechte Dritter in ihrem Anwendungsbereich die Landespressegesetze (abweichend noch OVG NRW, Beschluss vom 15.11.2000 – 4 E 664/00 –).
2. Art und Umfang der Auskunftserteilung liegen im Ermessen der Gerichtsverwaltung. Bei einer Entscheidung über die presserechtliche Auskunftspflicht, bei der keine journalistische Relevanzprüfung stattfindet, sind stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten und die Gleichbehandlung im publizistischen Wettbewerb zu gewährleisten. Dies gilt auch, wenn Auskünfte der Gerichtsverwaltung der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren dienen.
3. Berichtet die Justizverwaltung gegenüber der Presse im Stadium des strafrechtlichen Ermittlungs- oder Zwischenverfahrens, muss sie die Auswirkungen ihrer Erklärung auf das Verfahren bedenken; auch muss sie die Rechtssphäre des Betroffenen berücksichtigen. 4. Auch jenseits der Strafbarkeit nach § 353d Nr. 3 StGB darf durch eine wesentliche Teile der Anklageschrift zusammenfassend wiedergebende Presseinformation der Justizverwaltung, die den „Eindruck amtlicher Authentizität“ erweckt, die unbedingte Neutralität und Distanz des Gerichts gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand nicht in Frage gestellt werden.
5. Bei Ausübung des behördlichen Ermessens ist es in Fällen dieser Art regelmäßig geboten, Art und Umfang der Auskunftserteilung orientierend auch an den für die Presse durch die höchstrichterliche Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine zulässige Verdachtsberichterstattung auszurichten. Schon unmittelbar nach Anklageerhebung kann es danach zulässig sein, ausschließlich die Presse wahrheitsgemäß unter Namensnennung über eine Anklageerhebung und den genauen Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die geltende Unschuldsvermutung zu unterrichten, wenn sich im Einzelfall eine besondere Be-deutung des vorgeworfenen Verhaltens für die Öffentlichkeit auch unterhalb der Schwelle der Schwerkriminalität aus den Besonderheiten in der Person oder Stellung des Täters, der Art der Tat oder des Tathergangs ergibt.
6. Schon kraft Verfassungsrechts ist nach dem Gebot einer fairen Verfahrensgestaltung auch ohne ausdrückliche einfachgesetzliche Regelung vor der Erteilung von Auskünften über laufende Strafverfahren, bei denen Namen bekannt und die zu-dem in Grundrechte eines Dritten eingreifen würden, eine vorherige Mitteilung an den Dritten geboten und sein Anspruch auf effektiven Rechtsschutz zu berücksichtigen.

Aktenzeichen: 4 B 1380/20
Vorinstanz: 20 L 1781/20 Düsseldorf

B e s c h l u s s

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

wegen

Unterlassung gerichtlicher Pressemitteilungen in einem Strafverfahren hier: Beschwerde gegen die Versagung vorläufigen Rechtsschutzes

hat der 4. Senat des

 

OBERVERWALTUNGSGERICHTS FÜR DAS LAND NORDRHEIN-WESTFALEN

am 4.2.2021

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 14.9.2020 geändert.

Dem Antragsgegner wird durch einstweilige Anordnung untersagt, über die Anklageerhebung gegen den Antragsteller in der Weise Auskünfte nach dem Landespressegesetz NRW zu erteilen, wie dies in der Pressemitteilung der Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf vom 4.9.2020 erfolgt ist. Die Pressemitteilung ist aus dem Internetauftritt des Amtsgerichts zu entfernen.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen je zur Hälfte.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

 

G r ü n d e :

Die Beschwerde hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Von den bereits erstinstanzlich gestellten und im Beschwerdeverfahren weiterverfolgten Anträgen des Antragstellers,

dem Antragsgegner zu untersagen,

1. im Rahmen einer mündlichen oder schriftlichen Pressemitteilung, insbesondere durch die aktuell auf der Webseite des Amtsgerichts Düsseldorf veröffentlichte Pressemitteilung vom 4.9.2020 Auskünfte nach dem Landespressegesetz NRW zu der Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf gegen den Antragsteller zu er-teilen,

2. über eine Entscheidung des zuständigen Gerichts gemäß § 199 StPO darüber, ob das Hauptverfahren zu eröffnen oder das Verfahren vorläufig einzustellen ist, im Rahmen einer mündlichen oder schriftlichen Pressemitteilung Auskünfte nach dem Landespressegesetz NRW zu erteilen, welche den Namen des Antragstellers nennen sowie konkrete Details aus der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Düsseldorf oder Details aus der Gerichtsakte (Tatvorwürfe), die der gerichtlichen Entscheidung nach § 199 StPO gegebenenfalls zu Grunde liegen, wiedergeben,

hat nur der erste teilweise Erfolg.

Der Antrag zu 1. ist begründet, soweit sich der Antragsteller gegen die Pressemitteilung vom 4.9.2020 sowie die Erteilung entsprechender Auskünfte gegenüber der Presse und der Öffentlichkeit wendet und der Sache nach auch deren Entfernung aus dem Internetauftritt des Amtsgerichts Düsseldorf verlangt (dazu A.). Hingegen bleibt sein weitergehendes – bezogen auf künftige Äußerungen im Wege vorbeugenden Rechtsschutzes verfolgte – Begehren ohne Erfolg, wonach über die Anklageerhebung gar nicht sowie über eine Entscheidung des zuständigen Amtsgerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens oder die Einstellung des Verfahrens nicht unter Nennung des Namens des Antragstellers sowie der gegen ihn erhobenen Vorwürfe durch Pressemitteilung informiert werden dürfe (dazu B.).

A.      Der Antrag zu 1. hat teilweise Erfolg.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wer-den könnte. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Es sind sowohl ein Anordnungsanspruch (dazu I.) als auch ein Anordnungsgrund (dazu II.) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).

Eine mit dem Antrag zu 1. begehrte Entscheidung, die die Hauptsache der Sache nach vorwegnimmt, ist nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO nur ausnahmsweise dann gerechtfertigt, wenn der Erfolg der Hauptsache überwiegend wahrscheinlich ist und das Abwarten in der Hauptsache für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte. Dabei ist dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 26.7.2018 – 4 B 1069/18 –, Städte- und Gemeinderat 2018, Nr. 11, 33 = juris, Rn. 4 f., m. w. N., und vom 2.11.2017 – 4 B 891/17 –, GewArch 2018, 117 = juris, Rn. 37.

I. Nach diesen Maßstäben hat der Antragsteller nur das ganz überwiegend wahrscheinliche Bestehen eines Anspruchs gegen den Antragsgegner auf Unterlassung von Presseauskünften wie in Gestalt der Pressemitteilung vom 4.9.2020 glaubhaft gemacht. Der Anspruch folgt aus seinem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (dazu 1.). Gerichtliche Pressemitteilungen, die in sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht eingreifen, muss er nur hinnehmen, soweit der Eingriff rechtmäßig ist (dazu 2.). Das ist bei der Pressemitteilung vom 4.9.2020 nicht der Fall (dazu 3.).

1. Grundlage für das Begehren des Antragstellers ist der allgemein anerkannte öffentlichrechtliche Unterlassungsanspruch, der sich hier aus seinem grundrechtlich geschützten Allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) ergibt. Dieses umfasst nicht nur das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, sondern auch das Selbstbestimmungsrecht über die eigene Außendarstellung und den Schutz des sozialen Geltungsanspruchs im Sinne des Ansehens in den Au-gen anderer.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.5.2008 – 6 C 13.07 –, BVerwGE 131, 171 = juris, Rn. 13, 16; BVerfG, Be-schluss vom 6.11.2019 – 1 BvR 16/13 –, BVerfGE 152, 152 = juris, Rn. 84, 92.

Die Grundrechte schützen vor rechtswidrigen Beeinträchtigungen jeder Art, auch solchen durch schlichtes Verwaltungshandeln. Infolgedessen kann der Bürger gestützt auf das jeweils berührte Grundrecht Unterlassung verlangen, wenn ihm eine derartige Rechtsverletzung (wiederholt) droht oder eine solche bereits eingetreten ist und noch andauert.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.5.2008 – 6 C 13.07 –, BVerwGE 131, 171 = juris, Rn. 13, und Beschluss vom 11.11.2010 – 7 B 54.10 –, juris, Rn. 14; BGH, Urteil vom 2.7.2019 – VI ZR 494/17 –, NVwZ-RR 2020, 878 = juris, Rn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 9.9.2013 – 5 B 417/13 –, DVBl. 2013, 1460 = juris, Rn. 13, m. w. N.

