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Wirksamkeit von AGB-Klauseln im App-Store (Urt. v. 6. Juni 2013; Az.: 2-24 O 246/12)

Leitsätzliches

1. Eine Klausel in App-Store-AGB, die eine pauschale Einwilligung in die Update-Installation beinhält, ist unwirksam.
2. Der Verwender von AGB darf sich nicht das Recht vorbehalten, seine Leistungen jederzeit ganz oder teilweise einstellen zu dürfen.
3. Eine Einwilligung in Werbung ist nur dann wirksam, wenn sie drucktechnisch hervorgehoben und nicht auf Eigenwerbung des Anbieters beschränkt wird.

LANDGERICHT Frankfurt

Im Namen des Volkes

Urteil

Entscheidung vom 6. Juni 2013

Az.: 2-24 O 246/12

In dem Rechtsstreit

 [...]

 hat die 24. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch [...] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 25.4.13 für Recht erkannt:


Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über die Nutzung von Applikationen (Apps), bezogen von der Internetseite mit der Adresse www.samsungapps.com, sowie über die Nutzung anderer Samsung-Services mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:


1. Die Software, die Sie im Rahmen der Services nutzen, kann Updates von Samsung automatisch heruntertaden und installieren. Sie willigen ein, diese Updates im Rahmen der Nutzung des Services anzunehmen und gestatten Samsung die Bereitstellung.

2. Samsung kann die Services ganz oder teilweise einstellen.

3. Wir behalten uns das Recht vor, die Services jederzeit einzustellen oder zu ändern.

4. Bei einfacher Fahrlässigkeit haften wir nur für den typischerweise vorhersehbaren Schaden.

5. Im Gegenzug willigen Sie ein, dass Samsung in den Services Werbung schalten kann.

6. Samsung kann diese Bedingungen jederzeit ändern. Wenn Änderungen vorgenommen werden, stellt Samsung ein neues Exemplar der STORE Bedingungen ein. Neue Bedingungen werden Ihnen in den Services mitgeteilt.

7. Wenn Sie die Services von Samsung nach Eintritt der Änderungen nutzen, gilt dies als Anerkennung der aktualisierten Bedingungen durch Sie.

8. Bei einfacher Fahrlässigkeit haften wir nur für den typischerweise vorhersehbaren Schaden.

9. Vorbehaltlich der Absätze 6.1 und 6.2 ist die Gesamthaftung des Lizenzgebers unter dieser Lizenz auf den Preis, den Sie für die Applikationsnutzung zahlen, oder auf 50 € beschränkt, wobei der höhere Wert maßgeblich ist.

10. Sie erkennen an, dass die Bestimmungen von Ziffer 6 im Verhältnis zu den Gebühren der Applikation angemessen sind und dass Sie dieses Risiko
 entsprechend übernehmen bzw. versichern.

11. Der Lizenzgeber behält sich das Recht vor, die Bedingungen dieser Lizenz durch Aktualisierung der Lizenz auf seiner Website zu revidieren oder sie per Post oder E-Mail zu informieren.

12. Die fortgesetzte Nutzung der Lizenz durch Sie gilt als Annahme der revidierten Bedingungen.


Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000.- € vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand:

