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LG Hamburg, Urteil vom 2. September 2003, AZ: 312 O 271/03 - Verwendung von ag-Domain durch GmbH

Leitsätzliches

Die Verwendung der Bezeichnungen "tipp.AG" aber auch "tipp.ag" im geschäftlichen Verkehr sind nach Einschätzung des Gerichts in der konkret angegriffenen Schreibweise einer GmbH wegen Irreführung zu untersagen.

 

 

Aktenzeichen 312 0 271/03

LANDGERICHT HAMBURG

 

Urteil

vom 2. September 2003

 


In der Sache

...

gegen

...


erkennt das Landgericht Hamburg, Zivilkammer 12 auf die mündliche Verhandlung

vom 12.8.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht ... den Richter ...

den Richter ...


für Recht:


I. 1. Die Beklagte wird verurteilt. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der

Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses

nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis

zu 6 Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens € 250.000.-; Ordnungshaft

insgesamt höchstens 2 Jahre)

zu unterlassen,

 

im geschäftlichen Verkehr die Zeichen „tipp.AG" oder „tipp.ag" als

geschäftliche Bezeichnung oder sonstiges Kennzeichen zu verwenden,

insbesondere unter dieser Bezeichnung einen Teledienst zu betreiben, der

interessierten Kunden die Teilnahme an Lottospielgemeinschaften ermöglicht.

 

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen,

 

a) auf welche Weise und wann und mit welcher Dauer sie die Zeichen „tipp.AG“

oder „tipp.ag" seit dem 5. August 2003 als geschäftliche Bezeichnung oder als

sonstiges Kennzeichen genutzt hat bzw. inwiefern sie für dieses Zeichen

geworben hat;

b) wie viele Nutzer sich seit dem 5. August 2002 über den unter der

Internetadresse „http://www.tipp.ag“ abrufbaren Online-Dienst bei Ihr als

Kunden registrieren ließen;

c) in welcher Höhe sie durch die Inanspruchnahme von Leistungen durch diese

Kunden einen Umsatz erzielt hat;

 

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin

alle Schäden zu ersetzen, die Ihr seit dem 5. August 2002 durch die in Ziff. 1

beschriebenen Handlungen entstanden sind und/oder noch entstehen werden.

 

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil Ist gegen Sicherheitsleistung von € 100.000,00 vorläufig

vollstreckbar.


und beschließt:


Der Wert des Streitgegenstandes wird für den Unterlassungsantrag (Klagantrag zu

1.) auf € 90.000,-. für den Auskunftsantrag (Klagantrag zu 3.) auf € 10.000,00

und für den Feststellungsantrag (Klagantrag zu 4.) auf € 20.000 festgesetzt.


T a t b e s t a n d


Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten zur Verwendung der

Bezeichnung "tipp.AG" und/oder „tipp.ag", insbesondere zur Kennzeichnung eines

Teledienstes, der Kunden die Teilnahme an Lottospielgemeinschaften ermöglicht.

Die Klägerin, die u.a. ebenfalls über das Internet Lottospielgemeinschaften

organisiert und die Teilnahme daran anbietet; nimmt die Beklagte auf

Unterlassung und Auskunft in Anspruch und begehrt die Feststellung der

Schadensersatzpflicht der Beklagten dem Grunde nach.

Die Beklagte tritt im Internet wie aus den Anlagen K 3 bis K 8 ersichtlich in

Erscheinung. Bei dem Domain-Bestandteil ..ag" handelt es sich um eine

Länderkennung (Top-Level-Domain) für Antigua & Barbuda, für die von der

zuständigen Vergabestelle u.a. damit geworben wird, dass sie einer Abkürzung für

in Deutschland und Österreich bestehende Kapitalgesellschaften

(Aktiengesellschaften) entspreche. Auf eine Abmahnung der Klägerin hin (Anlage K

13) gab die Beklagte die aus der Anlage K 14 ersichtliche eingeschränkte

Unterlassungsverpflichtungserklärung ab, mit welcher sie sich verpflichtet hat,

es zu unterlassen, im Rahmen ihres Internet-Angebotes den Urhebervermerk „© 2003

tipp.ag“ zu verwenden und/oder die Bezeichnung „tipp.ag“ in der linken oberen

Ecke der Homepage ohne die nebenstehende Erklärung „Ihre starke

Tipp-Abgabegemeinschaft" zu verwenden.

