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Wirksamer Kaufvertrag bei Betätigung der Option "Sofort-Kauf" bei eBay - LG Frankfurt Oder, Urteil vom 03.07.2009, Az.: 12 O 24/09

Leitsätzliches

Durch die Betätigung der Option "Sofortkauf" bei eBay kommt ein wirksamer Kaufvertrag zustande. Innere Vorbehalte des Käufers, durch die Option lediglich den Kaufgegenstand sichern zu wollen und später über einen Kauf zu entscheiden, bleiben unberücksichtigt. Wird nach dem Kauf z.B. eines Pkw, trotz Mahnung dieser nicht abgeholt und durch den Verkäufer weitere 7.500 km genutzt, steht dem Käufer kein Rücktrittsrechts zu. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass der Verkäufer den Pkw erneut bei eBay anbietet. Er kommt insoweit lediglich seiner Schadensminderungspflicht nach.

LANDGERICHT FRANKFURT ODER 

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 12 O 24/09

Entscheidung vom 3. Juli 2009

 

In dem Rechtsstreit

..., Köln

Kläger,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Terhaag & Partner, Stresemannstraße 26, 40210 Düsseldorf

gegen

..., Rüdersdorf

Beklagte,

Prozessbevollmächtigter: ...

hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) auf die mündliche Verhandlung vom 15. Mai 2009 durch den Richter am Landgericht … als Einzelrichter

für Recht erkannt:

1)
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 8.250,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Januar 2009 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges Chrysler Grand Voyager Limited 3,3 RG, FG-Nr. 1c8gyb1r71u102257 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

2)
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3)
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Kaufpreis für ein Gebrauchtfahrzeug.

Der Kläger hatte sein Gebrauchtfahrzeug der Marke Chrysler, Voyager, 3,3 RG bei einem damaligen Gesamtkilometerstand von 135.000 km bei der Internetauktionsbörse „eBay" zum Verkauf angeboten. Das Angebot enthielt die Möglichkeit, die Auktion ohne am Bieterverfahren teilzunehmen bei einem Kaufpreis von 8.750,00 € durch „Sofortkauf“ zu beenden. Das Angebot enthielt fünf Fotos und eine detaillierte Beschreibung des Fahrzeuges und der Ausstattung, sowie der Hinweis auf vorhandene technische Mängel sowie einige Beulen am Fahrzeug.

Am 12.11.2008 um 21:00 Uhr beendete die Beklagte, die unter dem Mitgliedsnamen „y…290980" bei eBay registriert ist, die Auktion durch die Inanspruchnahme der Option „Sofortkauf“. Zuvor fanden zwischen den Parteien, bzw. zwischen dem Kläger und dem Lebensgefährten der Beklagten Telefongespräche statt. In diesen haben die Parteien über die Ausstattung und den Zustand des Fahrzeuges gesprochen sowie über die in der Auktion beschriebenen Mängel des Fahrzeuges. In dem vorangegangenen Gespräch einigten sich die Parteien darüber, dass der Kläger auf seine Kosten sowohl die Hauptuntersuchung als auch die Abgasuntersuchung noch durchführt sowie ferner drüber, dass das Fahrzeug am 22.11.2008 am Wohnsitz des Klägers in Köln durch die Beklagte abgeholt wird.

Am Tag darauf, den 13.11.2008, bat die Beklagte den Kläger um die Übersendung weiterer Bilder von den Beulen am Fahrzeug. Diesem Begehren ist der Kläger in der Folgezeit nicht nachgekommen.

Am 21.11.2008 informierte der Kläger die Beklagte per E-Mail, dass er die vereinbarte Hauptuntersuchung und Abgasuntersuchung durchgeführt habe und das Fahrzeug wie vereinbart am nächsten Tag in Köln abgeholt werden könne. Die Beklagte erklärte daraufhin ebenfalls per E-Mail, dass sie wegen der nicht übersandten Fotos nicht mehr geneigt sei, das Fahrzeug abzunehmen. Der Kläger versandte daraufhin über eBay an die Beklagte eine Zahlungserinnerung. Ferner fand zwischen den Parteien, bzw. dem Lebensgefährten der Beklagten telefonischer Kontakt statt. Noch am gleichen Tag bestand der Kläger telefonisch auf Abholung des Fahrzeuges und setzte hierzu Frist auf den 30.11.2008. Der weitere Inhalt des Gesprächs ist zwischen den Parteien streitig.

