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LG Düsseldorf, Urteil vom 19.04.2016, Az. 6 O 226/15

Leitsätzliches

Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht Unterlassung der Äußerung "Ich habe immer klar gesagt, dass Katar ein Krebsgeschwür des Weltfußballs ist." verlangen. Diese Aussage ist nach Auffassung des Gerichts durch die im Grundgesetz in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 gewährte allgemeine Meinungsfreiheit gerechtfertigt.

Landgericht Düsseldorf

Urteil

Entscheidung vom 19. April 2016

Az.: 6 O 226/15

 

In dem Rechtsstreit...

für Recht erkannt:

 

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

T a t b e s t a n d

Die Klägerin ist der offizielle Fußballverband des Staates Katar und Mitglied der FIFA. Es handelt sich um einen rechtsfähigen, gemeinnützigen Verein nach dem Recht des Staates Katar, deren Mitglieder Fußballvereine, Sportvereine mit Fußballabteilung und bis zu fünf natürliche Personen, die für den Fußball in Katar hervorragende Leistungen erbracht haben, besteht. Vertreten wird die Klägerin durch das “E R “ als Exekutivorgan, das aus dem Präsidenten, dem Vizepräsidenten und drei weiteren Mitgliedern besteht.

Der Beklagte war bis 2012 Präsident des Deutschen Fußballbundes und bis 2015 Mitglied des Exekutivkomitees der FIFA.

Im Zuge der Debatte um die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft im Jahre 2022 an Katar und hiermit in Verbindung stehende Schmiergeldvorwürfe, sowie um eine Neuorientierung der FIFA nach dem Rücktritt des Präsidenten Joseph Blatter gab es mehrere Interviews mit dem Beklagten.

Am 26.04.2013 wurde der Beklagte im Sportteil der FAZ im Rahmen eines Interviews dabei wie folgt zitiert:

„Frage: Beginnen wir mit der Vergangenheitsbewältigung. Das französische Fußballmagazin France Football hat zusammengefasst, wie der Stimmenkauf von Katar für die WM 2022 funktioniert haben soll. [...]. Millionen hier, Millionen da – überall schafft Katar Abhängigkeiten und Einfluss, um demokratische Entscheidungsstrukturen zu umgehen. Können Sie das akzeptieren?

Antwort: Wenn es so ist, wie berichtet wird, kann ich das nicht akzeptieren. Der unendliche Reichtum dieses kleinen Landes Katar breitet sich fast wie ein Krebsgeschwür über den Fußball und den Sport aus. Ich bin ja selbst hin und wieder angesprochen und eingeladen worden. Dieses kleine Land nutzt seine wirtschaftliche Stärke, um Einfluss zu nehmen auf F in der Politik und im Sport. Wenn dann bei der Vergabe der WM am Ende keine sachgerechte, sondern die schlechteste aller möglichen F steht, dann ist das eine große Niederlage für den Fußball. Wie kann man dagegen angehen? Nur durch Distanz zu diesem System und Charakter.“

Des Weiteren gab der Beklagte gegenüber dem Hessischen Rundfunk das nunmehr streitgegenständliche Interview vom 02.06.2015. Dieses Interview von rund sechs minütiger Dauer, befasst sich im Wesentlichen mit der Notwendigkeit und Möglichkeit eines Neuanfangs der FIFA und enthält folgende Passage:

„Reporter: Könnte so ein Neuanfang nicht vielleicht auch dadurch deutlich gemacht werden, dass man die hochumstrittene WM in Katar vielleicht doch nicht so stattfinden lässt, wie sie geplant worden ist? Halten Sie das für möglich, dass das noch zu verhindern ist, jetzt, in dieser neuen Situation?

Y: Das habe ich immer für möglich gehalten und für notwendig. Ich habe immer klar gesagt, dass Katar ein Krebsgeschwür des Weltfußballs ist. Mit dieser Entscheidung hat alles begonnen.

Reporter: Also notwendig und möglich, haben Sie gesagt, auch realistisch, dass es vielleicht doch noch abgesagt wird.

Y: Realistisch ist es so, dass wir immer noch auf die Veröffentlichung des H2-Reports warten. Sie dürfen nicht übersehen, dass die Ethikkommission, die neue, unabhängige, seit knapp einem Jahr die Erkenntnisse, die Ermittlungen von Herrn H2, dem früheren Chefermittler, vorliegen hat und dass auf dieser Grundlage nun Herr F treffen muss. Diese F müssen einfließen in diesen gesamten Reformprozess. Die Öffentlichkeit, die Menschen wollen wissen: Ist das 2010, bei dieser Vergabe Ende 2010 für Katar und für Russland wirklich alles mit rechten Dingen zugegangen? Kann man ein Land, das halb so groß ist wie Hessen, das weltgrößte Fußballereignis anvertrauen? Nein, ich glaube, dass dieser Schritt von heute die Möglichkeit schafft auch diesen Vorgang noch einmal ganz genau aufzuarbeiten und die notwendigen F zu treffen. Für Katar ist zumindestens noch ausreichend Zeit. Die soll ja 2022 stattfinden.“

Dieses Interview wurde anschließend in verschiedenen Publikationen zitiert und steht weiterhin als Podcast zur Verfügung.

Die Klägerin wendet sich mit vorliegender Klage gegen die Äußerung, Katar sei „ein Krebsgeschwür des Weltfußballs“. Deswegen wurde der Beklagte mit dem als Anlage K6 zur Akte gereichten Schreiben vom 10.06.2015 zur Abgabe der als Anlage K7 zur Akte gereichten Unterlassungsverpflichtungserklärung aufgefordert. Dies wurde mit Schreiben vom 29.06.2015 zurückgewiesen (Anlage K9). Mit weiterem Schreiben vom 30.06.2015 (Anlage K10) wurde der Beklagte erneut zur Abgabe einer Unterlassungserklärung (Anlage K11) aufgefordert. Auch dies wurde mit Schreiben vom 03.07.2015 (Anlage K12) zurückgewiesen.

Die Klägerin ist der Ansicht, durch die Äußerung in strafrechtlich relevanter Weise beleidigt worden zu sein. Sie nimmt insoweit Bezug auf das als Anlage K13 zur Akte gereichten Rechtsgutachten des Strafrechtswissenschaftlers Prof. Dr. Dr. h.c.. Ein entsprechender Unterlassungsanspruch ergebe sich dementsprechend aus § 1004 BGB i.V.m. § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB, § 185 StGB. Durch die Äußerung sei sie als rechtsfähiger Verband, sowie auch die einzelnen Mitglieder ihres Exekutivkomitees beleidigt und geschmäht worden.

Sie sei als Fußballverband auch beleidigungsfähig, da der Grundrechtsschutz auch ihr als ausländischer Verband zugutekomme. Der Vergleich mit einem Krebsgeschwür als eine pathologische Zellwucherungen, die auf qualvolle Weise zu einem Auslöschen des Lebens führe, stelle gerade auch in Verbindung mit der Bezeichnung „Geschwür“ in höchstem Maße eine Äußerung der Nicht- oder Missachtung dar, mindestens vergleichbar, mit den in der Rechtsprechung anerkannten Beleidigungen durch Tiervergleiche.

