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Keine Haftung wegen Wettverlustes bei Schiedsrichtermanipulation - LG Paderborn, Urteil vom 22. März 2007, Az.: 5 S 26/06

Leitsätzliches

Ein Wetter hat trotz eingeräumter Manipulationen in den Spielverlauf des DFB-Pokalspiels zwischen dem SC Paderborn 07 und dem Hamburger Sportverein gegen den beklagten Schiedsrichter Hoyzer keinen Anspruch auf Schadensersatz.

Die absichtliche Manipulation von Fußballspielen durch einen Schiedsrichter mit dem Ziel der Einflussnahme auf Sportwetten stellt sicherlich eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung dar.

Dennoch scheitern Schadenersatzansprüche eines Wettbeteiligten nach Einschätzung des Gerichts im Ergebnis daran, dass der Kläger als Wettteilnehmer nicht in den Schutzbereich der verletzten Normen einbezogen ist.

vgl. zur Thematik u.a. unsere letzten beiden Beiträge unter www.aufrecht.de/5130.html und www.aufrecht.de/5239.html.

AG PADERBORN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 5 S 26/06

Entscheidung vom: 22. März 2007

In dem Rechtsstreit

...

Klägers und Berufungsklägers,

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte Terhaag & Partner, RA Michael Terhaag, LL.M., Stresemannstraße 26, 40210 Düsseldorf

gegen  

Herrn Robert Hoyzer, 

Beklagten und Berufungsbeklagten,

 hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Paderborn auf die mündliche Verhandlung vom 22. März 2007 durch ...

für Recht erkannt:

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.01.2006 verkündete Urteil des Amtsgerichts Paderborn wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.   

 

Gründe:   

Von den gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zu treffenden Feststellungen zur Tatsachengrundlage wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.   

Die zulässige, insbesondere form -und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.   

Dem Kläger steht kein Anspruch auf Schadensersatz gegen den Beklagten zu. Zwar hat der Beklagte in seiner Eigenschaft als Schiedsrichter des DFB-Pokalspiels SC Paderborn 07 gegen den Hamburger Sportverein am 21.08.2004 durch Manipulationen in den Spielverlauf eingegriffen. Für den Kläger als Teilnehmer einer sogenannten Koordinationswette bei dem Internetsportwettenanbieter „betandwin.de“ begründet dieser Umstand jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Ersatz des ihm entgangenen Wettgewinns.    

Im Einzelnen:   

1) Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB scheitert -worauf auch das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat -daran, dass weder das Vermögen, noch Forderungsrechte als sonstiges Recht i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB anerkannt sind (Palandt-Sprau, BGB, 65. Aufl. 2006, § 823, Rn. 11).   

2.) Auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Schutzgesetz besteht nicht.

a) Insbesondere hat der Beklagte keinen Betrug i.S.v. § 263 Abs. 1 StGB zum Nachteil des Klägers begangen. Der Betrugstatbestand stellt zwar ein Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB dar. Auch wurde der Beklagte in dem Strafverfahren 68 Js 451/05 Staatsanwaltschaft Berlin, in dem er zusammen mit den Drahtziehern der großangelegten Wettmanipulation angeklagt war, wegen Beihilfe zum Betrug in 6 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 5 Monaten verurteilt, die der BGH bestätigt hat. Die Urteile der Strafkammer des LG Berlin und des BGH stellen jedoch auf einen Eingehungsbetrug ab, den der Mitangeklagte des Beklagten Ante Sapina zu Lasten der Anbieter von Sportwetten begangen hat und zu dem der Angeklagte Beihilfe geleistet hat, indem er in seiner Eigenschaft als Schiedsrichter manipulativ auf die Spielverläufe der Fußballbegegnungen, auf die der Ante Sapina gewettet hatte, eingewirkt hat. Die Täuschungshandlung des Ante Sapina bestand in der Abgabe von Wettscheinen mit der konkludenten Erklärung der Manipulationsfreiheit, die bei den Mitarbeitern der einzelnen Wettbüros einen entsprechenden Irrtum erregt hat. Den betrugsrelevanten Vermögensschaden sah der BGH dabei für alle Fälle in dem sog. Quotenschaden; maßgeblich war demnach, dass der jeweilige Wettanbieter täuschungsbedingt aus seinem Vermögen eine Gewinnchance eingeräumt hat, die (unter Berücksichtigung der Preisbildung des Wettanbieters) gemessen am Wetteinsatz zu hoch war. In Fällen, in denen es zur Auszahlung von Wettgewinnen auf manipulierte Spiele gekommen ist, stellte der Quotenschaden dabei nur das notwendige Durchgangsstadium dar; der Vermögensschaden war dort darin zu sehen, dass der Wettanbieter täuschungsbedingt den Wettgewinn ausgezahlt hat, auf den der Wettende wegen der Spielmanipulation keinen Anspruch hatte, und in dieser Höhe sein Vermögen gemindert hat.   

