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BGH verhandelt erneut zum Influencer-Marketing

BGH verhandelt erneut zum Influencer-Marketing

Von Rechtsanwalt Michael Terhaag LL.M.
und Rechtsanwalt Christian Schwarz LL.M.

Der Bundesgerichtshof verhandelt am 13. Januar 2022 erneut zur Werbekennzeichnung im Influencer-Marketing. Bereits im vergangenen Jahr befasste sich der BGH mit drei Revisionsverfahren im Influencer-Marketing und verkündete am 9. September 2021 seine Entscheidungen (- die Urteile und eine umfassende Analyse finden Sie hier). Drei weitere Verfahren lagen ursprünglich noch auf den Schreibtischen der Richter in Karlsruhe. Doch in einem Fall, hinsichtlich der Influencerin Pamela Reif, nahm der klagende Verband nunmehr die Klage zurück. In den ersten beiden Instanzen vor dem Landgericht Karlsruhe (Urteil vom 21. März 2019, Az. 13 O 38/18 KfH) und dem Oberlandesgericht Karlsruhe (Urteil vom 9. September 2020, Az. 6 U 38/19) hatte der Verband noch obsiegt. Aufgrund der bereits ergangenen Entscheidungen des BGH sah sich die Klägerin jedoch wohl veranlasst, diesen konkreten Rechtsstreit nicht weiter zu verfolgen.

Darum geht es in den beiden übrigen Verfahren:

1. Revision zu: OLG Köln, Urteil vom 19. Februar 2021, Az. 6 U 103/20

Die beklagte Influencerin betreibt Kanäle unter anderem bei Instagram und YouTube. Dort befasst sich in ihren Veröffentlichungen überwiegend mit den Themen Mode und Lifestyle, aber zunehmend auch mit gesellschaftspolitischen Aspekten. Nach Feststellung des Gerichts beschäftige sie sich hauptberuflich mit Blogs, erziele jährlich sechsstellige Umsätze und ging jedenfalls in der Vergangenheit Kooperationsverträge mit Unternehmen ein. Bei Instagram veröffentlichte sie verschiedene Fotos von sich, die Modeprodukte zeigten und welche mit sog. Tags versehen waren. Über diese Tags konnten die Nutzer zu den Instagram-Accounts der Hersteller bzw. zu Dienstleistern gelangen.

Das OLG Köln hatte sich mit drei Veröffentlichungen sowie Vertragsstrafeansprüchen gegen die Influencerin zu befassen. Im Vorfeld zum Rechtsstreit hatte die beklagte Influencerin dem klagenden Verband im August 2018 eine Unterlassungserklärung abgegeben, in welchen sie sich dazu verpflichtete, es zu unterlassen, „auf Instagram Posts zu veröffentlichen, auf denen Produkte zu kommerziellen Zwecken im Bild des Posts getagged (dh mit so genannte sprechenden Links versehen) sind, ohne den kommerziellen Zweck des jeweiligen Posts, soweit sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen des Posts ergibt, beispielsweise durch die Verwendung des Hinweises, Werbung‘ oder ähnlicher Hinweise, zu verdeutlichen …“.

Streitgegenständlich sind nun drei weitere Veröffentlichungen der beklagten Influencerin, welche im Oktober 2019 bei Instagram abrufbar waren. Diese zeigten sie mit unterschiedlichen Kleidungsstücken. Auf den Fotos waren Unternehmen und Dienstleister mit Tags versehen. Der klagende Verband sah darin eine kommerzielle Veröffentlichung und forderte die Influencerin zur Abgabe einer neuen, nunmehr bezifferten, Unterlassungserklärung sowie zur Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.200 Euro auf. Die Influencerin wies dies Ansprüche überwiegend zurück und ließ ausführen, dass sämtliche auf den Bildern erkennbare Kleidungsstücke von ihr selbst erworben wurden. Lediglich bei einer Veröffentlichung seien ihr das dort gezeigte Dirndl und die Handtasche unverlangt von dem Unternehmen zugeschickt worden. Eine Unlauterkeit ergebe sich, so die Argumentation der Influencerin, insoweit allenfalls aus dem Begleittext zum Instagram-Post und der mittelbaren Verlinkung der Shop-Webseiten der Unternehmen. Im Hinblick auf diesen Text gab die Influencerin sodann eine Unterlassungserklärung ab, welche der klagende Verband jedoch als unzureichend zurückwies – und klagte.

