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Zulässigkeit einer identifizierten Berichterstattung über Hass-Botschaften (Hatespeech) im Internet, Saarländisches OLG, Urt. v. 30.06.2017, Az.: 5 U 16/16

Leitsätzliches

Wer selbst Hass-Botschaften in Sozialen Netzwerken wie Facebook veröffentlicht und somit freiwillig damit an die Öffentlichkeit geht, hat keinen Anspruch auf Unterlassung gegen ein Medienhaus, wenn dieses unter Namensnennung über die Veröffentlichung bei Facebook berichtet.

typo3/

SAARLÄNDISCHES OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Entscheidung vom 30. Juni 2017

Aktenzeichen: 5 U 16/16

 

 

Vorinstanz: Landgericht Saarbrücken, Az.: 4 O 164/15

 

In dem Rechtsstreit

wegen Unterlassung

hat der 5. Zivilsenat des Saarländischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung der Richterinnen am Oberlandesgericht […] und […] und des Richters am Oberlandesgericht […] aufgrund mündlicher Verhandlung vom 19.05.2017

für Recht erkannt:

1.  Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 03.03.2016 (Az: 4 0 164/15) abgeändert und die Klage abgewiesen.

2.    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3.    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4.    Die Revision wird nicht zugelassen.

5.  Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 13.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Unterlassung der Behauptung, er habe im Internet zur Ermordung der Frau P. E. T. aufgerufen und begehrt die Feststellung einer Schadensersatzpflicht der Beklagten.

Der Kläger ist selbständiger Unternehmensberater in S.. Die Beklagte unterhält eine Pressewebseite. Die Beklagte betreibt ein Internet-Journal. Am 14.07.2014 veröffentlichte sie einen Artikel über einen Rechtspopulisten P., der sich auf seiner Facebook-Seite abwertend über die Erziehungswissenschaftlerin P. E. T. geäußert hatte. Weiter heißt es in dem Artikel: „.S. jedoch verdient eine ganz eigene Beachtung, wenn er am 3. Juli auf P.s Facebook-Seite schreibt: „... diesen Genderlesben jeweils 8x9 mm ins Gehirn zu jagen...". Außerdem erfolgte in dem Artikel ein Link auf die Unternehmenshomepage des Klägers. Der Artikel ist weiterhin online einsehbar.

Hintergrund der Äußerung der Beklagten war, dass im Namen des Klägers auf der Facebook-Seite P.s ein Kommentar erschienen war, wonach der Kläger „nichts dagegen hätte, diesen Genderlesben 8x9 mm in das dumme Gehirn zu jagen". Dieser Kommentar, der ebenfalls Gegenstand eines kritischen Beitrags vom 14.07.2014 auf der Pressewebsite der t. Verlags- und Vertriebs GmbH, der Beklagten des Parallelverfahrens 4 0 166/15 des Landgerichts Saarbrücken (5 U 17/16 des Saarländischen Oberlandesgerichts) gewesen ist, war über den Facebook-Account des Klägers veröffentlicht worden und bei Berichterstattung bereits gelöscht. Auch der Facebook-Account des Klägers ist mittlerweile gelöscht.

Am 15.07.2014, nachdem der Kläger von dem Facebook-Kommentar erfahren hatte, erstattete er Strafanzeige. Eine polizeiliche Anfrage bei Facebook wurde abgelehnt. Ein konkretes Ermittlungsergebnis gab es nicht.

Am 19.02.2015 wandte sich der Kläger an die Beklagte und verlangte die Entfernung ihrer Äußerung im Internet. Er wies darauf hin, dass er nicht der Autor des Facebook-Kommentares unter seinem Namen sei. Die Beklagte reagierte nicht.

Der Kläger, der sich als Opfer einer Verleumdungskampagne sieht, hat seine Sicht der Dinge in seinem Blog „t. und d. betreiben bewusste Verleumdung eines E. S." geschildert.

Mit der vorliegenden Klage begehrt er die „Entfernung rechtswidriger Äußerungen im Internet" (BI. 2 d.A.). Er hat behauptet, eine unbekannte Person, über deren Identität er nur Vermutungen aufstellen könne, gebe sich im Internet als E. S. aus und habe unter seinem Namen mehrere Kommentare verfasst, darunter auch den streitgegenständlichen Kommentar. Noch im Mai 2015 sei ein Artikel unter dem Titel: „Kennt ihr E. S., den Vollhonk?" in einem Wordpress-lnternetblog aufgetaucht, der einzig und allein der Diffamierung des Klägers diene (Anlage K1). Es sei zu vermuten, dass diese Person das Passwort des Klägers gehackt und auch den streitgegenständlichen Eintrag verfasst habe.

Da es sich bei ihm, soweit ersichtlich, um die einzige Person in Deutschland mit dem Namen E. S. handele, und die Beklagte ihren Beitrag zudem mit der Website seiner Unternehmensberatung seiner Unternehmensberatung verlinkt habe, sei eine unmittelbare „Identifizierung" seiner Person erfolgt. Bei der Eingabe des Namens des Klägers in der Suchmaschine Google erhalte man auf der ersten Seite Treffer, die sich auf den streitgegenständlichen Kommentar und denjenigen aus dem Parallelverfahren beziehen. Dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit habe die Beklagte auch bei einer Namenskürzung gerecht werden können. Es wäre der Beklagten ein Leichtes gewesen, den streitgegenständlichen Beitrag jedenfalls nach dem Hinweis des Klägers nur noch mit dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens zu veröffentlichen.

Der Kläger hat beantragt,

1.   die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten

zu unterlassen, zu behaupten, der Kläger habe einen Mordaufruf zum Nachteil der Frau E. T. im Internet begangen, insbesondere unter Ausschreibung des vollständigen Namens des Klägers im Internet mit der Behauptung: „Ein E. S. hätte nichts dagegen, diesen Genderlesben 8 x 9 mm in das dumme Gehirn zu jagen [...]“.S. ist mit Klarnamen im Netz unterwegs und seine Ausdrucksweise klingt auf der Website seines Unternehmens etwas gediegener und ist natürlich auf seine Tätigkeit als Unternehmensberater bezogen".

