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BGH, Beschluss vom 5. März 2015 - I ZB 74/14

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Dr. Volker Herrmann

Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht
Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Leitsätzliches

Der markenrechtliche Auskunftsanspruch wird beschränkt durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Danach besteht keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung über die Herkunft und den Vertriebsweg markenrechtlich nicht erschöpfter Waren, wenn es sich um Waren handelt, bezüglich derer nach zumutbaren Nachforschungen des Auskunftspflichtigen keine Anhaltspunkte vorliegen, dass diese ohne Zustimmung des Markeninhabers in den europäischen Wirtschaftsraum eingeführt worden.

Beschluss

Entscheidung vom 5. März 2015

Az.: I ZB 74/14

 

(...)

vertreten durch: Rechtsanwälte Dr. Kummer & Wassermann (tätig in erster und zweiter Instanz: Terhaag & Partner Rechtsanwälte Düsseldorf, Dr. Volker Herrmann)

(...)

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 5. März 2015 durch den Vorsitzenden .... beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Schuldner wird der Beschluss des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Juni 2014 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Beschwerdewert: 40.000 €.

Gründe:

I. Die Gläubigerin ist die deutsche Tochtergesellschaft der L. I. Inc., die Computerdrucker und Druckerzubehör herstellt. Die L. I. Inc. ist Inhaberin der Gemeinschaftsmarke „L. “, die für Tonerkartuschen eingetragen ist. Sie hat die Gläubigerin ermächtigt, die Rechte aus der Marke im eigenen Namen geltend zu machen. Die Schuldnerin zu 1, deren Geschäftsführer der Schuldner zu 2 ist, vertreibt Druckerzubehör. Im Jahr 2011 hat die Gläubigerin bei der Schuldnerin zu 1 im Rahmen eines Testkaufs 18 mit der Marke „L. “ gekennzeichnete Tonerkartuschen fünf unterschiedlicher Kartuschentypen erworben. Diese Kartuschen stammten von einem Wiederverkäufer in China. Die Markeninhaberin hatte einem Inverkehrbringen im Europäischen Wirtschaftsraum nicht zugestimmt.

Die Gläubigerin hat gegen die Schuldner eine einstweilige Verfügung des Landgerichts vom 9. August 2011 erwirkt, mit der diesen aufgegeben wurde, Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen zu erteilen, die nicht zuvor von der L. I. Inc. oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum, sondern außerhalb dieses Territoriums in Verkehr gebracht worden sind.

Die Schuldner haben der Gläubigerin mit Schreiben vom 10. November 2011 Auskunft über von ihnen in Verkehr gebrachte Tonerkartuschen erteilt, wobei in der Auskunft nur Tonerkartuschen der fünf von der Gläubigerin beim Testkauf erworbenen Kartuschentypen aufgeführt sind.

Auf Antrag der Gläubigerin hat das Landgericht mit Beschluss vom 2. März 2012 gegen die Schuldner zur Erzwingung der Auskunft ein Zwangsgeld von 2.500 € festgesetzt.

Dagegen haben die Schuldner sofortige Beschwerde eingelegt. Zu deren Begründung haben sie ausgeführt, die von ihnen erteilte Auskunft sei vollständig.

Sie hätten trotz entsprechender Nachforschungen keine Kenntnis von weiteren Lieferungen nicht erschöpfter Waren. Die übrigen Lieferungen stammten von Lieferanten im Europäischen Wirtschaftsraum, die ihnen jeweils vertraglich garantiert hätten, dass es sich um Originalware handele, die für den Europäischen Wirtschaftsraum geeignet sei und keine Markenrechte verletze. Daraufhin hat das Landgericht seinen Beschluss vom 2. März 2012 mit Beschluss vom 5. September 2012 aufgehoben und den Antrag der Gläubigerin auf Festsetzung eines Zwangsgeldes zurückgewiesen.