In beiden Instanzen obsiegte der Verband. Zuletzt führte das OLG Köln aus, dass vorliegend eine Werbekennzeichnung hätte erfolgen müssen, denn die Beklagte habe die in § 5a Abs. 6 UWG geäußerte Vermutung eines kommerziellen Zwecks ihrer Kommunikation nicht entkräftet. Insbesondere habe sie nicht dargelegt, dass ein Erwerb der Bekleidungsstücke und Accessoires mit eigenen Mitteln erfolgt sei. In einem Fall wurden ihr die Gegenstände auch unstreitig zur Verfügung gestellt. Letztlich seien die Postings auch teils von einseitigem, überschwänglichen Lob für die Produkte geprägt – es fehle demnach an einem redaktionellen Charakter. Vielmehr hätten die Bilder einen überschießenden werblichen Inhalt.  Auch die Vertragsstrafe in Höhe von 10.200 Euro hielt das OLG Köln für angemessen.

Die Entscheidung des OLG Köln können Sie hier im Volltext nachlesen

 

2. Revision zu: OLG Koblenz, Urteil vom 16. Dezember 2020, Az. 9 U 595/20

Das Oberlandesgericht Koblenz hatte über die ordnungsgemäße Werbekennzeichnung diverser Beiträge der beklagten Influencerin bei Instagram zu entscheiden. Auch bei ihren Veröffentlichungen kamen Tags zu den Profilen von Unternehmen zum Einsatz. Nach Feststellung des Gerichts schloss die Influencerin Werbeverträge mit Unternehmen und betreibe das Instagram-Profil mit der Absicht, den Lebensunterhalt zu verdienen.

Das Oberlandesgericht entschied, dass die Beiträge deutlich als Werbung hätten gekennzeichnet werden müssen. Zwar habe sich das Wort „Werbung“ im Fließtext zu den veröffentlichten Bildern befunden. Dies genüge jedoch nicht, weil dieses weder farblich noch durch andere Gestaltung derart deutlich hervorgehoben und abgesetzt sei, dass der werbliche Charakter der Veröffentlichung auf den ersten Blick erkennbar war. Zudem sei nicht erkennbar, worauf sich der Begriff „Werbung“ beziehe. Denn aufgrund der Positionierung im Fließtext sei nicht ersichtlich, ob sich das Wort auch auf die im Bild verwendeten Tags beziehe. Aus diesem Grund bestätigte das OLG Koblenz das Unterlassungsurteil des Landgerichts Koblenz (LG Koblenz, Urteil vom 8. April 2020, Az. 1 HK O 45/17).

Zudem hatte das OLG Koblenz über die Angemessenheit einer Vertragsstrafe in Höhe von 15.300 Euro zu urteilen, da die Influencerin kommerzielle Inhalte zuvor kommerzielle Inhalte bei Facebook veröffentlicht hatte und sich – nach Abmahnung durch den klagenden Verband – zur Unterlassung verpflichtet hatte. Diese erachtete das Gericht als angemessen und wies somit die Berufung der Influencerin vollständig zurück.

Die Entscheidung des OLG Koblenz können Sie hier im Volltext nachlesen.

 

3. Anstehende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs

Auch, wenn die beiden nun noch zu entscheidenden Revisionen auf den ersten Blick viele Übereinstimmungen mit den ersten drei Influencer-Urteilen zu haben scheinen, gibt es doch noch ein paar Feinheiten, zu denen sich der BGH äußern könnte.

Womöglich wird sich der Bundesgerichtshof zu der bislang noch nicht abschließend geklärten Frage der konkreten Form der Werbekennzeichnung äußern. Das OLG Koblenz hielt ein „verstecken“ des Begriffs „Werbung“ im Begleittext zur Veröffentlichung für nicht ausreichend. Dass des Bundesgerichtshofs dies womöglich genauso sieht, hat er bereits in der Entscheidung Influencer I (BGH, Urteil vom 9. September 2021, Az. I ZR 90/20) angedeutet – im Übrigen unter Bezugnahme auf genau diese Entscheidung des OLG Koblenz.

Womöglich wird der BGH auch eine Aussage zu der Frage treffen, ob die Überlassung von Waren als kennzeichnungspflichtige Gegenleistung gelten – so wie es im Fall vor dem OLG Köln angenommen wurde. Vielleicht wird auch klargestellt werden, was die Karlsruher Richter unter einer „übertriebenen Werblichkeit“ einer Veröffentlichung verstehen, welche ebenfalls zu einer Kennzeichnungspflicht führen dürfte. Auch damit hatte sich das OLG Köln befasst. Dies war in den ersten drei BGH Influencer-Entscheidungen nicht ganz deutlich geworden und dürfte in der Praxis zu einigen Abgrenzungsschwierigkeiten führen.

 

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