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Keine Verwechslungsgefahr zwischen „Cali Dreams“ und „CALIROOTS" - DPMA, Beschl. v. 7.12.2020 Az.: 30 2019 222 251./35

Leitsätzliches

1.) Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG hängt neben vielen Umständen insbesondere von der Kennzeichnungskraft der rangälteren Marke ab und ihrem Bekanntheitsgrad auf dem Markt, dem Grad der Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen sowie zwischen den damit gekennzeichneten Waren und/oder Dienstleistungen und der Aufmerksamkeit, wie die Marke der fraglichen Waren und Dienstleistungen wahrgenommen wird. Die in die Prüfung der Verwechslungsgefahr einfließenden Faktoren stehen in einem Wechselverhältnis, so dass ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann.
Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr.
2.) Die Tatsache, dass einer Marke das für die Eintragung erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft zukommt, ist für die Bemessung des Schutzumfangs unerheblich und rechtfertigt für sich gesehen noch nicht die Anerkennung einer normalen Kennzeichnungskraft. Bei signifikant schwachen Marken kann aus Rechtsgründen eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sein, obwohl nach der Lebenserfahrung eine hochgradige Zeichenähnlichkeit und Verwechslungsgefahr kaum bestreiten ist.

BESCHLUSS

Entscheidung vom 7. Dezember 2020
Aktenzeichen: 30 2019 222 251.6/35

In der Widerspruchssache

[...], Stockholm, Schweden,

Widersprechende,

Verfahrensbevollmächtigte: […]

gegen

California Dreams GmbH, 40591 Düsseldorf,

Inhaberin der angegriffenen Marke,

Verfahrensbevollmächtigte:

Terhaag & Partner Rechtsanwälte, 40210 Düsseldorf,

betreffend die Marke 30 2019 222 251

hat die Markenstelle für Klasse 35 am 7. Dezember 2020 beschlossen:

Der Widerspruch wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

 

1. Gegen die Eintragung der Wortmarke 30 2019 222 251

Cali Dreams

für die Waren und Dienstleistungen -

Klasse 09: Laptophüllen; Mobiltelefonhüllen aus Stoff oder Textil; Hüllen für Smartphones; Hüllen für Tablet-Computer; Lederhüllen für Smartphones; Hüllen für Mobiltelefone; Hüllen für Laptops; Selfie-Objektive; Selfie-Stangen zur Verwendung als Zubehör für Smartphones; SeIfie-Sticks [Handstative]

Klasse 25: Halsband [Bekleidung]; Babyausstattung [Bekleidungsstücke; Bekleidung für Mädchen; Bekleidung aus Wolle; Bekleidung für Kinder; Abendbekleidung; Badebekleidung für Herren und Damen; Bekleidung aus Kaschmir; Bekleidung aus Lederimitat; Bekleidung für Kleinkinder; Bekleidung für Sportler; Gürtel [Bekleidung]; Bekleidungsstücke; Kurzärmelige T-Shirts; T-Shirts; Bedruckte T-Shirts; Pullover; Badehosen; Jacken, Mäntel, Hosen und Westen für Damen und Herren; Hosen; Damenschuhe; Kinderschuhe; Freizeitschuhe; Strickmützen; Mützen [Kopfbedeckungen]; Mützen; Socken; Jacken; Bikinis [Badebekleidung]; Bikinis; Bandanas; Bandanas [Tücher für Bekleidungszwecke]

