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LG Frankfurt a.M., Beschluss vom 10. August 2001, AZ.: 3/11 O 64/01 - Internetapotheke

Leitsätzliches

Das Landgericht Frankfurt setzt sein Verfahren um die Zulässigkeit von Online-Apotheken mit grenzüberschreitendem Versand von Medikamenten aus und legt dem EuGH die Frage vor, ob eine nationale Regelung, nach der die gewerbsmäßige grenzüberschreitende Einfuhr von apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln im Wege des Versandhandels durch zugelassene Apotheken aus anderen EU-Mitgliedsstaaten aufgrund individueller Bestellungen von Endverbrauchern per Internet untersagt ist, gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs nach Art. 28 ff. EGV verstößt.

LANDGERICHT FRANKFURT AM MAIN

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 3/11 O 64/01

Entscheidung vom 10. August 2001

 

In dem Rechtsstreit

 

des Deutschen Apothekenverbandes e. V.

 

gegen

 

1. 0800DocMorris N. V. u.a.

 

I.

Der Rechtsstreit wird gemäß § 148 ZPO ausgesetzt.

 

II.

Die Kammer legt dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung nach Art. 234 EG-Vertrag folgende entscheidungserhebliche Fragen vor:

 

1.

Verstößt eine nationale Regelung, nach der die gewerbsmäßige grenzüberschreitende Einfuhr von apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln im Wege des Versandhandels durch zugelassene Apotheken aus anderen EU-Mitgliedsstaaten aufgrund individueller Bestellungen von Endverbrauchern per Internet untersagt ist, gegen die Grundsätze des freien Warenverkehrs nach Art. 28 ff. EGV ?

 

a. Stellt ein derartiges nationales Verbot eine Maßnahme gleicher Wirkung nach Art. 28 EGV dar ?

b. Falls ein derartiges nationales Verbot eine Maßnahme gleicher Wirkung nach Art. 28 EGV darstellt: Ist Art. 30 EGV dahingehend auszulegen, daß ein nationales Verbot zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt ist, wenn vor der Auslieferung verschreibungspflichtiger Arzneimittel ein ärztliches Originalrezept bei der versendenden Apotheke eingegangen sein muß ? Welche Anforderungen sind gegebenenfalls an eine derartige Apotheke bezüglich der Bestellungskontrolle der Paketkontrolle und der Empfangskontrolle zu stellen ?

c. Sind die Fragen zu 1., 1. a), 1. b) im Lichte der Art. 28, 30 EGV anders zu beurteilen, wenn es sich um den Import von im Einfuhrstaat zugelassenen Arzneimitteln handelt, die eine Apotheke eines EU-Mitgliedstaates zuvor von Großhändlern aus dem Einfuhrstaat bezogen hat ?

 

2.

Ist es mit Art. 28 und 30 EGV vereinbar, wenn ein nationales Verbot der Werbung für den Arzneimittelversand sowie für verschreibungspflichtige und für nicht im Einfuhrstaat, aber im Herkunftsstaat zugelassene apothekenpflichtige Humanarzneimittel so weit ausgelegt wird, daß der Internet-Auftritt einer Apotheke eines EU-Mitgliedsstaates, der neben einer reinen Präsentation seines Unternehmens die einzelnen Arzneimittel mit Produktname, eventueller Rezeptpflichtigkeit, Packungsgröße und Preis beschreibt und gleichzeitig die Möglichkeit bietet; mit einem Online-Bestellformular diese Arzneimittel zu bestellen, als verbotene Werbung eingestuft wird mit der Folge, daß grenzüberschreitende internetgestützte Arzneimittelbestellungen inklusive der grenzüberschreitenden Auslieferung jedenfalls erheblich erschwert werden ?

d. Gebieten es die Art. 28 und 30 EGV, die dargestellte Internetpräsentation einer Apotheke eines EU-Mitgliedsstaates oder Teile dieser Präsentation unter Berücksichtigung von Art. 1 Abs. 3 der Richtlinie 2000/31 /EG vom 08.06.2000 (E-Commerce-Richtlinie) vom Begriff der Öffentlichkeitswerbung im Sinne der Art. 1 Abs. 3 und Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 1992/28/EWG vom 31.03.1992 (Richtlinie über die Werbung von Humanarzneimitteln) auszunehmen, um das Angebot bestimmter Dienstleistungen der Informationsgesellschaft auch praktisch zu gewährleisten ?

e. Kann eine unter Umständen nach Art. 28 und 30 EGV gebotene Beschränkung des Werbebegriffs damit begründet werden, daß Online-Bestellformulare, die nur die für eine Bestellung erforderlichen Mindestangaben enthalten und/oder andere Teile des Internetauftritts einer Apotheke eines EU-Mitgliedsstaates Verkaufskatalogen und/oder Preislisten im Sinne des Art. 1 Abs. 4 der Richtlinie 92/28/EWG gleichzusetzen sind ?

 

3.

Für den Fall, daß Teilaspekte der Internet-Präsentation einer Apotheke eines EU-Mitgliedsstaates gegen heilmittelwerberechtliche Vorgaben verstoßen, ist aus Art. 28 und 30 EGV zu folgen, daß der mit Hilfe einer solchen Präsentation stattfindende grenzüberschreitende Arzneimittelhandel trotz der verbotenen Werbung rechtlich zulässig sein muß, um den Grundsatz des freien grenzüberschreitenden Warenverkehrs effektiver zu verwirklichen ?

 

 

Gründe:

Der Rechtsstreit ist nach § 148 ZPO auszusetzen, da die Kammer dem Europäischen Gerichtshof verschiedene aus II. des Beschlusses näher ersichtliche Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechtes vorlegt, deren Beantwortung für die Entscheidung der Kammer im ausgesetzten Rechtsstreit vorgreiflich ist.

 

 

(Unterschriften)