Die Beleidigung richte sich auch gegen sie und nicht gegen den Staat Katar oder die Vergabeentscheidung. Dies folge bereits daraus, dass die Rolle eines Staates im Weltfußball durch den Fußballverband, bezüglich des Staates Katar also durch sie wahrgenommen werde. Weil der Weltfußball in der organisatorischen Gestalt der FIFA sie als einen kleinen Teil enthalte, der sich um die Ausrichtung der WM 2022 beworben hat, bilde sie nach dem objektiven Erklärungswert auch für einen durchschnittlichen Rezipienten das „Krebsgeschwür“. Da sie als juristische Person durch ihre Organe handelt, richte sich die Beleidigung eben auch gegen die Mitglieder ihres Exekutivkomitees.

Demgegenüber könne die Äußerung nicht so verstanden werden, dass sie sich auf das Vergabesystem beziehe. Ein Vergabesystem könne bereits kein Krebsgeschwür darstellen, im Übrigen sei das seit Jahren ausgeübte Vergabesystem auch ohne Kritik. Wenn überhaupt könne nur die Vergabeentscheidung gemeint sein, was indes aus dem objektiven Erklärungsgehalt nicht hervorgehe.

Dass sich diese Äußerung möglicherweise auf das Interview vom 26.04.2013 beziehe, sei eine bloße Schutzbehauptung; im übrigen könne ein über zwei Jahre zurückliegendes Interview bei der Interpretation des streitgegenständlichen Interviews nicht herangezogen werden, könne vom Durchschnittsrezipienten weder eine Kenntnis des früheren Interviews, noch eine Verknüpfung hiermit abverlangt werden.

Die streitgegenständliche Äußerung sei auch nicht aufgrund der Wahrnehmung berechtigter Interessen gerechtfertigt. Ein etwaiges sachliches Anliegen trete jedenfalls hinter ihrer persönlichen Kränkung, Herabsetzung und Diffamierung, vollständig zurück. Die streitgegenständliche Äußerung greife derart in den Kernbereich der Menschenwürde ein, dass sie sachlich nicht mehr gerechtfertigt sei. Selbst wenn sie vom Schutzbereich des Art. 5 GG umfasst wäre, käme eine Wahrnehmung berechtigter Interessen deswegen nicht in Betracht, weil der würdeverletzende Vergleich mit einem Krebsgeschwür bereits aus der Form der Äußerung und den Umständen hervorgehe, unter welchen sie geschah. Es handele sich mithin um eine durch nichts zu rechtfertigende Schmähkritik.

Letztlich fehle es auch an einer ausreichenden Tatsachengrundlage, aufgrund dessen die streitgegenständliche Bezeichnung gerechtfertigt gewesen wäre. Für die bloßen Gerüchte, sich die Vergabe der Weltmeisterschaft 2022 durch Korruptionshandlungen erschlichen zu haben, fehle es an jedem Beweis. Im Übrigen, so behauptet die Klägerin, stehe der Beklagte selbst aufgrund der Vergabe der Fußballweltmeisterschaft 2006 nach Deutschland unter Korruptionsverdacht und versuche lediglich durch die vorliegende Äußerung, den Fokus auf die Klägerin zu richten und sich selbst zu profilieren bzw. von den Vorwürfen gegen seine Person abzulenken.

Im nachgelassenen Schriftsatz vom 08.04.2016 nimmt die Beklagte Bezug auf einen am 04.03.2016 veröffentlichten, internen Untersuchungsbericht der Kanzlei M  zur Vergabe der WM 2006 nach Deutschland und behauptet, der Beklagte habe spätestens seit Mai 2005 Kenntnis von Unregelmäßigkeiten bei der WM-Vergabe nach Deutschland gehabt, namentlich von einer vermeintlichen Zahlung des Organisationskomitees an die FIFA in Höhe von umgerechnet 6,7 Mio. Euro über ein „verschleiertes“ Darlehen des damaligen Adidas-Vorstandsvorsitzenden V.J sei jedenfalls bekannt gewesen, dass bei der von J veranlassten Rückzahlung ein falscher Zahlungszweck angegeben worden sei, um offensichtlich einen anderen Verwendungszweck zu verschleiern. Der dahinterstehende Verdacht eigener Korruptionshandlungen solle nunmehr durch die streitgegenständliche Äußerung und das hiesige Verfahren wiederum verschleiert werden, indem durch die streitige Beleidigung als „Krebsgeschwür“ nicht nur der Fingerzeig auf sie gerichtet werde, sondern auch, um durch dem mit dem Wort eines metastasierenden Geschwürs immanenten Tatsachenkern, „mit dieser Entscheidung“ habe alles „angefangen“ Nachdruck zu verschaffen. Denn mit diesem Vergleich sei untrennbar auch die unwahre Tatsachenbehauptung verknüpft, dass durch die Vergabe der Weltmeisterschaft nach Katar die Korruption Einzug in der FIFA gefunden habe. Aufgrund dessen und der Unwahrheit dieser Aussage, handele es sich bereits um Schmähkritik. Im Übrigen sei dadurch aber auch die wahre Intention des Beklagten erkennbar, nämlich die Ablenkung von eigenem Fehlverhalten durch sog. „Sündenbockprojektion“. Die Wahrnehmung berechtigter Interessen sei nicht einmal ein Nebenzweck des Beklagten gewesen.

Die Klägerin beantragt daher,

dem Beklagten bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre), zu untersagen, zu äußern bzw. zu verbreiten und/oder zu äußern bzw. verbreiten zu lassen, dass „Katar ein Krebsgeschwür des Weltfußballs ist“, wenn dies geschieht, wie in der Berichterstattung auf der Website von „n-tv“ seit 03.06.2015 (http://www.n-tv.de/sport/fussball/16-00-Was-passiert-jetzt-mit-Blatter-article15221781.html“; „Lifeticker zu Blatters Rücktritt“) und in dem Interview beim Hessischen Rundfunk vom 03.06.2015, abrufbar unter www.hr-online.de/website/radio/hr-info/index.jsp.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, der Klägerin fehle es bereits an der Aktivlegitimation, da sie von der streitgegenständlichen Äußerung nicht angesprochen worden sei. Dem durchschnittlichen Rezipienten des Interviews sei in der Regel nicht einmal bekannt, dass der Staat Katar Mitglied der FIFA sei bzw. über einen Fußballverband verfüge. Vielmehr verbinde der durchschnittliche Hörer mit der Verwendung des Begriffs „Katar“ ausschließlich das staatliche Gebilde. Dementsprechend habe auch zunächst der Staat Katar mit dem als Anlage K6 beigefügten Schreiben zur Unterlassung aufgefordert.