Der Kläger ist ein Verbraucherverband, der in die beim Bundesjustizamt geführte Liste gem. § 4 UKlaG eingetragen ist. Die Beklagte bietet auf einer Internetseite Applikationen für Mobiltelefone „Apps" an. Um dieses Angebot nutzen zu können, muss sich ein Interessent mit der Geltung der dort hinterlegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen einverstanden erklären. Diese gliedern sich in die Samsung Servicebedingungen (Anlage K 2 Bl 21ff d. A), die Apps Nutzungsbedingungen für Käufer (Anlage B 3 BI. 119ff d.A.) und die Endanwender-Lizenzvereinbarung für Applikationen (Anlage B.3 BI. 123f d. A.). In Teil 1 wird dem Nutzer unter den dort näher beschriebenen Bedingungen eine gebührenfreie Lizenz versprochen und der Nutzer erklärt sich damit einverstanden, dass (mit Einschränkungen) Werbung an ihn übermittelt wird. Laut Ziffer 11 kann von ihm verfangt werden, dass er Informationen über sich zur Verfügung stellt, bevor er die Nutzung der Dienste fortsetzen kann. In dem mit Nutzungsbedingungen für Käufer überschriebenen zweiten Teil wird , ausgeführt, dass die meisten Apps von Dritten entwickelt werden, aber sowohl bei Nutzung dieser, als auch bei der Nutzung der von der Beklagten direkt angebotenen-Apps, Software, Services, Websites, WAP und anderen Services ein Vertragsverhältnis direkt mit Samsung entsteht. Im Weiteren wird ausgeführt unter welchen Voraussetzungen man im „Store" Applikationen bestellen kann und dass diese nach Wahl an Samsung oder an den Mobilfunkanbieter bezahlt werden. In Ziffer 7.1 heißt es, dass die Applikationen nur lizenziert, aber nicht verkauft werden. Im dritten Teil, der Endanwender-Lizenzvereinbarung, erteilt die Beklagte während der Laufzeit der Apps eine begrenzte, nicht ausschließliche, nicht übertragbare Lizenz. Der Kläger verlangt Unterlassung der Verwendung einiger der im zweiten und dritten Teil verwendeten Klauseln. Auf eine Abmahnung hin hat die Beklagte teilweise eine Unterlassungserklärung abgegeben. Die von der Beklagten verteidigten Klauseln sind Gegenstand der Klage.

Der Kläger wendet sich gegen Klauseln, in denen die Beklagte sich das Recht zu Leistungsänderungen, wie automatische Updates oder Einstellung der „Services“ sowie Änderungen der Geschäftsbedingungen vorbehält (Ziffern 15, 21 der Nutzungsbedingungen für Käufer, Ziffer 10 der Lizenzvereinbarung). Damit behalte sich die Beklagte eine völlige Änderung ihrer Leistung vor und verstoße gegen den Grundsatz, dass abgeschlossene Verträge einzuhalten sind. Diese weitgehenden Änderungsvorbehalte seien insbesondere mit § 308 Nr. 4, 5 BGB nicht vereinbar. Ferner greift er die Haftungsbeschränkungen als über das gem. § 309 Nr. 7 BGB zulässige Maß hinausgehend an (Ziffer 17 der Bedingungen für Käufer, Ziffer 6 Lizenzvereinbarung). Außerdem wendet er sich gegen die in Ziffer 19.3 der Nutzungsbedingungen für Käufer vorgegebene Einwilligung zur Schaltung von Werbung im Gegenzug zu dem durch Samsung ermöglichten Zugang zu den „Services“ und deren Nutzung. Die Werbung sei drucktechnisch nicht hervorgehoben, nicht auf Eigenwerbung der Beklagten beschränkt, der Verbraucher erkenne nicht, welchen Datennutzungsprozessen er zustimmt, sogar belästigende Werbung im Rahmen eines Telefonats sei danach möglich. Dies verstoße gegen § 4a BDSG, 12f TMG, 7 II UWG.

Der Kläger beantragt:


(Anmerkung: Die in eckige Klammem (unter der Nummerierung der Klageanträge) gesetzten Ziffern sind die im Abmahnverfahren verwendeten Nummern. Mit dem in eckige Klammem gesetzten Text wird auf die Fundstellen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verwiesen. Der geklammerte kursive Text der Geschäftsbedingungen dient nur dem besseren Verständnis des Inhalts des angegriffenen Teils der Klauseln.)

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Verträge über die Nutzung von Applikationen (Apps), bezogen von der Internetseite mit der Adresse www.samsungapps.com,. sowie die Nutzung anderer Samsung-Services mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge, geschlossen nach dem 1. April 1977, zu berufen:


1.
[3]

Die Software, die Sie im Rahmen der Services nutzen, kann Updates von Samsung automatisch herunterladen und installieren.
[Diese Updates verbessern die Services und entwickeln sie weiter. Sie können in Form von Bugfixes, erweiterten Funktionen, neuen Softwaremodulen und komplett neuen Versionen bereit gestellt werden.]