Dagegen hat die Gläubigerin sofortige Beschwerde eingelegt. Sie ist der Ansicht, die erteilte Auskunft bleibe in ihrem Umfang hinter der titulierten Verpflichtung zurück. Der titulierte Auskunftsanspruch umfasse sämtliche von den Schuldnern unter der Marke „L. “ in der Europäischen Union in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen, bei denen die Möglichkeit bestehe, dass die Markenrechte nicht erschöpft seien. Der Bezug von Lieferanten aus dem Europäischen Wirtschaftsraum und deren Zusicherungen böten keine Gewähr für die Erschöpfung der Markenrechte.

Das Beschwerdegericht hat den Beschluss des Landgerichts vom 5. September 2012 abgeändert und gegen die Schuldner zur Erzwingung der Auskunft ein Zwangsgeld von 2.500 € festgesetzt.

Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde beantragen die Schuldner, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des Landgerichts vom 5. September 2012 zurückzuweisen.

II. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Schuldner seien durch ein Zwangsgeld von 2.500 € dazu anzuhalten, der Gläubigerin entsprechend der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 9. August 2011 Auskunft zu erteilen. Dazu hat es ausgeführt:

Die Schuldner seien ihrer Verpflichtung aus der einstweiligen Verfügung des Landgerichts vom 9. August 2011 bislang nicht vollständig nachgekommen.

Die von ihnen mit Schreiben vom 10. November 2011 erteilte Auskunft beschränke sich nach ihrem eigenen Vortrag auf Lieferungen, bei denen Anhaltspunkte für ein Inverkehrbringen nicht erschöpfter Waren bestünden. Die Schuldner müssten der Gläubigerin jedoch Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg aller in der Europäischen Union in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen der Marke „L. “ erteilen, bezüglich derer sie nicht über den Nachweis verfügten, dass sie von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder - was die Gläubigerin ausreichen lasse - einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden seien. Vertragliche Zusicherungen von Vorlieferanten, bei denen es sich nicht um die Markeninhaberin, einen Lizenznehmer für den Europäischen Wirtschaftsraum oder einen autorisierten Distributor handele, genügten nicht.

III. Die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Fall 1, Abs. 3 Satz 2 ZPO) und auch sonst zulässig (§ 575 ZPO). Sie hat in der Sache Erfolg. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann gegen die Schuldner kein Zwangsgeld festgesetzt werden, um diese zur Auskunftserteilung anzuhalten.

1. Erfüllt der Schuldner die Verpflichtung nicht, eine Handlung vorzunehmen, die durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann, so ist, wenn die Handlung ausschließlich vom Willen des Schuldners abhängt, gemäß § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO auf Antrag vom Prozessgericht des ersten Rechtszugs zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei.

2. Bei der durch die einstweilige Verfügung titulierten Verpflichtung der Schuldner, Auskunft zu erteilen, handelt es sich um die Verpflichtung zu einer Handlung, die im Sinne von § 888 Abs. 1 Satz 1 ZPO durch einen Dritten nicht vorgenommen werden kann und ausschließlich vom Willen der Schuldner abhängt, da die Auskunft nur aufgrund des persönlichen Wissens der Schuldner erteilt werden kann (vgl. BGH, Beschluss vom 3. Juli 2008 - I ZB 87/06, NJW 2008, 2919 Rn. 8). Die Schuldner sind daher auf Antrag der Gläubigerin durch Zwangsmittel zur Erteilung der Auskunft anzuhalten, wenn sie ihre Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht bereits mit dem Schreiben vom 10. November 2011 erfüllt haben (zur Berücksichtigung des Erfüllungseinwands im Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 887, 888 ZPO vgl. BGH, Beschluss vom 6. Juni 2013 - I ZB 56/12, NJW-RR 2013, 1336 Rn. 9 und 10, mwN). Das ist der Fall, wenn die von ihnen mit diesem Schreiben erteilte Auskunft nicht ernst gemeint, unvollständig oder von vornherein unglaubhaft ist (vgl. BGH, Urteil vom 24. März 1994 - I ZR 42/93, BGHZ 125, 322, 326 - Cartier-Armreif; Urteil vom 17. Mai 2001 - I ZR 291/98, BGHZ 148, 26, 36 - Entfernung der Herstellungsnummer II).