Im Übrigen fehle es auch einer Individualisierung auf einzelne Personen oder Personengruppen dergestalt, dass die Grenze zu einer persönlichen Ehrverletzung überschritten sei, so dass es der Klägerin jedenfalls an einer Beleidigungsfähigkeit fehle. Die Ausführungen beschrieben im Gesamtzusammenhang des in Rede stehenden Interviews vielmehr eine Wechselwirkung unterschiedlichster Faktoren im Sinne eines „Systems Katar“. Es handele sich hierbei um eine Machtkritik, da die Klägerin mit dem Staat Katar verknüpft sei und im Rahmen eines „Systems Katar“ versucht werde, den reichen Wüstenstaat Katar durch geldgesteuerte Wettbewerbsverzerrung bei gleichzeitiger Missachtung der Menschenrechte im eigenen Land über den Sport zu weltweiter Anerkennung zu verhelfen.

Aufgrund dieser Umstände sei er, der Beklagte, berechtigt und verpflichtet gewesen die Reformarbeit bei der FIFA als Mitglied des Exekutivkomitees zu beginnen und die sichtbar gewordenen Missstände, insbesondere die Vergabe nach Katar, deutlich anzuprangern. Der Begriff „Katar“ sei dabei lediglich plakativ für dieses System verwandt worden. Letztlich müsste man die Äußerung im Gesamtzusammenhang sehen, so insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Interview in der FAZ vom 26.04.2013. Demgemäß sei der Begriff „Krebsgeschwür“ lediglich zur Darstellung einer unerwünschten und zerstörerischen Entwicklung in der Gesellschaft genutzt worden, nämlich bezogen auf die Hintergründe zur Vergabe der Fußballweltmeisterschaft nach Katar und der Befürchtung einer bedenklichen Einflussnahme durch massiven Kapitaleinsatz in alle Bereiche, auch außerhalb des Fußballs. Es sei ausschließlich um die Anprangerung der Entwurzelung des Sports von seinen ethnischen Grundlagen durch ausufernden Kommerz und Missachtung von Regeln gegangen. In diesem Zusammenhang handele es sich auch nicht um eine Schmähkritik, da sachliche Anliegen im Vordergrund stünden.

Im Übrigen könne sich nach Ansicht des Beklagten die Klägerin als ausländische juristische Person gemäß Art. 19 Abs. 3 GG schon nicht auf den Ehrschutz des Art. 5 GG berufen, so dass dieser in einer Interessenabwägung keine Berücksichtigung finden könne.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, sowie der zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I.

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten kein Unterlassungsanspruch bezüglich der streitgegenständlichen Äußerung „Ich habe immer klar gesagt, dass Katar ein Krebsgeschwür des Weltfußballs ist“ aus § 1004 BGB i.Vm. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 185 StGB zu.

1. Dabei kann zunächst dahinstehen, ob eine Institution, wie es die Klägerin ist, beleidigungsfähig ist und die Klägerin insbesondere aufgrund dessen, dass sie eine Institution aus dem Staate Katar, mithin weder aus der Bundesrepublik Deutschland, noch aus der Europäischen Union stammt, wegen Art. 19 Abs. 3 GG unter den Schutzbereich des § 185 StGB fällt.

Denn selbst wenn dies der Fall ist, wovon die Kammer im Übrigen ausgeht, ändert dies nichts daran, dass die Klage vorliegend unbegründet ist.

Wegen der Beleidigungsfähigkeit der Klägerin sei daher nur kursorisch auf § 194 Abs. 3, 4 StGB verwiesen, aus dem sich ergibt, dass im Unterschied zum „Recht der persönlichen Ehre“ in Art. 5 Abs. 2 GG ein als „Ehre“ im weiteren Sinne geschützter sozialer Geltungswert nicht nur natürlichen Personen zukommt, sondern unabhängig von ihrer Größe auch gewissen Institutionen als solchen. Es besteht kein Anlass, die von § 194 Abs. 3 S. 4 StGB vorausgesetzte Beleidigungsfähigkeit auf öffentliche Institutionen zu beschränken, da dies weder dem heutigen Staats- und Gesellschaftsverständnis noch der Bedeutung entsprechen würde, die außerhalb des öffentlichen Rechts stehende Organisationen inzwischen erlangt haben. Dies gilt umso mehr, als dass die in § 194 Abs. 3 S. 2 StGB neben den Behörden genannten „sonstigen Stellen“ – im Zuge der „Privatisierung der Verwaltung“ von zunehmender Bedeutung – auch Privatrechtsorganisationen sein können, die sich in ihrer Aufgabe und in ihrem Wirken nicht von privaten Institutionen unterscheiden. Auch für sie gilt, dass ihr Wirken in der Gesellschaft nur möglich ist, wenn ihre Tätigkeit nicht diskreditiert wird, weshalb der soziale Geltungswert solcher Kollektivgebilde in gleicher Weise des Schutzes bedarf wie bei Einzelpersonen (Lencker/Eisele, in Schönke/Schröder Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014, Vorbemerkungen zu den §§ 185 ff., Rn. 3-3a). Auf die Rechtsform der Personengesellschaft kommt es dabei nicht an, sofern sie nur einen rechtlich erlaubten Zweck verfolgt und einen einheitlichen Willen bilden kann und in ihrer Existenz nicht vom Wechsel ihrer Mitglieder abhängig ist (Rogall, in Wolter, SK-StGB Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, Vor § 185, Rn. 35 m.w.N.; Hilgendorf, in Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch, 11. Auflage, Vor § 185, Rn. 27). Das Vorliegen diesbezüglicher Voraussetzungen, also die Tatsachen, dass die Klägerin eine Personenvereinigung mit einer rechtlich anerkannten gesellschaftlichen Funktion und der Fähigkeit ist, einen einheitlichen Willen bilden zu können, ist unstreitig. Der diesbezügliche Vortrag der Klägerin, sie sei ein rechtsfähiger gemeinnütziger Verein, wird von Beklagtenseite nicht hinreichend bestritten. Soweit lediglich Zweifel angemeldet werden, ob es im Staatssystem der Monarchie einen Verband mit einer autonomen Meinungsbildung geben kann, genügt dies den Voraussetzungen eines ausdrücklichen Bestreitens im Sinne von § 138 Abs. 3 ZPO nicht.

Im Übrigen ist nicht ersichtlich, wieso vom Schutzbereich des § 185 StGB oder des sich aus § 823 Abs. 1 BGB ergebenden Schutzes des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ausländische juristische Personen nicht umfasst sein sollen. Zwar sieht Art. 19 Abs. 3 GG den Grundrechtsschutz nur für inländische juristische Personen vor, was wegen Art. 18 AEUV ohnehin auch auf europäische juristische Personen zu erstrecken ist (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 04. November 2015 – 2 BvR 282/13, 2 BvQ 56/12, Rz. 9). Diese Einschränkung des Schutzes juristischer Personen vor Eingriffen des Staates hat jedoch keinen Einfluss auf den materiell-rechtlichen Schutz des § 185 StGB oder des § 823 Abs. 1 BGB und dem diesen innewohnenden Ehrschutz im weiteren Sinne. Dass deren Anwendungs- und Schutzbereich auf inländische juristische Personen beschränkt sein soll, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Normen, noch aus den sonstigen Umständen.