2.   die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 887,03 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3.   Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz aller Schäden verpflichtet ist, die aus der weiteren nach dem 19.02.2015 erfolgten öffentlichen Zugänglichmachung des am 14.07.2014 von der Beklagten mit dem Titel „P., der neue Star der Rechtspopulisten und Pl-Nazis" veröffentlichten Artikels entstanden sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat behauptet, der Kommentar stamme vom Kläger. Dieser habe auch eine Online-Petition gegen die angebliche Einführung der Scharia unterschrieben, sich in einem Gästebuch einer Familie K. islamfeindlich geäußert und eine AfD-Wahlparty in S. besucht. Vor der Veröffentlichung habe ein Mitarbeiter der Beklagten einen Geschäftspartner des Klägers angerufen, der verärgert gewesen sei und keine Zweifel daran gehabt habe, dass die Äußerung vom Kläger herrühre.

Der Kläger hat das vorbeschriebene Verhalten bestritten und hat insbesondere in Abrede gestellt, Kommentare ins Internet gestellt zu haben, die seine „rechte Gesinnung" offenbarten.

Das Landgericht Saarbrücken hat die Beklagte nach persönlicher Anhörung des Klägers mit Urteil vom 03.03.2016 — 4 0 165/15 (Bl. 95 d.A.) — antragsgemäß zur Unterlassung der beanstandeten Äußerung verurteilt und festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zum Ersatz aller Schäden verpflichtet ist, die aus der weiteren nach dem 19.02.2015 erfolgten öffentlichen Zugänglichmachung ihres am 14.07.2014 veröffentlichten Artikels entstehen. Da der Kläger bestritten habe, den streitgegenständlichen Kommentar auf der Facebook-Seite P.s veröffentlicht zu haben, und die Beklagte weder den Beweis für die Urheberschaft des Klägers angetreten noch widerlegt habe, dass das Facebook-Konto des Klägers „gehackt" worden sei, handele es sich um eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheit nicht feststehe. Die einschlägigen Anforderungen der identifizierenden Verdachtsberichterstattung habe die Beklagte nicht erfüllt. Dazu habe insbesondere deshalb Veranlassung bestanden, weil die Beklagte dem Kläger eine Straftat vorgeworfen habe. Zu diesem Vorwurf habe sie dem Kläger vor Veröffentlichung Gelegenheit zur Stellungnahme geben müssen. Wegen dieses Verstoßes gegen die pressemäßige Sorgfalt, der dazu führen könne, dass sich Geschäftspartner des Klägers abwenden oder diesem die Werbung neuer Geschäftspartner erschwert werde, schulde die Beklagte dem Kläger Schadensersatz.

Die Beklagte hat dagegen Berufung eingelegt und beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Saarbrücken die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Hinsichtlich des Sachverhalts und des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Sitzungsniederschriften des Landgerichts vom 28.01.2016 (BI. 78 d. A.) und des Senats vom 07.12.2016 (Bl. 169 d.A.) und vom 19.05.2017 (Bl. 178 d. A.) über die gemeinsame mündliche Verhandlung mit dem Verfahren 5 U 17/16, in welcher der Kläger persönlich angehört worden ist, sowie auf das Urteil des Landgerichts vom 03.03.2016 (Bl. 95 d.A.) und die beigezogene Akte 29 UJs 118/14 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken, deren Inhalt zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden ist, Bezug genommen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte weder Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG zu, noch ein Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht.

1.

Die Klage ist zulässig. Der Klageantrag ist dahin auszulegen, dass der Beklagten untersagt werden soll, auf ihrer lnternetseite Beiträge zum Abruf bereit zu halten, in welchen behauptet wird, der Kläger habe „einen Mordaufruf zum Nachteil der Frau E. T. im Internet begangen". Mit seiner Klagebegründung, mit welcher er „die Entfernung rechtswidriger Äußerungen im Internet" begehrt, hat er deutlich gemacht, dass er sich gegen das weitere Vorhalten ihn identifizierender Beiträge wie des konkret angegriffenen zum Abruf im Internet wendet (vgl. zur Auslegung des Klagebegehrens BGH, Urt. v. 22.02.2011 — Vl ZR 346/09 — juris; Urt. v. 15.12.2009 — VI ZR 228/08 — juris).

2.

Der streitgegenständliche Pressebeitrag verletzt nicht das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers.

Ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, §§ 824, 1004 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB, § 186 StGB wegen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts steht demjenigen zu, der durch die Veröffentlichung individuell betroffen, also Gegenstand einer medialen Darstellung geworden ist (vgl. BVerfG, Beschl. v. 13.6.2007 — 1 BvR 1783/05 — NJW 2008, 39). Dabei betrifft der Unterlassungsanspruch nur den zu beanstandenden Eingriff (vgl. Rixecker in MünchKommBGB, 7. Aufl., Anh. § 12 Rdn. 252). Da der streitgegenständliche Pressebeitrag den vollständigen Namen des Klägers nennt und eine Verlinkung auf dessen Unternehmsseite enthält, war dieser unmittelbar von der Berichterstattung betroffen, die einen Eingriff in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht enthält.

Wie die Berichterstattung über eine Straftat unter Namensnennung des Straftäters beeinträchtigt auch die Berichterstattung über ein sonstiges Fehlverhalten des Betroffenen zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens, indem sie sein Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person hierdurch in den Augen der Adressaten von vornherein negativ qualifiziert (BGH, Urt. v. 13.11.2012 — VI ZR 330/11 — MDR 2013, 200; Urt. v. 15.12.2009 — Vl ZR 228/08 — juris m.w.N.). Es kann daher offen bleiben, ob der streitgegenständliche Post von dem Facebook-Account des Klägers einen Straftatbestand erfüllt.