Sie willigen ein, diese Updates im Rahmen der Nutzung des Services anzunehmen und gestatten Samsung die Bereitstellung.
[Samsung Apps Nutzungsbedingungen für Käufer 15. Software-Updates und Verfügbarkeit von Services 15.1]

2.
[4]

[Samsung behält sich das Recht vor, die Services zu ändern, zu erweitern und zu verbessern. Die Services sind bei Wartungsungsunterbrechungen und zu anderen Zeiten nicht erreichbar.]
Samsung kann die Services ganz oder teilweise einstellen.
[ln diesem Fall werden Sie im Voraus benachrichtigt]
[Samsung Apps Nutzungsbedingungen für Käufer 15. Software- Updates und Verfügbarkeit von Services 15.2]

3.
[15]

Wir behalten uns das Recht vor, die Services jederzeit einzustellen oder zu ändern.
[Samsung Apps Nutzungsbedingungen für Käufer 17. Haftung 17.1]

4.
[16]

[Keine Bestimmung in diesen Bedingungen schließt unsere (etwaige) Haftung ihnen gegenüber aus für
- Personenschäden oder Todesfälle aufgrund unserer Fahrlässigkeit;
- Betrug, vorsätzliches Fehlverhalten oder grobe Fahrlässigkeit;
- Sonstige Fälle zwingender Haftung, die gesetzlich nicht ausgeschlossen werden können.

Wir gewährleisten und garantieren nicht, dass die Services:
(a) mit Ihrer Hardware und Software kompatibel sind;
(b) Jederzeit oder zu bestimmten Zeiten uneingeschränkt zur Verfügung stehen;
(c) für ihm Anforderungen geeignet sind bzw. spezielle Leistungs- oder Funktionsniveaus erfüllen. Wir behalten uns das Recht vor, die Services jederzeit einzustellen oder zu ändern.]

Bei einfacher Fahrlässigkeit haften wir nur für den typischerweise vorhersehbaren Schaden.
[Samsung Appg Nutzungsbedingungen für Käufer 17. Haftung 17.1]

5.
[9]

[Samsung ermöglicht den Zugang zu den Services und deren Nutzung.]
Im Gegenzug willigen Sie ein, dass Samsung in den Services Werbung schäften kann.
[Samsung Apps Nutzungsbedingungen für Käufer 19. Werbung 19.3]

6.
[10]

Samsung kann diese Bedingungen jederzeit ändern.
Wenn Änderungen vorgenommen werden, stellt Samsung ein neues Exemplar der STORE Bedingungen ein. Neue Bedingungen werden Ihnen in den Services mitgeteilt.
[Samsung Apps Nulzungsbedingungon für Käufer 21. Änderung der Bedingungen 21.1]

7.
[11]

Wenn Sie die Services von Samsung nach Eintritt der Änderungen nutzen, gilt dies als Anerkennung der aktualisierten Bedingungen durch Sie.
[Samsung Apps Nutzungsbedingungen für Käufer 21. Änderung der Bedingungen 21.2]

8.
[12]

[Keine Bestimmung in diesen Bedingungen schließt die (etwaige) Haftung des Lizenzgebers ihnen gegenüber aus für
6.1.1 Personenschäden oder Todesfälle aufgrund der Fahrlässigkeit des Lizenzgebers;
6.1.2 Betrug, vorsätzliches Fehlverhalten oder grobe Fahrlässigkeit;
6.1.3 Sonstige Fälle zwingender Haftung, die gesetzlich nicht ausgeschlossen werden können. 6.2]

Bei einfacher Fahrlässigkeit haften wir nur für den typischerweise vorhersehbaren Schaden.
[Endanwendsr-Lizenzvereinbarung für Applikationen 6. HAFTUNGSBESCHRÄNKUNG
UND-AUSSCHLUSS 6.1].


