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Nebentätigkeit Handelsvertreter, - OLG Frankfurt, Beschluss vom 15. Oktober 2003, AZ: 1 U 159/03

Leitsätzliches

Wer als Handelsvertreter ohne Zustimmung des Vertragspartners für einen Konkurrenten heimlich tätig wird, riskiert nicht nur die außerordentliche fristlose Kündigung des Handelsvertretervertrags - er riskiert unter Umständen auch seine Provisionsansprüche.

OBERLANDESGERICHT FRANKFURT a.M.

Beschluss

Verkündet am 15. Oktober 2003

in dem Rechtsstreit

...

hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main durch die Richter am Oberlandesgericht ... am 15.10.2003 beschlossen:

Der Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz wird abgelehnt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.
Der Kläger macht gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB geltend. Er war seit 1992 für die Beklagte als selbständiger Handelsvertreter in den Bereichen L... einerseits, Sachversicherungen und Finanzdienstleistungen andererseits tätig. Nach Nr. I 2 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Vertretungsvertrag (Bl. 12 d. A.) durfte der Kläger ausschließlich für die Beklagte tätig werden; nach Nr. VIII 3 der Vertragsbestimmungen sollte ein Verstoß gegen die Ausschließlichkeitsklausel einen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung darstellen. Im Jahre 1994 kamen die Parteien überein, dass der Kläger im Bereich der Sachversicherungen und Finanzdienstleistungen auch für andere Unternehmen tätig werden durfte. Die Beklagte kündigte das Vertragsverhältnis unter dem 8.11.2001 ordentlich zum 30.6.2002. Nachdem die Beklagte durch ein Schreiben der „Auskunftsstelle über ... und ... in Deutschland e. V. (...D)“ vom 2.4.2002 (Bl. 14 d. A.) erfahren hatte, dass der Kläger auch im ...ssbereich für ein anderes Versicherungsunternehmen – die u. L... a. G. – tätig geworden war, kündigte sie das Vertragsverhältnis unter dem 11.4.2002 (Bl. 6 d. A.) mit sofortiger Wirkung. Der Kläger hat den Verstoß gegen die Ausschließlichkeitsklausel bestritten, bis die für die u. tätige Zeugin Z. ihn mit Schreiben vom 16.5.2003 (Bl. 69 d. A.) bestätigt hat.

Das Landgericht hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, ein Ausgleichsanspruch bestehe nicht, weil die Beklagte wegen des Ausschließlichkeitsverstoßes berechtigt gewesen sei, das gesamte Vertragsverhältnis zu kündigen. Das Urteil ist dem Kläger am 17.6.2003 zugestellt worden. Er hat am 16.7.2003 einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die Berufungsinstanz und eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ohne jegliche Belege eingereicht; diese hat er mit Schriftsätzen vom 23.9.2003 und vom 7.10.2003 vorgelegt.

II.
Dem Kläger war die beantragte Prozesskostenhilfe zu versagen, weil seine beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).

1. Der Ausgleichsanspruch des Klägers ist nach § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB ausgeschlossen. Seine unerlaubte und verheimlichte Tätigkeit für einen mit der Beklagten konkurrierenden Lebensversicherer rechtfertigte deren fristlose Kündigung (vgl. BGHR HGB § 89a Abs. 1 wichtiger Grund 1, 5, 9, 11). Angesichts dieses schwer wiegenden, schuldhaft begangenen Vertrauensbruchs war es der Beklagten nicht zuzumuten, das Vertragsverhältnis noch bis zum Ende der ordentlichen Kündigungsfrist, dem 30.6.2002, fortzuführen (vgl. zu diesem Kriterium BGHR HGB § 89b Abs. 3 Nr. 2 wichtiger Grund 1 [unter II 1 e) der Entscheidungsgründe]). Die Ansicht des Klägers, ein Kündigungsrecht habe allenfalls für den ...ssbereich bestanden, jedenfalls müsse ihm für die übrigen, nicht dem vertraglichen Ausschließlichkeitsgebot unterliegenden Bereiche der Ausgleichsanspruch erhalten bleiben, teilt der Senat nicht. Das Vertragsverhältnis und die zugehörigen Treuepflichten sind nicht in diesem Sinne teilbar. Es handelt sich hierbei nicht um eine schwierige Rechtsfrage allgemeiner Bedeutung, deren Klärung dem Berufungs-Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsste.

2. Hinzu kommt, dass bereits gegen die Zulässigkeit des beabsichtigten Rechtsmittels und die Aussichten eines etwaigen, auf Armut gestützten Wiedereinsetzungsgesuches im Hinblick auf den eingetretenen Fristablauf sowie darauf Bedenken bestehen, dass der Beklagte bis zum Ablauf der Berufungsfrist entgegen § 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO keine Belege zu seiner Formularerklärung eingereicht und auch nicht erklärt hat, an seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen habe sich nichts geändert (vgl. BGHZ 148, 66, 69; BGH NJWE-FER 2001, 57 f. [unter II 2 der Entscheidungsgründe]; VersR 1997, 383 [unter II der Entscheidungsgründe]). Ob diese Bedenken ungeachtet dessen durchgreifen, dass der Kläger erst am 23.5.2003 Belege zu seinen Einkünften vorgelegt hatte, um eine Befreiung von der erstinstanzlich zunächst ausgesprochenen Ratenzahlungsverpflichtung zu erreichen (Bl. 76 ff. d. A.), bedarf angesichts der materiellen Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Berufung keiner Entscheidung.

3. Es besteht kein Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 574 Abs. 2, 3 ZPO).

(Unterschrift)