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Auskunftsanspruch, Vorratsdatenspeicherung und die Obergrenze für Abmahnkosten - Erneute Änderungen im Urheberrecht

Auskunftsanspruch, Vorratsdatenspeicherung und die Obergrenze für Abmahnkosten

Erneute Änderungen im Urheberrecht

von Rechtsanwalt Dr. Thomas Engels, LL.M.

Der Gesetzgeber hat einige sehr umstrittene Änderungen des Urheberrechtsgesetzes beschlossen. Sie betreffen vor allem das Massenphänomen der Filesharing-Programme, also der Tauschbörsen für Musik, Filme und Software.

Seit geraumer Zeit treten insbesondere die Musikfirmen dadurch in Erscheinung, dass sie von privaten Ermittlern Urheberrechtsverstöße in Tauschbörsen ausfindig machen lassen, um die so gewonnenen Datensätze – IP-Adresse des Rechners und Anzahl und Art der getauschten Musikstücke – sodann der Staatsanwaltschaft zu übergeben. In den Verfahren nimmt die Musikindustrie sodann Akteneinsicht, um die ermittelten Adressdaten der Anschlussinhaber zu erfahren und diese mit zivilrechtlichen Abmahnungen zu überziehen.

Verschiedene Staatsanwaltschaften haben sich massiv gegen diese Vorgehensweise beschwert, da die Anzeigen gleich Waschkörbeweise eingingen. Einige Behörden haben die Aufnahme von Ermittlungen auch inzwischen ganz abgelehnt.

In diese Lücke soll nun der zivilrechtliche Auskunftsanspruch in Urheberrechtssachen treten. Dies ermöglicht den Rechteinhabern dann die Möglichkeit, ohne Staatsanwaltschaft unmittelbar an die Provider heranzutreten, um die Adressdaten des Anschlussinhabers in Erfahrung zu bringen.

Dieser Auskunftsanspruch soll jedoch unter einem Richtervorbehalt stehen, so dass abzusehen ist, dass die Gerichte an Stelle der Staatsanwaltschaften in Zukunft mit einer Flut von Auskunftsansprüchen überzogen werden. Wie diese dann damit umgehen werden, kann zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt noch nicht klar beurteilt werden.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Einschränkung, dass der Auskunftsanspruch nur bei Verletzungen „im gewerblichen Ausmaß“ greifen soll. Es wird daher an den Gerichten sein, genauer zu definieren, wann dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt ist. Denkbar ist, dass dies bei einer umfangreichen – privaten – Musiksammlung genau so der Fall sein kann wie bei vollständigen Kinofilmen.

Unklar bleibt auch, mit welchen Daten die Provider den Auskunftsanspruch erfüllen können. Denn das Bundesverfassungsgericht hat sich eindeutig dahingehend geäußert, dass die Daten der Vorratsdatenspeicherung einer strengen Zweckbindung unterliegen und nur für bestimmte, schwere Straftaten – und dazu zählen sicherlich nicht die Urheberrechtsverletzungen – verwendet werden dürfen. Grundsätzlich können die Rechteinhaber dann nur auf anderweitig, etwa zu Abrechnungszwecken gespeicherte Daten zurückgreifen. Diese wiederum dürfen bei Flatrate-Tarifen jedoch nicht mehr gespeichert werden. Insgesamt ist hier zu befürchten, dass die Daten der Vorratsdatenspeicherung daher auch für diese Zwecke missbraucht werden.

Der Auskunftsanspruch bedeutet daher ein erhebliches Maß an Unsicherheit und Rechtsunklarheit.

Noch einen Schritt weiter geht der Gesetzgeber, wenn er aus vermeintlich verbraucherschützender Sicht den Kostenerstattungsanspruch bei Abmahnungen auf eine pauschale von 100 € deckeln will. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen, wird vom Gesetzgeber aber wiederum an die bereits beim Auskunftsanspruch bestehende Schwelle des „gewerblichen Ausmaßes“ geknüpft. Dies bedeutet im Ergebnis, dass bei Greifen des Auskunftsanspruches zeitgleich dann auch die vollen Abmahnkosten geltend gemacht werden können. Ob dies dann nicht bei der Vielzahl der Fälle sein wird, muss ich erst noch zeigen.

Mit dem Entwurf hat der Gesetzgeber versucht, es allen Seiten recht zu machen. Der Auskunftsanspruch für die Rechteinhaber, der Verbraucherschutz durch Deckelung der Gebühren. Dass so ein effektiver Rechts- und Verbraucherschutz so nicht in den Griff zu bekommen sein dürfte, liegt auf der Hand. Dem Phänomen des Filesharing dürfte auf diesem Wege nicht beizukommen sein.