Unter Hinweis darauf, die Beklagte erwecke durch die von ihr genutzte

Bezeichnung "tipp.AG" den auch durch sonstige, angeblich erklärende Hinweise

nicht ausgeräumten Eindruck, es handele sich bei ihr um eine Aktiengesellschaft,

wodurch die angesprochenen Kunden, die derartigen Unternehmen ein besonderes

Vertrauen entgegen brächten, in die Irre geführt würden, erwirke die Klägerin

die einstweilige Verfügung der Kammer vom 3.3.2003, durch welche der Beklagten

die Verwendung des Zeichens „tipp.AG“ als geschäftliche Bezeichnung oder

sonstiges Kennzeichen verboten worden ist. Wegen der Einzelheiten wird auf die

einstweilige Verfügung verwiesen. Nach Widerspruch der Beklagten hat die Kammer

die einstweilige Verfügung mit Urteil vom 6.5.2003, auf das verwiesen wird,

bestätigt. Mit der vorliegenden Klage verfolgt die Klägerin ihren

Unterlassungsanspruch in weiterem Umfang auch bezogen auf den klein

geschriebenen Domainbestandteil „.ag“ in der Hauptsache weiter und macht die o.

g. Folgeansprüche geltend.

Sie wiederholt ihr Vorbringen aus dem Verfügungsverfahren und ist der

Ansicht, der Verkehr werde auch dann über die Gesellschaftsform der Beklagten in

die Irre geführt, wenn die Beklagte die Buchstaben „ag“ innerhalb der

Bezeichnung „tipp.ag" nicht in Großbuchstaben, sondern ebenfalls in

Kleinbuchstaben verwende. Die Bezeichnung „Abgabegemeinschaft“ sei dem Verkehr

als solche nicht bekannt, weshalb er die Abkürzung „ag“ auch nicht darauf

beziehe. In der Folge stell er auch zwischen dem Zusatz „Ihre starke Tipp-Abgabe

Gemeinschaft“ und der Abkürzung „ag“ keine Verbindung der. Daran, dass

potenzielle Kunden getäuscht würden, könne deshalb kein ernsthafter Zweifel

bestehen. Das sei auch wettbewerbsrechtlich relevant. Mit einer

Aktiengesellschaft verbinde der Verkehr ein größeres und im Zweifel auch

seriöseres Unternehmen. Sie sei als Wettbewerberin unmittelbar verletzt.

Die Klägerin beantragt,

 

1.

Die Beklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung der gesetzlichen Ordnungsmittel

zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Zeichen „tipp.AG“ oder „tipp.ag“

als geschäftliche Bezeichnung oder sonstige Kennzeichen zu verwenden,

insbesondere unter dieser Bezeichnung einen Teledienst zu betreiben, der

interessierten Kunden die Teilnahme an Lottspielgemeinschaften ermöglicht;

2.

a) auf welche Weise und wann und mit welcher Dauer die die Zeichen „tipp.AG“

oder „tipp.ag“ seit dem 5. August 2003 als geschäftliche Bezeichnung oder als

sonstiges Kennzeichen genutzt hat bzw. inwiefern sie für dieses Zeichen

geworben hat;

b) wie viele Nutzer sich seit dem 5. August 2002 über den unter der

Internetadresse „http://www.tipp.ag“ abrufbaren Online-Dienst bei ihr als

Kunden registrieren ließen:

c) in welcher Höhe sie durch die Inanspruchnahme von Leistungen durch diese

Kunden einen Umsatz erzielt hat;

3.