2. Gerichtliche Pressemitteilungen, die in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Einzelnen eingreifen, muss dieser nur hinnehmen, soweit der Eingriff rechtmäßig ist. Generell bedarf staatliches Informationshandeln, das zu Beeinträchtigungen führt, die einen Grundrechtseingriff darstellen oder ihm gleichkommen, regelmäßig der Rechtfertigung durch eine gesetzliche oder verfassungsunmittelbare Ermächtigung. Eine solche bieten für die mit der Auskunftserteilung gegenüber der Presse verbundenen Eingriffe in die Grundrechte Dritter in ihrem Anwendungsbereich die Landespressegesetze und darüber hinaus verfassungsunmittelbar Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, soweit die verfassungsrechtlich determinierte Abwägung ergibt, dass die Belange der Presse bei Herstellung praktischer Konkordanz gegenüber sonstigen Grundrechts-positionen überwiegen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 21.5.2008 – 6 C 13.07 –, BVerwGE 131, 171 = juris, Rn. 21, und vom 18.9.2019 – 6 A 7.18 –, BVerwGE 166, 303 = juris, Rn. 21 f.; BVerfG, Beschlüsse vom 6.11.2019 – 1 BvR 16/13 –, BVerfGE 152, 152 = juris, Rn. 86, und vom 24.5.2005 – 1 BvR 1072/01 –, BVerfGE 113, 63 = juris, Rn. 58; BGH, Urteil vom 2.7.2019 – VI ZR 494/17 –, NVwZ-RR 2020, 878 = juris, Rn. 21; OVG NRW, Beschluss vom 17.10.2017 – 4 B 786/17 –, ZUM-RD 2018, 190 = juris, Rn. 26 f., m. w. N.; be-zogen auf Öffentlichkeitsarbeit, die über den Kreis der Presse hinausgeht: OVG NRW, Urteil vom 17.9.2019 – 15 A 4753/18 –, DVBl. 2020, 576 = juris, Rn. 118.

Bei der außerhalb des Strafverfahrens erfolgenden Abgabe von Presseinformationen durch die Gerichtsverwaltung wird der Anwendungsbereich der Landespressegesetze nicht durch speziellere strafprozessuale Regelungen eingeschränkt. Die vom Prozessgericht zu unterscheidende Gerichtsverwaltung wird dabei gerade nicht auf dem in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Strafrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG fallenden Gebiet der Strafrechtspflege tätig.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.4.1988 – 3 C 65.85 –, NJW 1989, 412 = juris, Rn. 42.

Weder geht es hierbei um Akteneinsicht im Sinne von § 32f StPO noch kommen die §§ 474 ff. StPO als solche strafprozessuale Rechtsgrundlagen in Betracht, die die Regelungen über presserechtliche Auskunftspflichten für Auskünfte der Gerichtsverwaltung gegenüber den Medien unmittelbar oder entsprechend verdrängen würden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 1.10.2014 – 6 C 35.13 –, NJW 2015, 807 = juris, Rn. 45 ff.; BGH, Beschluss vom 20.6.2018 – 5 AR (Vs) 112/17 –, BGHSt 63, 156 = juris, Rn. 15; Gieg, in: Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 8. Aufl. 2019, § 475 Rn. 10, m. w. N.

An seiner abweichend zu verstehenden früheren Rechtsauffassung hält der Senat nicht fest.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 15.11.2000 – 4 E 664/00 –, AfP 2002, 349 = juris, Rn. 5 ff.

Auch nach der Neufassung der §§ 477 bis 480 StPO bleiben besondere gesetzliche Bestimmungen, die die Übermittlung personenbezogener Daten aus Strafverfahren anordnen oder erlauben, wie zuvor schon nach § 480 StPO a. F. weiterhin unberührt.

Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/680 im Strafverfahren sowie zur Anpassung datenschutzrechtlicher Bestimmungen an die Verordnung (EU) 2016/679, BT-Drs. 19/4671, S. 66.

Hierzu zählen die gesetzlichen Regelungen über die Auskunftsgewährung gegenüber der Presse.

a) Nach dem hier danach maßgeblichen § 4 Abs. 1 PresseG NRW sind Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben dienenden Auskünfte zu erteilen. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zu Informationen versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen. Sinn und Zweck der daraus prinzipiell folgenden Auskunftspflichten ist es, der Presse zu ermöglichen, umfassend und wahrheitsgetreu Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse im staatlichen Bereich zu erhalten, und dadurch in die Lage versetzt zu werden, die Öffentlichkeit entsprechend zu unterrichten.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.7.2015 – 1 BvR 1452/13 –, NVwZ 2016, 50 = juris, Rn. 14; BVerwG, Urteile vom 13.10.2020 – 2 C 41.18 –, juris, Rn. 36 f., und vom 21.3.2019 – 7 C 26.17 –, BVerw-GE 165, 82 = juris, Rn. 22; BGH, Urteil vom 10.2.2005 – III ZR 294/04 –, DVBl. 2005, 980 = juris, Rn. 10, m. w. N.; siehe auch Art. I § 7 Abs. 1 der Richtlinien für die Zusammenarbeit mit den Medien – Medien-RL –, AV d. JM vom 12.11.2007 (1271 – II.2), JMBl. NRW 2008 S. 2, in der Fassung vom 28.7.2015, JMBl. NRW S. 329.

Die presserechtliche Auskunftspflicht ist auf Erteilung von Auskünften über amtlich bekannte Tatsachen in pressegeeigneter Form gerichtet, weil die Information der als „öffentliche Aufgabe“ angesehenen Presseberichterstattung zu dienen hat (vgl. z. B. §§ 3 und 4 Abs. 1 PresseG NRW). Nach § 3 PresseG NRW erfüllt die Presse eine öffentliche Aufgabe, insbesondere dadurch, dass sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt. Art und Umfang der Auskunftserteilung liegen im Ermessen der Behörde.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 18.12.2013 – 5 A 413/11 ?, DVBl. 2014, 464 = juris, Rn. 39, 71, und vom 13.3.2013 – 5 A 1293/11 –, DVBl. 2013, 927 = juris, Rn. 45 ff., m. w. N.; BVerfG, Beschluss vom 14.9.2015 – 1 BvR 857/15 –, NJW 2015, 3708 = ju-ris, Rn. 18; siehe bereits BVerwG, Beschluss vom 25.3.1966 – 1 B 18.65 –, DVBl. 1966, 575, 576.

Bei einer Entscheidung über die presserechtliche Auskunftspflicht ist stets die grundrechtliche Dimension der Pressefreiheit zu beachten. Dies gilt auch in Bezug auf Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden einschließlich der Gerichtsverwaltungen, wenn sie der Berichterstattung über ein gerichtliches Strafverfahren dienen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.9.2015 – 1 BvR 857/15 –, NJW 2015, 3708 = juris, Rn. 16.

Nach der objektiv-rechtlichen Wertentscheidung aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist der Staat verpflichtet, in seiner Rechtsordnung überall dort, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.8.2000 – 1 BvR 1307/91 –, NJW 2001, 503 = juris, Rn. 16; OVG NRW, Urteile vom 20.9.2018 – 15 A 3070/15 –, ZD 2019, 89 = juris, Rn. 77, vom 9.2.2012 – 5 A 166/10 –, NVwZ 2012, 902 = juris, Rn. 45 f., m. w. N., und vom 13.3.2013 – 5 A 1293/11 –, DVBl. 2013, 927 = juris, Rn. 41.

Bei der Entscheidung über eine amtliche Auskunft an die Presse ist eine journalistische Relevanzprüfung mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Presse nicht vereinbar. Das Gebot staatlicher Inhaltsneutralität gilt nicht nur für das Stadium der Publikation, sondern auch für das vorgelagerte Stadium der Recherche. Die Presse muss nach ihren publizistischen Kriterien selbst entscheiden dürfen, was sie des öffentlichen Interesses für Wert hält und was nicht.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 13.10.2020 – 2 C 41.18 –, juris, Rn. 37, und vom 1.10.2014 – 6 C 35.13 –, NJW 2015, 807 = juris, Rn. 41.

Aufgrund des Anspruchs auf Gleichbehandlung im publizistischen Wettbewerb nach Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG müssen die Justizverwaltungen bei Erfüllung ihrer presserechtlichen Auskunftspflicht Informationen, wenn sie sich zu deren Veröffentlichung entschließen, grundsätzlich allen zulässigerweise begrenzt adressierten oder sonst interessierten Pressevertretern ohne Rücksicht auf sachliche oder persönliche Qualifikationen in gleicher Weise zugänglich machen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.2.1997 – 6 C 3.96 –, BVerwGE 104, 105 = juris, Rn. 33; zur Zulässigkeit von Presseinformationen aus behördlicher Eigeninitiative, zunächst auch „im kleinen Kreis“: BVerwG, Urteil vom 18.9.2019 – 6 A 7.18 –, BVerwGE 166, 303 = juris, Rn. 27 ff.; OVG NRW, Urteil vom 13.3.2013 – 5 A 1293/11 –, DVBl. 2013, 927 = juris, Rn. 80, m. w. N.; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4.8.2017 – 1 S 1307/17 –, NJW 2018, 90 = juris, Rn. 29; OVG Bremen, Urteil vom 25.10.1988 – 1 BA 32/88 –, NJW 1989, 926 = juris, Rn. 41; Weberling, in: Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 6. Aufl. 2012, 21. Kap. Rn. 2.

b) Berichtet die Justizverwaltung gegenüber der Presse im Stadium des strafrechtlichen Ermittlungs- oder Zwischenverfahrens, muss sie die Auswirkungen ihrer Erklärung auf das Verfahren bedenken; auch muss sie die Rechtssphäre des Betroffenen berücksichtigen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 14.4.1988 – 3 C 65.85 –, NJW 1989, 412 = juris, Rn. 42; siehe generell für presserechtliche Auskünfte der Justizverwaltung: BVerfG, Beschluss vom 14.9.2015 – 1 BvR 857/15 –, NJW 2015, 3708 = juris, Rn. 19.