3. Das Beschwerdegericht hat angenommen, die von den Schuldnern erteilte Auskunft sei unvollständig, weil sie in ihrem Umfang hinter der titulierten Verpflichtung zurückbleibe. Diese Beurteilung wird von den Feststellungen des Beschwerdegerichts nicht getragen.

a) Die von den Schuldnern erteilte Auskunft über die Herkunft und den  Vertriebsweg der von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen beschränkt sich nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts auf Tonerkartuschen, bei denen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie nicht zuvor von der L. I. Inc. oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.

b) Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Schuldner seien aufgrund der einstweiligen Verfügung verpflichtet, darüber hinaus Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg sämtlicher von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen zu erteilen, bezüglich derer sie nicht über den Nachweis verfügten, dass sie von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder - was die Gläubigerin ausreichen lasse - einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden seien.

Danach sei die von den Schuldnern erteilte Auskunft unvollständig. Den Schuldnern erteilte Zusicherungen von Vorlieferanten, bei der gelieferten Ware handele es sich um Originalware, die für den Europäischen Wirtschaftsraum geeignet sei und keine Markenrechte verletze, seien kein tauglicher Nachweis dafür, dass die gelieferten Waren tatsächlich von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden seien.

Diese Beurteilung hält einer Nachprüfung nicht stand. Das Beschwerdegericht hat bei seiner Auslegung des Vollstreckungstitels den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht hinreichend berücksichtigt und zu strenge Anforderungen an die titulierte Auskunftspflicht der Schuldner gestellt. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sind die Schuldner aufgrund der einstweiligen Verfügung nicht verpflichtet, Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen zu erteilen, bezüglich derer sie auch nach zumutbaren Nachforschungen über keine Anhaltspunkte verfügen, dass sie nicht von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind. Die Schuldner haben ihre Auskunftspflicht bezüglich solcher Tonerkartuschen vielmehr erfüllt, wenn sie der Gläubigerin unter Darlegung ihrer Nachforschungen mitgeteilt haben, über keine derartigen Anhaltspunkte zu verfügen. Die Erfüllung der Auskunftspflicht setzt dann nicht den Nachweis voraus, dass die gelieferten Waren von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.

aa) Das Vollstreckungsgericht hat durch Auslegung des Vollstreckungstitels zu ermitteln, welche Verhaltensweisen dieser erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 30. Januar 2014 - I ZR 19/13, GRUR 2014, 794 Rn. 12 = WRP 2014, 1322 - Gebundener Versicherungsvermittler, mwN). Die Auslegung hat vom Tenor der zu vollstreckenden Entscheidung auszugehen; erforderlichenfalls sind ergänzend die Entscheidungsgründe und unter bestimmten Voraussetzungen auch die Antrags- oder Klagebegründung und der Parteivortrag heranzuziehen (BGH, Beschluss vom 6. Februar 2013 - I ZB 79/11, GRUR 2013, 1071 Rn. 14 = WRP 2013, 1485 - Umsatzangaben; Beschluss vom 25. Februar 2014 - X ZB 2/13, GRUR 2014, 605 Rn. 18 - Flexitanks II).

Umstände, die außerhalb des Titels liegen, sind bei der Auslegung wegen der Formalisierung des Vollstreckungsverfahrens grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Insbesondere ist es ohne Bedeutung, welche sachlichrechtlichen Ansprüche dem Gläubiger zustehen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. November 2009 - VII ZB 42/08, NJW 2010, 2137 Rn. 11). Dem Gläubiger ist es verwehrt, im Verfahren der Zwangsvollstreckung allein deshalb Auskünfte zu erzwingen, weil der Schuldner materiell-rechtlich zu deren Erteilung verpflichtet ist (BGH, GRUR 2014, 605 Rn. 18 - Flexitanks II). Andererseits ist es aber auch dem Schuldner versagt, die Erfüllung der titulierten Auskunftspflicht mit der Begründung zu verweigern, er sei materiell-rechtlich zur Auskunftserteilung nicht verpflichtet.