2. Auch kann dahinstehen, ob die Klägerin vorliegend Adressat der streitgegenständlichen Äußerung gewesen ist, wobei auch hier indes darauf hingewiesen wird, dass die Kammer insoweit der klägerischen Auffassung folgt, dass die streitbefangene Äußerung gegen sie gerichtet war, mithin eine Betroffenheit und daher Aktivlegitimation ihrerseits besteht.

Da entscheidend für die Frage, ob eine Äußerung eine Kundgabe der Miss- oder Nichtachtung enthält, ihr objektiv innewohnender Sinngehalt ist, also die Frage, wie sie nach Auffassung der beteiligten Kreise zu verstehen ist (Rogall, in Wolter, SK-StGB, Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 185, Rn. 6), muss dies entsprechend auch für die Frage gelten, wer durch eine Äußerung überhaupt angesprochen sein soll, wenn die Aussage, wie vorliegend, unterschiedlich verstanden werden kann.

Der Sinngehalt ist dabei durch Auslegung zu ermitteln, wobei auch die Umstände des Interviews, insbesondere der Kontext zu berücksichtigen ist. Maßgeblich ist dabei, wie ein verständiger Dritter aus dem beteiligten Kreise die Erklärung zu verstehen hat (Regge, in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 185, Rn. 7).

Insoweit schließt sich die Kammer der Auslegung der Klägerin dahingehend an, dass sie, die Klägerin, durch die Äußerung betroffen ist.

a) Dabei sind nach Auffassung der Kammer zunächst frühere Interviews des Beklagten, insbesondere das aus dem Jahr 2013, nicht zu berücksichtigen, da von dem adressierten Rezipientenkreis nicht erwartet werden kann, dass er den Inhalt eines über zwei Jahre zurückliegenden Interviews in einem ganz anderen Medium überhaupt kennt, geschweige denn sich hieran erinnert und durch die Inbezugnahme („Ich habe immer gesagt“), eine Verknüpfung herstellen kann.

Demensprechend ist ausschließlich das gegenständliche Interview vom 02.06.2015 heranzuziehen. Aus diesem ergibt sich die Betroffenheit der Klägerin.

b) Hierfür spricht, insoweit ist der Klägerin zuzusprechen, ganz wesentlich der Sinngehalt der gewählten Metapher, der Vergleich mit einem Krebsgeschwür. Denn die gewählte Metapher hat nur dann eine wirkliche Bedeutung, wenn die Klägerin als Krebsgeschwür und der Weltfußballverband Fédération Internationale de Football Association (FIFA) als befallener Körper „Weltfußball“ verstanden wird.

Auch dem durchschnittlichen Hörer des Interviews ist bekannt, dass der Weltfußball vertreten wird durch die FIFA, der Fußball eines jeweiligen Landes durch den jeweiligen Fußballverband. Dieser ist Teil der FIFA und muss sich um die Ausrichtung einer Weltmeisterschaft bewerben. Genau hierum ging es in dem Interview auch. Thema dessen war eben die Vergabe der WM nach Katar und die Möglichkeit, die hierzu getroffene Entscheidung zu revidieren. Dass dem Rezipienten möglicherweise der Name der Klägerin nicht bekannt ist, ändert daran nichts. Es ist ausreichend, dass dieser weiß, dass der Fußball in einem Staat durch den Fußballverband, hier in Deutschland durch den DFB, vertreten wird.

Vor diesem Hintergrund gibt der vom Beklagten gezogene Vergleich mit einem „Krebsgeschwür“, also einer Zellwucherung, die zu einem Befall des Gesamtgebildes „Weltfußball“ führt, nur dann den größtmöglichen Sinn, wenn als Krebsgeschwür die Klägerin und als Weltfußball die FIFA gesehen wird. Der Weltfußball ist anderenfalls kein greifbares Konstrukt, das von einer Krankheit befallen sein kann. Betrachtet man aber die von Klägerseite herangezogene Sichtweise, kann die FIFA als die den Weltfußball vertretende Organisation durchaus im übertragenen Sinne von einem Mangel befallen sein, einem Mangel, der sinnbildlich als Krebsgeschwür bezeichnet wird und der ausgelöst wird von der Klägerin, die, entsprechend der dahinterstehenden Vorwürfe, sachliche F auf unlautere Weise, hier durch Schmiergeldzahlungen, erschleichen soll. Das Interview steht auch für den durchschnittlichen Hörer im Zusammenhang mit den Vorwürfen, die Vergabeentscheidung bezüglich der Fußballweltmeisterschaft 2022 sei durch Schmiergelder manipuliert worden. Dementsprechend gibt die Metapher nur dann Sinn, wenn sich die Erkrankung auf den die Entscheidung treffenden Körper FIFA bezieht. Das Krebsgeschwür als Teil des menschlichen Körpers kann daher nur ein Teil des Verbandes FIFA sein, was wiederum nur die Klägerin sein kann, nicht indes das Land Katar selbst.

c) Zwar ist die Argumentation der Klägerin dahingehend, dass die Aussage „Katar ist ein Krebsgeschwür“ nicht gleichzusetzen ist mit „Die Vergabeentscheidung nach Katar ist ein Krebsgeschwür“, ähnlich wie die Aussage „Der Überfall Hitlers auf Russland ist ein Verbrechen“ nicht gleichzusetzen sei mit der Aussage „Russland ist ein Verbrechen“, nicht zwingend. Denn entscheidend ist auch hier der Kontext der Erklärung. In einer Debatte über den Angriff Hitlers auf Russland, kann die Aussage „Russland ist ein Verbrechen“ nicht anders verstanden werden, als dass der Angriff ein Verbrechen war und „Russland“ hierfür nur plakativ verwandt wird. Daher ist auch hier durchaus grundsätzlich denkbar, dass „Katar“ nur plakativ für das gesamte Vergabeverfahren, mündend in der Entscheidung, die WM nach Katar zu holen, gemeint ist. Dies mag auch insbesondere aufgrund der rhetorischen Frage „Ist das 2010 bei dieser Vergabe Ende 2010 für Katar und für Russland wirklich alles mit rechten Dingen zugegangen?“ naheliegen. Dennoch ist der Klägerin dahingehend Recht zu geben, dass dann der gezogene Vergleich mit einem Krebsgeschwür keinen Sinn macht, ebenso, wenn man davon ausgehen würde, dass sich die Bezeichnung „Krebsgeschwür“ auf das Land Katar und dessen Reichtum bezieht.