9.
[13]

Vorbehaltlich der Absätze 6.1 und 6.2 ist die Gesamthaftung des Lizenzgebers unter dieser Lizenz auf den Preis, den Sie für die Applikationsnutzung zahlen, oder auf 50 € beschränkt, wobei der höhere Wort maßgeblich ist.
[Die Gasamthaftung umfasst die Vertrags- und Delikthaftung einschließlich Fahrlässigkeit und die Haftung für Verstöße gegen gesetzliche Pflichten, für Rückerstattung oder Sonstiges]
[Endanwender-Lizenzvereinbarung für Applikationen 6. HAFTUNGSBESCHRÄNKUNG UND - AUSSCHLUSS 6.4]

10.
[16]

Sie erkennen an, dass die Bestimmungen von Ziffer 6 im Verhältnis zu den Gebühren der Applikation angemessen sind und dass Sie dieses Risiko entsprechend übernehmen bzw. versichern.
[Endanwender-Lizenzvereinbarung für Applikationen 6. HAFTUNGSBESCHRÄNKUNG UND -AUSSCHLUSS 6.5]

11.
[18]

Der Lizenzgeber behält sich das Recht vor, die Bedingungen dieser Lizenz durch Aktualisierung der Lizenz auf seiner Website zu revidieren oder Sie per Post. oder E-Mail zu informieren.
[Wir empfehlen Ihnen, die Lizenz regelmäßig auf Änderungen zu prüfen. Die fortgesetzte Nutzung der Lizenz durch Sie gilt als Annahme der revidierten Bedingungen.]
[Endanwender-Lizenzvereinbarung für Applikationen 10, Allgemeines 10.5]

12.
[19]

[Der Lizenzgeber behält sich das Recht vor, die Bedingungen dieser Lizenz durch Aktualisierung der Lizenz auf seiner Website zu revidieren oder Sie per Post oder E-Mail zu informieren. Wir empfehlen Ihnen, die Lizenz regelmäßig auf Änderungen zu prüfen.]
Die fortgesetzte Nutzung der Lizenz durch Sie gilt als Annahme der revidierten Bedingungen.
[Endanwender-Lizenzvereinbarung für Applikationen 10. Allgemeines 10.]


Die Beklagte beantragt,


die Klage abzuweisen.


Sie ist der Ansicht, § 308 Nr. 4 BGB sei nicht verletzt. Es handele sich bei den Nutzungsbedingungen für Käufer um einen gesetzlich nicht normierten Vertragstyp, der auch kostenlose Bereitstellung von Services umfasse. Es sei deshalb von dem durch die Verkehrsauffassung geprägten Leitbild des Vertrages auszugehen. Es handele sich um ein Massengeschäft in einem äußerst schnelllebigen, auf kurzlebige Leistungen ausgerichteten Markt, der starke Flexibilität und schnelle Anpassungen erfordere. Durch die angegriffenen Klauseln werde der Vertragszweck nicht gefährdet. Die Nutzung der Services werde durch die Bereitstellung von Updates nicht geändert. Die Verbesserung der Services der Beklagten sei nur möglich, wenn deren Installation sichergestellt sei. Auf deren Einsatz habe die Beklagte keinen Einfluss. Wäre es dem Nutzer freigestellt, wäre die Programmsicherheit nicht mehr gewährleistet. Die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine Änderung der Geschäftsbedingungen würden bei einer rechtstatsächlichen Umsetzung eingehalten. § 308 Nr. 4 BGB sei nicht einschlägig, da dort nur die Änderung der versprochenen Leistung geregelt werde, nicht aber die Änderung der (Allgemeinen) Vertragsbedingungen für die Inanspruchnahme einer (gleichbleibenden) Leistung. § 308 Nr. 5 BGB sei nicht anwendbar, da diese Vorschrift nur Erklärungen von materiell-rechtlichem Inhalt erfasse. Die Haftungsbeschränkungen seien zulässig. Durch Ziffer 17.1 der Nutzungsbedingungen für Käufer sei klargestellt, dass bei Personenschäden keine Haftungsbeschränkung bei einfacher Fahrlässigkeit erfolge. Bei kostenlos zur Verfügung gestellten Apps handele es sich um eine Schenkung, bei der die Haftung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt sei. Ein praktischer Anwendungsbereich dieser Klausel sei ohnehin kaum vorstellbar. Die in Ziffer 6 der Lizenzvereinbarung geregelte Haftungsbeschränkung sei wirksam. Von den Beschränkungen in Ziffer 6.4 seien Todesfälle und Personenschäden ausgenommen und wegen Ziffer 6.1.3 die Haftung für grobe Fahrlässigkeit nicht ausgeschlossen. Die Beklagte verweist auf Ziffer 6.6, wonach die Rechte als Verbraucher unberührt bleiben.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist begründet. Dem klagebefugten Kläger stehen die gem. § 1 UKIaG geltend gemachten Unterlassungsansprüche zu:

1. Die Einwilligung zu einer automatischen Installation von Updates verstößt gegen § 308 Nr. 4 BGB, da dieser Änderungsvorbehalt ohne Rücksicht darauf vereinbart wurde, ob er für einen Verbraucher zumutbar ist. Da keinerlei Einschränkung, des Umfangs einer Änderung erfolgt, etwa auf Modifikationen der Software, kann die mit einer App angebotene Leistung über technische Anpassungen hinaus inhaltlich völlig geändert werden. So heißt es bereits in Satz 3 Ziffer 15.1, dass Updates in Form von komplett neuen Versionen bereitgestellt werden können, in den Geschäftsbedingungen hat die Beklagte sich nicht einmal dazu verpflichtet, den Kunden vorher darüber zu informieren. Die Klausel erweckt den Eindruck, er könne sich nicht dagegen wehren, dass automatisch ohne sein Wissen in seinem Mobiltelefon Programmänderungen aufgespielt werden, deren Funktion er nicht kennt. Ob die Beklagte in der Praxis Änderungen ankündigt und dem Kunden vielfach die Möglichkeit eingeräumt wird, ein update abzulehnen, ist bei der hier vorzunehmenden abstrakten Normenkontrolle ohne Bedeutung. Das Argument, dass dadurch problemlos Mängel einer App beseitigt werden können, rechtfertigt die Klausel nicht. Damit wird auch in die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers zu seinem Nachteil eingegriffen. Dadurch wird in sein Wahlrecht gem. § 437 BGB eingegriffen, das vertraglich nicht eingeschränkt werden darf (§ 475 BGB). Der Vertrag ist nach dem Leitbild eines Kaufvertrages zu beurteilen. Ein durchschnittlicher Verbraucher, der allgemeine Geschäftsbedingungen sorgfältig liest, geht davon aus, dass er einen Kaufvertrag schließt, wenn die Bedingungen als solche für „Käufer“ bezeichnet werden, es in Ziffer 6 heißt, dass er Applikationen in einem „Store“ bestellen kann und an vielen Stellen die'Art und Weise der Bezahlung geregelt ist. Dass damit auch kostenlose Bereitstellungen und das Angebot kostenloser Apps gemeint sein sollen, obwohl in diesem Teil der Bedingungen davon nie die Rede ist, erschließt sich ihm nicht. Selbst wenn er erkennen sollte, dass die Beklagte sich entgegen § 433 BGB gar nicht verpflichten will, ihm Eigentum an einem gekauften Gegenstand zu verschaffen, sondern nur ein eingeschränktes Nutzungsrecht gewähren will, erwartet er, dass das, was er gegen Bezahlung erhält, nicht nachträglich verändert wird.

2. Es verstößt ebenfalls gegen § 308 Nr. 4 BGB, dass die Beklagte sich vorbehält, ihre Leistungen ganz oder teilweise einzustellen. Das ist mit dem Leitbild eines entgeltpflichtigen Vertrages nicht vereinbar und wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Kunde im Voraus davon benachrichtigt wird. Ein Käufer geht davon aus, dass er das, was er erlangt und bezahlt hat, behalten darf. Eine Abwägung der Interessen der Beklagten an einer Änderung oder Abschaltung und der Interessen des Kunden an einer Fortsetzung der Nutzung findet nicht statt. Die Beklagte setzt einseitig ihr Interesse daran durch, ohne wichtigen Grund uneingeschränkt sämtliche in Ziffer 1.1 der Geschäftsbedingungen definierten Services kurzfristig einzustellen. Das kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass die für Apps gezahlten Preise regelmäßig gering sind. Die Nutzungsbedingungen für Käufer enthalten keine Preisobergrenze.
Entgegen der von der Beklagten vorgetragenen Ansicht lässt sich den Geschäftsbedingungen nicht entnehmen, dass sie im Wesentlichen nur einen Marktplatz organisiert, auf dem Entwickler ihre Programme anbieten, die die Kunden bestellen können oder sie die Rolle eines Mäklers einnehmen möchte. Insoweit wären dann die angegriffenen Geschäftsbedingungen entbehrlich, da sie dann entweder keine direkten Vertragsbeziehungen zu den Nutzern hätte oder nur solche eines Vermittlers, der für die vermittelte Leistung grundsätzlich nicht verantwortlich ist. Solange die Beklagte in Ziffer 1.1 betont, dass Vertragsbeziehungen nur mit ihr zustande kommen, kann sie sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie kaum darauf Einfluss nehmen könne, wenn Entwickler Apps nicht mehr zur Verfügung stellen wollen. Auf Fälle, in denen die App nach Erreichen des Vertragszwecks eingestellt wird, ist die Klausel nicht beschränkt.