Das Prozessgericht, das als zuständiges Vollstreckungsorgan über eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme aus einem Titel entscheidet, den es selbst erlassen hat, kann bei der Auslegung des Titels allerdings sein Wissen aus dem Erkenntnisverfahren mit heranziehen und damit Umstände berücksichtigen, die außerhalb des Titels liegen (vgl. BGH, Beschluss vom 23. Oktober 2003 - I ZB 45/02, BGHZ 156, 335, 339 - Euro-Einführungsrabatt; BGH, NJW 2010, 2137 Rn. 12). Das kommt insbesondere in Betracht, wenn es sich bei diesem Titel um eine einstweilige Verfügung handelt, die das Prozessgericht durch einen nicht mit einer Begründung versehenen Beschluss erlassen hat, weil in einem solchen Fall zur Auslegung des Tenors keine Entscheidungsgründe herangezogen werden können. Zur Auslegung des Tenors kann das Prozessgericht in einem solchen Fall auf die Begründung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Verfügung und auf unstreitiges oder glaubhaft gemachtes Vorbringen der Parteien zurückgreifen.

Für die Auslegung des Vollstreckungstitels durch das Beschwerdegericht, das über die sofortige Beschwerde gegen eine Zwangsvollstreckungsmaßnahme aus einem Titel entscheidet, den das Prozessgericht des ersten Rechtszugs erlassen hat, gelten diese Grundsätze entsprechend. Dem Beschwerdegericht ist es nicht gestattet, bei der Auslegung des Tenors darauf abzustellen, ob und inwieweit der titulierte Anspruch materiell-rechtlich begründet ist. Dagegen ist es ihm unbenommen, zur Auslegung des Tenors außerhalb des Titels liegende Umstände wie das unstreitige Vorbringen der Parteien heranzuziehen.

bb) Nach diesen Maßstäben ist die Auslegung des Tenors der vom Landgericht als dem Prozessgericht des ersten Rechtszugs erlassenen einstweiligen Verfügung durch das Beschwerdegericht rechtsfehlerhaft, weil das Beschwerdegericht dabei den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht hinreichend berücksichtigt und zu strenge Anforderungen an die titulierte Auskunftspflicht der Schuldner gestellt hat.

(1) Der Wortlaut des Tenors erfasst eindeutig nicht nur Tonerkartuschen eines bestimmten Kartuschentyps und nicht nur die fünf von der Gläubigerin beim Testkauf erworbenen Typen, sondern grundsätzlich sämtliche von den Schuldnern im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen. Darüber besteht zwischen den Parteien auch kein Streit. Die Parteien streiten allein darüber, wie die einschränkende Formulierung zu verstehen ist, dass diese Tonerkartuschen nicht zuvor von der L. I. Inc. oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum, sondern außerhalb dieses Territoriums in Verkehr gebracht worden sind. Die Gläubigerin ist der Ansicht, aus dieser Formulierung folge, dass die Schuldner auch zur Auskunft über Tonerkartuschen verpflichtet seien, bei denen die Möglichkeit bestehe, dass sie nicht von der Markeninhaberin oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind. Dagegen sind die Schuldner der Auffassung, aus dieser Formulierung ergebe sich, dass sie keine Auskunft über Tonerkartuschen zu erteilen hätten, bei denen sie nach zumutbaren Nachforschungen keine Kenntnis davon erlangt hätten, dass sie nicht von der Markeninhaberin oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.