Denn weder die Vergabeentscheidung nach Katar, noch das als „System Katar“ bezeichnete vorgeworfene Verhalten, mit Reichtum und Macht, F der FIFA zu erschleichen, können im übertragenen Sinn einen körperlichen Störfaktor innerhalb des körperlichen Gebildes FIFA, gleich einem Geschwür bilden, der sich, wie die Krankheit Krebs weiter ausbreitet. Zwar können sich Verhaltensweisen wie ein Krebsgeschwür ausbreiten, also nicht nur auf die primäre Entscheidung selbst auswirken, wie hier die Vergabe einer WM, sondern auch bis in den Ablauf des Amateursports, wenn dort aufgrund des Stattfindens der WM im Winter Spiele verschoben werden müssen. Jedoch ist hier nicht geäußert worden, dass sich Katar bzw. die Klägerin „wie“ ein Krebsgeschwür ausbreitet, sondern mit einem solchen gleichgesetzt worden. Ein Krebsgeschwür selbst ist ein körperliches Gebilde. Es können nur die vermeintlich dahinterstehenden Verantwortlichen, vorliegend also die Klägerin als Fußballverband, gegen den sich der Vorwurf richtet, einen sich auf das Gesamtgebilde schädigend auswirkendes und ausbreitendes Konstrukt bilden. Die jeweiligen Teile, also das Geschwür und der befallene Körper sind dabei auf die Ebene rechtlicher Gebilde zu übertragen, nämlich die der Klägerin und der FIFA. Die Vergabeentscheidung selbst oder der Vergabeprozess stellen bereits keine körperlichen Konstrukte dar, die sich im übertragenen Sinn krebsartig ausbreiten könnten.

3. Nicht mit der Klägerin überein geht die Kammer indes darin, dass es sich hierbei um eine ungerechtfertigte und damit zu unterlassende Beleidigung handelt, so dass die Klage im Ergebnis selbst bei Unterstellung einer Beleidigungsfähigkeit und einer Betroffenheit der Klägerin abzuweisen war.

Zwar liegt in der Bezeichnung „Krebsgeschwür“ wenngleich zunächst eine Beleidigung im Sinne von § 185 StGB, jedoch ist diese im Ergebnis selbst bei Unterstellung des klägerischen Verständnisses als (noch) durch die allgemeine Meinungsfreiheit gerechtfertigt anzusehen.

a) Dass der Vergleich der Klägerin mit einem Krebsgeschwür eine tatbestandliche Beleidigung im Sinne von § 185 StGB darstellt, ist nach Auffassung der Kammer der Fall.

Begrifflich ist eine Beleidigung der rechtswidrige Angriff auf die Ehre eines anderen durch vorsätzliche Kundgebung der Miss- oder Nichtachtung (Fischer, Strafgesetzbuch, 62. Auflage 2015, § 185, Rn. 2). Eine derartige Missachtung liegt vor, wenn dem Betroffenen bei objektiver Betrachtung sein sozialer Geltungswert ganz oder teilweise abgesprochen und damit sein Achtungsanspruch infrage gestellt wird (BayObLG, NJW 2005, 1291). Dies kann neben Tatsachenäußerungen auch durch Werturteile erfolgen, die persönliche Defizite herausstellen, welche die Subjektqualität in Frage stellen, insbesondere die sittliche Integrität absprechen. Die Äußerung muss geeignet sein, den Ehrträger verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen (Rogall, a.a.O., Vor § 185, Rn. 43, 12; § 185, Rn. 15).

Dies ist im vorliegenden Fall gegeben. Die vorgenommene Gleichsetzung mit einem Krebsgeschwür stellt ein Werturteil dar, mit welchem der Klägerin Eigenschaften zugesprochen werden, die in höchstem Maße negativ und schädlich sind. Mit einem Krebsgeschwür verbindet man einen bösartigen Tumor, der sich im menschlichen Körper ausbreitet und schlimmstenfalls zum Tod des Betroffenen führt. Insoweit kann auf die Ausführungen des zur Akte gereichten Rechtsgutachtens, dort Seite 17, Bezug genommen werden, wonach sich das Wort Krebsgeschwür aus der tödlichen und mit schweren Eingriffen verbunden Krankheit und dem im Allgemeinen mit Ekel verbundenen Wort „Geschwür“ zusammensetzt. Die Klägerin wird somit mit einer Krankheit gleichgesetzt, deren Verlauf kaum steuerbar ist und die in höchstem Maße schädigend, gar tödlich ist. Aufgrund dessen besteht auch in der allgemeinen Bevölkerung eine große Angst davor, an dieser Krankheit zu leiden. Die Gleichsetzung hiermit stellt daher eine erhebliche, ganz massive Herabwürdigung der Klägerin dar, die hierdurch den Status einer tödlichen Krankheit erhält, die mit aller Macht zu bekämpfen ist.

Soweit sich die Klägerin zuletzt aber auch auf den anschließenden Satz „Mit dieser Entscheidung hat alles begonnen“ fokussiert und insoweit eine unwahre Tatsachenbehauptung und eine Verleumdung in den Raum stellt, kann dies ebenso dahinstehen, wie eine möglicherweise suggerierte, aber unrichtige Behauptung, der Vorsitzende der Spruchkammer der FIFA-Ethikkommission Eckert habe sich noch nicht mit dem H2-Bericht befasst und auf dessen Grundlage eine Entscheidung getroffen, da sich die Klage nicht gegen diese Teile der Aussage richtet. Dem Beklagten soll lediglich untersagt werden, die Klägerin weiterhin als „Krebsgeschwür“ zu bezeichnen. Hierbei handelt es sich, wie bereits ausgeführt, um ein Werturteil. Es kommt dementsprechend vorliegend auch nicht darauf an, ob der dahinterstehende Tatsachenkern, also die Frage, ob die Klägerin die Vergabeentscheidung tatsächlich auf unlautere Weise herbeigeführt hat, wahr oder unwahr ist. Hiermit hat sich die Kammer nicht zu befassen.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der im nachgelassenen Schriftsatz aufgeworfenen Ansicht, das Wort „Krebsgeschwür“ beinhalte bereits die Behauptung, dass mit der Klägerin eine sich ausbreitende korrupte Vergabepraxis ihren Anfang genommen hat, weil ein Krebsgeschwür der Auslöser sich ausbreitender Metasthasen sei. Einen mit der Bezeichnung als „Krebsgeschwür“ untrennbar verknüpften Tatsachenkern dahingehend, dass die Klägerin erstmals eine Entscheidung der FIFA durch Schmiergeldzahlungen erlangt hat, sieht die Kammer nicht. Einen derart weitreichenden Bedeutungsgehalt kann allein dem Vergleich mit einem Krebsgeschwür nicht entnommen werden, zumal medizinisch auch das Krebsgeschwür nicht ursächlich für die Erkrankung ist, sondern seinerseits Folge der Erkrankung, ausgelöst durch eine Genveränderung im Körper, die zu einer unkontrollierten Zellbildung und somit zu Tumoren führt.