Eine Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts ist dabei nicht nur mit einer aktiven Informationsübermittlung durch die Medien in Tagespresse, Rundfunk oder Fernsehen verbunden, sondern auch wenn den Betroffenen identifizierende Beiträge — wie hier - auf einer passiven Darstellungsplattform im Internet zum Abruf bereitgehalten werden, die für jeden interessierten lnternetnutzer zugänglich ist (BGH, a.a.O.).

3.

Folglich war das Recht des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Pressefreiheit abzuwägen. Nach dem Ergebnis der Abwägung stellt sich der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers nicht als rechtswidrig dar.

a)

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urt. v.16.02.2016 — Vl ZR 367/15 — MDR 2016, 520 m.w.N.; Senat, Urt. v. 27.01.2016 — 5 U 5/15; Senat, Urt. v. 05.10.2016 - 5 U 3/16).

b)

Diese Abwägung fällt nach den in der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 13.11.2012 — VI ZR 330/11 — MDR 2013, 200; Urt. v. 30.10.2012 — VI ZR 4/12 — NJW 2013, 229; Urt. v. 22.02.2011 —VI ZR 346/09 — juris; BVerfG, Beschl. v. 10.06.2009 — 1 BvR 1107/09 — NJW 2009, 3357 jew. m.w.N.) zu Lasten des Klägers aus.

Danach müssen wahre Tatsachen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Aber auch eine wahre Darstellung kann das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletzen, wenn sie geeignet ist, einen Persönlichkeitsschaden anzurichten, etwa weil sie erhebliche Breitenwirkung entfaltet und eine besondere Stigmatisierung des Betroffenen bis hin zu sozialer Ausgrenzung und Isolierung nach sich zieht, und deshalb zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit außer Verhältnis steht (vgl. BVerfG, Beschl. v. 24.03.1998 — 1 BvR 131/96 — NJW 1998, 2889; Beschl. v. 10.06.2009 —1 BvR 1107/09 — NJW 2009, 3357; BGH, a.a.O.).

Ferner kann eine Rolle spielen, ob die Berichterstattung sich auf das Zeitgeschehen bezieht, dessen Vermittlung Aufgabe der Medien ist. Insbesondere bei Straftaten begründen die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträchtigung individueller Rechtsgüter, die Sympathie mit den Opfern, die Furcht vor Wiederholungen solcher Straftaten und das Bestreben, dem vorzubeugen, grundsätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter. Insbesondere bei Taten, die sich in Begehungsweise und Schwere von der gewöhnlichen Kriminalität abheben, kann ein über bloße Neugier und Sensationslust hinausgehendes Interesse an näherer Information auch über Tat und Person des Täters anzuerkennen sein (vgl. BVerfG, Urt. v. 05.06.1973 — 1 BvR 536/72 — NJW 1973, 1227; Beschl. v. 24.03.1998 — 1 BvR 131/96 — NJW 1998, 2889; BGH, a.a.O.).

ln solchen Fällen ist bei der Abwägung mit dem Persönlichkeitsrecht im Allgemeinen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer aktuellen Berichterstattung der Vorrang einzuräumen. Das beruht auf der Überlegung, dass derjenige, der den Rechtsfrieden bricht und durch diese Tat und ihre Folgen Mitmenschen angreift oder verletzt, sich nicht nur den hierfür verhängten strafrechtlichen Sanktionen beugen, sondern auch dulden muss, dass das von ihm selbst erregte Informationsinteresse der Öffentlichkeit auf den dafür üblichen Wegen befriedigt wird (vgl. BVerfG, Urt. v. 05.06.1973 — 1 BvR 536/72 — NJW 1973, 1227; Beschl. v. 10.06.2009 — 1 BvR 1107/09 — NJW 2009, 3357; BGH, a.a.O.). Entsprechendes gilt für sonstiges — nicht notwendig strafrechtlich relevantes - gravierendes Fehlverhalten.

Mit zunehmender zeitlicher Distanz gewinnt allerdings das Interesse des Täters an Bedeutung, vor einer Reaktualisierung seiner Verfehlung verschont zu bleiben. Einen uneingeschränkten Anspruch darauf, in der Öffentlichkeit überhaupt nicht mehr — unter Nennung des Namens - mit seiner Verfehlung konfrontiert zu werden, erwirbt er aber nicht (BGH, Urt. v. 13.11.2012 — VI ZR 330/11 — MDR 2013, 200 m.w.N.: keine „vollständige Immunisierung vor der ungewollten Darstellung persönlichkeitsrelevanter Geschehnisse"). Denn ein anerkennenswertes Interesse der Öffentlichkeit kann auch an der Möglichkeit bestehen, vergangene zeitgeschichtliche Ereignisse anhand der unveränderten Originalberichte in den Medien zu recherchieren. Dementsprechend nehmen die Medien ihre Aufgabe, in Ausübung der Meinungsfreiheit die Öffentlichkeit zu informieren, auch dadurch wahr, dass sie nicht mehr aktuelle Veröffentlichungen für interessierte Mediennutzer verfügbar halten (BGH, a.a.O.).