Diesen Vorgaben trägt einfachgesetzlich unter anderem § 4 Abs. 2 Nr. 3 PresseG NRW Rechnung, wonach kein Auskunftsanspruch der Presse besteht, soweit ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Dabei bedarf es hinsichtlich beider Varianten einer umfassenden Abwägung der jeweils zu berücksichtigenden Belange im Einzelfall. Das Interesse der Presse an Offenlegung ist den gegenläufigen Interessen am Unterbleiben der Auskunft gegenüber zu stellen. Ist mit der Auskunft beispielsweise nur ein geringfügiger Eingriff in das Recht eines Privaten verbunden, so bedarf es keines zeitgeschichtlichen Interesses an der Information, um diese als gerechtfertigt anzusehen. Demgegenüber muss das Interesse der Presse umso gewichtiger sein, um eine Auskunft zu legitimieren, je sensibler der Bereich ist, über den informiert wird, und je detaillierter und weitergehender die jeweilige Auskunft ist.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 18.12.2013 ? 5 A 413/11 ?, DVBl. 2014, 464 = juris, Rn. 126, m. w. N., und Beschluss vom 3.5.2017 ? 15 B 457/17 ?, ZD 2017, 587 = juris, Rn. 29 f.; BGH, Urteil vom 16.3.2017 – I ZR 13/16 –, NJW 2017, 3153 = juris, Rn. 52; das Abwägungserfordernis unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ableitend: BVerwG, Urteil vom 18.9.2019 – 6 A 7.18 –, BVerwGE 166, 303 = juris, Rn. 13 ff., 15.

aa) Der Auskunftserteilung entgegenstehende oder sie einschränkende überwiegende öffentliche Interessen können bezogen auf amtliche Informationen aus Strafverfahren vor allem darin liegen, dass durch sie eine vorweggenommene öffentliche Diskussion amtlichen Prozessmaterials – oft verbunden mit einseitigen Stellungnahmen oder gar unmittelbar auf Einflussnahme angelegten Wertungen – und eine Voreingenommenheit drohen, worin Gefahren für die Wahrheitsfindung und für ein gerechtes Urteil liegen. Die öffentliche Mitteilung der Anklageschrift oder anderer amtlicher Dokumente eines Strafverfahrens ganz oder in wesentlichen Teilen im Wortlaut, um die es hier nicht geht, ist aus diesen Gründen durch § 353d Nr. 3 StGB sogar strafbewehrt. Auch jenseits dieser Strafbarkeit darf durch eine wesentliche Teile der Anklageschrift zusammenfassend wiedergebende Presseinformation der Gerichtsverwaltung, die ähnlich wie eine wörtliche Wiedergabe vollständiger oder wesentlicher Teile der Akten den „Eindruck amtlicher Authentizität“ erweckt, die unbedingte Neutralität und Distanz des Gerichts gegenüber allen Verfahrensbeteiligten und dem Verfahrensgegenstand nicht in Frage gestellt werden. Diese sind zentrale Bestandteile der rechtsstaatlichen Gesamtkonzeption des Grundgesetzes und haben mittelbaren Einfluss auf die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege, die ihrerseits Verfassungsrang genießt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.6.2014 – 2 BvR 429/12 –, NJW 2014, 2777 = juris, Rn. 26, 28.

bb) In Gerichtsverfahren gewinnt daneben der Persönlichkeitsschutz der Verfahrensbeteiligten eine über den allgemein in der Rechtsordnung anerkannten Schutzbedarf hinausgehende Bedeutung. Dies gilt nicht nur, aber mit besonderer Intensität für den Schutz der Angeklagten und Angeschuldigten im Strafverfahren, die sich unfreiwillig dem Verfahren stellen müssen. Während der Täter einer Straftat sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern auch dulden muss, dass das von ihm selbst durch seine Tat erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit in freier Kommunikation auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird, gilt dies für den noch nicht rechtskräftig verurteilten Angeklagten und Angeschuldigten nicht in gleicher Weise. Die bis zur rechtskräftigen Verurteilung zugunsten des Ange-klagten und Angeschuldigten sprechende Unschuldsvermutung, die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) ableitet und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannt ist, gebietet eine entsprechende Zurückhaltung, mindestens aber eine ausgewogene Berichterstattung. Außerdem ist eine mögliche Prangerwirkung zu berücksichtigen, die durch eine identifizierende Medienberichterstattung bewirkt werden kann. Die öffentliche Berichterstattung über eine Straftat beeinträchtigt den Be- oder Angeschuldigten erheblich in seinem Persönlichkeitsrecht, weil sie sein (mögliches) Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und damit seine Person in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert. Deshalb kann durch eine Pressemitteilung gerade über als besonders verwerflich angesehene Tatvorwürfe ein Persönlichkeitsschaden drohen, der selbst durch einen Freispruch möglicherweise nicht mehr zu beseitigen ist und/oder außer Verhältnis zu dem berechtigten Interesse an der Verbreitung der Wahrheit steht.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 13.10.2020 – 2 C 41.18 –, juris, Rn. 15 ff. (zu Auskünften über ein Disziplinarverfahren); BVerfG, Beschlüsse vom 27.11.2008 – 1 BvQ 46/08 –, NJW 2009, 350 = juris, Rn. 14 f. (zu einer sitzungspolizeilichen Anordnung), vom 10.6.2009 – 1 BvR 1107/09 –, NJW 2009, 3357 = juris, Rn. 15, und vom 27.6.2014 – 2 BvR 429/12 –, NJW 2014, 2777 = juris, Rn. 27; sowie näher zu der gebotenen Abwägung zwischen öffentlichen und privaten Interessen: BGH, Urteile vom 17.3.1994 – III ZR 15/93 –, NJW 1994, 1950 = juris, Rn. 21, vom 7.12.1999 – VI ZR 51/99 –, BGHZ 143, 199 = juris, Rn. 17, vom 19.3.2013 – VI ZR 93/12 –, NJW 2013, 1681 = juris, Rn. 32, vom 18.12.2018 – VI ZR 439/17 –, NJW 2019, 1881 = juris, Rn. 15, und vom 18.6.2019 – VI ZR 80/18 –, BGHZ 222, 196 = juris, Rn. 41.

cc) Generell sind Behörden in ihrer Informationspolitik unmittelbar an die Grundrechte, namentlich das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, gebunden und zur Objektivität verpflichtet, weshalb Verlautbarungen amtlicher Stellen ein gesteigertes Vertrauen entgegengebracht werden darf. Deshalb müssen sich öffentlichkeitsbezogene staatliche Äußerungen, die in die Freiheitssphäre des Bürgers eingreifen, innerhalb der Grenzen der Erforderlichkeit und der Angemessenheit bzw. Zumutbarkeit halten. Staatliche Meinungsäußerungen unterstehen dem Gebot der Sachlichkeit und dürfen keine unnötigen Abwertungen enthalten. Mitgeteilte Tatsachen müssen zutreffend wiedergegeben werden und Werturteile dürfen nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen sowie den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten.

Vgl. BGH, Urteile vom 11.12.2012 – VI ZR 314/10 –, NJW 2013, 790 = juris, Rn. 30, und vom 2.7.2019 – VI ZR 494/17 –, NVwZ-RR 2020, 878 = juris, Rn. 21; BVerfG, Beschluss vom 15.8.1989 – 1 BvR 881/89 –, NJW 1989, 3269 = juris, Rn. 15; BVerwG, Urteil vom 23.5.1989 – 7 C 2.87 –, BVerwGE 82, 76 = juris, Rn. 58, und Beschluss vom 11.11.2010 – 7 B 54.10 –, juris, Rn. 14, m. w. N.; OVG NRW, Beschlüsse vom 17.10.2017 – 4 B 786/17 –, ZUM-RD 2018, 190 = ju-ris, Rn. 32 f., vom 18.5.2017 – 15 B 97/17 –, juris, Rn. 11 f., m. w. N., und vom 9.9.2013 – 5 B 417/13 –, DVBl. 2013, 1460 = juris, Rn. 8 f., m. w. N.

Zwar können die gesteigerten Sorgfaltspflichten, die die Medien in redaktioneller Eigenverantwortung nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung oder bezogen auf zurückliegende Straftaten, die die Resozialisierung von Straftätern beeinträchtigen, zu beachten haben, nicht schon generell zum Maßstab für das Zugänglichmachen gerichtlicher Entscheidungen oder die damit korrespondierende Auskunftserteilung hierüber an Medienvertreter durch die Gerichtsverwaltung gemacht werden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.9.2015 – 1 BvR 857/15 –, NJW 2015, 3708 = juris, Rn. 20 ff., 22; BGH, Urteil vom 16.3.2017 – I ZR 13/16 –, NJW 2017, 3153 = juris, Rn. 61.

Wenn die Justizverwaltung aber – wie hier – nicht erst über gerichtliche Entscheidungen, sondern schon über ein laufendes Ermittlungs- oder Strafverfahren Auskunft gibt, hat sie in besonderer Weise die staatliche Objektivitätspflicht, die gerichtliche Neutralitätspflicht und das Sachlichkeitsgebot zu berücksichtigen. Sie muss auch der regelmäßig gerechtfertigten Erwartung Rechnung tragen, sie werde die Öffentlichkeit erst dann unter Namensnennung über ein Ermittlungsverfahren bzw. über die erfolgte Anklageerhebung und das Zwischenverfahren unterrichten, wenn sich der zugrunde liegende Tatverdacht bereits einigermaßen erhärtet hat.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9.3.2010 – 1 BvR 1891/05 –, NJW-RR 2010, 1195 = juris, Rn. 35; BGH, Urteil vom 16.2.2016 – VI ZR 367/15 –, NJW-RR 2017, 31 = juris, Rn. 28; Conrad/Brost, Der „geschwätzige“ Staatsanwalt – Rechtliche Möglichkeiten gegen Presseauskünfte der Ermittlungsbehörden, StraFo 2018, 45, 47, m. w. N.