Die Bezeichnung als Krebsgeschwür beinhaltet auch als solches keinen Tatsachenkern. Anders als in der klägerseits zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 07.12.2011 (1 BvR #####/####), in welcher den Bezeichnungen „Geldwäsche“ und „Veruntreuung“ auch für den Laien strafbare Handlungen zugrunde liegen, die dem Beweise zugänglich sind, oder der zitierten Entscheidung des Landgerichts Hamburg vom 03.05.2005 (324 O 136/05), bei welcher dem Begriff „Rassismus“ ein bestimmtes Verhalten, welches dem Beweis zugänglich ist, zugeordnet wird, ist dem angegriffenen Vergleich mit einem „Krebsgeschwür“ an sich für den Durchschnittsrezipienten keine Tatsachenbehauptung zu entnehmen, sondern ausschließlich ein Werturteil. Dass dieses Werturteil letztlich auf irgendeiner Tatsachengrundlage beruht, ist jedem Werturteil immanent, handelt es sich bei einem Werturteil schließlich um eine Meinung, die wiederum durch tatsächliche Geschehnisse gebildet wird. Dies führt indes nicht zu einer Übertragbarkeit der klägerseits zitierten Rechtsprechung des OLG München zu den „Stiftung-Warentest“-Beurteilungen (OLG München, Urteil v. 09.09.2014 – 18 U 516/14).

b) Die indes beleidigende Äußerung, Katar sei ein „Krebsgeschwür des Weltfußballs“, ist jedoch gemäß § 193 StGB i.V.m. mit der sich aus Art. 5 GG ergebenden Meinungsäußerungsfreiheit als (noch) gerechtfertigt anzusehen.

Gemäß § 193 StGB sind Äußerungen, welche zur Ausführung oder Verteidigung von Rechten oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen gemacht werden gerechtfertigt. Eine solche Rechtfertigung entfällt nur dann, wenn sich das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Äußerung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht.

Art. 5 GG verlangt dabei sowohl im Rahmen der Auslegung von § 185 StGB, als auch von § 193 StGB eine verfassungskonforme Interpretation, in deren Rahmen eine Abwägung zwischen der Bedeutung der Meinungsfreiheit einerseits und des Rechtsguts, in dessen Interesse sie eingeschränkt worden ist andererseits erforderlich ist. Damit ist eine Interpretation von § 185 StGB unzulässig, die den Begriff der Beleidigung so weit ausdehnt, dass er die Erfordernisse des Ehr- oder Institutionsschutzes überschreitet oder für die Berücksichtigung der Meinungsfreiheit keinen Raum mehr lässt (BVerfG, Beschluss vom 09.10.2000 - 1 BvR #####/####).

Das Ergebnis einer solchen Abwägung lässt sich wegen ihres Fallbezugs nicht generell und abstrakt vorwegnehmen. Voraussetzung für die Rechtfertigung gemäß § 193 StGB ist, dass es sich um berechtigte Interessen handelt, die Beleidigung zur Wahrnehmung dieser Interessen geeignet und erforderlich ist, sie ein angemessenes Mittel darstellt und vom Täter subjektiv zur Wahrnehmung dieser Interessen begangen wird (Rogall, a.a.O., § 193, Rn. 12).

Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

aa) Die streitgegenständliche Äußerung erfolgte zur Wahrnehmung eines berechtigten Interesses.

Berechtigt ist zunächst jedes von der Rechtsordnung als schutzwürdig anerkanntes Interesse, also jedes Interesse, das nicht gegen geltendes Recht verstößt (Joecks, in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 193, Rn. 22).

Das Interesse des Beklagten bestand vorliegend darin, die öffentliche Debatte über die Vergabe der Fußball-WM nach Katar (wieder) anzuregen und diese zu kritisieren. Erklärtermaßen und erkennbar ging es dem Beklagten darum, diese Entscheidung anzugreifen und eine etwaige fehlende Objektivität von Vergabeentscheidungen bezüglich der Ausrichtungsstandorte von Fußballweltmeisterschaften anzuprangern. Dass er die Zuhörerschaft für das Thema Vergabe, Vergabeentscheidungen und Besetzung der FIFA (erneut) interessieren und mobilisieren wollte, geht aus seiner vorangegangenen Äußerung hervor, in der er ausführte:

„Aber entscheidend, das sage ich jetzt an Sie und auch an die Hörer, entscheidend ist, dass die Öffentlichkeit stark bleiben muss. Die Öffentlichkeit, die Fußballfans, alle Sie, auch die Medien, Sie müssen doch ein Interesse daran haben, dass die FIFA anders aufgestellt wird. […], dass auch wirklich ein Neuanfang gemacht werden kann.“

Die streitbefangene Äußerung erfolgte somit eben, entgegen der klägerischen Auffassung, sehr wohl im Kontext der Entscheidung über die Vergabe der Fußballweltmeisterschaft nach Katar, was im Übrigen deutlich wird an der zitierten rhetorischen Frage, ob bei dieser Vergabe alles mit rechten Dingen zugegangen sei.

Die Kontrolle derartiger Vergabeentscheidungen stellt ein berechtigtes Interesse dar, um das es in dem Interview erkennbar ging.

bb) Die umstrittene Frage, ob der Äußernde, hier der Beklagte, auch mit dem Willen der Wahrnehmung berechtigter Interessen handeln muss, kann vorliegend unentschieden bleiben. Auch dahinstehen kann die von der Klägerin thematisierte Frage, ob es dem Beklagten zumindest auch darum ging, von der öffentlichen Diskussion über die WM-Vergabe 2006 nach Deutschland und den diesbezüglichen Korruptionsvorwürfen gegen ihn abzulenken. Die Kammer hat sich insoweit auch nicht mit der Frage zu befassen, inwieweit die Vergabeentscheidung betreffend die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland unter Beteiligung des Beklagten manipuliert worden sein soll.

Selbst wenn man nämlich einen Wahrnehmungswillen als subjektive Rechtfertigungskomponente voraussetzen würde, muss die Wahrnehmung des berechtigten Interesses nicht das ausschließliche Ziel des Handelnden sein. Es ist unschädlich, wenn der Beklagte daneben auch durch nicht schützenswerte Interessen geleitet worden ist (Rogall, a.a.O., § 185, Rn. 32).

Dass es dem Beklagten, wie nunmehr im nachgelassenen Schriftsatz von der Klägerin behauptet, ausschließlich um Verdunklung eigener Machenschaften ging und das Interview deshalb inszeniert wurde, um hierdurch und den anschließenden Unterlassungsrechtsstreit von eigenem Fehlverhalten abzulenken und andere Beteiligte unter Druck zu setzen, ist nicht ersichtlich, geht insbesondere auch nicht aus den zitierten Passagen des vorgelegten internen Untersuchungsbericht der Kanzlei V hervor. Selbst wenn der Beklagte seit 2005 Kenntnis von unregelmäßigen Zahlungsflüssen innerhalb der FIFA gehabt hat, worüber die Kammer nicht zu entscheiden hat, mag dies, wie von Klägerseite gefolgert, möglicherwiese dazu führen, dass er Kenntnis von einer eigens durchgeführten Falschdeklaration einer Zahlung, möglicherweise auch einer steuerrechtlich zweifelhaften Handlung gehabt hat. Es ist aber nicht ersichtlich, wieso hieraus der zwingende Schluss gefolgert werden muss, dass er auch Kenntnis von „möglicherweise korruptiven Umständen“ bei der Vergabeentscheidung bezüglich der Weltmeisterschaft 2006 gehabt hat, geschweige denn, dass es J bei der erklärten Aufklärung bezüglich der WM-Vergabe nach Katar ausschließlich und die von Klägerseite vielfach beanspruchten „Sündenbockprojektion“ und „Desinformation“ geht. Die Kammer geht vielmehr aufgrund des Erklärungsgehaltes und des Kontextes des Interviews davon aus, dass es dem Beklagten vorliegend zumindest auch um die öffentliche Diskussion bezüglich der Vergabeentscheidung nach Katar und die Aufklärung diesbezüglicher Unregelmäßigkeiten ging, so dass er, selbst wenn man einen entsprechenden subjektiven Moment voraussetze, insoweit auch mit dem Willen zur Wahrnehmung berechtigter Interessen handelte.

cc) Dem Beklagten ist auch eine entsprechende Befugnis zur Wahrnehmung dieses Interesses zuzusprechen.