Sowohl unter dem 27.11. als auch dem 14.12.2008 hatte der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug erneut bei „eBay" zum Verkauf eingestellt. Der Kläger hat das Fahrzeug indes nicht anderweitig veräußern können.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 16.12.2008 sowie letztmalig vom 07.01.2009 unter Fristsetzung bis zum 02.01.2009 wurde die Beklagte vergeblich zur Erfüllung des Vertrages aufgefordert.

Der Kläger ist mit dem Fahrzeug zwischenzeitlich weitere 7.500 km gefahren und begehrt im hier streitigen Verfahren einen um 250,00 € geminderten Kaufpreis.

Der Kläger trägt vor,

statt des zwischen ihm und der Beklagten vereinbarten Kaufpreises von 8.750,00 € sei im Hinblick auf die inzwischen mit dem Fahrzeug weiter zurückgelegten 7.500 km eine Minderung in Höhe von höchstens 250,00 € gerechtfertigt.

Er beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.500,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Januar 2009 Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs Chrysler Grand Voyager Limited 3,3 RG, FG-Nr. 1c8gyb1r71u102257 wtrp zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor,
mit der Betätigung des „Sofortkaufs" habe sie einen endgültigen Vertrag noch nicht abschließen wollen. Es sei nach den vorangegangenen Absprachen nur darum gegangen, sich das Fahrzeug endgültig zu sichern. Die Einigung über die Details habe später erfolgen sollen. In dem Telefongespräch am 21.11.2008 seien sich die Parteien einig geworden, den Vertrag nicht mehr durchführen zu wollen. Der Kläger habe gegen Ende des Gesprächs sinngemäß geäußert, „dass man das dann ja auch lassen könne“. Hierfür spreche auch das Verhalten des Klägers, der das Fahrzeug — insoweit unstreitig — sowohl am 27.11. — und mithin vor der von ihm selbst gesetzten Abholfrist am 30.11.2008 — als auch am 14.12. anderweit zum Verkauf bei eBay angeboten habe. Ferner spreche dafür, dass der Kläger sich erst mit anwaltlichem Schreiben vom 16.12.2008 an sie zum Zwecke des Vertragserfüllung gewandt habe.

Die von dem Kläger selbst eingestandene Wertminderung betrage nicht nur 250,00 E, sondern sei mit ca. 750,00 angemessen.

Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 03.06.2009 hat die Beklagte ferner hilfsweise den Rücktritt vom Kaufvertrag im Hinblick auf den in inzwischen unstreitig höheren Kilometerstand des Fahrzeuges erklärt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zu der Akte gereichten Schriftsätze und Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Kaufpreis Zug um Zug gegen Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeugs aus § 433 Abs. 2 BGB.

Die Beklagte hat durch die Betätigung der Option „Sofortkauf“ bei eBay wirksam mit dem Kläger einen Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug geschlossen (vgl. pars pro toto: BGH WTRP 2002, 363 ff.).