Klasse 32: Sirup für die Zubereitung von Limonade; Limonaden; Limonadensirupe; Alkoholfreier Cidre; Alkoholfreie Getränke; Alkoholfreie Weine; Alkoholfreie Erfrischungsgetränke; Mit Vitaminen und Mineralsalzen angereicherte alkoholfreie Getränke; Alkoholfreie Fruchtgetränke; Alkoholfreie Fruchtcocktails; Alkoholfreie Cocktails; Smoothies [alkoholfreie Fruchtgetränke]; Colagetränke [alkoholfreie Getränke]; Kohlensäurehaltige, alkoholfreie Getränke; Apfelsaft [Süßmost] [Apfelsüßmost]; Alkoholfreie Traubensaftgetränke; Wassermelonensaft; Cranberry Saft; Orangensaftgetränke; Eingedickter geräucherter Pflaumensaft; Apfelsaftgetränke; Grüne Gemüsesaftgetränke; Gemüsesaftgetränke; Ananassaftgetränke; Saftgetränke aus rotem Ginseng; Limettensaft zur Verwendung bei der Zubereitung von Getränken; Tomatensaftgetränke; Fruchtsaftgetränke; Schwarzer Johannisbeersaft; Melonensaft; Mangosaft; Ingwersaftgetränke; Granatapfelsaft; Gemüsesaft; Guavensaft; Alkoholfreie sprudelnde Fruchtsaftgetränke; Alkoholfreie gemüsesafthaltige Getränke; Grapefruitsaft; Kohlensäurehaltiges Mineralwasser; Getränke auf Wasserbasis mit Teeextrakten; Kohlensäurehaltiges Wasser [Sodawasser]; Gereinigtes Trinkwasser; Aromatisiertes Mineralwasser

Klasse 35: Veranstaltung von Ausstellungen für geschäftliche Zwecke; Durchführung von Ausstellungen für Handelszwecke; Ausstellungsveranstaltung für geschäftliche Zwecke; Veranstaltung und Durchführung von Kunstausstellungen für wirtschaftliche Zwecke oder Werbezwecke; Durchführung von Ausstellungen für Werbezwecke; Organisation von Ausstellungen zum Zwecke des Warenhandels; Organisation von Veranstaltungen, Ausstellungen, Messen und Shows für kommerzielle,verkaufsfördernde und Werbezwecke

Klasse 41: Veranstaltung von Museumsausstellungen; Vermietung von Museumsstücken für Ausstellungen; Betrieb eines Museums; Betrieb von Museen und Bereitstellung von Museumsdienstleistungen; Vermietung von Museumseinrichtungen; Museumsdienstleistungen; Betrieb von Museen [Präsentationen, Ausstellungen]; Betrieb von Kunstausstellungen; Durchführung von Ausstellungen zu Unterhaltungszwecken; Betrieb von Museen [Darbietungen, Ausstellungen]; Organisation und Durchführung von Ausstellungen für Unterhaltungszwecke; Planung und Durchführung von Partys [Unterhaltung]; Organisation von Partys [Unterhaltung]; Durchführung von Musikveranstaltungen; Veranstaltung von Live-Musikshows; Veranstaltung von Musikfestivals; Organisation von Musikveranstaltungen; Film-Produktion in Studios; Betrieb von Ton-, Film-, Video- und Fernsehstudios; Vermietung von Aufnahmestudios; Betrieb eines Filmstudios; Dienstleistungen eines Fotografen; Dienstleistungen von Online-Bibliotheken, nämlich elektronische Bibliotheksdienstleistungen mit Zeitungen, Zeitschriften, Fotografien und Bildern über ein Online-Computernetzwerk; Fotografieren; Porträtfotografieren

ist von der Widersprechenden aus der für die Waren und Dienstleistungen:

Klasse 18: Regenschirme und Sonnenschirme; Gepäck, Taschen, Brieftaschen und andere Tragebehältnisse; Handtaschen; Rucksäcke; Handkoffer; Leder und Lederimitationen.

Klasse 25: Bekleidungsstücke; Schuhwaren; Hüte; Sportbekleidung; Gürtel [Bekleidung]; Tops [Bekleidungsstücke]; Unterhosen; Jacken; Schuhe [Halbschuhe].

Klasse 35: Werbung; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Bekleidungsstücke; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Bekleidungsaccessoires; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Modeaccessoires; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Schuhwaren; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Kopfbedeckungen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Taschen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Gepäckbehältnisse; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Zeitmessinstrumente; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Toilettenartikel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geräte für Hygienezwecke für Menschen; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Sportartikel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Einrichtungsgegenstände; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Möbel; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Kochgeräte; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Geschirr; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Schmuckwaren; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Spielwaren; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Haarprodukte; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Brillen und Sonnenbrillen; Wiederverkauf in Bezug auf Bücher; Einzelhandelsdienstleistungenin Bezug auf Musikinstrumente; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Regenschirme; Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf elektronische Haushaltsgeräte; Organisation von Ausstellungen zu kommerziellen und Werbezwecken.

eingetragenen Wortmarke EM 017 924 799

CALIROOTS

Widerspruch erhoben worden.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

2. Der Widerspruch ist zulässig, aber nicht begründet.

3. Die Eintragung einer Marke kann gemäß § 9 Absatz 1 Nr. 2 MarkenG gelöscht werden, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden.

4. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere der Kennzeichnungskraft der rangälteren Marke und ihrem Bekanntheitsgrad auf dem Markt, dem Grad der Ähnlichkeit zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen sowie zwischen den damit gekennzeichneten Waren und/oder Dienstleistungen und der Aufmerksamkeit, wie die Marke vom Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren und Dienstleistungen wahrgenommen wird. Die in die Prüfung der Verwechslungsgefahr einfließenden Faktoren stehen in einem Wechselverhältnis, so dass ein geringerer Grad eines Faktors durch einen höheren Grad eines anderen Faktors ausgeglichen werden kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE; GRUR 2006, 237 - PlCARO/PICASSO; BGH GRUR2012, 1040 (Nr. 25) - pjur/pure; StröbeIe/Hacker/Thiering, Markengesetz Kommentar, 12. Auflage, § 9, Rdnr. 41ff. m.w.N.). Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr.

5. Die Kennzeichnungskraft ist im Widerspruchsverfahren zu bestimmen (so ausdrücklich EuGH MarkenR 1999, 236, 239, Rdnr. 22 - LIoyd / Loints; Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, Kommentar, 12. Auflage, § 9 Rdnr. 136 ff). Dabei ist die Kennzeichnungskraft eines Zeichens stets produkt- bzw. dienstleistungsbezogen festzustellen, da sie je nach Ware oder Dienstleistung, für die das Zeichen eingetragen ist, unterschiedlich sein kann (BGH GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Als normal (durchschnittlich) sind Kennzeichnungskraft und Schutzumfang anzusehen, wenn die Marke unabhängig von der Benutzungslage, also von Hause aus uneingeschränkt geeignet ist, zur Unterscheidung der Waren und/oder Dienstleistungen ihres Inhabers von solchen anderen Unternehmen zu dienen (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, Kommentar, 12.Auflage, § 9, Rdnr. 142). Die Tatsache, dass einer Marke das für die Eintragung erforderliche Minimum an Unterscheidungskraft zukommt, ist für die Bemessung des Schutzumfangs unerheblich undrechtfertigt für sich gesehen noch nicht die Anerkennung einer normalen Kennzeichnungskraft (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, Kommentar, 12. Auflage, § 9, Rdnr. 143). Bei signifikant schwachen Marken kann aus Rechtsgründen eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen sein, obwohl nach der Lebenserfahrung eine hochgradige Zeichenähnlichkeit und Verwechslungsgefahr kaum bestreiten ist (GRUR BGH, 2012,1040 - pjur/pure; Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, Kommentar, 12. Auflage, § 9 Rdnr. 19, 136).

6. Die rangältere Wortmarke „CALIROOTS" besitzt normale Kennzeichnungskraft. Sie ist in einer für die betroffenen Waren- und Dienstleistungsbereiche üblichen Weise unter Einbeziehung von Bestandteilen mit beschreibenden oder werbenden Anklang gebildet worden und hinreichend für die Kennzeichnung dieser Produkte geeignet, Für den Schutzumfang ist zu berücksichtigen, dass ein Teil der Verbraucher den Zeichenanfang „CALI" in Zusammenhang mit der geografischen Angäbe „Kalifornien" bringt (PAVIS PROMA, EuG, T-0512/15, 22.09.2016, GRUR-Prax 2017,323 LS - SUN CALI ./. Cali co). Kalifornien hat nicht nur eine herausragende wirtschaftliche Bedeutung, der Name steht auch für einen bestimmten Lebensstil (PAVIS PROMA, BPatG, 26W(pat)026/12, 18.04.2012 - California; BPatG, 24W(pat) 120/98, 20.07.1999 - California). Der Schutzumfang der Marke „CALOROOTS" ist von daher reduziert und beschränkt sich auf die konkrete Kombination der Wortbestandteile, nicht aber auf deren Elemente im Einzelnen.