Hieraus ergibt sich, dass die Feststellungen im Strafverfahren für den vorliegenden Fall keine Rolle spielen. Denn eine Täuschungshandlung des Beklagten oder einer seiner Mitangeklagten, die den Kläger zu einer irrtumsbedingten Hingabe von Vermögenswerten, nämlich der Teilnahme an der Sportwette bei „betandwin.de“ bewegt haben könnte, ist nicht erkennbar. Zwar mag der Kläger bei Zahlung seines Wetteinsatzes selbstverständlich davon ausgegangen sein, die zur Leitung der getippten Spiele eingesetzten Schiedsrichter würden die Spiele entsprechend ihren Berufspflichten neutral und unparteiisch leiten. Dass diese Einschätzung auf einer konkreten Täuschungshandlung des Beklagten beruht haben könnte, ist jedoch nicht ersichtlich.   

Auch unter Berücksichtigung des neuen Vorbringens in dem Schriftsatz vom 22.03.2007 vermag die Kammer einen Betrugsschaden zu Lasten des Klägers nicht festzustellen. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang vorgetragen, der Beklagte habe nach Spielende durch das Ausfüllen und die Unterzeichnung des Spielberichtsbogens zumindest gegen maßgebliche Pflichten eines jeden Profischiedsrichters verstoßen. Falls er zu diesem Zeitpunkt seine Manipulationen offen eingeräumt hätte, wozu er grundsätzlich verpflichtet gewesen wäre, wäre das streitgegenständliche Spiel zu 100 % durch den Wettbetreiber ,,betandwin.de“ bzw. den Kläger entsprechend der allgemeinen Geschäftsbedingungen aller Wettanbieter innerhalb der ersten 24 Stunden annulliert worden. Die verbleibenden 8 Wetten der dargestellten Kombiwette währen dann insgesamt richtig gewesen und der Kläger hätte den Betrag von 680,77 € gewonnen. Abgesehen von der Frage, ob die von dem Beklagten möglicherweise verletzten Pflichten eines ordentlichen Schiedsrichters Schutzgesetze zu Gunsten des Klägers als Wettteilnehmer darstellen (siehe dazu unten b)), kann auch ein Betrug zu Lasten des Klägers hieraus nicht konstruiert werden. Eine irrtumsbedingte Vermögensverfügung des Klägers könnte lediglich darin gesehen werden, dass er es in Folge des regelwidrigen Verhaltens des Beklagten unterlassen hat, gegen die Wertung des Spiels gegenüber seinem Vertragspartner „betandwin.de“ Einspruch einzulegen, um eine Annullierung des Spiels zu erreichen. Zwischen dem in Folge des unterbliebenen Einspruchs entgangenen Wettgewinn und den Vermögensvorteilen, die der Beklagte für seine Teilnahme an den Manipulationen von seinen Mitangeklagten erhalten hat, besteht jedoch keine Stoffgleichheit i.S.d. § 263 StGB, so dass ein Betrugsschaden schon aus diesem Grunde ausscheidet.   