Um den gemessen an diesem Verfahrensstadium zur Wahrung der Unschuldsvermutung sachlich gebotenen Rahmen nicht zu überschreiten, wird es bei Ausübung des behördlichen Ermessens regelmäßig geboten sein, Art und Umfang der Auskunftserteilung orientierend auch an den Voraussetzungen auszurichten, die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ebenfalls mit Blick auf die Unschuldsvermutung und die grundrechtlich geschützte Pressefreiheit für eine zulässige Verdachtsberichterstattung entwickelt worden sind und die auch für eine Berichterstattung über ein noch laufendes Ermittlungs- oder Strafverfahren gelten.

Vgl. BGH, Urteile vom 18.12.2018 – VI ZR 439/17 –, NJW 2019, 1881 = juris, Rn. 15, und vom 16.2.2016 – VI ZR 367/15 –, NJW-RR 2017, 31 = juris, Rn. 23 f.

Denn diese zivilgerichtlich geklärten und verfassungsrechtlich gebilligten Maßstäbe sind gerade im Hinblick auf die Möglichkeit formuliert, dass sich der Verdacht später nicht erhärten wird und es dennoch hinzunehmen ist, dass in den Augen des durchschnittlichen Publikums ein Makel an dem Betroffenen haften bleiben kann.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7.7.2020 – 1 BvR 146/17 –, AfP 2020, 302 = juris, Rn. 16, und vom 18.3.2020 – 1 BvR 34/17 –, juris, Rn. 5; BGH, Urteil vom 7.12.1999 – VI ZR 51/99 –, BGHZ 143, 199 = juris, Rn. 17 ff., 21, m. w. N.

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Berichterstattung ist zunächst das Vorliegen eines Mindestbestandes an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst Öffentlichkeitswert verleihen. Dabei sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht umso höher anzusetzen, je schwerer und nachhaltiger das Ansehen des Betroffenen durch die Veröffentlichung beeinträchtigt wird. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten, also durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt. Unzulässig ist nach diesen Grundsätzen eine auf Sensationen ausgehende, bewusst einseitige oder verfälschende Darstellung; vielmehr müssen auch die zur Verteidigung des Beschuldigten vorgetragenen Tatsachen und Argumente berücksichtigt werden. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.

Vgl. BGH, Urteile vom 7.12.1999 – VI ZR 51/99 –, BGHZ 143, 199 = juris, Rn. 20, und vom 17.12.2013 – VI ZR 211/12 –, BGHZ 199, 237 = juris, Rn. 26.

Eine Namensnennung oder sonstige unmittelbare Identifizierung des Betroffenen ist dabei keineswegs immer zulässig. Bis zu einem erstinstanzlichen Schuldspruch wird insoweit oftmals das Gewicht des Persönlichkeitsrechts gegenüber der Freiheit der Berichterstattung überwiegen. Eine individualisierende Berichterstattung kann schon zu diesem Zeitpunkt allerdings dann gerechtfertigt sein, wenn sich der Betreffende nicht beziehungsweise nicht mehr mit Gewicht auf sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen kann, etwa wenn der betreffende Verfahrensbeteiligte wegen seiner gesellschaftlich hervorgehobenen Verantwortung beziehungsweise Prominenz auch sonst in besonderer Weise im Blickfeld der Öffentlichkeit steht und die Medienöffentlichkeit mit Rücksicht hierauf hinzunehmen hat. Eine besondere Bedeutung des vorgeworfenen Fehlverhaltens für die Öffentlichkeit kann sich auch unterhalb der Schwelle der Schwerkriminalität aus den Besonderheiten in der Person oder Stellung des Täters, der Art der Tat oder des Tathergangs ergeben.

Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 10.6.2009 – 1 BvR 1107/09 –, NJW 2009, 3357 = juris, Rn. 20, und vom 3.4.2009 – 1 BvR 654/09 –, NJW 2009, 2117 = juris, Rn. 23; BGH, Urteile vom 17.12.2019 – VI ZR 249/18 –, AfP 2020, 143 = juris, Rn. 20, vom 18.6.2019 – VI ZR 80/18 –, BGHZ 222, 196 = juris, Rn. 41 und 22, und vom 30.10.2012 – VI ZR 4/12 –, NJW 2013, 229 = juris, Rn. 19 ff.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte unterscheidet insoweit zwischen Politikern, sonstigen im öffentlichen Leben oder im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehenden Personen und Privatpersonen, wobei einer Berichterstattung über letztere engere Grenzen gezogen sind.

Vgl. BGH, Urteil vom 9.4.2019 – VI ZR 533/16 –, NJW-RR 2019, 1134 = juris, Rn. 14, m. w. N., EGMR, Urteile vom 10.7.2014 – 48311/10 –, NJW 2015, 1501 = juris, Tz. 54, und vom 7.2.2012 – 40660/08 u. a. –, NJW 2012, 1053 = juris, Tz. 110.

dd) Schließlich wendet sich das Gebot einer rechtsstaatlichen, insbesondere auch fairen Verfahrensgestaltung nicht nur an die Gerichte selbst, sondern ist auch von allen anderen staatlichen Organen zu beachten, die auf den Gang eines Strafverfahrens Einfluss nehmen, zu denen die Gerichtsverwaltung gehört, wenn sie hierüber Presseauskünfte erteilt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.5.1981 – 2 BvR 215/81 –, BVerfGE 57, 250 = juris, Rn. 75; BayVGH, Beschluss vom 20.8.2020 – 7 ZB 19.1999 –, AfP 2020, 418 = juris, Rn. 13.

Schon kraft Verfassungsrechts ist damit auch ohne ausdrückliche einfachgesetzliche Regelung etwa vor der Erteilung von Auskünften über laufende Strafverfahren, bei denen Namen bekannt und die zudem in Grundrechte eines Dritten eingreifen würden, eine vorherige Mitteilung an den Dritten geboten und sein Anspruch auf effektiven Rechtsschutz zu berücksichtigen. Eine ohne Kenntnis des Betroffenen erfolgende Information, die auch dessen Namen enthält, ist geeignet, die Intensität des Grundrechtseingriffs im Einzelfall, die auch von den Möglichkeiten des hiergegen gegebenen Rechtsschutzes abhängen kann, zu vertiefen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.3.2015 – 6 C 12.14 –, BVerwGE 151, 348 = juris, Rn. 42; OVG NRW, Be-schluss vom 28.1.2019 – 15 B 624/18 –, juris, Rn. 41 ff.; BVerfG, Beschluss vom 31.1.2017 – 1 BvR 1259/16 –, NJW 2017, 1164 = juris, Rn. 15.

3. Gemessen an diesen Maßstäben hat der Antragsteller das Bestehen des geltend gemachten Anordnungsanspruchs nur insoweit glaubhaft gemacht, als er die Unterlassung der Auskunftserteilung in Form der Pressemitteilung der Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf vom 4.9.2020 verlangt. Diese Pressemitteilung ist zwar weder von der unzuständigen Stelle herausgegeben worden noch ist es dieser verwehrt, ausschließlich die Presse wahrheitsgemäß unter Namensnennung über die Anklageerhebung gegen den Antragsteller und den genauen Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die geltende Unschuldsvermutung zu unterrichten (dazu a). Dennoch verletzt die in Rede stehende Pressemitteilung das Recht des Antragstellers auf ein faires Verfahren und sein Persönlichkeitsrecht. Sie ist ohne die erforderliche vorherige Mitteilung und Gelegenheit zur Äußerung ergangen und geht unter Beeinträchtigung seiner Rechte im Strafverfahren über den bei der gebotenen Sachlichkeit, Objektivität und Zurückhaltung in diesem frühen Verfahrensstadium zulässigen Inhalt hinaus (dazu b). Schließlich ist die in Rechte des Antragstellers eingreifende Pressemitteilung für die Allgemeinheit im Internet zugänglich gemacht worden, obwohl es an einer entsprechenden Ermächtigungsgrundlage fehlt (dazu c).

a) Die Pressemitteilung vom 4.9.2020 ist weder von der unzuständigen Stelle herausgegeben worden (dazu aa) noch war oder ist es der Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf verwehrt, ausschließlich die Presse unter Namensnennung über die Anklageerhebung gegen den Antragsteller und den genauen Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die geltende Unschuldsvermutung zu unterrichten (dazu bb).

aa) Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Beschluss zu Recht von der Zuständigkeit der Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf für die Erstellung und Veröffentlichung von Presseerklärungen zum Eingang von Anklageschriften ausgegangen. Aus Art. I § 5 Abs. 4 Medien-RL ergebe sich nicht, dass für eine Pressemitteilung über eine Anklageerhebung allein die Staatsanwaltschaft, die die Anklage erhoben habe, nicht hingegen das Strafgericht, bei dem die Anklage erhoben worden sei, zuständig sei. Das hiergegen gerichtete Beschwerdevorbringen, wonach das Amtsgericht in eigener Zuständigkeit zu dem Zwischenverfahren Auskunft erteilen dürfe, für die Unterrichtung der Öffentlichkeit über Details aus der Anklageschrift aber ausschließlich die Staatsanwaltschaft Düsseldorf zuständig sei, führt nicht zum Erfolg.