Dem Betroffenen steht deshalb nicht schon aufgrund des Zeitablaufs das Recht zu, die Entfernung oder zumindest die Anonymisierung eines solchen Berichts zu verlangen. Vielmehr ist stets maßgeblich, in welchem Ausmaß das Persönlichkeitsrecht im Einzelfall von der Berichterstattung beeinträchtigt wird, wobei es für die Intensität der Beeinträchtigung auch auf die Art und Weise der Darstellung, insbesondere auf den Grad der Verbreitung des Mediums ankommt (vgl. BGH, a.a.O.; BVerfG, Beschl. v. 25.11.1999 — 1 BvR 348/98 — NJW 2000, 1859; Beschl. v. 10.06.2009 — 1 BvR 1107/09 — NJW 2009, 3357).

c)

Nach diesen Grundsätzen tritt das Persönlichkeitsrecht des Klägers hinter dem von der Beklagten verfolgten lnformationsinteresse der Öffentlichkeit und ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung zurück. Im Ergebnis war nicht nur das Einstellen des beanstandeten Beitrags ins Internet, sondern auch dessen weiteres Bereithalten auf der lnternetseite zum Abruf - als einheitlicher Publikationsvorgang (BGH, Urt. v. 15.12.2009 — Vl ZR 228/08 — juris) — zulässig.

aa)

Der Beklagten kann weder der Vorwurf einer „unwahren" Berichterstattung noch einer unzureichenden Recherche gemacht werden. Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die streitgegenständliche Berichterstattung insbesondere nicht nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung unzulässig. Sie sind im Streitfall nicht einschlägig.

(1)

Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Verdachtsberichterstattung betreffen Fälle, in denen die Medien sich zu einem (noch) nicht sicher feststellbaren — nicht notwendig strafrechtlich relevanten ­Fehlverhalten äußern (vgl. dazu Senat, Urt. v. 05.10.2016 — 5 U 3/16 — AfP 2017, 65; OLG Hamburg, OLGR Hamburg 2008, 528; Lehr, NJW 2013, 728). Hierüber darf berichtet werden, wenn es um eine die Öffentlichkeit berührende Angelegenheit geht und ein Mindestbestand an Beweistatsachen vorliegt, der es möglich erscheinen lässt, dass sich die Wahrheit der Annahmen herausstellt. Dem Rezipienten ist die Unsicherheit der Sachlage offenzulegen. Das berichtende Medium muss sich mit gründlicher „pressemäßiger" Sorgfalt von der Wahrheit, dem Inhalt und der Herkunft des Verdachts überzeugt haben, und zwar umso sorgfältiger, je schwerer der Vorwurf ist (vgl. BGH, Urt. v. 3.5.1977 — VI ZR 36/74 — BGHZ 68, 331; Urt. v. 12.5.1987 — Vl ZR 195/86 — NJW 1987, 222). Vor der Veröffentlichung ist dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, damit er in die Lage versetzt wird, den im Raum stehenden Verdacht zu entkräften.

Allerdings wurde im Streitfall nicht über einen Verdacht berichtet. Berichtet wurde vielmehr über den unstreitigen Facebook-Post unter dem Namen „.S.", dessen unstreitiger Inhalt in dem Beitrag wörtlich wiedergegeben worden ist. Mithin stand kein Verdacht im Raum, bezüglich dessen die Gefahr, etwas Falsches zu berichten, bestanden hätte, welcher die Beklagte durch sorgfältige Nachforschungen hätte begegnen müssen. ln der Sache gab es nichts weiter zu erfragen.

Der Beklagten oblag es unter dem Gesichtspunkt der pressemäßigen Sorgfalt auch nicht, Recherchen zu der Identität des Verfassers anzustellen. Sie hatte insbesondere keinerlei Veranlassung daran zu zweifeln, dass sich über den Facebook-Account auch tatsächlich die berechtigte Person geäußert hatte (vgl. insoweit auch OLG Frankfurt, ZUM 2017, 875; J. Lange in juris-PK-BGB, 8. Aufl. 2017, § 823 Rdn. 53 zu der Annahme einer tatsächlichen Vermutung für ein persönliches Handeln des Account-Inhabers, den eine sekundäre Darlegungslast dazu treffen soll, wer an seiner Stelle unter welchen Umständen auf seinen Account Zugriff hatte). Ihr kann deshalb nicht vorgeworfen werden, sie habe dadurch ihre Recherchepflichten verletzt, dass sie eine Kontaktaufnahme zu dem Kläger zur Klärung dessen Identität unterlassen hat.

(2)

Dessen ungeachtet ist der Senat nach der persönlichen Anhörung des Klägers von dessen Urheberschaft überzeugt. Danach spricht nichts dafür, dass der Facebook-Account des Klägers gehackt oder dessen Passwort von einem Dritten ausgespäht worden sein könnte. Schon auf der Grundlage der eigenen Schilderung des Klägers kann nicht angenommen werden, dass die streitgegenständliche Äußerung dem Kläger untergeschoben worden ist (vgl. zur Verletzung des Persönlichkeitsrechts durch das Unterschieben von Äußerungen BVerfG, Beschl. v. 26.06.1990 — 1 BvR 776/84 — NJW 1991, 91; Beschl. v. 3.6.1980 — 1 BvR 185/77 — NJW 1980, 2070; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.09.2015 — 1-16 U 120/15 — juris). Nach dem Eindruck, den der Senat in der persönlichen Anhörung des Klägers gewonnen hat, spricht vielmehr alles dafür, dass er den streitgegenständlichen Post selbst verfasst hat.

So hat der Kläger angegeben, sein früherer Geschäftspartner — gemeint ist der im beigezogenen Ermittlungsverfahren 29 UJs 118/14 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken genannte 0. B. — habe ihn auf einen Eintrag im Internet aufmerksam gemacht, in welchem er als „rechtsradikaler Rassist und als fremdenfeindlich" auftrete, und habe ihm gedroht, nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten zu wollen, wenn über ihn „so etwas im Internet stehe". Dennoch hat der Kläger auf Frage des Senats nicht einmal sicher sagen können — oder wollen? -, ob er sich in dieser Situation selbst über einen solchen Eintrag vergewissert habe. Stattdessen hat er zunächst lediglich angegeben, er „glaube schon" nachgesehen zu haben, ob es den streitgegenständlichen Post tatsächlich gebe. Es erscheint allerdings völlig lebensfremd, dass der Kläger sich nicht unmittelbar selbst von Existenz und lnhalt eines solchen Eintrags überzeugt haben sollte. Das wäre nur damit zu erklären, dass er genau wusste, dass er im Internet als „rechtsradikaler Rassist und als fremdenfeindlich" aufgetreten war. Erst mit Verzögerung ist dann die — mit Blick auf die erste spontane Reaktion nicht verständliche - Erklärung des Klägers gefolgt, er habe „natürlich nachgeschaut", aber bei seiner Recherche nichts gefunden.