b) Auch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den in der Schiedsrichterordnung des DFB geregelten Rechten und Pflichten eines Schiedsrichters scheidet aus. Die Schiedsrichterordnungen des DFB und der nachgeordneten Fußballverbände stellen schon kein Schutzgesetze i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB dar, die den Schutz der an Fußballwetten Teilnehmenden vor Manipulationen bezwecken. Aus dem von dem Kläger zitierten § 9 der SVO für den Berliner Fußballbund ergeben sich allenfalls allgemeine Verhaltensregeln, jedoch keine konkreten Schutzpflichten. Natürlich ist das absichtliche „Verpfeifen“ eines Spiels regelwidrig und verletzt unmittelbar die Rechte der beteiligten Vereine. Der Kläger als Wettteilnehmer ist jedoch nicht unmittelbarer Beteiligter, so dass es nicht Sinn und Zweck von Fußball- oder Schiedsrichterregeln ist, seine wirtschaftlichen Interessen zu schützen. Denn die Schiedsrichterordnungen dienen erkennbar dazu, den Spielbetrieb zu regeln, nicht jedoch den Wettbetrieb. Daher begründen sie keine Rechte zu Gunsten der Wettteilnehmer. Die Kammer verkennt nicht, dass es beim Profifußball tatsächlich schon lange nicht mehr um die reine Freude am Spiel, sondern um erhebliche wirtschaftliche und finanzielle Interessen geht. In rechtlicher Hinsicht dienen die Spielregeln, an die sich die Fußballspieler und Schiedsrichter halten müssen, jedoch nur der Gewährleistung eines fairen Wettkampes und dem Schutz der Gesundheit der Spieler. Das Ansehen von Spielern und Schiedsrichtern in der Öffentlichkeit und die Möglichkeit, mit einem fairen Kampf viel Geld zu verdienen, stellen daneben nur nachgeordnete Gründe für die Einhaltung dieser Regeln dar.   

3.) a) Ein Anspruch aus § 826 BGB scheitert ebenfalls bereits daran, dass der Kläger als Wettteilnehmer nicht in den Schutzbereich der verletzten Norm einbezogen ist.   

Die absichtliche Manipulation von Fußballspielen durch einen Schiedsrichter mit dem Ziel der Einflussnahme auf Sportwetten stellt sicherlich eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung dar.   

Dabei ist nach herrschender Meinung jedoch nur der unmittelbar Geschädigte ersatzberechtigt, nicht der nur mittelbar Geschädigte. Während noch das Reichsgericht eine Einschränkung auf einen persönlichen Schutzbereich unter Hinweis auf den umfassenden Geltungsanspruch des Sittenwidrigkeitsverdiktes verneint und „schlechthin jedem, der durch solches (sittenwidriges) Verhalten einen Schaden erleidet", einen Schadenersatzanspruch zugebilligt hat, schränken sowohl der BGH als auch die herrschende Meinung in der Literatur den Haftungsumfang unter dem Gesichtspunkt des Schutzzweckzusammenhanges ein (vgl. zum Meinungsstand Staudinger, 2003, § 826 Rn. 99 bis 111; MüKo-Wagner, WTRP, 4. Aufl. 2004, § 826 Rn. 27 bis 29). Dabei kommt es nicht auf die ratio des § 826 BGB in abstracto, sondern auf den Schutzzweck der konkret verletzten Verhaltensnorm an. Drittbetroffene sind in den Schutzbereich des § 826 BGB nicht schon dann einbezogen, wenn der Täter mit der Möglichkeit der Schädigung (auch) des Dritten, gegen den sich die schädigende Handlung nicht richtete, gerechnet hat. Diese Frage ist dem Bereich des Vorsatzes, nicht dem des Schutzzweckszusammenhanges zuzurechnen. Vielmehr kommt es darauf an, dass das Vermögen des Dritten nicht nur reflexartig, als Folge der sittenwidrigen Schädigung eines anderen betroffen wird. Selbst bzw. gerade wenn dem Täter die Schädigung Dritter bewusst ist, muss zusätzlich der Schutzzweckzusammenhang geprüft und bejaht werden, damit die Haftung des § 826 BGB ausgelöst wird (MüKo-Wagner a.a.O. Rn. 27). Damit soll der Gefahr einer exorbitanten Kumulation von Schadenersatzansprüchen begegnet werden, wenn die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung eines anderen erst einmal festgestellt ist.   