(2) Das Beschwerdegericht hat angenommen, die Schuldner seien der Gläubigerin nach dem Tenor der einstweiligen Verfügung verpflichtet, Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg sämtlicher von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen zu erteilen, zu denen sie nicht über den Nachweis verfügten, dass sie von der Markeninhaberin oder einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden seien. Diese Annahme hat es mit der Erwägung begründet, im Zwangsvollstreckungsverfahren könne hinsichtlich der Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für die Erschöpfung des Markenrechts trage, nichts anderes gelten als im Erkenntnisverfahren. Zur Verteilung der Darlegungs- und Beweislast im Erkenntnisverfahren hat das Beschwerdegericht zutreffend ausgeführt, dass die Voraussetzungen der Schutzschranke der Erschöpfung nach Art. 13 Abs. 1 GMV nach den allgemeinen Regeln von demjenigen darzulegen und zu beweisen sind, der wegen einer Markenverletzung in Anspruch genommen wird. Ihm obliegt es daher, darzulegen und zu beweisen, dass die mit der Marke gekennzeichneten Waren vom Inhaber der Gemeinschaftsmarke oder mit seiner Zustimmung in der Europäischen Union in Verkehr gebracht worden sind.

Das Beschwerdegericht hat weiter mit Recht angenommen, dass eine Modifizierung der allgemeinen Beweisregel zur Gewährleistung des freien Warenverkehrs nach Art. 34 und 36 AEUV geboten ist, wenn ihre Anwendung es einem Markeninhaber ermöglichen könnte, die nationalen Märkte abzuschotten und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen. Danach obliegt - abweichend von der allgemeinen Beweisregel - dem Markeninhaber der Nachweis, dass die Waren ursprünglich von ihm oder mit seiner Zustimmung nur außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden sind, wenn der von ihm wegen einer Markenverletzung in Anspruch genommene Dritte nachweisen kann, dass die tatsächliche Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte besteht, falls er den Beweis der Erschöpfung zu erbringen hat. Die Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte kann bestehen, wenn ein Markeninhaber seine Waren über ein ausschließliches Vertriebssystem absetzt. Müsste in einem solchen Fall der wegen Markenverletzung in Anspruch genommene Dritte seine Bezugsquelle offenlegen, könnte der Markeninhaber auf seine Vertragshändler mit dem Ziel einwirken, derartige Lieferungen künftig zu unterlassen.

Die Gefahr einer Marktabschottung kann aber auch bei anderen Vertriebssystemen wie selektiven Vertriebssystemen auftreten, wenn es den ausgewählten Vertriebspartnern vertraglich untersagt ist, ihre Produkte an Zwischenhändler außerhalb des Vertriebssystems zu verkaufen (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 52/10, GRUR 2012, 626 Rn. 30 f. = WRP 2012, 81 - CONVERSE I; Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 137/10, GRUR 2012, 630 Rn. 29 f. = WRP 2012, 824 - CONVERSE II, jeweils mwN).

Das Beschwerdegericht hat angenommen, im vorliegenden Fall bestehe kein Anhalt für eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte.

Die Schuldner hätten selbst vorgetragen, dass es eine Vielzahl von Händlern gebe, die zwar nicht Vertragspartner der Gläubigerin seien, aber in rechtlich einwandfreier Art und Weise „L. “-Produkte verkauften; es handele sich demnach um einen ganz normalen freien Markt. Danach trügen die Schuldner die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die von ihnen mit der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen von der L. I.

 Inc. oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden seien. Daraus folge, dass die Schuldner aufgrund der titulierten Verpflichtung Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg sämtlicher von ihnen unter der Marke „L. “ in der Europäischen Union in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen zu erteilen hätten, es sei denn, sie legten dar und wiesen nach, dass diese Kartuschen von der L. I. Inc. oder mit deren Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden seien.

(3) Die Rechtsbeschwerde macht ohne Erfolg geltend, das Beschwerdegericht habe mit seiner Erwägung, im Zwangsvollstreckungsverfahren könne hinsichtlich der Frage, wer die Darlegungs- und Beweislast für die Erschöpfung des Markenrechts trage, nichts anderes gelten als im Erkenntnisverfahren, gegen den Grundsatz verstoßen, dass die Prüfung der materiell-rechtlichen Frage, welchen Umfang der aus einer bestimmten Verletzungshandlung hergeleitete Auskunftsanspruch hat, nicht in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden dürfe. Das Beschwerdegericht konnte die Grundsätze, die im Erkenntnisverfahren hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast für die Erschöpfung des Markenrechts gelten, ohne Rechtsfehler zur Auslegung des Vollstreckungstitels und Bestimmung des Umfangs des titulierten Auskunftsanspruchs heranziehen. Den außerhalb des Titels liegenden Umstand, dass kein Anhalt für eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte besteht, durfte das Beschwerdegericht berücksichtigen, weil er sich aus dem unstreitigen Vorbringen der Parteien im Erkenntnisverfahren ergab.