In der Folge will der Kläger sich zwar mit mehreren Schreiben an Facebook gewandt haben, ohne aber auch nur ansatzweise nachvollziehbar darlegen zu können, mit welchem konkreten Anliegen. Auf entsprechende Frage des Senats hat er zunächst mit der Gegenfrage „was soll man da hin schreiben?" reagiert, um diese dann selbst mit dem Hinweis zu beantworten, er habe wohl mitgeteilt, dass ein Namensmissbrauch vorliege und habe um Aufklärung gebeten. Erst auf weitere Frage hat er angegeben, es könne sein, dass er auch darum gebeten habe, dass „irgendetwas gelöscht" werde.

Dass der Kläger nicht präsent haben könnte, welche konkreten Nachforschungen er in dieser ihn nach eigener Darstellung erheblich belastenden Situation angestellt und mit welcher Zielsetzung er an Facebook herangetreten sein will, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Die angeblichen Schreiben, auf die er keine Antworten erhalten haben will, hat er im vorliegenden Rechtsstreit nicht vorgelegt; ebenso wenig — entgegen seiner schriftsätzlichen Ankündigung (Bl. 68 d.A.) — die angeblichen Schreiben an den Datenschutzbeauftragten. Der Senat hat Zweifel, ob es diese überhaupt gibt.

Auch die weitere Frage des Senats, ob er nach Kenntniserlangung von dem streitgegenständlichen Post etwas an seinen Zugangseinrichtungen zu Facebook geändert habe, hat der Kläger nicht klar beantwortet, sondern hat lediglich angegeben, das „wahrscheinlich" getan zu haben; er glaube schon, dass er sein Passwort geändert habe, vielleicht zwei Zahlen. Hätte der Kläger aber tatsächlich selbst das Unterschieben von Äußerungen durch einen Dritten mutmaßen müssen, hätte nichts näher gelegen als das sofortige Ändern des Passworts, um weitere Aktionen Dritter wirksam zu verhindern. Dass der Kläger sich an eine solche Maßnahme nicht erinnern will, spricht deshalb dafür, dass sie tatsächlich ­wegen eigener Urheberschaft - nicht notwendig gewesen ist. Tatsächlich hat er bei seiner zeugenschaftlichen Vernehmung vom 14.10.2014 noch angegeben, sein Passwort bislang — mithin drei Monate nach der streitgegenständlichen Veröffentlichung — noch nicht geändert zu haben (BI. 18 der Ermittlungsakte).

Insgesamt kann der Senat sich dieses ausweichende Antwortverhalten des Klägers nur damit erklären, dass dieser nicht schlicht die Wahrheit sagte, sondern bemüht war, jegliche Festlegung zu vermeiden, die sich später als falsch herausstellen könnte.

Auch aus anderen Gründen lag der Verdacht eines Handelns (konkreter) Dritter fern.

Schon in seiner persönlichen Anhörung durch das Landgericht in dem Parallelverfahren hat der Kläger hinsichtlich einer möglichen Urheberschaft auf seinen früheren Geschäftspartner 0. B. verwiesen, von dem er einen Betrag von 150.000 € eingeklagt habe. Dieser habe ihn auf den streitgegenständlichen Pressebeitrag hingewiesen und versuche nun, die eingeklagte Forderung mit dem Vorwurf zu drücken, der Kläger sei wegen der Verlinkung des Beitrags mit der Unternehmensseite der Firma B. & Partner in E. auch für eine massive Schädigung deren Rufs verantwortlich. Diesen Verdacht hat der Kläger auch bei seiner persönlichen Anhörung durch den Senat wiederholt. Abgesehen davon, dass nicht nachvollziehbar erscheint, wie dieser Geschäftspartner an das Passwort für den Facebook-Account des Klägers gelangt sein soll — nach den eigenen Angaben des Klägers gab es nie eine räumliche Zusammenarbeit (BI. 232 d.A.) -, erscheint durchaus verständlich, dass dieser „verärgert" (vgl. BI. 8 des Ermittlungsverfahrens) reagiert haben soll, nachdem er durch die Verlinkung in dem Pressebeitrag selbst mit der streitgegenständlichen Äußerung in Verbindung gebracht worden war. Dass dies geeignet war, auch den Ruf des Geschäftspartners und dessen Unternehmens massiv zu schädigen, bedarf keiner näheren Begründung. Unter diesen Umständen liegt nahe, dass der von dem Kläger behauptete Versuch des Geschäftspartners, die geltend gemachte Forderung zu „drücken", mit Blick auf mögliche geschäftsschädigende Folgen für dessen Unternehmen schlicht die - verständliche - Folge der streitgegenständlichen Äußerung des Klägers gewesen ist.

Gegen ein gezieltes Unterschieben der streitgegenständlichen Äußerung durch den Geschäftspartner B. spricht auch, dass der Kläger schon im Ermittlungsverfahren 29 UJs 118/14 der Staatsanwaltschaft Saarbrücken selbst angegeben hat, dass es zu dieser Zeit keine Probleme mit dem Geschäftspartner gegeben habe. Noch am 14.10.2014 hat er angegeben, sich mit Herrn B. „ganz gut" zu verstehen; auch die Zusammenarbeit sei „eigentlich ganz gut". Herr B. habe den Vorfall zwar nicht gut gefunden, aber nicht zum Anlass genommen, dem Kläger den Vertrag zu kündigen (BI. 19 der Ermittlungsakte).