7. Benutzungsfragen sind nicht zu erörtern. Von der Registerlage der gegenseitigen Verzeichnisse ausgehend kann bei einigen der insbesondere in Klasse 25 enthaltenen Waren wegen begrifflicher Oberschneidung Identität bzw. eine enge Ähnlichkeit bestehen (Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 18. Auflage, Z.B. 32, 38, Bekleidungsstücke ./. Babylätzchen aus Stoff, identisch im Oberbegriff. EUIPO 17, BK R 424/17-2; Bekleidungsstücke ./. Handschuhe, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, noch ähnlich. BPatG 17, 29W(pat)517/15; Bekleidungsstücke ./. Spielwaren, Plüschtiere, Puppen, noch gering ähnlich. EuG 13 T 250/10 - MarkenR 2013, 477; Bekleidungsstücke ./. Sportartikel, hohe Ähnlichkeit. Zuletzt EuG 17 T 7/15). Bei einem beachtlichen Teil der für die angefochtene Marke eingetragenen Waren kommt eine Ähnlichkeit dagegen nicht in Betracht. „Selfie-Objektive; Selfie-Stangen zur Verwendung als Zubehör für Smartphones" aber auch die in Klasse 32 eingetragenen Waren stehen mit den Waren der Widerspruchsmarke in keinem Zusammenhang. Die in den Klasse 35 eingetragenen Dienstleistungen sind zumindest teilweise den im Verzeichnis der Widerspruchsmarke in Klasse 35 enthaltenen Werbe- und Einzelhandelsdienstleistungen ähnlich (Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 18. Auflage, 346, 347, Stichwort: Einzelhandelsdienstleistungen; 402, 405 Stichwort: Werbung). Eine Ähnlichkeit der Dienstleistungen eines Einzelhändlers für bestimmte Waren zu diesen Waren selbst wird in Rechtsprechung und Schrifttum zunehmend bejaht (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, Kommentar, 12. Auflage, § 9 Rdnr. 128; Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 17.Aufläge, 346, 347, Stichwort: Einzelhandelsdienstleistungen). Eine Ähnlichkeit der Dienstleistungen eines Einzelhändlers wird im Wesentlichen nur zu den Dienstleistungen eines anderen Einzelhändlers in Betracht kommen (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, Kommentar, 12. Auflage, § 9 Rdnr. 132). Maßgeblich für eine Ähnlichkeit über den Einzelhandel hinaus zu anderen Dienstleistungen wäre dann möglich, wenn diese in nicht unerheblichen Umfang auch eine Einzelhandelstätigkeit umfassen (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, Kommentar, 12. Auflage, § 9 Rdnr. 133). Das ist weitgehend bei den in Klasse 41 eingetragenen Dienstleistungen auszuschließen und bei einigen Dienstleistungen in Klasse 35 fraglich. Inwieweit jedoch die Ähnlichkeit im Einzelnen einzuschätzen ist kann dahingestellt bleiben, da auch bei unterstellter enger Ähnlichkeit aller eingetragenen Waren und Dienstleistungen der angefochtenen Marke mit den eingetragene Waren und Dienstleistungen der rangälteren Marke wegen des Abstandes der Kennzeichen Verwechslungsgefahr nicht festgestellt wird.

8. Insgesamt wird von einer normalen Aufmerksamkeit der mit den Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verbraucher ausgegangen, die nicht mit einer Berücksichtigung Kollisionen mindernder Gesichtspunkteverbunden ist.

9. Der angegriffenen Wortmarke […] steht die rangältere Wortmarke […] gegenüber.
Die Frage der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im Klang, im (Schrift-)Bild und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken können (vgl. EuGH GRUR Int. 2010, 129 Rn. 60 - La Espanola/Carbonell; BGH GRUR 2009, 1055 Rn. 26 - airdsl). In der Regel genügt bereits die hinreichende Übereinstimmung in einem Aspekt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz Kommentar, 12. Auflage, § 9 Rdnr. 268; BGH GRUR 2009, 1055 Rn. 26 - airdsl; BGH GRUR 2011, 824 Rn. 26 - Kappa; BGH GRUR 2006, 60 Rn. 17 - coccodrillo).