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden

zu ersetzen, die ihr seit dem 5. August 2002 durch in Ziffer 1. beschriebenen

Handlungen entstanden sind und/oder noch entstehen werden.

 

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Klage abzuweisen.

 

Sie trägt vor, es fehle an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis der

Parteien. Während die Klägerin im Wesentlichen elektronische Lottoscheine

Einzelner annehme, biete die Beklagte die Teilnahme an Lottospielgemeinschaften

an. Die Kundenkreise der Parteien seien daher verschieden.

In der Sache liege eine Irreführung nach § 3 UWG nicht vor. Sie verwende die

Abkürzung „ag“ als Abkürzung für Abgabegemeinschaft, was dem Verkehr auch

deutlich werde. Auf jeder Internetseite stehe stets der Hinweis, „Ihre starke

Tipp -Abgabegemeinschaft“. Mit Rücksicht auf die vielfältigen Bedeutungen, für

welche die Abkürzung „ag“ stehen könne, werde der Verkehr durch die verwendete

Bezeichnung nicht in die Irre geführt. Der Internetnutzer wisse zwar um die

Bedeutung von Toplevel-Domains, kenne aber die Toplevel-Domains „.ag“ in der

Regel nicht. Er komme damit erst in Berührung, wenn er die Internetseiten der

Beklagten aufsuche, wo eine Irreführung keinesfalls mehr stattfinde. Der

Gattungsbegriff „Tipp“ dürfe aus handelsrechtlichen Gründen zur Kennzeichnung

einer Aktiengesellschaft nicht verwendet werden. Die Verwendung des generischen

Begriffs „tipp“ mit der Toplevel-Domain „.ag“ könne nicht zu einer Irreführung

über die Gesellschaftsform der Beklagten führen. Der Verkehr erkenne, dass die

streitige Angabe allein nach der Art eines Lables bzw. einer Marke genutzt

werde. Da im Streitfall kein Geschäft des täglichen Bedarfs angeboten werde,

könne das Gericht die Frage des Verkehrsverständnisses nicht aus eigener

Sachkunde beurteilen. Im Impressum und auf der Anmeldungsseite werde zudem

deutlich auf die Rechtsform der Beklagten, die ... GmbH, hingewiesen. Sie

verwende dort wie an anderer Stelle auch die Bezeichnung „tipp.ag“ in der

Schreibweise mit Kleinbuchstaben, was hinreichend deutlich mache, dass die

Kennzeichnung als von der Domain abgeleitete Produktbezeichnung genutzt werde,

ohne einen Hinweis auf die Rechtsform zu enthalten.

Keinesfalls sei die angegriffene Bezeichnung von wettbewerbsrechtlicher

Relevanz. Dem Nutzer kommt es nicht darauf an, ob er seinen Tipp für eine

Aktiengesellschaft oder eine GmbH abgebe. Wolle er sich an einer

Abgabegemeinschaft beteiligen, werde er im Rahmen der Führung durch die

notwendige Anmelderoutine hinreichend über die Gesellschaftsform der Beklagten

aufgeklärt. Da es ihm freistehe, jederzeit wieder von dem Angebot der Beklagten

Abstand zu nehmen, sei die beanstandete Bezeichnung auch nicht deswegen

unzulässig, weil sie den Nutzer – unterstelltermaßen – zunächst anlocke, dem

Angebot der Beklagten näher zu treten. Die Situation im Rahmen des

Internetangebotes sei mit der Situation des Ladenverkaufs, in der

Kompensationsgeschäfte in Betracht kämen, nicht vergleichbar.


Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorgangs der Parteien wird ergänzend

auf den Akteninhalt verwiesen.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :


Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten

Ansprüche in vollem Umfang zu. Durch die Verwendung der angegriffenen

Bezeichnung „tipp.AG“ und „tipp.ag“ verstößt die Beklagte gegen §§ 1, 3 UWG,

denn sie führt die angesprochenen Verkehrskreise dadurch in wettbewerbserheblich

relevanter Weise über die Rechtsform ihre Unternehmens in die Irre. In der Folge

stehen der Klägerin als unmittelbar verletzter Wettbewerberin gemäß § 13 Abs. 6

UWG Schadensersatzansprüche zu, für deren Berechnung sie der geltend gemachten

Auskünfte bedarf.

I.

Wegen des Verstoßes gegen §§ 1, 3 UWG kann ganz überwiegend auf die Ausführungen

der Kammer im Urteil vom 6. Mai 2003 verwiesen werden, indem sich die Kammer die

Bezeichnung „tipp.AG“ und ihrem Verständnis durch die angesprochenen

Verkehrskreise auseinandergesetzt hat. In dem Urteil hat die Kammer unter

anderem ausgeführt:

 


I. ...


II. Zwischen den Parteien besteht auch ein Wettbewerbsverhältnis.

Daran kann mit Rücksicht darauf, dass beide Parteien im Bereich der Teilnahme

am Lottospiel über das Internet Dienstleistungen erbringen, kein Zweifel

bestehen. Dass ist hinreichend, um anzunehmen, dass sich die Parteien auf dem

gleichen Markt um den gleichen Kundenkreis bemühen. Dafür ist es nicht

erforderlich, dass der Kundenkreis genau übereinstimmt. Die von der

Antragsgegnerin hervorgehobenen Unterschiede zwischen Einzelspieler und

Gruppen-/“Abgabengemeinschafts“-Spielern ändert daran nichts. Vorliegend ist

es hinreichend, dass die Teilnahme an einer von der Antragsgegnerin

angebotenen Spielgemeinschaft ohne weiteres geeignet ist, in Konkurrenz zu

einem Einzelspiel, wie es die Antragstellerin vermittelt, zu treten. Insoweit

ist die Antragstellerin durch die – hier unterstellte – wettbewerbswidrige

Handlung der Antragsgegnerin auch unmittelbar verletzt.


III. In der Sache selbst bleiben die Einwendungen der Antragsgegnerin ohne

Erfolg.


1.

Gegenstand des Verfügungsantrags ist allein die Verwendung der Bezeichnung „tipp.AG“

in der konkret angegriffenen Schreibweise, also einer solchen, bei der der

Bestandteil „AG“ in Großbuchstaben erscheint. Ob die Antragsgegnerin auch das

kleingeschriebene Kürzel „.ag“ verwenden dürfte, muss folglich nicht

entschieden werden. Zwar hat die Antragstellerin im Rahmen des

Verfügungsantrages zur Begründung ihre Anspruches auch darauf verwiesen, dass

schon die Verwendung der Bezeichnung „tipp.ag“ bei den angesprochenen

Verkehrskreisen den Eindruck erwecken könne, es handele sich bei der

Antragsgegnerin um eine Aktiengesellschaft. Auch die Abmahnung (Anlage AST 11)

enthält Ausführungen zur behaupteten Unzulässigkeit der Verwendung der

Internetdomain „tipp.ag“. In ihrem Verfügungsantrag kommt jene Beanstandung

jedoch nicht (mehr) zum Ausdruck. Mit ihm hat die Antragsgegnerin vielmehr

allein die Verwendung der streitigen Bezeichnung in der konkret bezeichneten

Form, mithin in einer Schreibweise, bei der die Abkürzung „AG“ in

Großbuchstaben erscheint, angegriffen. Anders als in der vorformulierten

Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung gemäß der Anlage AST 11 ist auch