Dabei sind allgemeine Interessen, die jeden Bürger oder zumindest größere Gruppen berühren, ohnehin von Jedermann wahrnehmbar. Jeder Bürger ist berechtigt, öffentliche Missstände zu kritisieren, sowie auf die politische Willensbildung Einfluss zu nehmen (Rogall, a.a.O., § 185, Rn. 17). Dies ist auf den vorliegenden Streitpunkt, die Vergabe einer Fußballweltmeisterschaft, übertragbar, stellt die Austragung einer solchen Fußballweltmeisterschaft nicht nur ein sportliches Ereignis dar, sondern ist auch ansonsten von erheblicher politischer und wirtschaftlicher Bedeutung für den austragenden Staat und dessen Bevölkerung.

Hinzu kommt vorliegend, dass der Beklagte ehemaliger DFB-Präsident ist. Wenn er auch heute nicht mehr zur Wahrnehmung der Interessen des deutschen Fußballs betraut ist, so wird er in der Öffentlichkeit dennoch als Vertreter des Fußballs wahrgenommen und seinen Aussagen diesbezüglich ein höherer Stellenwert zugesprochen, so dass insoweit auch eine Berufung aufgrund einer gewissen Nachwirkung seines ehemaligen Amtes zu sehen ist.

Jedenfalls ist zur Wahrnehmungsbefugnis ausreichend, dass der Äußernde, wie hier, mit dem betreffenden Interesse hinreichend in Verbindung steht (Joecks, in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 193, Rn. 23).

dd) Die streitgegenständliche, beleidigende Äußerung ist letztlich auch nach einer Abwägung der widerstreitenden Interessen Ehre und Meinungsäußerungsfreiheit nach Inhalt, Form und Umständen zur Förderung des wahrgenommenen Interesses als geeignet, erforderlich und angemessen anzusehen.

Wie bereits ausgeführt, ging es bei dem Interview inhaltlich darum, ob die Entscheidung, die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar stattfinden zu lassen, anlässlich des Rücktritts von Joseph Blatter als FIFA-Präsident noch revidiert werden kann. Der Beklagte verwies in diesem Kontext darauf, dass zu prüfen sein wird, ob die Vergabeentscheidung rechtmäßig erfolgt ist. Hierbei werde es auf die Ergebnisse der Untersuchungen ankommen. Um seinen Standpunkt und den Vorwurf, die Klägerin habe die Entscheidung auf unlautere Weise herbeigeführt zu verdeutlichen, wählte er den angegriffenen Vergleich mit einem Krebsgeschwür.

(1) Diese Äußerung ist vorliegend geeignet, den intendierten Anstoß zu einer öffentlichen Diskussion zu geben und hierüber möglicherweise entsprechenden Einfluss darauf zu nehmen, dass diese Vergabeentscheidung zumindest noch einmal überprüft wird, da durch die gewählte überspitzte Darstellung, dass Katar als Krebsgeschwür dem Weltfußball erheblichen Schaden zufügt, das Interesse des Hörers geweckt wird. Gerade der Vergleich mit einer in der Gesellschaft bekannten und gefürchteten Erkrankung, führt zur erforderlichen Aufmerksamkeit bei der Zuhörerschaft.

(2) Die Kammer verbleibt zudem bei der bereits in der mündlichen Verhandlung  geäußerten Auffassung, dass der gewählte Vergleich der Klägerin mit einem Krebsgeschwür die Grenze der Erforderlichkeit und Angemessenheit in dem streitgegenständlichen Kontext (noch) nicht übersteigt.

Zwar ist der dahinterstehende Vorwurf, die Klägerin habe durch Schmiergeldzahlungen die Vergabeentscheidung manipuliert, nicht erwiesen. Dennoch rechtfertigt das Ziel, die Öffentlichkeit für eine Aufklärung des Sachverhaltes zu interessieren, die extreme Wortwahl.

Nach dem Grundsatz der Erforderlichkeit ist eine beleidigende Äußerung zwar grundsätzlich nur dann gerechtfertigt, wenn sie zur Durchsetzung des verfolgten Interesses notwendig, gleichzeitig aber auch das mildeste Mittel war. Aufgrund der Ausstrahlungswirkung des Art. 5 GG ist jedoch dort, wo eine öffentliche Auseinandersetzung der allgemeinen Meinungsbildung dient, ein anderer Maßstab anzusetzen. In diesem Bereich kann nicht jede bereits unnötige Schärfe zu einem Ausschluss der Rechtfertigung führen. Wer Kritik an öffentlichen Missständen übt, ist keineswegs auf das mildeste Mittel zur Verdeutlichung seines Standpunktes beschränkt. Hier ist der Ehrschutz im Lichte der Bedeutung des Grundrechts der Meinungsfreiheit zu sehen, das heißt, die ehrschützenden Gesetze sind ihrerseits aus der Erkenntnis der wertsetzenden Bedeutung dieses Grundrechts im freiheitlich demokratischen Staat auszulegen und so in ihrer das Grundrecht der Meinungsfreiheit beschränkenden Wirkung selbst wieder einzuschränken (Rogall, a.a.O, § 185, Rn. 23, 27 m.w.N.).

Dies bedeutet zwar nicht, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, dass es im Rahmen öffentlicher Auseinandersetzungen über allgemein interessierende Fragen ein Recht zu Beleidigungen gibt. So muss die Meinungsfreiheit stets hinter dem Ehrschutz zurücktreten, wenn sich herabsetzende Äußerungen als Formalbeleidigung oder Schmähung darstellen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10.10.1995 - 1 BvR #####/####, 1 BvR #####/####, 1 BvR 102/92 u. 1 BvR 221/92 m.w.N.).

Eine solche Schmähkritik liegt hier allerdings, entgegen der weiterhin vertretenen Rechtsauffassung der Klägerin, nicht vor.