Dem Beklagten ging es vorliegend darum, durch seine Manipulationen Einfluss auf die Fußballwetten seines Mitangeklagten Sapina zu nehmen. Dabei hat er gleichzeitig in Kauf genommen, dass andere Teilnehmer an Sportwetten, die ein anderes als das von ihm beabsichtigte Ergebnis getippt haben, infolge der Manipulation keinen Gewinn erzielen konnten. Die Spielverluste anderer Sportwetter könnten daher durchaus vom bedingten Vorsatz des Beklagten umfasst gewesen sein. Andererseits dienen die Vorschriften, die der Beklagte dabei verstoßen hat, nach dem oben zu § 823 Abs. 2 BGB gesagten gerade nicht dem Schutz des Teilnehmers an Sportwetten: Einen Betrug zu deren Nachteil hat er nicht begangen, und die Regeln, denen die Schiedsrichter unterliegen, dienen der Sicherstellung des fairen Wettstreites der Fußballmannschaften, nicht aber dem Schutz des Vermögens von Personen, die auf den Ausgang der Fußballspiele gewettet haben.   

Es kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Die Rechte und Pflichten, aus deren Verletzung Schadenersatzansprüche abgeleitet werden können, richten sich, worauf auch der Rechtsgedanke des § 826 BGB selbstverständlich beruht, nach der Art der Rechtsbeziehung, die zwischen den Beteiligten besteht. Dies hat auch Einfluss darauf, inwiefern Ansprüche entstehen können, wenn in den Rechtskreis des anderen eingegriffen wird. Vorliegend bestanden zwischen dem Kläger und dem Beklagten keine unmittelbaren Rechtsbeziehungen, sondern der Beklagte war ein Teilnehmer an Sportwetten, d.h. unmittelbare vertragliche Beziehungen bestanden nur zwischen dem Kläger und dem Sportwettenanbieter ,,betandwin.de". Durch seine manipulative Einflussnahme hat der Beklagte in die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Kläger und dem Sportwettenanbieter eingegriffen, mit der Folge, dass sich die Gewinnchancen des Klägers möglicherweise zu seinem Nachteil verändert haben. Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Kläger im Verhältnis zu seinem Wettanbieter nicht eine gesicherte Gewinnaussicht, sondern lediglich eine Gewinnchance erkauft hat. Die Sportwette stellt nämlich eine Unterform des Glücksspiels dar, wie auch der BGH in seiner Entscheidung zur Strafbarkeit von ,,Oddsett-Wetten" (Urteil vom 28.11.2002 -4 StR 260/02 -NStZ 2003, S. 372) festgestellt hat. Das Zufallsmoment, so der BGH, grenze das Glücksspiel vom Geschicklichkeitsspiel ab, und für das Zufallsmoment reiche es aus, dass das Spielergebnis für den Durchschnittswetter nicht mit hinreichender Sicherheit, sondern allenfalls mit einiger Wahrscheinlichkeit vorhergesehen werden könne. Auch bei guten Kenntnissen über die Sportler und ihre Konkurrenten blieben die Ergebnisse von Sportereignisses auf Grund des vielfältigen Zusammenspiels verschiedenster Ursachen in einem Umfang unvorhersehbar, der die Einstufung entsprechender Sportwetten auch dann rechtfertige, wenn Wissen und Geschick ein begründetes Wahrscheinlichkeitsurteil über den Ausgang des Spiels erlaubten (BGH aaO NStZ 2003, S. 372, 373; hierzu auch Mosbacher, ist das ungenehmigte Veranstalten und Vermitteln von Sportwetten noch strafbar?, NJW 2006, S. 3529, 3530; Hofmann/Mosbacher, NStZ 2006, S. 249, 251). Auch die Vorschrift des § 252 BGB zeigt, dass entgangener Gewinn nicht in jedem Fall, sondern nur unter bestimmten Voraussetzungen einen ersatzfähigen Schaden darstellen kann. Der Teilnehmer an Sportwetten gibt, auch wenn er auf Grund guter Kenntnisse im sportlichen Bereich von der Richtigkeit seiner Wette überzeugt sein mag, seinen Wetteinsatz doch im Rahmen eines Glückspiels aus seinem Vermögen heraus. Dies beinhaltet, dass die Weggabe des Wetteinsatzes immer gleichzeitig mit dem Risiko verbunden ist, dass dieser verloren geht. Die Möglichkeit, mit dem Wetteinsatz einen mehrfach höheren Gewinn zu erzielen, stellt aus diesem Grund keinen rechtlich gesicherten Anspruch, sondern nur eine Gewinnchance dar. In diesem Punkt unterscheidet sich der Wettteilnehmer von dem Wettanbieter, dem in der vorliegenden Fallkonstellation durchaus Schadensersatzansprüche zustehen können, wie die strafrechtliche Verurteilung des Beklagten und seiner Mitangeklagten zeigt. Denn der Wettanbieter hat im Gegensatz zum Wettteilnehmer auf Grund der Wettverträge die reelle Aussicht, mit den Sportwetten tatsächlich einen Gewinn zu erzielen. Auf diese Gewinnaussicht haben der Beklagten und seine Mitangeklagten durch die Manipulationen eingewirkt und damit bei dem Wettanbieter einen entsprechenden Quotenschaden verursacht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insofern auf das Strafurteil des BGH in dieser Sache Bezug genommen. Die oben näher dargestellten Grundsätze vom Schutzbereich der Norm gebieten es, die Haftung des Beklagten auch deswegen einzuschränken, weil der Wetteinsatz des Klägers bzw. seine daraus resultierenden Gewinnchancen nicht zum rechtlich geschützten Vermögen gehören. Es hängt nämlich überwiegend vom Glück und Zufall ab, ob sich die mit dem Wetteinsatz erkaufte Gewinnchance realisiert. Dass der Beklagte durch seine Manipulationen versucht hat, auf den Ausgang der gewetteten Spiele Einfluss zu nehmen, ändert hieran nichts. Unabhängig davon, ob tatsächlich festgestellt werden kann, dass die Manipulationen ursächlich für den konkreten Spielausgang geworden sind, können die Manipulationen des Beklagten nicht dazu führen, dass sich eine unsichere Gewinnaussicht zu einem Anspruch auf Wettgewinn verdichtet. Aus diesem Grund hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Rückzahlung des Wetteinsatzes.   