3. Bezüglich der Klausel, dass die Beklagte sich das Recht vorbehält, die Services jederzeit einzustellen oder zu ändern, gilt das unter Ziffer 2 ausgeführte.

4. Die Haftungsbeschränkung bei einfacher Fahrlässigkeit auf den typischerweise vorhersehbaren Schaden in Ziffer 17.1 verstößt gegen § 309 Nr. 7a BGB, wonach eine Beschränkung bei Körperschäden ausgeschlossen ist. Bei verbraucherfeindlicher Auslegung wird nicht deutlich, dass die Haftungsbeschränkung sich nicht auf die in Ziffer 17.1. erster Aufzählungspunkt bezeichneten Fälle einer Haftung für Personenschäden oder Todesfälle aufgrund von Fahrlässigkeit beziehen soll. Ob diese Haftungsbeschränkung bei Schenkungen zulässig wäre, ist unerheblich, da die Klausel entgeltliche Verträge betrifft. Mit dem Hinweis, dass die gesetzlichen Rechte als Verbraucher von diesen Bedingungen unberührt bleiben, wird der Haftungsausschluss für Verbraucher nicht wirksam ausgenommen. Der Hinweis ist intransparent. Die Beklagte wendet sich mit ihrem Angebot in 1. Linie an Verbraucher. Auf diese sollen sich die detaillierten Regelungen über die Haftung beziehen. Welche gesetzlichen Rechte welche ihrer Bestimmungen in welchem Umfang zugunsten des Verbrauchers wieder einschränken sollen, wird nicht ausgeführt. Die Rechte des Verbrauchers müssen bestimmt und so präzise wie möglich beschreiben werden. Der abstrakte Hinweis auf „gesetzliche Rechte“ reicht nicht. Der Verbraucher erkennt nicht, dass die zuvor aufgeführten Regeln mit den gesetzlichen teilweise nicht übereinstimmen. Vielmehr nimmt er zunächst an, dass die Geschäftsbedingungen der Beklagten mit den zwingenden gesetzlichen Regeln in Einklang stehen.

5. Die Einwilligung zur Schaltung von Werbung verstößt gegen § 4a BDSG, § 12f TMG und § 7 11 UWG. Die Einwilligung erfolgt nicht in hervorgehobener Form; der Verbraucher wird nicht darüber informiert, welchen Datennutzungsprozessen er damit zustimmt. Die Einwilligung ist nicht auf Werbung für von der Beklagten angebotene Waren und Dienstleistungen beschränkt. Da die Beklagte Vertragspartner bezüglich aller genutzter Apps wird, handelt es sich um Werbung der Beklagten, wenn sie für in den Apps angebotene Leistungen/Inhalte wirbt. Dem Kunden wird nicht deutlich, dass die Hersteller der App-Inhalte Nutzerdaten erfassen und über die Beklagte darauf speziell zugeschnittene Werbung einsetzen können, auch wenn die Datenerfassung zur Nutzung der App nicht erforderlich ist. Aufgrund der Vertragsgestaltung in Ziffer 1.1 ist die Beklagte dafür verantwortlich. Die Klausel erlaubt während eines Telefonats erfolgende belästigende Werbung.

6. Der Vorbehalt, die Geschäftsbedingungen jederzeit ändern zu können, enthält einen versteckten Vorbehalt von Leistungsänderungen. Denn der Änderungsvorbehalt gilt generalisierend für alle Klauseln und somit auch für solche zum Inhalt der Leistungen der Beklagten. Der Änderungsvorbehalt ist nicht auf das nachträgliche Entstehen von Äquivalenzstörungen oder Regelungslücken beschränkt und inhaltlich völlig unbestimmt (§§ 308 Nr. 4, 307 BGB).