10. Auszugeben ist stets von der registrierten Form der Marke, die für den markenrechtlichen Schutz maßgeblich ist (vgl. StröbeIe/Hacker/Thiering, Markengesetz, Kommentar, 12. Auflage, § 9 Rdnr 229,247,378) und von dem durch diese Form vermittelten Gesamteindruck. Die rangjüngere Marke weichen in jeder Hinsicht ausreichend deutlich voneinander ab. Da zumindest „roots" und „dreams" ohne weiteres als englische Worte erkannt werden liegt auch eine an das englische angelehnte Aussprache nahe. Bei den ersten beiden Sprechsilben stimmen die dreisilbigen Marken überein. Das ist ein gewichtiges Argument für eine Ähnlichkeit, zumal diese Gemeinsamkeit die stärker beachteten Zeichenanfänge betrifft. Die Differenz der aus den Worten „root" und „dream" gebildeten Endsilben ist jedoch überaus deutlich. Vom klangschwachen Binnenlaut „r" und der gemeinsamen Pluralbildung durch angefügtes „s" abgesehen sind weitere Gemeinsamkeiten nicht vorhanden. Die weiteren Laute heben sich deutlich voneinander ab, was besonders für die für das Klangbild bedeutsameren Vokale zutrifft. Zudem handelt es sich bei „root" und „dream" auch um Wörter mit verschiedenem Sinninhalt, was auf ein Auseinanderhalten grundsätzlich förderlich wirkt. Voraussetzung für eine derartige Reduzierung der Verwechslungsgefahr durch einen abweichenden Sinngehalt ist, dass dieser vom Verkehr auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort erfasst wird und sein Verständnis keinen weitergehenden Denkvorgang erfordert. Es genügt also nicht, dass es sich lediglich um verständliche Begriffe handelt; vielmehr müssen diese in der alltäglichen Vorstellungswelt der jeweils angesprochenen Verkehrskreise so geläufig sein, dass sich die Erinnerung an ihre Bedeutung auch dann aufdrängt, wenn sie als abstrakte Kennzeichnungsmittel isoliert und schlagwortartig auftreten (Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, Kommentar, 12. Auflage, § 9 Rdnr. 307). Das ist zumindest bei dem Wort „dream" der Fall, der wegen einer überaus häufigen Verwendung in der Werbesprache auch hierzulande geläufig ist. Mit der deutschen Bedeutung Traum" hebt sich „Dreams" von englischen Wort „root" (Wurzel) ausreichend ab. Die Wörter werden auch in der Alltagssprache nicht füreinander gehalten.

Der Verkehr hat wegen des Sinninhalts der Bestandteile „Dreams" und „-ROOTS" auch keinen Anlass die Kombinationen „Cali Dreams" und „CALIROOTS" zu zergliedern und sich an den Bestandteilen „Cali" (CALI-) zu orientieren, da es sich jeweils um sprachlich verschiedene Gesamtbegriffe handelt. Eine klangliche Ähnlichkeit besteht nicht. Das trifft gleichermaßen für den visuellen Eindruck zu, den die Marken im Verkehr erwecken. Mit ihrem Zwei-Wort-Charakter und den vorhandenen Abweichungen bei insgesamt vier Buchstaben verfügt die angefochtene Marke über ein anderes Schriftbild und bereits hinreichend verändertes Wortrelief. In begrifflicher Hinsicht besteht aus den genannten Gründen ebenfalls keine Verwechslungsgefahr begründende Ähnlichkeit. Die Marken werden aus den genannten Gründen auch gedanklich nicht miteinander in Verbindung gebracht.

11. Die Marken vermitteln einen verschiedenartigen Eindruck und weisen eine relevante Ähnlichkeit nicht auf. Angesichts des auf Identitätsschutz reduzierten Schutzumfangs der Widerspruchsmarke ist ein ausreichender Abstand gewahrt, den die rangjüngere Marke zur Vermeidung von Kollision gegenüber der rangälteren Marke einzuhalten verpflichtet ist. Das Bestehen von Verwechslungsgefahr im Sinne von §§42 Abs. 1, 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 MarkenG wird nicht festgestellt und der Widerspruch gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.

 

 

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