b) Abgesehen davon würde eine Haftung des Beklagten auch voraussetzen, dass ein kausaler Schaden des Klägers festgestellt werden kann. Es handelt sich dabei, worauf das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat, nicht um die Prüfung von Reserveursachen, für die der Beklagte darlegungs- und beweisbelastet wäre. Vielmehr ist dem Kläger nur dann ein kausaler Schaden entstanden, wenn festgestellt werden könnte, dass der Hamburger Sportverein das DFB-Pokalspiel ohne die manipulativen Eingriffe des Beklagten gewonnen hätte. Grundsätzlich trägt der Kläger als Geschädigter die Beweislast dafür, dass ihm infolge des schädigenden Verhaltens ein adäquat und äquivalent kausaler Schaden entstanden ist. Auch im Hinblick auf die Besonderheiten des Falls kommen Beweiserleichterungen bis hin zu einer Beweislastumkehr nicht in Betracht.

aa) Insbesondere lassen sich aus dem unstreitigen Sachverhalt keine Rückschlüsse auf den mutmaßlichen Ausgang des Spieles ziehen, die die Anwendung eines Anscheinsbeweises rechtfertigen könnten. Auch der Spielverlauf zwischen ungleich starken Fußballmannschaften ist nicht vorhersehbar. Dies ist auch der Grund dafür, dass die Sportwette, wie bereits dargelegt, als Unterform des Glücksspiels angesehen wird. Die Tatsache, dass der Beklagte manipulativ auf den Spielablauf eingewirkt hat, ändert nichts an der Unvorhersehbarkeit des Ausgangs von Fußballspielen. Gerade das Strafverfahren gegen den Beklagten und seine Mitangeklagten hat gezeigt, dass die Manipulation keineswegs in jedem Fall gelingen muss; trotz beträchtlicher Eingriffe in das Spielgeschehen hatten die manipulierten Spiele häufig nicht das gewünschte Ergebnis. Dem Beklagten selbst ist es bei 8 Manipulationsversuchen nur in 4 Fällen gelungen, das vereinbarte Ergebnis zu erreichen. Dies hat den BGH zu der Aussage veranlasst, dass die Manipulation eines Spielgeschehens nur die Wahrscheinlichkeit eines bestimmten Spielausgangs um einen - regelmäßig erheblichen -Grad erhöhen könne (vgl. S. 19 des Strafurteils gegen den Beklagten). Auch vorliegend hat der SC Paderborn 2 Tore aus eigener Kraft geschossen, während der Beklagte beim Stand von 0:2 und 2:3 jeweils unberechtigte Elfmeter für den SC Paderborn gegeben hat. Auch der Einfluss des umstrittenen Platzverweises für den HSV-Spieler Mpenza (den der Beklagte als berechtigt verteidigt) auf den Spielverlauf ist nicht einschätzbar; häufig genug gelingt es auch Mannschaften in Unterzahl, einen Sieg oder ein Unentschieden zu erringen. Hinzu kommt der häufig beobachtete Effekt, dass im DFB-Pokalturnier die vermeintlich schwächere Mannschaft gewinnt, so dass regelmäßig Erstligisten frühzeitig aus dem Turnier ausscheiden. Für einen Anscheinsbeweis, dass das Spiel ohne Manipulation anders - und zwar im Sinne des Klägers - ausgegangen wäre, ist daher kein Raum.   