Mit dieser Schilderung ist allerdings nicht zu vereinbaren, dass der Kläger in seiner persönlichen Anhörung durch den Senat angegeben hat, Herr B. habe ihm schon im Februar/März 2014 — also bereits Monate vor der streitgegenständlichen Berichterstattung - gedroht, dass er ihn im Falle einer Klageerhebung „fertigmachen" wolle. Der Senat wertet diese Behauptung und die widersprüchlichen Schilderungen des persönlichen und geschäftlichen Verhältnisses als Versuch des Klägers, den Geschäftspartner weiterhin als möglichen Urheber des streitgegenständlichen Posts darzustellen.

Entgegen der Ansicht des Klägers sind auch die von ihm vorgelegten Internetbeiträge — „Wegen Mordaufruf: Empörter E. S. zeigt sich selbst an — Das ist ein E. S." (Bl. 36 ff. des Parallelverfahrens) und „Kennt ihr E. S., den Vollhonk?" (BI. 7 d.A.) — nicht geeignet, die Vermutung zu begründen, ein ihm feindlich gesonnener Dritter habe den Eintrag mit Schädigungsabsicht verfasst. Die vorgenannten Internetbeiträge stammen aus Mai 2015 und damit aus der Zeit nach der Veröffentlichung des streitgegenständlichen Beitrags. Beide Beiträge beziehen sich ausdrücklich auf den Blog des Klägers, in welchem dieser seine Sicht der Dinge schildert, und stellen infrage, dass es sich bei dem Kläger tatsächlich um ein „Opfer" handelt. Der erstgenannte Beitrag argumentiert anhand weiterer Beiträge des Klägers aus dem lnternet ausführlich, aus welchen Gründen auch der streitgegenständliche Post dem Kläger zuzurechnen sein müsse.

Tatsächlich spricht für die Urheberschaft des Klägers, dass die erwähnten Interneteinträge hinsichtlich der Ausdrucksweise und der aus ihnen sprechenden Geisteshaltung durchaus mit dem streitgegenständlichen Post auf einer Linie liegen. Soweit diese zwischenzeitlich aus dem Internet entfernt worden sind, lassen sich aus den Reaktionen anderer Teilnehmer der Diskussionsforen ohne Weiteres eindeutige Rückschlüsse auf ihren Inhalt ziehen. Auf die entsprechenden Vorhalte des Senats ist der Kläger bei seiner Anhörung weit überwiegend im Vagen geblieben und hat seine jeweilige Urheberschaft — jedenfalls zunächst ­nicht rundweg verneint, sondern statt dessen vorgegeben, sich nicht mehr erinnern zu können. Der Senat ist davon überzeugt, dass auch die übrigen Interneteintragungen vom Kläger stammen.

Dabei handelt es sich zum einen um einen Eintrag vom 12.09.2013 in einem Trauerbuch, in welchem sich ein E. S. mit folgenden Worten an die Familie einer getöteten jungen Frau richtet (BI. 83 d.A.):

„Sehr geehrte Familie K.,

als Vater zweier Töchter und einfach als Mensch bin ich sehr traurig über solche Vorfälle. Aber noch viel mehr bin ich wütend. Diese Wut wächst beständig. Wut auf den Hasskult solcher Unmenschen. Wut auf unsere Justiz. Wut auf unsere Politikerdarsteller, die eine ganze Welt umkrempeln und die Heuchelmaschine anwerfen, wenn einem Mohammedaner ein Haar gekrümmt wird aber für dahingemeuchelte Deutsche nur eiskalte Ignoranz übrig haben.

Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute, Kraft und Trost, wo immer Sie diesen finden, im Glauben, oder Halt in der Familie oder bei Freunden. Anbieten möchte ich Ihnen ganz ernsthaft meine Hilfe - gleich welcher Art. Was ich tun kann, werde ich für Sie tun.

Herzliche Grüße

E. S."

Auf den Vorhalt des Senats hat der Kläger mit der Erklärung reagiert, er glaube nicht, das geschrieben zu haben; das entspreche nicht so seiner Art. Der Senat hält für fernliegend, dass der Kläger tatsächlich nicht wusste, ob er diesen Eintrag verfasst hat oder nicht. Der Senat hält es ferner für gänzlich fernliegend, dass ein Dritter diesen Eintrag in Schädigungsabsicht verfasst und unter dem Namen des Klägers ins Internet eingestellt haben sollte. Auf Frage des Senats hat der Kläger angegeben, tatsächlich zwei Töchter zu haben; mittlerweile seien es drei.

Dem Kläger ist ferner die an eine Frau S. gerichtete Eintragung eines D. G. vom 05.05.2014 um 11:23 Uhr (BI. 57/58 des Parallelverfahrens) vorgehalten worden, in welcher es - auszugsweise - wie folgt heißt:

„mit diesem Artikel dürften Sie von denjenigen, die sich für die einzigen Denkenden halten, in die rechte Ecke gestellt werden. ... Meine Erwartungen haben sich (leider) erfüllt: Selbst wenn sich gewisse Mediengockel selbstkritisch geben — eine echte Öffnung der Positionen für eine Diskussion ist nicht zu beobachten. Im Gegenteil: der geistige Kalkfelsen wächst eher. Sowohl die Autoren als auch die Kommentatoren versuchen, das alte Rechts-Links-Schema festzuschreiben und einzubetonieren — mit dem Argument, linkes Denken als „analytisch-ironisch und rechtes Denken „irrational" zu klassifizieren. ... Nun ließe sich leicht nachweisen, dass das Argument „irrational" nicht nur wertlos ist, weil es einschlägige Richtungen auf jede unliebsame Meinung anzuwenden pflegen, meist, indem die von den „Rechten" vorgetragenen Daten marginalisiert oder als Fieberträume ressentimentgeladener Kleinbürger diagnostiziert. ... Der Vorwurf, die Rechte oder der Rechtspopulismus argumentiere irrational, ist allerdings selbst von irrationalen Ängsten durchsetzt, versucht er doch dadurch eine Debatte zu vermeiden, deren Ausgang offen ist und eventuell zur Aufgabe einiger Positionen zwingen würde. Dies will man aber ganz und gar nicht (was den Islam betrifft, wird sogar B. T. zu den Rechtspopulisten oder zumindest den „Panikmachern" gezählt): Diese von einschlägigen Journalisten und ihren Claqeuren angewandte Methode ist eher ein Indiz dafür, dass diese Zeitgenossen sich innerlich (also emotional-irrational) immer mehr zu einer totalitären Staatsform hingezogen fühlen, die sie hierzulande — unter den hübschen nichtssagenden Vokabeln Gerechtigkeit, Toleranz etc — gern verwirklicht sehen wollen. Diese Herrschaften sind es auch, die das geistige Umfeld für die Vernichtungstrupps von Gegenmeinungen bereiten: In Hamburg habe ich z.B. Aufkleber der ... Antifa gesehen, auf dem in der hierfür typischen Papageiensprache u.a. gedruckt steht: „Rechtspopulismus stoppen". Dieser wird dann — „analytisch" mit Rassismus gleichgesetzt".

Ebenso der hierzu unter dem Namen E. S. am 06.05.2014 um 01:48 Uhr verfasste Kommentar: „Wundervoll auf den Punkt gebracht. Danke." (Bl. 58 des Parallelverfahrens). Auf die Frage des Senats, ob dieser Kommentar von ihm stamme, hat der Kläger zunächst erklärt, sich daran nicht erinnern zu können. Erst die weitere Frage, ob er ausschließen könne, das geschrieben zu haben, hat der Kläger bejaht, verbunden mit dem Hinweis, er würde so etwas nicht einmal lesen. Das nimmt der Senat dem Kläger ebenso wenig ab wie den zunächst unternommenen Versuch, sich auf eine Erinnerungslücke zu berufen. Hinzu kommt auch insoweit, dass nichts dafür spricht, dass der Eintrag von einem dem Kläger feindlich gesonnenen Dritten verfasst worden sein könnte.

Nichts anderes gilt für die Reaktion des Klägers auf die ihm vorgehaltenen Einträge einer Frau R. P. vom 04.04.2014, 00:55 Uhr und 13:00 Uhr, jeweils gerichtet an „Herrn S.", mit folgendem Inhalt (BI. 61/62 des Parallelverfahrens):

„Was bezeichnen Sie als Kloake? Ich lebe in Offenbach am Main. Offenbach hat prozentual die höchste Rate an Ausländern aller deutschen Städte. Ist Offenbach für Sie eine „Kloake" oder wie darf ich Sie verstehen?"

und

„Ich habe niemanden beleidigt. Habe lediglich meine Gedanken zur Bedeutung in meiner Muttersprache von „con" geäußert. Da fing Herr C. an zu heulen. Mein Fazit: Es ist hier nicht möglich, Gedanken zu äußern, die den Ihren widersprechen, ohne mit Dreck beworfen zu werden. Ihnen fehlen offensichtlich die Argumente, deswegen rotzen Sie hier rum, beleidigen und diffamieren. Sie, P. (von dem Sie dies lernen) und lhresgleichen sind die Plage dieses Landes. Sonst niemand."

Auch insoweit hat der Kläger auf den Vorhalt durch den Senat seine Beteiligung an einem solchen Gedankenaustausch nicht rundweg bestritten, sondern lediglich angegeben, das alles sage ihm überhaupt nichts. Die beiden Einträge lassen nicht nur den Schluss zu, dass der Kläger sich in fremdenfeindlicher Weise geäußert und dabei Andersdenkende mit beleidigenden Worten angegriffen hat. Der letzte Eintrag stellt sogar unmittelbar den Zusammenhang zu entsprechenden Äußerungen des Klägers auf dem Facebook-Account P.s her.

Dass die Einträge des Klägers hier wie dort gelöscht sind, hat der Kläger nicht erklären können. Dass ein den Kläger durch die Eintragungen gerade schädigen wollender Dritter für die Löschung verantwortlich sein sollte, erscheint nicht plausibel. Der Senat hält vielmehr für naheliegend, dass der Kläger sowohl den streitgegenständlichen Post als auch die übrigen Einträge — möglicherweise unter Inanspruchnahme der Hilfe des Cousins, der ihn auch bei der Einrichtung seines Blogs unterstützt haben soll — selbst gelöscht hat, nachdem er von seinem Geschäftspartner darauf aufmerksam gemacht worden war, dass er mit dem streitgegenständlichen Post in der Wahrnehmung Dritter „über das Ziel hinausgeschossen" war. In diesem Zusammenhang ist auch die ebenfalls vage Angabe des Klägers zu würdigen, natürlich nicht ausschließen zu können, sich einmal mit anderen im Internet über irgendwelche Themen ausgetauscht zu haben, aber „nie auf diese Art und Weise". Dass er auch die auf einen solchen Austausch abzielende Frage nicht klar beantworten konnte, glaubt der Senat dem Kläger nicht. Bezeichnenderweise hat er auch auf — von ihm für möglich gehaltene — „harmlose" Äußerungen im Internet nicht verweisen können.

Der Senat hat aus all diesen Gründen keine Zweifel daran, dass der Kläger selbst den streitgegenständlichen Post verfasst hat.

bb)

Entgegen der Ansicht des Klägers überwiegt das Interesse der Beklagten und der Öffentlichkeit an einer identifizierenden Berichterstattung gegenüber dem Interesse des Klägers, nicht namentlich genannt zu werden. Das Ergebnis der Abwägung fällt auch hinsichtlich des weiteren Bereithaltens des Beitrags im Online-Archiv der Beklagten nicht anders aus.

Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit auch ohne Nennung „seines" vollen Namens habe gerecht werden können.