Die Zuständigkeit der Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf für die Erteilung von Auskünften über an diesem Gericht amtlich bekannte Tatsachen, mithin auch über bei diesem Gericht nach § 170 Abs. 1 StPO eingereichte Anklageschriften, folgt bereits unmittelbar aus § 4 PresseG NRW. Die Frage des zulässigen Detaillierungsgrades der gebotenen und (noch) zulässigen Auskunftserteilung betrifft nicht die Zuständigkeit hierfür, sondern die materiell-rechtliche Beurteilung ihrer Rechtmäßigkeit.

bb) Die Präsidentin des Amtsgerichts durfte ausschließlich die Vertreter der Presse auch mit Blick auf das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Antragstellers und seine Rechte im Strafverfahren unter Namensnennung mit der gebotenen Sachlichkeit, Objektivität und Zurückhaltung über die Anklageerhebung gegen ihn sowie den genauen Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die geltende Unschuldsvermutung unterrichten.

Auch wenn der Antragsteller als nicht rechtskräftig verurteilter Angeschuldigter nicht in gleicher Weise wie der Täter einer Straftat dulden muss, dass das von diesem selbst durch seine Tat erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit in freier Kommunikation auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird, war und ist eine sachliche und zurückhaltende allgemeine Presseinformation über den Tatvorwurf im Einzelfall ausnahmsweise zulässig. Insoweit besteht unabhängig davon, ob einzelne konkrete Presseanfragen bereits telefonisch erfüllt waren, ein berechtigtes überwiegendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Denn bezogen auf eine solche Information können die mittelbar hierfür relevanten Voraussetzungen einer unter Beachtung der Unschuldsvermutung zulässigen Verdachtsberichterstattung berücksichtigt werden (1). Dabei ist eine in diesem Zusammenhang erfolgende Namensnennung zulässig (2).

(1) Die oben angeführten Voraussetzungen für eine zulässige Verdachtsberichterstattung können bei einer Unterrichtung der Presse über die Anklageerhebung gegen den Antragsteller sowie den genauen Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die geltende Unschuldsvermutung berücksichtigt werden. Insbesondere ist ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst Öffentlichkeitswert verleihen, gegeben.

So im Ergebnis auch OLG Köln, Beschluss vom 12.10.2020 – 15 W 47/20 –, zum privatrechtlichen Unterlassungsanspruch des Antragstellers gegenüber einer Verlagsgruppe.

Dieser ergibt sich nicht nur aus den Ermittlungsdetails, die sich der in diesem Verfahren aktenkundigen Anklageschrift entnehmen lassen, sondern wird zudem gestützt durch die ebenfalls in diesem Verfahren aktenkundige Stellungnahme des Verteidigers gegenüber der Staatsanwaltschaft. Sie kann als Beweistatsache unabhängig von ihrer abschließenden strafrechtlichen Bewertung herangezogen werden. […] Es ist unerheblich, ob es sich hierbei – wie von der Staatsanwaltschaft in der Anklage sowie vom Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss angenommen und vom Antragsteller nunmehr unter Vorlage eines strafprozessualen Gutachtens bestritten – um eine geständige Einlassung des Antragstellers handelt. Auch wenn dieser sich nicht selbst mündlich oder schriftlich eingelassen hat und es sich um eine möglicherweise taktisch motivierte (auf die Abwendung einer öffentlichen Hauptverhandlung oder zumindest auf Strafmilderung abzielende) Prozesserklärung des Verteidigers des Antragstellers handeln mag, spricht nichts dafür, dass diese Erklärung ohne Billigung des Antragstellers abgegeben worden sein könnte. Sie legt deshalb nahe, dass die (bisherige) Verteidigung und der Antragsteller bei ihrer Formulierung selbst zumindest von einer erdrückenden Beweislage ausgegangen sind.

Sofern der Antragsteller auf den Verteidigerschriftsatz abhebt, liegt dieser zeitlich nach der streitgegenständlichen Pressemitteilung. Zudem wird darin das dem Antragsteller vorgeworfene Verhalten […]. Damit wird unterstrichen, dass der Antragsteller für sich weiterhin die Unschuldsvermutung in Anspruch nimmt; der angeführte Mindestbestand an Beweistatsachen wird durch diese neue Verteidigung aber nicht (nachträglich) beseitigt.

Wird die Presse durch sorgfältig zu formulierende Informationen – dem Stand des Verfahrens entsprechend – wahrheitsgemäß über den genauen Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die geltende Unschuldsvermutung unterrichtet und wird – nach entsprechender Anhörung des Antragstellers – gegebenenfalls knapp und ohne nähere Einzelheiten mitgeteilt, dass dieser den Vorwürfen entgegen tritt, so ist der Gefahr einer Vorverurteilung des Antragstellers und dem Entstehen des unzutreffenden Eindrucks, er sei der ihm vorgeworfenen strafbaren Handlung bereits überführt, hinreichend begegnet. Denn eine solche Mitteilung wäre keine einseitige Darstellung (auch nicht – wie hier – durch detaillierte Angaben ausschließlich aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft) und würde vermeiden, dass eine vorweggenommene öffentliche Diskussion (eines wesentlichen Teils) des amtlichen Prozessmaterials droht oder mit weiteren Detailinformationen weiter angeheizt wird. Eine derartige amtliche Pressemitteilung kann angesichts der schon vor Anklageerhebung erfolgten zahlreichen aktenkundigen persönlichkeitsrechtsverletzenden, die Vorwürfe bisweilen skandalisierenden und den Antragsteller bloßstellenden Äußerungen in der Presse (vgl. LG Köln, Beschlüsse vom 18.9.2019 – 28 O 344/19 – und – 28 O 365/19 – und vom 27.4.2020 – 28 O 131/20 –, sowie Urteile vom 11.3.2020 – 28 O 344/19 –, – 28 O 365/19 –, – 28 O 377/19 –, – 28 O 412/19 –, und – 28 O 403/19 –) und gar ächtenden Stimmen in sozialen Netzwerken (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 13.10.2020 – 15 W 46/20 –) sogar zur Klarstellung beitragen, dass über die strafrechtliche Beurteilung ausschließlich das Gericht in einem geregelten und erst an seinem Anfang stehenden Verfahren entscheidet. Sie kann hierdurch in gewisser Weise den in der bisherigen öffentlichen Debatte bisweilen unterschwellig schon entstandenen Eindruck erschüttern, die Beweislage sei klar und die Verurteilung des Antragstellers nur noch eine Formsache.

(2) Die Mitteilung der Anklageerhebung in dieser neutralen Form auch unter namentlicher Nennung des Antragstellers ist gegenüber Vertretern der Presse gerechtfertigt, obwohl es sich nach geltender Rechtslage bei den dem Antragsteller vorgeworfenen Taten lediglich um Vergehen im Sinne von § 12 Abs. 2 StGB handelt. Die angeschuldigten Taten sind nach den §§ 184b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, Abs. 6, 184c Abs. 3, Abs. 6 StGB in der zur mutmaßlichen Tatzeit geltenden Fassung im Mindestmaß mit einer Freiheitstraße unter einem Jahr oder mit Geldstrafe bedroht. Bezogen auf eine knappe wahrheitsgemäße Information über den Vorwurf sowie den Verfahrensstand, kann sich der Antragsteller, auch wenn ihn die öffentliche Berichterstattung über den in Rede stehenden Strafvorwurf als solche erheblich in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt, nicht mehr mit durchgreifendem Gewicht auf sein Allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen. Zum einen steht er wegen seiner Prominenz auch in Bezug auf sein bisheriges Engagement für Kinder und Jugendliche trotz des geltend gemachten Rückzugs ins Private aktuell noch in besonderer Weise im Blickfeld der Öffentlichkeit. Zum anderen ist das Gewicht der Persönlichkeitsrechtsverletzung durch eine derartige Presseinformation gemindert und die Medienöffentlichkeit mit Rücksicht hierauf zumindest insoweit hinzunehmen, als über das Ermittlungsverfahren sowie die Erhebung der Anklage gegen den Antragsteller bereits durch eine Vielzahl von Medien – wenn auch teilweise unter Verletzung seines Persönlichkeitsrechts – berichtet worden und dieses Strafverfahren dadurch ohnehin schon einer breiten Öffentlichkeit seinem groben Inhalt nach bekannt ist. Hierdurch wird das Gewicht der Weiterverbreitung der bloßen neutral gehaltenen Information über die Anklageerhebung gegenüber dem medialen Ersteingriff erheblich abgeschwächt.

Vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 9.3.2010 – 1 BvR 1891/05 –, NJW-RR 2010, 1195 = juris, Rn. 33.

Zwar folgt allein aus dem Faktum der öffentlichen Bekanntheit noch kein normativ schutzwürdiges Interesse an einer umfassenden Information über den Betroffenen.

Vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 26.4.2001 – 1 BvR 758/97 –, NJW 2001, 1921 = juris, Rn. 23.

Die dem Antragsteller vorgeworfenen Taten stehen aber in einem besonderen Bezug zu dem Renommee, das er in der Öffentlichkeit besitzt. Er besaß und besitzt nicht nur als ehemaliger Fußballnationalspieler und Profifußballer unter anderem für C. E., T. und S. N. eine besondere Prominenz. Sein öffentliches Renommee beruhte über seine fußballerische Karriere hinaus, worauf es hier besonders ankommt, bis zum Bekanntwerden der in Rede stehenden Tatvorwürfe auch auf seinem besonderen Engagement für den Schutz von Kindern und Jugendlichen einschließlich der Bekämpfung von Kinderarmut und Kindesmissbrauch. So hat er sich mit der von ihm 2006 gegründeten Stiftung, die seinerzeit auch seinen Namen trug, für Kinder und Jugendliche auf ihrem schulischen und beruflichen Weg engagiert, wenn auch sein Engagement seit einigen Monaten ruht und er nach dem Beschwerdevorbringen seine Vorstandstätigkeit für die Stiftung mit Wirkung vom 6.8.2020 aufgegeben hat.