(4) Die Rechtsbeschwerde macht jedoch mit Recht geltend, die Annahme des Beschwerdegerichts, die Schuldner müssten Auskunft über sämtliche Lieferungen von mit der Marke „L. “ gekennzeichneten Waren erteilen, für die sie nicht über den Nachweis der Erschöpfung verfügten, überdehne die vom Senat in der Entscheidung „Parfümtestkäufe“ bestimmte Reichweite des Auskunftsanspruchs und führe zu einer die Schuldner unverhältnismäßig belastenden Auskunftspflicht.

Der Senatsentscheidung „Parfümtestkäufe“ (BGH, Urteil vom 23. Februar 2006 - I ZR 27/03, BGHZ 166, 233) lag eine Fallgestaltung zugrunde, bei der die tatsächliche Gefahr einer künstlichen Abschottung der nationalen Märkte bestand. Die Markeninhaberin hatte in jenem Rechtsstreit dem berechtigten Interesse der beiden Beklagten, nicht sämtliche Bezugsquellen offenlegen zu müssen, dadurch Rechnung getragen, dass sie ihr Auskunftsbegehren ausdrücklich auf Waren beschränkt hatte, die nicht von ihr oder mit ihrer Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden waren. Der Senat hat ausgeführt, die Beklagten genügten dieser Auskunftspflicht schon dann, wenn sie sich - in näher bezeichnetem Umfang - um Aufklärung bemühten. Dabei könnten die zumutbaren Nachforschungen auch zu einer negativen Erklärung des Inhalts führen, weitere Lieferanten oder Abnehmer nicht erschöpfter Waren nicht zu kennen. Dagegen müssten die Beklagten keine Auskunft über Lieferanten erteilen, bei denen sie auch nach zumutbaren Nachforschungen keine Kenntnis davon erlangt hätten, dass diese nicht erschöpfte Waren geliefert hätten (vgl. BGHZ 166, 233 Rn. 40 - Parfümtestkäufe).

Im Streitfall besteht zwar nicht die tatsächliche Gefahr einer künstlichen Abschottung der nationalen Märkte. Die titulierte Auskunftspflicht der Schuldner erstreckt sich dessen ungeachtet aus Gründen der Verhältnismäßigkeit grundsätzlich nicht auf die Erteilung einer Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg der von ihnen unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen, zu denen sie auch nach zumutbaren Nachforschungen über keine Anhaltspunkte verfügen, dass sie nicht von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.

Der Anspruch des Inhabers einer Gemeinschaftsmarke gegen den Verletzer nach Art. 102 Abs. 2 GMV, § 125b Nr. 2, § 19 Abs. 1 MarkenG auf Auskunftserteilung über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren, der auch den hier in Rede stehenden Vertrieb nicht erschöpfter Originalware erfasst (vgl. BGHZ 166, 233 Rn. 33 - Parfümtestkäufe), ist gemäß § 19 Abs. 4 MarkenG ausgeschlossen, wenn die Inanspruchnahme im Einzelfall unverhältnismäßig ist. Der auch in Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums niedergelegte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet im vorliegenden Fall eine Abwägung zwischen dem durch das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf (Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) und das Recht des geistigen Eigentums (Art. 17 Abs. 2 der Charta) geschützten Interesse der Gläubigerin als Markeninhaberin an der Erlangung der Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg rechtsverletzender Waren einerseits und dem durch das Recht auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 der Charta) und das Recht des Eigentums (Art. 17 Abs. 1 der Charta) geschützten Recht der Schuldner als Auskunftspflichtigen an der Wahrung ihrer Berufs- und Geschäftsgeheimnisse andererseits (zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vgl. BGHZ 166, 233 Rn. 39 - Parfümtestkäufe; zur Abwägung mit dem Recht auf den Schutz personenbezogener Daten nach Art. 8 der Charta vgl. BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZR 51/12, GRUR 2013, 1237 Rn. 25 = WRP 2013, 1611 - Davidoff Hot Water).