Da es zur Aufgabe der Presse gehört, Verfehlungen — auch konkreter Personen ­aufzuzeigen, darf sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben nicht grundsätzlich auf eine anonymisierte Berichterstattung verwiesen werden (vgl. BGH, Urt. v. 13.11.2012 ­VI ZR 330/11 — MDR 2013, 151; Urt. v. 30.10.2012 — VI ZR 4/12 — NJW 2013, 229; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.09.2015 — 1-16 U 129/15 — juris; OLG Köln, AfP 2014, 155). Mit Blick auf die Kontrollfunktion der Presse, die Öffentlichkeit berührende Missstände ans Licht zu holen und zur Diskussion und weiteren Aufklärung zu stellen, erscheint die personalisierte Darstellungsweise im Streitfall als ein durchaus zulässiges Mittel, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf den Missstand von Hassbotschaften im Internet zu lenken (vgl. allg. zu dem lnteresse an einer Personalisierung Löffler, Presserecht, 6. Aufl. 2015, § 6 Rdn. 30, 47).

Entgegen der Ansicht des Klägers war auch weder mit der Einstellung des streitgegenständlichen Berichts auf der Webseite der Beklagten eine unzumutbare Beeinträchtigung des Klägers verbunden, noch ergibt sich eine solche unter den konkreten Umständen des Einzelfalls aus der weiteren Bereiterhaltung zum Abruf in deren Online-Archiv.

ln diesem Zusammenhang muss der Kläger sich insbesondere entgegen halten lassen, dass er selbst aus freien Stücken durch das Absetzen des streitgegenständlichen Posts auf die Facebook-Seite P.s an die Öffentlichkeit gegangen und deshalb von dem streitgegenständlichen Pressebeitrag nicht in seiner Intim- oder Privatsphäre, sondern lediglich in seiner Sozialsphäre betroffen ist (vgl. Spindler, Durchbruch für ein Recht auf Vergessen(werden)?, JZ 2014, 981; allg. zu dem geringeren Schutzniveau in der sog. Sozialsphäre BGH, Urt. v. 27.09.2016 — Vl ZR 250/13 — NJW 2017, 482), in welcher er sich gegenüber einer individualisierenden Berichterstattung nur noch mit geringerem Gewicht auf sein allgemeines Persönlichkeitsrecht berufen kann (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.06.2009 — 1 BvR 1107/09 — juris; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.09.2015 — 1-16 U 120/15 — juris zu dem Fall, dass der Betroffenen sich „freiwillig seiner Anonymität begeben hat).

Da der streitgegenständliche Pressebeitrag sich auf die schlichte Wiedergabe des des klägerischen Posts beschränkt und diese mit der „gediegeneren Ausdrucksweise" auf der Website des Unternehmens vergleicht, kann auch weder eine unzulässige Anprangerung noch einer diffamierende Schmähung angenommen werden.

Zugunsten der Beklagten fällt ferner ins Gewicht, dass trotz des Zeitablaufs ­jedenfalls derzeit noch — weiterhin ein lnteresse der Öffentlichkeit an der streitgegenständlichen Berichterstattung in der ursprünglichen Form — unter Nennung des Namens des Klägers — besteht (vgl. hierzu BGH, Urt. v. 13.11.2012—  VI ZR 330/11 — MDR 2013, 151; Urt. v. 30.10.2012 — VI ZR 4/12 — NJW 2013, 229; Urt. v. 22.02.2011 — Vl ZR 346/09 — juris; OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.09.2015—  1-16 U 120/15 — juris). Unstreitig führt eine Google-Recherche mit dem Namen des Klägers nämlich nicht lediglich zu den Pressebeiträgen des vorliegenden Verfahrens und des Parallelverfahrens, sondern zu weiteren Pressebeiträgen aus September 2015 und Januar 2016, die sich mit der streitgegenständlichen Berichterstattung und mit der Strafverfolgung der von dem Kläger beanzeigten Journalistin auseinandersetzen, die Verfasserin des streitgegenständlichen Pressebeitrags ist. Der Kommentar „Justiz und Chauvinismus — Nach einem frauenfeindlichen Kommentar auf der Facebook-Seite von A. P." in der NRhZ­ONLINE der Neuen Rheinischen Zeitung befasst sich insbesondere auch mit dem „zivilrechtlichen Versuch" des „mutmaßlich Ertappten seine Schmäh aus dem Netz zu bekommen". Das belegt die fortbestehende Aktualität der streitgegenständlichen Berichterstattung, die für interessierte Nutzer recherchierbar bleiben muss.

Mit einer unzumutbaren Beeinträchtigung des Klägers ist die weitere Bereithaltung des streitgegenständlichen Beitrags in dem Online-Archiv der Beklagten (noch) nicht verbunden. Das folgt nach den oben dargelegten Grundsätzen schon aus der eher geringen Breitenwirkung einer Veröffentlichung auf einer als passive Darstellungsplattform gestalteten Website, die typischerweise nur von solchen interessierten Nutzern zur Kenntnis genommen wird, die sich durch eine gezielte Recherche informieren (BGH, Urt. v. 13.11.2012 — VI ZR 330/11 — MDR 2013, 151).

Dass das Persönlichkeitsrecht des Klägers aufgrund der Seltenheit seines Namens und der Verlinkung zu seiner Unternehmenswebsite — insbesondere auch mit Blick auf die sich aus dem Einsatz von Suchmaschinen ergebenden technischen Möglichkeiten — in besonderem Maße beeinträchtigt sein mag, hat er wegen seines Vorverhaltens hinzunehmen.

4.

Mangels rechtswidrigen Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers kann auch der hierauf gestützte Anspruch auf Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten keinen Erfolg haben.

5.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision wird nicht zugelassen. Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.

Den Streitwert des Berufungsverfahrens setzt der Senat — mit dem Landgericht (Bl. 115 d.A.) — auf 13.000 € fest.