Soweit die Beklagte dazu vorträgt, sie habe sich durch die Betätigung nur das Fahrzeug endgültig sichern wollen, ist dies im Ergebnis unerheblich, denn auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten wollte diese das Fahrzeug auf jeden Fall erwerben. Ferner waren sich die Parteien auch unstreitig über alle wesentlichen Teile des Kaufgeschäfts einig geworden. So hat der Kläger absprachegemäß sowohl die Hauptuntersuchung als auch die Abgasuntersuchung auf eigene Rechnung noch durchgeführt und die Parteien sich bereits vorher auf einen Abholtermin am 22.11.2008 geeinigt. Ferner waren der Kaufgegenstand und der Kaufpreis zwischen den Parteien endgültig vereinbart. Daher sind weder aufschiebende noch auflösende Bedingungen ersichtlich, die dem Wirksamwerden des Kaufvertrages entgegenstehen würden. Solche hat auch die Beklagte nicht vorgetragen. Soweit sie sich dazu darauf beruft, sie habe von dem Kläger weitere Bilder am 13.11.2008 von den Beschädigungen des Fahrzeuges verlangt, ist dies deswegen unerheblich, weil diese Bedingung erst nach Abschluss des Vertrages gestellt worden ist und daher keine solche im Sinne des § 158 Abs. 1 BGB ist. Soweit die Beklagte bei Betätigung der Sofortkaufoption insoweit gegebenenfalls innere Vorbehalte gehabt hatte, ist dies für die Entscheidung unerheblich. Letztlich hat die Beklagte das Zustandekommen eines wirksamen Kaufvertrages auch nicht mehr ernsthaft in Zweifel gezogen.

Der Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises ist auch nicht durch einen Erlass — oder Aufhebungsvertrag vom 21.11.2008 erloschen. Denn die Beklagte hat die tatsächlichen Voraussetzungen eines solchen Erlass- oder auch Aufhebungsvertrages bereits nicht hinreichend dargelegt. Hierbei kann dahinstehen, ob die Beklagte sich dabei auf einen Erlassvertrag gemäß § 397 Abs. 1 BGB oder auf einen Aufhebungsvertrag berufen will. Voraussetzung für beide sind jeweils zwei übereinstimmende Willenserklärungen sowie insbesondere ein Rechtsbindungswillen auf Seiten des Klägers. Ein derartiger rechtsgeschäftlicher Wille des Klägers ist jedoch vorliegend nicht ersichtlich. Dies gilt auch dann, wenn man davon ausgeht, dass der Kläger—wie die Beklagte behauptet, bei dem Gespräch am 21.11.2008 sinngemäß geäußert habe „man könne das dann ja auch lassen" getätigt hat. Im Hinblick auf einen Erlass- oder Aufhebungsvertrag wird ein Rechtsbindungswille des Klägers nicht vermutet. Die bloße Äußerung des Klägers im Rahmen eines von der Beklagten behaupteten Streitgespräches, „das man das ja auch dann lassen könne" reicht zur Annahme eines solchen Rechtsbindungswillen nicht aus. Dies gilt umso mehr, als unstreitig der Kläger anlässlich dieses Telefonates gerade auf Erfüllung des Vertrages pochte, am gleichen Tag eine Zahlungserinnerung bei eBay einstellte und eine Abholung des Fahrzeuges zum 30.11.2008 verlangte. Daher war auch aus der subjektiven Sicht der Beklagten ersichtlich, dass der Kläger keineswegs mit der Aufhebung des Vertrages oder dem Erlass der Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung einverstanden gewesen wäre.

Hieran ändert auch nicht der Umstand, dass der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug erneut zum Verkauf bei eBay eingestellt hatte. Denn den Kläger trifft bei der Geltendmachung eines eventuellen Schadenersatzanspruches im Rahmen seiner sich aus § 254 Abs. 2 BGB ergebenden Schadensminderungspflicht die Verpflichtung, einen möglichen Schaden so gering wie möglich zu halten. Nach dem die Beklagte durch ihr Verhalten hinreichend deutlich gemacht hatte, dass sie den Kaufvertrag nicht wird erfüllen wollen, lag es sowohl im Interesse des Klägers, als auch im Interesse der Beklagten, dass der Kläger das Fahrzeug erneut zum Verkauf angeboten hat. Denn ein erfolgreicher Verkauf hätte insoweit einen möglichen Schaden zu Lasten der Beklagten verringert.

Ungeachtet der wahren Motivlage des Klägers wäre das erneute Einstellen des Fahrzeuges zum Verkauf auch nur ein geringfügiges Indiz für die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei am 21.11.2008 mit einer Aufhebung des Kaufvertrages einverstanden gewesen. Diese Indizwirkung entfällt jedoch vorliegend, weil der Kläger eine anderweite — ebenso mögliche — Motivation für sein Handeln dargelegt hat.