die Internetdomain nicht (mehr) zum Gegenstand des Verfügungsantrages gemacht

worden. Daraus und aus dem Umstand, dass die Antragstellerin im Rahmen der

Antragsbegründung ganz wesentlich auf den konkreten Internetauftritt der

Antragsgegnerin gemäß der Anlagen AST 1, 2 und 5 bis 7 hingewiesen sowie die

beanstandete Endung in der Antragsschrift fast ausschließlich in

Großbuchstaben als „AG“ zitiert hat, wird deutlich, dass der Hinweis in der

Antragsschrift auf den irreführenden Charakter auch der Bezeichnung „tipp.ag“

(mit „ag“ in Kleinbuchstaben) allein der ergänzenden Begründung des auf die

Bezeichnung „tipp.AG“ gerichteten Unterlassungsbegehrens diente.


2.

Die Antragsgegnerin benutzt die Bezeichnung „tipp.AG“ ausweislich der

eingereichten Anlagen AST 1 und 2 sowie 5 -7 im Rahmen ihre Internetangebotes

an prominenter Stelle nicht nur als Internetdomain, sondern auch als besondere

Geschäftsbezeichnung auch zur Kennzeichnung ihres Geschäftsbetriebes. Sie

bietet ihre Dienstleistungen unter der herausgestellten und vielfach

verwendeten Bezeichnung „tipp.AG“ an, weshalb ein erheblicher Teil des

Verkehrs annehmen wird, jene Bezeichnung sei mit dem Firmennamen der

Antragsgegnerin identisch, die Antragsgegnerin sei also eine

Aktiengesellschaft.


a) Dem Verkehr ist zwar bekannt, dass im geschäftlichen Verkehr auch

geschäftliche Bezeichnungen zur Kennzeichnung eines Unternehmens oder

Unternehmensbestandteils benutzt werden, die mit dem Firmennamen des

Unternehmens nicht identisch sind. Legt aber die geschäftliche Bezeichnung von

ihrem Wortlaut her bereits die Annahme nahe, es handele sich bei ihr um die

Firmenbezeichnung, so wird der Verkehr eben dies annehmen, wenn er keine

sonstigen hinreichenden deutlichen Hinweise auf den eigentlichen Firmennamen

des Unternehmens hat. So liegt der Fall hier.

Dem Verkehr ist in der Regel schon nicht bekannt, dass die Endung „.ag“ im

Rahmen einer Internetadresse eine Länder-Kennung ist, die auf Antigua und

Barbuda verweist. Er erwartet zudem nicht, dass ein solcher Bestandteil einer

Internetadresse in Großbuchstaben daherkommt. So wie die Antragsgegnerin

Gegenteiliges behauptet, ist die Richtigkeit ihrer Behauptung nicht erkennbar.


Die Kammer ist als Teil der angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres in der

Lage, die Verkehrsauffassung festzustellen. Dafür ist es ohne Bedeutung, ob es

sich bei der angebotenen Teilnahme am Lottospiel um ein Geschäft des täglichen

Bedarfs handelt. Dass ist für die Frage nach dem Kenntnisstand der

Internet-Nutzer ebenso wenig von Bedeutung, wie die Frage nach dem

sprachlichen Verständnis von der Bezeichnung „tipp.AG“. Einen gegenüber der

Gesamtbevölkerung konkret abgrenzbaren Preis von Internetnutzern mit

speziellen, das Internet und seine Besonderheiten und Begrifflichkeiten

betreffenden Kenntnissen gibt es nicht. Die Nutzung des Internets hat

inzwischen alle Bevölkerungskreise erfasst. Darauf ist das Angebot derer, die

sich des Internets als Angebotsplattform für ihre Waren- und Dienstleistungen

bedienen, gerade auch ausgerichtet. In der Folge ist es bereits zu einer

erheblichen Verbreitung der Internetnutzung gekommen, die auch Erstnutzer und

solche, die jene Kommunikationsform nur selten benutzen, erfasst. Jene wie

auch erhebliche Teile regelmäßiger Internetnutzer, sind zwar überwiegend mit

den ihnen gewöhnlichen gegenübertretenden Top-Level-Domains (.de, .com, .org)