Neben weiteren Projekten, die er unterstützte, war er auch als Werbebotschafter „Schutzengel“ im Verein S.1 E. e. V. tätig, der sich gegen sexuelle Gewalt an Kindern einsetzt und diesbezüglich Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit betreibt.

Für sein ehrenamtliches Engagement, bei dem er schon während seiner Karriere als Profifußballer und darüber hinaus seine Popularität zur Unterstützung sozialer Projekte genutzt hat, war er im Jahr 2011 mit dem Verdienstorden des Landes NRW sowie im Jahr 2017 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden.

Gerade sein öffentlich beachtetes und mehrfach hervorgehoben ausgezeichnetes Wirken im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit einschließlich der Bekämpfung des Kindesmissbrauchs verleiht der namentlichen Nennung des Antragstellers unter Angabe des in der Anklage erhobenen Tatvorwurfs (Besitz und Weitergabe kinder- und jugendpornographischer Schriften an Dritte) in abstrakter Form jedenfalls seit dem Vorliegen des aufgezeigten Mindestbestands an Beweistatsachen und seit der An-klageerhebung einen besonderen Öffentlichkeitswert, der eine Namensnennung rechtfertigt. Daran ändert nichts, dass sich das genaue frühere Wirken des nach dem Akteninhalt vielfach als Vorbild dargestellten Antragstellers im Detail für viele Menschen erst bei einer Internetrecherche erschließt.

Auch kann sich der Antragsteller nicht darauf berufen, dass der Tatvorwurf, nach dem die sexuelle Selbstbestimmung und die körperliche Unversehrtheit der Opfer durch ihn gerade nicht unmittelbar beeinträchtigt worden seien, seine Intimsphäre betreffe. Denn es handelt sich insoweit um eine Verteidigung gegen den Vorwurf der Begehung von Straftaten, die zum mittelbaren Schutz der Opfer strafbewehrt sind und trotz ihres Sexualbezugs nicht zur Intimsphäre des Täters zählen.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.6.2009 – 1 BvR 1107/09 –, NJW 2009, 3357 = juris, Rn. 24 ff.; BGH, Urteil vom 18.6.2019 – VI ZR 80/18 –, BGHZ 222, 196 = juris, Rn. 56.

Hier erhielt das öffentliche Informationsinteresse an einer derartigen Information besonderes Gewicht. Durch sie würde im Wesentlichen nur die ohnehin schon weithin öffentlich bekannte Tatsache der Anklageerhebung einschließlich des groben Tatvorwurfs gegen den Antragsteller bestätigt, ohne dem gerichtlichen Verfahren vorzugreifen. Zudem bestand auch tatsächlich ein nachvollziehbares, nach dem sorgfältig dokumentierten Akteninhalt offenkundiges, besonders starkes Medieninteresse. Eine journalistische Relevanzprüfung stand der Präsidentin des Amtsgerichts insoweit nicht zu. Sie durfte aber das gegebene Medieninteresse auch aus Gleichbehandlungsgründen für Zwecke der öffentlichen Aufgabe der Presse zum Anlass nehmen, eine sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung haltende Mitteilung an Vertreter der Presse herauszugeben, unabhängig davon, wie konkrete Anfragen von Journalisten gefasst waren. Gerade wegen der besonderen Sorgfaltsanforderungen an Presseberichterstattung über laufende Strafverfahren bestand und besteht ein berechtigtes Interesse der Medien, zumindest den ohnehin schon öffentlich bekannten und mit dem Antragsteller in Verbindung gebrachten Sachverhalt der Anklageerhebung von der zuständigen amtlichen Stelle – auch zur Versachlichung der öffentlichen Debatte – bestätigt zu bekommen.

Vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 9.3.2010 – 1 BvR 1891/05 –, NJW-RR 2010, 1195 = juris, Rn. 35.

Offiziell zu bestätigen gab und gibt es gegenüber der Presse ohne Verstoß gegen die Pflicht zur vollständigen richtigen Auskunftserteilung,

dazu OVG NRW, Urteil vom 18.12.2013 – 5 A 413/11 –, DVBl. 2014, 464 = juris, Rn. 41 f., m. w. N.,

allerdings im derzeitigen Verfahrensstadium nur dies. Diese Pflicht wird hier auch angesichts und trotz des großen Medieninteresses begrenzt durch das zu berücksichtigende Persönlichkeitsrecht des Antragstellers. Beschränkt sich eine Presseinformation allerdings auf eine derartige Bestätigung, so hat der Antragsteller die mit dem Bekanntwerden des gerichtlichen Strafverfahrens verbundenen Wirkungen ebenso hinzunehmen wie er zuvor mit Blick auf sein soziales Wirken von seiner Prominenz profitiert hat. Gerade weil hier Anklage erhoben worden ist, obwohl anlässlich seines Falles auch öffentlich hervorgehoben wurde, dass vergleichbare Fälle im Strafbefehlsverfahren abgearbeitet werden, besteht erst recht ein besonderes von den Medien für berichtenswert gehaltenes öffentliches Interesse an der amtlichen Bestätigung der erfolgten Anklageerhebung gerade in seinem Fall.

Eine zurückhaltende, sachliche und neutrale Pressemitteilung ausschließlich an Vertreter der Presse, die die Unschuldsvermutung hervorhebt und darauf hinweist, dass die Klärung der Berechtigung der Vorwürfe Gegenstand des anhängigen Strafverfahrens ist, würde zudem die sachgemäße Durchführung des schwebenden Verfahrens weder im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 PresseG NRW vereiteln, erschweren, verzögern oder gefährden. Auch für eine Verletzung von Geheimhaltungsvorschriften im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 2 PresseG NRW oder Datenschutzbestimmungen ist dabei – selbst unter Berücksichtigung des nach Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen nicht mehr einschlägigen Ermittlungsgeheimnisses, des nur vor unbefugter Offenbarung geschützten Dienstgeheimnisses (vgl. § 353b StGB) und der ebenfalls nicht einschlägigen Regelung über die Öffentlichkeit von Gerichtsverfahren nach § 169 Abs. 1 GVG – nichts ersichtlich.

b) Die Pressemitteilung vom 4.9.2020 verletzt gleichwohl das Recht des Antragstellers auf ein faires Verfahren und sein Persönlichkeitsrecht, weil sie ohne die erforderliche vorherige Mitteilung und Gelegenheit zur Äußerung ergangen ist (dazu aa) und unter Beeinträchtigung seiner Rechte im Strafverfahren über den bei der gebotenen Sachlichkeit, Objektivität und Zurückhaltung in diesem frühen Verfahrensstadium zulässigen Inhalt hinausgeht (dazu bb).

aa) Vor der Erteilung von in das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers eingreifenden Auskünften über die Anklageerhebung unter Nennung des Namens des Angeschuldigten war eine Mitteilung an ihn geboten und sein Anspruch auf effektiven Rechtsschutz zu berücksichtigen. Hierfür genügte gerade nicht schon die Übermittlung der Anklageschrift durch die Staatsanwaltschaft oder die von dieser vor ihrer eigenen Pressemitteilung erfolgte Anhörung des Antragstellers.

Im Gegenteil drängte sich bezogen auf die in Rede stehende Pressemitteilung der Präsidentin des Amtsgerichts die wegen der ausdrücklichen Namensnennung verfassungsrechtlich ohnehin gebotene vorherige Anhörung im konkreten Fall besonders auf. Denn diese Pressemitteilung, die zudem weitere Einzelheiten der Anklage anführte, die bisher noch nicht öffentlich bekannt waren, war für den Antragsteller besonders überraschend, nachdem die Staatsanwaltschaft Düsseldorf nur kurz zuvor in Bezug auf dieselbe Anklageerhebung nach erfolgter Anhörung des Antragstellers über seinen Verteidiger nicht nur von einer Namensnennung, sondern sogar von der Bezeichnung des Tatvorwurfs abgesehen hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte sich dabei ausweislich des Vermerks des Leitenden Oberstaatsanwalts unter anderem von dem Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 19.8.2020 zur Frage der Zulässigkeit eines Berichts des Justizministeriums NRW an den Rechtsaus-schuss des Landtags NRW über das gegen den Antragsteller seinerzeit geführte staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren,

vgl. VG Düsseldorf, Beschluss vom 19.8.2020 – 20 L 1629/20 –, juris,

und von der fehlenden Zustimmung des Antragstellers zu einer die Tatvorwürfe bezeichnenden Pressemitteilung leiten lassen. Dieser Pressemitteilung war nach Aktenlage eine intensive Erörterung zwischen dem Leitenden Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Düsseldorf und dem Verteidiger des Antragstellers vorausgegangen. In ihr war lediglich mitgeteilt worden, dass in dem fraglichen Verfahren gegen „einen ehemaligen Fußballnationalspieler“ am 2.9.2020 Anklage zum Strafrichter bei dem Amtsgericht Düsseldorf wegen unterschiedlicher Vergehen erhoben worden sei. Darüber hinaus wurde ausgeführt, dass zurzeit keine weiteren Auskünfte, insbesondere über die konkreten Anklagevorwürfe, erteilt werden könnten. Auf sich beruhen kann, in welchem Umfang der Werdegang der staatsanwaltlichen Pressemitteilung beim Amtsgericht Düsseldorf im Einzelnen bekannt war. Jedenfalls lag die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft dem Amtsgericht vor. Schon für sich genommen bot die auffällige Zurückhaltung, in der sie abgefasst war, allen Anlass, die genauen Gründe hierfür in Erfahrung zu bringen und vor der Veröffentlichung einer darüber deutlich hinausgehenden, individualisierenden Pressemitteilung mit einer Vielzahl relevanter und öffentlich noch nicht bekannter Details den Antragsteller anzuhören, damit dieser seine Belange zum Schutz seines Persönlichkeitsrechts auch gegenüber dem Amtsgericht umfassend geltend machen konnte.