bb) Auch eine Beweislastumkehr kommt nicht in Betracht. Bei der Beweislastumkehr, die auf richterlicher Rechtsfortbildung beruht, handelt es sich um eine Abweichung von der gesetzlichen Ausgangslage, die jeweils nur für einzelne Fallgruppen zur Anwendung kommen kann. Eine Beweislastumkehr im Einzelfall, also aus Gründen der Gerechtigkeit oder der Billigkeit des einzelnen Prozesses ist daher abzulehnen (MüKo-Prütting, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 286, Rn. 122). In der Rechtsprechung vornehmlich diskutiert wird sie im Rahmen der Haftung bestimmter Berufsgruppen, insbesondere der Arzthaftung. Anerkannt ist sie z.B. für den Nachweis der Kausalität, wenn dem Arzt schuldhaft ein grober Behandlungsfehler unterlaufen ist. Ausgangspunkt für die Haftungsverlagerung im Arzthaftungsprozess ist zum einen die Eigentümlichkeit des ärztlichen Handelns, dass sich weder aus einem medizinischen Zwischenfall noch aus einem therapeutischen Misserfolg der Schluss auf ein pflichtwidriges Verhalten des Arztes ziehen lässt; ferner die Tatsache, dass der Patient nur begrenzten Einblick in das Tun des Arztes hat. Allgemein gesprochen kommt eine Beweislastumkehr dort in Betracht, wo der Arzt Mittel einsetzt, für deren Tauglichkeit er so wie jeder andere Vertragsschuldner einstehen muss, weil die schadenursächliche Handlung des Arztes in ihrer Handhabung und Wirkung auf den Patienten „voll beherrschbar" gewesen war. Zu berücksichtigen ist auch stets das Gebot der Waffengleichheit, dem im Arzthaftungsprozess gesteigerte Bedeutung zukommt (vgl. Laufs/Uhlenbrock, Handbuch des Arztrechts, 3. Auflage 2002, § 107, Rn. 4, 5). Die Rechtsprechung zum groben Behandlungsfehler wurde von der Rechtsprechung zudem erstreckt auf die Verletzung sonstiger Berufspflichten, die ähnlich wie beim Arztberuf, auf die Bewahrung anderer vor Gefahren für Körper und Gesundheit gerichtet sind (BGH NJW 1973, S. 1688). Auch für den Bereich der Produkthaftung obliegt dem Hersteller der Nachweis für das Nichtvorliegen des Verschulden-, wenn bei bestimmungsgemäßer Verwendung eines Industrieprodukts eine Person oder Sache dadurch geschädigt wird, dass das Produkt fehlerhaft hergestellt war (sog. Hühnerpestfall, NJW 1969, S. 269). Für den Bereich vertraglicher Aufklärungspflichten soll derjenige, der die vertragliche Hinweispflicht verletzt, auch das Risiko der Unaufklärbarkeit des Ursachenzusammenhanges zumindest insoweit tragen, als in Frage steht, wie der andere Teil für den Fall pflichtgemäßer Aufklärung gehandelt hätte (BGH NJW 1973, S. 1688, 1689). Eine allgemeine Regel, dass das Risiko des nicht voll aufklärbaren Sachverhalts stets dem zur Last fallen soll, der es durch sein pflichtwidriges Verhalten geschaffen habe, lässt sich jedoch nicht aufstellen (BGH NJW 1984, S. 432, 433); auch für den Bereich des § 826 BGB wird eine grundsätzliche Beweislastumkehr, soweit ersichtlich, nicht diskutiert.   