vertraut, nicht aber mit solcher fremder Staaten, die regelmäßig nicht schon

eine erhebliche Verbreitung gefunden haben. Soweit die Top-Level-Domains „.ag“

überhaupt in Erscheinung getreten ist, wird sie aber vielfach zur

Kennzeichnung eines Unternehmens benutzt, dass sich ihrer bedient, um zugleich

mit der Internetdomain insgesamt auf seinem gleich lautenden Firmennamen und

seine Gesellschaftsform hinzuweisen. Dass hat die Antragsstellerin unter

Hinweis auf die Domains, die von bekannten Großunternehmen unterhalten werden

(volkswagen.ag; telekom.ag; siemens.ag) überwiegend wahrscheinlich glaubhaft

gemacht. Das ist der Kammer zudem aus eigener Anschauung bekannt und nahe

liegend, wie die entsprechende Werbung der zuständigen Vergabestelle zeigt.

Die Tendenz, entsprechende vorhandene Top-Level-Domains für in Deutschland

(oder in anderen Ländern) gebräuchliche Abkürzungen zu benutzen, wird auch an

dem von der Antragsgegnerin angeführten Beispiel der Top-Level-Domain „.tv“

(für Tuvalu) deutlich, die gerade auch die Angebote aus dem Bereich der

„Television“ genutzt wird.

Ob der Verkehr, tritt ihm die streitige Top-Level-Domain lediglich als

Internetadresse entgegen, schon in diesem Zusammenhang annehmen wird, mit ihr

werde zugleich auf de Firmennamen und die Gesellschaftsform hingewiesen, muss

vorliegend mit Rücksicht auf den Antragsgegenstand (siehe oben) nicht

entschieden werden. Jedenfalls wird er ein entsprechendes Verständnis aber

dann gewinnen, wenn der Bestandteil „.AG“ wie vorliegend angegriffen im Rahmen

der Geschäftsbezeichnung „tipp.AG“ in Großbuchstaben erscheint.


b)Die dagegen von der Antragsgegnerin Einwendungen überzeugen nicht.


aa) Aus dem Gesamtzusammenhang des Internetauftritts der Antragsgegnerin

spricht nichts dafür, dass die von ihr verwendete Abkürzung (AG) für

„Amtsgericht“, „Arbeitsgruppe“, „Arbeitsgemeinschaft“ oder sonstige Begriffe

stünde, für die dem Verkehr die Abkürzung „AG“ in anderem Zusammenhang bekannt

sein mag. Ohne derartige Zusammenhänge wird er die angegriffene Bezeichnung

aber als eine solche ansehen, die eine Aktiengesellschaft mit dem Namen „tipp“

bezeichnet. Dies jedenfalls dann, wenn die Buchstaben A und B – wie im

Streitfall geschehen und zum Gegenstand des Verbots gemacht – als

Großbuchstaben daherkommen und so der gewöhnlichen Schreibweise der

Abkürzungen für Aktiengesellschaft entsprechen. Über die handelsrechtliche

Zulässigkeit des Namens unter Verwendung einer Gattungsbezeichnung (Tipp)

macht sich der Verkehr, dem die handelsrechtlichen Vorgaben regelmäßig nicht

bekannt sind, keine Gedanken.


bb) Auch die von der Antragsgegnerin angeführten Zusätze, wie etwa der Hinweis

auf die starke „Abgabegemeinschaft“, bewirken kein anderes Verständnis.