bb) Zudem hat die Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf in ihrer Pressemitteilung vom 4.9.2020 – auch wegen der fehlenden Anhörung – die nach Lage des Falles gebotene Sachlichkeit, Objektivität und Zurückhaltung zu Lasten des Antragstellers vermissen lassen. Sie hat einen Tatvorwurf unzutreffend wiedergegeben (1). Des Weiteren hat sie schon vor Zulassung der Anklage und Eröffnung der Hauptverhandlung in der Öffentlichkeit noch nicht bekannte wesentliche Details der Anklageschrift ausschließlich aus Sicht der Staatsanwaltschaft amtlich öffentlich mitgeteilt und damit eine vorweggenommene öffentliche Diskussion dieses weiteren zentralen Prozess-materials mit den damit verbundenen Gefahren für die Wahrheitsfindung in einem geregelten Verfahren und den Schutz der Persönlichkeit des Antragstellers zusätzlich einseitig befeuert (2).

(1) Gegen das Sachlichkeitsgebot verstieß die streitgegenständliche Pressemitteilung, soweit darin an prominenter Stelle bereits im ersten Absatz unzutreffend mitgeteilt worden war, dass gegen den Antragsteller „wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften“ Anklage erhoben worden sei.

Der Antragsteller ist nicht wegen Verbreitung kinderpornografischer Schriften (§ 184b Abs. 1 Nr. 1 StGB in der bis zum 12.3.2020 geltenden Fassung), sondern wegen des Unternehmens, einer anderen Person Besitz an kinderpornographischen Schriften zu verschaffen (§ 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB in der bis zum 12.3.2020 geltenden Fassung), angeschuldigt. Der Wahrheitsgehalt des Inhalts der streitgegenständlichen Pressemitteilung wird durch die Verwendung des Begriffs der Verbreitung objektiv vergröbert und zu Lasten des Antragstellers verfälscht. Bei dem Tatbestand des Verbreitens kinderpornografischer Schriften handelt es sich um ein eigenständig im Strafgesetzbuch geregeltes und von dem Tatbestand des Unternehmens, einer anderen Person den Besitz an kinderpornografischen Schriften zu verschaffen, unterschiedenes Delikt. Vor allem wiegt das Delikt des Verbreitens kinderpornografischer Schriften für sich genommen deutlich schwerer. Tatbestandsmäßig handelt danach nur, wer kinderpornografische Schriften einem größeren Personenkreis zugänglich macht.

Vgl. BGH, Urteil vom 6.10.1959 – 5 StR 384/59 –, BGHSt 13, 257 = NJW 1959, 2125; Eisele, in: Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 184b Rn. 20, m. w. N.; Ziegler, in: BeckOK StGB, 48. Ed., Stand: 1.11.2020, StGB § 184b Rn. 9.

Damit wird der Anklagevorwurf unzutreffend wiedergegeben, weil dem Antragsteller tatsächlich insoweit „nur“ vorgehalten wird, er habe Dateien an einzelne Personen weitergeleitet. Die den Antragsteller fälschlich stärker belastende Darstellung ist nicht deshalb richtig oder im Kontext einer Pressemitteilung auch nur vertretbar, weil die amtliche Überschrift der einschlägigen Norm den Tatbestand der Besitzverschaffung nicht nennt. Eine Rechtfertigung für einen zusätzlichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers durch eine sachlich nicht zutreffende Bezeichnung des ohnehin schon belastenden Vorwurfs liegt darin nicht.

In diesem Punkt folgt auch kein Verlust des Rügerechts daraus, dass die Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf dem Antragsteller angeboten hat, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die Pressemitteilung dahingehend zu ändern, anstelle des Wortes „Verbreitung" das Wort „Besitzverschaffen“ zu setzen und die Medienvertreter über die Änderung zu informieren. Dies konnte von dem Antragsteller vor dem Hinter-grund, dass dieser die Pressemitteilung auch mit dieser Korrektur für rechtswidrig hielt, aus seiner Sicht nur abgelehnt werden.

(2) Die Pressemitteilung vom 4.9.2020 ist auch deshalb ermessensfehlerhaft und damit unzulässig abgefasst, weil sie durch die Information über neue, in der Öffentlichkeit noch nicht bekannte Details aus der Anklageschrift vor der Entscheidung über die Zulassung der Anklage und einer etwaigen Eröffnung der Hauptverhandlung die zum Schutz des Persönlichkeitsrechts des Antragstellers gebotene Objektivität und Zurückhaltung nicht wahrt. Durch amtliche Mitteilung neuer Verfahrensdetails erhöht sie nennenswert die Gefahr, dass sich weite Teile der Öffentlichkeit nach ohnehin schon breiter – auch vorverurteilender und wie erwähnt sogar den Antragsteller ächtender – öffentlicher Diskussion schon zu Beginn des Strafverfahrens eine abschließende oder doch zunehmend verfestigte Meinung über die Schuld des Antragstellers bilden.

Vor Erscheinen und in Unkenntnis der Pressemitteilung der Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf vom 4.9.2020 war bereits von mehreren Medien über die Anklage-erhebung gegen den Antragsteller unter Namensnennung und Angabe des Vorwurfs, er solle kinderpornographische Schriften besessen und weitergegeben bzw. verbreitet haben, berichtet worden. Nähere Einzelheiten über die Anklage waren Medienvertretern ausweislich eines Abgleichs der berichteten Inhalte mit der Anklageschrift zu diesem Zeitpunkt nicht verlässlich bekannt. Erst durch die Pressemitteilung vom 4.9.2020 oder mündliche Auskünfte mit ihrem Inhalt wurde allgemein über die genaue Zahl der vorgeworfenen Fälle informiert, über die Art der Dateien, darüber, wie sie wem wann übersandt sowie wie in Besitz gehabt worden sein sollen, und über die Existenz von Zeuginnen. Zur Verteidigung vorgetragene Tatsachen oder Argumente finden sich nicht. Auch hat die Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf entgegen Art. I § 8 Satz 2 Medien-RL nicht unmissverständlich selbst hervorgehoben, dass der Angeschuldigte bis zu seiner rechtskräftigen Verurteilung als unschuldig gilt. Die Schilderung des einseitigen Tatvorwurfs mit der Formulierung, der Antragsteller solle entsprechend gehandelt haben, bringt die Unschuldsvermutung nicht ausreichend zum Ausdruck.

Es war auch absehbar, dass durch diese angesichts des Verfahrensstandes einseitige und verfrühte Information über weitere Einzelheiten zu den Tatvorwürfen ausschließlich aus der Sicht der Staatsanwaltschaft nunmehr unter Angabe weiterer Details breit berichtet werden würde. Für diese Beurteilung ist unerheblich, ob es sich bei der Pressemittteilung vom 4.9.2020, wie der Antragsteller meint, um den wesentlichen Inhalt der Anklageschrift handelt. Denn neben der Anklageerhebung selbst bot erst die Pressemitteilung den Medien ein starkes Argument für die Zulässigkeit einer identifizierenden Berichterstattung unter Nennung weiterer offiziell bestätigter Details. Diesen zusätzlichen Informationen wurde im Zusammenhang mit der namentlichen Nennung des Antragstellers wegen des amtlichen Charakters der Pressemitteilung in weiten Kreisen der Öffentlichkeit und der Presse absehbar ein besonderes Gewicht beigemessen. Hierdurch stand zu befürchten, dass der Antragsteller sich von dem durch neue Details verstärkten Eindruck, die Einzelheiten der Tat stünden bereits weitgehend fest, auch im Falle der späteren Nichteröffnung der Hauptverhandlung etwa mangels hinreichenden Tatverdachts (vgl. §§ 203, 204 Abs. 1 StPO) oder nach einem möglichen Freispruch auf unabsehbare Zeit nicht mehr würde befreien können. Sofern ein Freispruch etwa auf den Mangel an Beweisen gestützt würde – und dies womöglich auf ein kritisches Presseecho stieße –, dürfte dies bereits seine Rehabilitierung faktisch erheblich erschweren und zumindest verzögern. Der Antragsteller läuft hierdurch noch mehr als bisher Gefahr, ungeachtet eines möglichen Freispruchs und der im Gerichtsverfahren festgestellten Einzelheiten in breiter Öffentlichkeit schon vorab mit dem Makel behaftet zu sein, die Tat „in Wahrheit“ doch begangen zu haben. All diese Gefahren für das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers sind bei der Ausübung des behördlichen Ermessens durch die konkrete Fassung der Pressemitteilung fehlgewichtet worden.