Ferner ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Kläger bereits am 16.12.2008 mit anwaltlichem Schreiben die Erfüllung des Kaufvertrages verlangt hat. Mithin hat der Kläger nur knapp mehr als zwei Wochen nach Ablauf der von ihm gesetzten Frist zur Abholung des Fahrzeuges bereits unter anwaltlicher Hilfe die Durchsetzung des Kaufvertrages bei der Beklagten begehrt. Auch dies spricht gegen die Behauptung der Beklagten, der Kläger sei mit der Aufhebung des Vertrages am 21.11.2008 einverstanden gewesen.

Der Kaufvertrag ist auch nicht durch die im nachgelassenen Schriftsatz der Beklagten hilfsweise erklärten Rücktritt in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden, denn der Beklagten steht ein Rücktrittsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB nicht zu. Zwar weist das Fahrzeug durch den Weitergebrauch des Klägers einen nunmehr um 7.500 km höhere Gesamtfahrleistung auf mit der Folge, dass das Fahrzeug insoweit nicht mehr die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist und insoweit ein Sachmangel im Sinne von § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB vorliegt. Gleichwohl steht der Beklagten insoweit lediglich eine angemessene Minderung des Kaufpreises zu. Zwar ist der durch den Weitergebrauch des Fahrzeuges aufgetretene Sachmangel irreparabel, so dass eine Nacherfüllung aus der Natur der Sache nicht in Betracht kommt. Ferner bedarf es auch deswegen keiner Fristsetzung. Der Geltendmachung eines Rücktrittsrechtes steht jedoch § 287 BGB entgegen. Die Beklagte befand sich nämlich durch die insoweit unstreitig erfolgte Nachfristsetzung zur Abholung des Fahrzeuges auf den 30.11.2008 seit dem 01.12.2008 in Verzug. Die weitere Ingebrauchnahme des Fahrzeuges durch den Kläger ist eine adäquat kausale Folge des Verzuges der Beklagten mit der Zahlung des Kaufpreises. Ferner steht dem Anspruch auf Rücktritt auch der Rechtsgedanke des „venire contra factum proprium" entgegen. Danach ist es der Beklagten, die sich selbst vertragswidrig verhalten hat, verwehrt, sich wegen der Fortbenutzung des Fahrzeuges durch den Kläger ihrerseits auf ein Rücktrittsrecht zu berufen. Eine dahingehende Rechtsausübung ist daher unzulässig.

Die von dem Kaufpreisverlangen des Klägers abzusetzende Minderung im Hinblick auf die von ihm mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug nach Vertragsschluss zurückgelegten Wegstrecken von insgesamt 7.500 km schätzt das Gericht gemäß § 287 ZPO auf einen Betrag in Höhe von 500,00 E. Dieser Schätzung liegen dabei zwei unterschiedliche gedankliche Berechnungsmöglichkeiten zugrunde. Stellt man die Gesamtlaufleistung in das Verhältnis zu den weiteren 7.500 km, ergibt sich ein Prozentsatz von 5,6 %. 5,6 % des ursprünglich vereinbarten Kaufpreises ergäbe einen Bruttobetrag von 490,00 €. Setzt man demgegenüber den Kaufpreis in das Verhältnis zu der vertraglich vereinbarten Gesamtlaufleistung erhält man einen Wert pro Kilometer von 0,0648. Wird dieser nun mit den weiteren gefahren 7.500 km multipliziert, ergibt sich ein Wert von 486,11 E. Beide Berechnungsmöglichkeiten liegen mithin bei einem Betrag von gerundet 500,00 E. Diesen Minderungsbetrag hält das Gericht deswegen für insgesamt angemessen, so dass ein weiterer Abzug von der Klageforderung nicht gerechtfertigt ist. Der Kläger kann daher von der Beklagten die Zahlung von 8.250,00 e Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des streitgegenständlichen Fahrzeuges verlangen.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist bekundet aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, wobei die Zuvielforderung geringfügig war und insbesondere keine besonderen Kosten verursachte, so dass es gerechtfertigt ist, der Beklagten die gesamten Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


(Unterschrift)