7. Die Zustimmungsfiktion zu Änderungen der Geschäftsbedingungen verstößt gegen § 308 Nr. 5 BGB. Dem Verbraucher wird keine Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Zustimmungserklärung eingeräumt. In den angegriffenen Geschäftsbedingungen hat die Beklagte sich auch nicht verpflichtet, den Kunden zu Beginn der Frist besonders darauf hinzuweisen, welche Bedeutung die weitere Nutzung der Services haben soll und dass es als Anerkennung der aktualisierten Bedingungen gilt, wenn die Services danach genutzt werden. Das tatsächliche Verhalten der Beklagten in einem solchen Falle bleibt bei der abstrakten Prüfung von Geschäftsbedingungen unberücksichtigt.

8. Die Haftungsbeschränkung bei einfacher Fahrlässigkeit in der Endanwender-Lizenzvereinbarung auf typischerweise vorhersehbare Schäden verstößt gegen § 309 Nr. 7a BGB. Die Formulierung in Ziffer 6.1, dass keine Bestimmung die Haftung für Personenschäden oder Todesfälle aufgrund von Fahrlässigkeit ausschließt, wird durch Ziffer 6.2 dahingehend eingeschränkt, dass bei einfacher Fahrlässigkeit nur für den typischerweise vorhersehbaren Schaden gehaftet wird. Es wird nicht deutlich, dass sich Ziffer 6.2 nicht auf Ziffer 6.1 beziehen soll.

9. Die Haftungsbeschränkung der Höhe nach auf 50.- € oder den Preis der Applikationsnutzung, falls dieser höher ist, verstößt gegen § 309 Nr. 7a und b BGB. Durch den verschachtelten Satzbau wird dem durchschnittlichen Kunden nicht deutlich, dass die Beschränkung sich nicht auf Körperschäden und Todesfälle bezieht. Die Beschränkung der Haftung bei grob fahrlässiger Pflichtverletzung der Beklagten und bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung eines Erfüllungsgehilfen ist unzulässig. Von dieser Haftungsbeschränkung wird durch Ziffer 6.1.3 keine Ausnahme für die in § 309 Nr. 7 BGB genannten Fälle gemacht. Mit der Formulierung, dass keine Bestimmung die Haftung in Fällen zwingender gesetzlicher Haftung ausschließt, wird einem durchschnittlichen Verbraucher nicht deutlich, welche Haftung damit gemeint ist oder dass die Regelung gar nur für Unternehmer gelten soll.

10. Das in Ziffer 6.5 der Lizenzbedingungen geregelte Anerkenntnis, dass die Bestimmungen in Ziffer 6 im Verhältnis zu den Gebühren der Applikation angemessen sind, verstößt gegen §§ 307 I, 308 Nr. 5, 309 Nr. 7 BGB. Der Kunde soll ins Blaue hinein anerkennen, dass eine (eingeschränkte) Entschädigung in einem angemessenen Verhältnis in dem für die Nutzung der Applikation gezahlten Betrag steht, die obengenannte Haftungsbegrenzung auf 50.- € also nicht unangemessen ist. Wie ausgeführt, ist sie jedoch unwirksam und somit unangemessen. Das Anerkenntnis stellt eine Erklärungsfiktion dar, die ohne Beachtung der in § 308 Nr. 5 BGB genannten Voraussetzungen einer Inhaltskontrolle nicht stand hält.

11. Der Vorbehalt, die Lizenzbedingungen zu revidieren, ist unwirksam. Zur Begründung wird auf Ziffer 6 der Entscheidungsgründe verwiesen.

12. Die Zustimmungsfiktion zu Änderung dieser Bedingungen ist unwirksam. Zur Begründung wird auf Ziffer 7 der Entscheidungsgründe verwiesen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 I, 709 ZPO. Die Höhe der Sicherheitsleistung folgt nicht aus dem Streitwert, sondern ergibt sich aus dem Schaden im Falle einer Vollstreckung.