Eine solche liegt nur dann vor, wenn bei einer überzogenen oder gar ausfälligen Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Wegen des die Meinungsfreiheit verdrängenden Effekts ist der Begriff der Schmähkritik eng auszulegen und liegt daher nicht schon wegen der bloß herabsetzenden Wirkung einer Äußerung vor, selbst wenn sie überzogen ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.12.2005, III - 5 - Ss 101/05 - 53/05 I). Sie muss vielmehr jenseits auch polemischer und überspitzter Kritik in der persönlichen Herabsetzung bestehen (vgl. BVerfGE 82, 272). Dies entspricht auch dem Verständnis des Bundesverfassungsgerichts in der klägerseits zitierten Entscheidung vom 07.12.2011 (1 BvR #####/####), wonach Schmähkritik im verfassungsrechtlichen Sinn bei einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage nur ausnahmsweise vorliegt und eher auf die Privatfehde beschränkt ist, wenn nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.

Gerade dort, wo das Publikum aber in bestimmten Bereichen an eine harte, ausfällige Sprache gewöhnt ist, und deshalb bei Übertreibungen und Verzerrungen von vornherein Abstriche zu machen pflegt, sind angesichts der Reizüberflutung einprägsame und starke Formulierungen hinzunehmen (Joecks, in Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, § 193, Rn. 39; Lencker/Eisele, in Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 29. Auflage 2014, § 193, Rn. 16).

Genau dies ist vorliegend der Fall.

Betrachtet man die vorliegende Äußerung hinsichtlich ihres Anlasses und Kontextes, so ist festzustellen, dass die gegenständlichen Korruptionsvorwürfe gegen Katar bei der Vergabeentscheidung bereits seit langem in der Diskussion stehen und das Interesse der Rezipienten, den Konsumenten des Wirtschaftsguts Fußball, dementsprechend sinkt. Der Vergleich der Klägerin mit einem Krebsgeschwür stellte dabei zwar eine krasse und überspitzte Verbindung mit der Erkrankung Krebs dar, diese war jedoch im Lichte dessen zu sehen, dass eine abflauende Diskussion wieder zum Leben erweckt werden sollte. Gleichzeitig sollte hierdurch erkennbar das der Klägerin vorgeworfene Verhalten, F auf unlautere Weise herbeizuführen, angeprangert werden. Der Klägerin ist zwar dahingehend Recht zu geben, dass die Schmiergeldvorwürfe in dem Interview nicht ausdrücklich genannt wurden, jedoch wird hier durch die Frage, ob bei der Vergabe alles mit rechten Dingen zugegangen ist, darauf erkennbar Bezug genommen. Die Ordnungsgemäßheit der Entscheidungsfindung wird sodann durch die Bedenken an der Geeignetheit des Staates Katar als Austragungsort weiter in Zweifel gezogen.

Die Äußerung erfolgte damit nicht ausschließlich zu dem Zweck, die Klägerin selbst bzw. das dahinter stehende Exekutivkomitee zu beleidigen, sie also öffentlich zu diffamieren, sondern stand im Zusammenhang mit der Diskussion um die Vergabeentscheidung, die erkennbar im Vordergrund stand.

Liegt somit, wie hier, keine Schmähkritik vor, bedarf es einer Abwägung. Diese fällt unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte vorliegend zugunsten der Meinungsfreiheit und zugunsten des Beklagten aus, da das Interesse des Beklagten, mit der überspitzen Metapher das öffentliche Interesse zu wecken und seiner Meinung Ausdruck zu verleihen, das kollidierende Interesse der Klägerin am Schutz ihrer Ehre überwiegt oder zumindest gleich zu bewerten ist (OLG Frankfurt, Urteil vom 11.03.1991 - 1 Ss 31/90).

Denn Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG schützt die Meinungsfreiheit sowohl im Interesse der Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen, als auch im Interesse des demokratischen Prozesses, für den sie konstitutive Bedeutung hat. Beiträge zur Auseinandersetzung in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage genießen stärkeren Schutz als Äußerungen, die lediglich der Verfolgung privater Interessen dienen. Es spricht insoweit eine Vermutung zugunsten der freien Rede. Der Schutz der freien Meinungsäußerung ist umso höher zu veranschlagen, je höher das Gewicht der fraglichen Angelegenheit für die Allgemeinheit ist. In Auseinandersetzungen über gewichtige Fragen sind folglich auch einprägsame und starke Formulierungen hinzunehmen, weil andernfalls die Gefahr einer Lähmung oder Verengung des Meinungsbildungsprozesses droht (BVerfGE 82, 281).

Die Frage, in welchem Land eine Fußballweltmeisterschaft ausgetragen wird, stellt, wie bereits ausgeführt, eine nicht nur sportliche, sondern in hohem Maße wirtschaftlich und auch politisch relevante Frage dar. Die Fußball-WM gilt nach den Olympischen Spielen als das bedeutendste Sportereignis der Welt mit der weltweit höchsten Zuschauerzahl. Laut Homepage der FIFA sahen beispielsweise geschätzte 715,1 Millionen Menschen das Endspiel der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Deutschland 2006 und die Spiele der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010 wurden auf 245 Kanälen in insgesamt 204 Ländern übertragen. Dies bedeutet für das ausrichtende Land zum einen die Möglichkeit, sich, d.h. die eigene Kultur, das Staatssystem, die Bevölkerung usw. auf der ganzen Welt zu präsentieren, zum anderen stellt es aber auch einen erheblichen Wirtschaftsfaktor dar, betrachtet man alleine einmal die Auswirkungen einer WM-Austragung auf die Tourismusbranche. Auf der anderen Seite sind auch alle Konsumenten des Wirtschaftsguts Fußball hiervon betroffen, welche in das ausrichtende Land reisen wollen. Das ausrichtende Land hat erhebliche Investitionen zu tätigen und die Infrastruktur für ein solches Ereignis bereitzustellen. Damit stellen die Fragen, welches Land eine solche Weltmeisterschaft austragen darf und wie eine diesbezügliche Entscheidung getroffen wird, in erheblichem Maße die Öffentlichkeit interessierende Fragen dar.

Von daher ist der erstrebte Zweck, die Augen der Öffentlichkeit kritisch auf die Arbeitsweise und Entscheidungsfindung der FIFA zu lenken, höher anzusetzen, als der Ehrschutz der Klägerin, selbst wenn man ihr den grundgesetzlich zugesprochenen Ehrschutz zubilligt, vor allem deshalb, weil zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin nicht ohne Zusammenhang als juristische Person diffamiert werden sollte, sondern die dahinterstehenden Handlungsvorwürfe angeprangert werden sollten, ihr somit ein Status zugesprochen wurde, der ihr nicht dauerhaft anhaften muss. Aus dem Kontext der öffentlichen Diskussion um die Vergabeentscheidung und dem Kontext des streitgegenständlichen Interviews ist erkennbar, dass die Äußerungen des Beklagten sich nach einem objektiven Verständnis auf das vorgeworfene dahinterstehende Verhalten, nämlich durch unlautere Zuwendungen ein funktionierendes, „gesundes“ Auswahlverfahren zu konterkarieren und zu „infizieren“, bezieht. Sie stellt damit keine generelle Herabwürdigung der Klägerin dar, sondern steht im Zusammenhang mit der fortdauernden Diskussion um die Lauterkeit der Vergabeentscheidung für die Fußballweltmeisterschaft 2022.

II.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.

Streitwert: 100.000,00 EUR