Es lässt sich jedoch die allgemeine Regel aufstellen, dass eine Beweislastumkehr nur dann in Betracht kommt, wenn und soweit Wesen und Inhalt der materiellen Schutznorm und der in ihr enthaltenen Verhaltensanweisung es gebieten, dem Schädiger aufgrund der von ihm geschaffenen unklaren Beweislage die Sachverhaltsaufklärung und ihre Risiken aufzuerlegen (BGH NJW 1984, S. 432,433).   

Hieraus ergibt sich, dass eine Beweislastumkehr vorliegend nicht in Betracht kommt. Die Beweisschwierigkeiten bestehen nicht infolge der Manipulation des Beklagten, sondern beruhen auf den Eigenheiten des Fußballspiels und der Unvorhersehbarkeit des Ausgangs von Spielen. Genau aus diesem Grund handelt es sich bei der Fußballwette – s.o. - um ein Wettspiel und nicht um ein Geschicklichkeitsspiel. Hinzu kommt, dass die Berufspflichten, die der Beklagte verletzt hat, nicht speziell dem Schutz von Teilnehmern an Fußballwetten dienen, sondern in erster Linie dem Schutz der beteiligten Mannschaften und Spielern und nur mittelbar dem Ansehen des Berufsstandes der Schiedsrichter in der Allgemeinheit. Auch wenn im Einzelfall Manipulationen erfolgreich waren, war das Spielgeschehen für den Beklagten gleichwohl nicht voll beherrschbar, wie die zahlreichen misslungenen Versuche belegen. Hinzu kommt, dass die Beweislastumkehr vornehmlich dort diskutiert wird, wo es um den Schutz von Körper und Gesundheit geht - besonders wichtige Schutzgüter also - vorliegend der Kläger jedoch sein Vermögen und nicht die Gesundheit der beteiligten Fußballspieler geschützt wissen will.   

cc) Die Erhebung der vom Kläger in II. Instanz angebotenen Beweise war nicht nur wegen der fehlenden Schutzwürdigkeit der klägerischen Gewinnchance entbehrlich. Weder aus den Aussagen Trainers Toppmöller oder des Spielers Mpenza, noch aus einer Inaugenscheinnahme des Fußballspiels ließe sich der sichere Schluss ziehen, dass der Hamburger Sportverein das Spiel ohne die Manipulationen gewonnen hätte. Ein Spielausgang ist nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit voraussehbar und hängt von so vielen verschiedenen Faktoren ab, dass eine definitive Aussage im Sinne eines Beweises auch durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht zu erbringen wäre.   

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziffer 10, 71 3 ZPO.  

(Unterschriften)