Bei dieser Abwägung ist zu berücksichtigen, dass der aus der Markenverletzung folgende Auskunftsanspruch zeitlich nicht durch die von der Gläubigerin nachgewiesene erste Verletzungshandlung begrenzt ist (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2007 - I ZR 93/04, BGHZ 173, 269 Rn. 24 und 25 - Windsor Estate).

Für die Schuldner kann die Aufklärung, ob und inwieweit sie bereits vor der nachgewiesenen ersten Verletzungshandlung Waren in Verkehr gebracht haben, die ohne Zustimmung der Markeninhaberin unter der Marke „L. “ in Verkehr gebracht worden sind, im Hinblick auf den Zeitablauf besondere Schwierigkeiten bereiten. Das Beschwerdegericht hat nicht geprüft, ob es im Streitfall unverhältnismäßig ist, von den Schuldnern zur Erfüllung der Auskunftspflicht unterschiedslos die Auskunftserteilung über sämtliche von ihnen jemals unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen zu verlangen, bezüglich derer sie nicht über den Nachweis verfügen, dass sie von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind.

Bei der Abwägung der betroffenen Interessen ist ferner zu berücksichtigen, dass die Schuldner wegen des Inverkehrbringens von mit der Marke „L. “ gekennzeichneten Tonerkartuschen zur Auskunftserteilung verpflichtet worden sind, die zwar nicht mit Zustimmung der L. I. Inc. im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht, aber von der L. I. Inc. hergestellt worden sind. Da die Schuldner die mit der Marke versehene Originalware von im Europäischen Wirtschaftsraum ansässigen Lieferanten bezogen haben, mussten sie nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass die Markeninhaberin einem Inverkehrbringen der Waren im Europäischen Wirtschaftsraum nicht zugestimmt hat und das Recht aus der Marke daher nicht erschöpft ist. Darüber hinaus sind die Interessen der Markeninhaberin weniger stark beeinträchtigt, wenn unter der Marke ohne seine Zustimmung - wie hier - keine Produktfälschungen, sondern Originalmarkenwaren vertrieben worden sind (vgl. BGHZ 166, 233 Rn. 40 - Parfümtestkäufe; zu den Begriffen Originalmarkenware und Produktfälschung vgl. BGH, GRUR 2012, 626 Rn. 21 - CONVERSE I).

Die Schuldner haben unter diesen Umständen ihre durch die einstweiligen Verfügung titulierte Auskunftspflicht bereits durch die Erklärung erfüllt, keine Kenntnis von weiteren Lieferungen nicht erschöpfter Waren zu haben, wenn sie konkret darlegen und - soweit erforderlich - beweisen, dass sie ohne Erfolg alle zumutbaren Nachforschungen angestellt haben, um festzustellen, ob die von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen nicht von der Markeninhaberin, einem hierzu ermächtigten Lizenznehmer oder einem autorisierten Distributor im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden sind. Anderenfalls sind die Schuldner zur uneingeschränkten Auskunftserteilung über die Herkunft und den Vertriebsweg der von ihnen im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Marke „L. “ in Verkehr gebrachten Tonerkartuschen verpflichtet. Eine solche Auskunftserteilung ist dann unter Abwägung der betroffenen Interessen im Blick auf die ungenügenden Nachforschungen der Schuldner nicht unverhältnismäßig.

IV. Danach ist der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen. Der Senat kann in der Sache nicht selbst abschließend entscheiden. Das Beschwerdegericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Schuldner alle zumutbaren Nachforschungen angestellt haben. Diese Feststellungen wird das Beschwerdegericht nachzuholen haben.

 

 (Unterschriften)