Gänzlich unberücksichtigt geblieben ist zudem bei der gebotenen Abwägung der gegenläufigen Belange hinsichtlich der Frage, ob die Mitteilung bisher nicht öffentlich bekannter Verfahrensdetails zulässig ist, der wegen der fehlenden Anhörung beim Amtsgericht Düsseldorf möglicherweise seinerzeit nicht bekannte Umstand, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller bereits zuvor Gegenstand umfangreicher Berichterstattung verschiedener Presseorgane mit Bildern und Namensnennung gewesen ist, die auch ausweislich der schon angeführten zivilgerichtlichen Entscheidungen vielfach die Persönlichkeitsrechte des Antragstellers verletzt hat. Diese Entscheidungen, die der Antragsteller dem Amtsgericht sofort nach Erscheinen seiner Pressemitteilung übersandt hatte und bei einer vorherigen Anhörung zuvor wohl mitgeteilt hätte, verdeutlichten anschaulich die aus der bisherigen, in großen Teilen rechtswidrigen Presseberichterstattung folgenden weitreichenden persönlichen, beruflichen und wirtschaftlichen Belastungen für den Antragsteller, auf die bereits die Anklageschrift hingewiesen hatte. Diese schon eingetretenen rechtswidrigen Verletzungen des Persönlichkeitsrechts des Antragstellers geboten auch bei der Entscheidung über Art und Umfang der in diesem frühen Verfahrensstadium vor einer neutralen gerichtlichen Entscheidung bereits der Presse amtlich bekanntzugebenden Verfahrensdetails besondere Zurückhaltung. An dieser hat es die Pressemitteilung mit der prominenten Hervorhebung des Namens des Antragstellers in der Überschrift und der Angabe neuer Details, die die intensive Presseberichterstattung absehbar stark befeuerten, fehlen lassen.

c) Schließlich wird der Antragsteller auch deshalb in seinen Rechten verletzt, weil die Pressemitteilung vom 4.9.2020 trotz des Eingriffs in sein Persönlichkeitsrecht, der in der identifizierenden Darstellung eines Strafvorwurfs liegt, vor einer etwaigen Verurteilung nicht nur Vertretern der Presse etwa über den Presseverteiler, sondern ohne hinreichende Rechtsgrundlage auch der Allgemeinheit im Internet zugänglich gemacht worden ist. Die Ermächtigung zur Auskunftserteilung gegenüber der Presse nach § 4 PresseG NRW rechtfertigt keine in Grundrechte Einzelner eingreifende Weitergabe von Informationen aus einem Strafverfahren an Dritte über den Kreis der Pressevertreter hinaus, denen eine besondere Verantwortung im Umgang mit den so erhaltenen Informationen obliegt. Hier geht es gerade nicht um die auch ohne ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage bestehende Rechtspflicht zur allgemeinen Publikation von Gerichtsentscheidungen in ihrem amtlichen Wortlaut oder eine damit korrespondierende Pressemitteilung, die in gleicher Weise auch über das Internet der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden darf. Gerichtsentscheidungen und hierüber berichtende Pressemitteilungen sind allerdings hinsichtlich persönlicher Angaben und Umstände in der Regel zu anonymisieren, sofern nicht nach den Grundsätzen rechtmäßigen staatlichen Informationshandelns etwa zum Zeitgeschehen, zu dem die Begehung von Straftaten gehört, ausnahmsweise etwas anderes gilt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26.2.1997 – 6 C 3.96 –, BVerwGE 104, 105 = juris, Rn. 23 ff.; BVerfG, Be-schluss vom 14.9.2015 – 1 BvR 857/15 –, NJW 2015, 3708 = juris, Rn. 20 ff., 25; BGH, Urteile vom 2.7.2019 – VI ZR 494/17 –, NVwZ-RR 2020, 878 = juris, Rn. 37, 51 ff., und vom 17.12.2019 – VI ZR 249/18 –, AfP 2020, 143 = juris, Rn. 20.

Erweisen sich danach die streitgegenständliche Pressemitteilung sowie ihre weiterhin erfolgende Verbreitung im Internet auch zum jetzigen Zeitpunkt als rechtswidrig, so steht dem Antragsteller der begehrte Anspruch auf Unterlassung und Entfernung der Mitteilung aus dem Internetauftritt des Amtsgerichts Düsseldorf zu.

II. Der Antragsteller hat in Bezug auf den vorstehend bejahten Anordnungsanspruch auch einen Anordnungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO glaubhaft gemacht. Ob eine vorläufige Regelung „nötig erscheint“, ist auf der Grundlage einer Interessenabwägung zu beantworten. Es ist zu prüfen, ob es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen, aber auch der öffentlichen Interessen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 17.10.2017 – 4 B 786/17 –, ZUM-RD 2018, 190 = juris, Rn. 42, und vom 13.4.2015 – 16 B 270/15 –, DVBl. 2015, 787 = juris, Rn. 4, m. w. N.

Gemessen daran ist die einstweilige Anordnung mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG erforderlich, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden. Ein Verweis auf den rechtskräftigen Abschluss eines Hauptsacheverfahrens würde die zu sichernden Rechte des Antragstellers jedenfalls teilweise irreversibel vereiteln.

Sollte die Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf die unzulässige Pressemitteilung vom 4.9.2020 weiter auf ihrer Webseite belassen, bliebe es bereits während des laufenden Strafverfahrens, dessen weitere Durchführung noch aussteht, bei der fortwährenden Verletzung der Persönlichkeitsrechte des Antragstellers.

B. Die weiter gehenden Anträge, wonach über die Anklageerhebung gar nicht sowie über eine spätere Entscheidung des zuständigen Amtsgerichts über die Eröffnung des Hauptverfahrens oder die Einstellung des Verfahrens nicht unter Nennung des Namens des Antragstellers sowie der gegen ihn erhobenen Vorwürfe durch Pressemitteilung informiert werden dürfe, haben hingegen keinen Erfolg. Sie sind auf Gewährung nur ausnahmsweise zulässigen vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtet.

Der Antragsteller möchte nicht abwarten, bis die Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf in anderer als der bereits erfolgten Weise die Presse über das anhängige Strafverfahren in individualisierender Weise und unter Nennung einzelner Tatvorwürfe unterrichtet. Es geht ihm darum, schon zuvor gerichtlichen Rechtsschutz bezogen auf die künftige Pressearbeit der Gerichtsverwaltung zu erlangen. Einen derartigen Anspruch auf Gewährung vorbeugenden Rechtsschutzes kann der Antragsteller in einem Hauptsacheverfahren nicht zulässigerweise geltend machen. Denn der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz ist grundsätzlich nicht vorbeugend konzipiert. Um den Grundsatz der Gewaltenteilung und das der Verwaltung zugewiesene Handlungsfeld nicht übermäßig und „anlasslos“ zu beeinträchtigen, setzt die den Gerichten übertragene Kontrollfunktion gegen Maßnahmen der Behörden grundsätzlich erst nachgelagert ein. Die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erfordert daher regelmäßig den Erlass einer Maßnahme, die nachfolgend Gegenstand gerichtlicher Überprüfung ist. Vorbeugender Rechtsschutz gegen erwartete oder befürchtete Entscheidungen der Verwaltung ist daher grundsätzlich unzulässig. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dem Betroffenen ein weiteres Zuwarten, ob und wie die Behörde tätig werden wird, nicht zugemutet werden kann und daher ein schutzwürdiges Interesse an einer alsbaldigen gerichtlichen Klärung besteht.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 23.6.2016 – 2 C 18.15 –, NVwZ-RR 2016, 907 = juris, Rn. 19 f., und vom 5.4.2016 – 1 C 3.15 –, BVerwGE 154, 328 = juris, Rn. 52; OVG NRW, Beschluss vom 8.6.2017 – 4 B 307/17 –, NWVBl. 2017, 431 = juris, Rn. 14 f.

Dies kann nur dann angenommen werden, wenn ein drohendes tatsächliches Verwaltungshandeln abgewehrt werden soll, das sich hinreichend konkret abzeichnet, insbesondere die für eine Rechtmäßigkeitsprüfung erforderliche Bestimmtheit aufweist.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 13.12.2017 ? 6 A 7.16 ?, ZD 2018, 228 = juris, Rn. 12, und vom 19.3.1974 ? 1 C 7.73 ?, BVerwGE 45, 99 = juris, Rn. 41; OVG NRW, Beschluss vom 29.3.2018 – 4 B 232/18 –, juris, Rn. 6 f.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Angekündigt hat die Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf in ihrer Pressemitteilung vom 4.9.2020 lediglich, dass eine Pressemitteilung erfolgen wird, sobald eine Entscheidung des Amtsgerichts Düsseldorf über die Zulassung der Anklageschrift und die Eröffnung des Hauptverfahrens vorliegt. Allein daraus, dass sie in dieser Pressemitteilung die Rechte des Antragstellers nicht fehlerfrei abgewogen hat, lässt sich schon deshalb keine hinreichend bestimmte Gefahr der Wiederholung ableiten, weil anzunehmen ist, dass sich die Präsidentin des Amtsgerichts Düsseldorf bei ihrer künftigen Pressearbeit an den vom Senat aufgezeigten Maßstäben orientieren wird. Danach ist im Übrigen auch schon vor einer gerichtlichen Entscheidung eine zurückhaltende identifizierende Information der Vertreter der Presse über den Stand des Verfahrens zulässig.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG. Hierbei wurde für jeden Antrag angesichts der im vorliegenden Verfahren gegebenen Bedeutung jeweils der Auffangstreitwert in Ansatz gebracht. Mit Blick auf die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache sieht der Senat von einer Reduzierung des Streitwerts ab.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(Unterschriften)