Zu Recht weist die Antragstellerin darauf hin, dass der Verkehr, weil ihm der

Begriff der „Abgabegemeinschaft“ – schon gar nicht im Zusammenhang mit der

Teilnahme an einem Lottospiel – nicht bekannt ist, den Zusatz „Ihre starke

Tipp-Abgabegemeinschaft“ nicht – jedenfalls nicht überwiegend – auf die

Bezeichnung „tipp.AG“ beziehen und den Zusatz deswegen auch nicht als

Aufklärung darüber verstehen wird, dass es sich bei dem Anbieter entgegen dem

nahe liegenden Verständnis von der angegriffenen Bezeichnung nicht um eine

Aktiengesellschaft handelt. Zwar wird gewöhnlich ohne weiteres davon

gesprochen, dass man einen Tipp abgebe im Zusammenhang mit einer Gemeinschaft

von Spielern, die sich am Lottospiel beteiligt, ist der Begriff der

„Abgabegemeinschaft“ aber keineswegs allgemein üblich oder sonst bekannt,

sondern eine eher ungewöhnliche und für die überwiegende Zahl des Verkehrs

neue Sprachschöpfung. Ein erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs wird

daher keine Verbindung zu dem Kürzel „AG“ herstellen und so zu der Erkenntnis

gelangen, dass mit jenem Kürzel allein die „Abgabegemeinschaft“ und nicht –

wie an erster Stelle nahe liegend – die Gesellschaftsform der Antragsgegnerin

angesprochen worden ist.


cc) Dass auf einer anderen Seite des Internet-Angebotes der Antragsgegnerin

die Rechtsform der Antragsgegnerin (GmbH) noch einmal ausdrücklich genannt

ist, schließt eine Irreführung des Verkehrs, der jene Seiten, insbesondere das

Impressum oder die AGB´s der Antragsgegnerin, nicht stets zur Kenntnis nehmen

wird, ebenfalls keineswegs aus. Im Übrigen kämen derartige Erläuterungen zu

spät, weil sich die Wirkung der in Rede stehenden Angabe bereits entfaltet hat

(siehe unten Ziff. 3.b)).


dd) Das gilt gleichermaßen für den nunmehr veränderten Copyright-Vermerk, den

die Antragsgegnerin Kleingedruckt und somit leicht übersehbar am unteren Rand

der Internetseite anführt und der vom Verkehr – worauf die Antragstellerin

zutreffend hinweist – ohne weiteres allein als Vermerk zur Urheberschaft des

die Internetseite gestaltenden Unternehmens verstanden werden kann.


ee) Soweit die Antragsgegnerin anführt, der in Rede stehende Bestandteil „AG“

sei kleiner geschrieben als der Voranstehende Bestandteil „tipp“, steht das

einer Irreführung gleichfalls nicht entgegen. Die Buchstabengröße wird vom

Verkehr kaum wahrgenommen. Wenn doch, so erscheinen die unterschiedlichen

Buchstabengrößen lediglich als Ausdruck einer spielerischen grafischen

Gestaltung, die an dem Verständnis vom Gesamtbegriff nichts ändert.


3.

Davon, dass die beschriebene Irreführung wettbewerblich ohne jede Relevanz

wäre, kann nicht ausgegangen werden.


a) Zu Recht weist die Antragstellerin darauf hin, dass der Verkehr von einer

Aktiengesellschaft erwartet, dass es sich um ein Unternehmen von einer

gewissen Größe und mit einem gewissen Kapitalstamm handelt. Schon das führt

dazu, dass bei einem solchen Unternehmen gerade auch im Bereich der Abwicklung

der Teilnahme an Lottospiel-Gemeinschaften eine besondere Kompetenz vermutet

wird. Ein solches Verständnis wird durch die aktuelle Situation auf dem

Aktienmarkt, die zwar durch einen Rückgang der Aktienkurse gekennzeichnet ist,

nicht aber notwendig durchweg mit einer negativen und kritischen Betrachtung

sämtlicher Aktiengesellschaften einhergeht, nicht beeinträchtigt. Ein

erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs nimmt gleichwohl an, dass ein in

der Form einer Aktiengesellschaft geführtes Unternehmen in besonders

professioneller Weise und/oder in einem besonderen Umfang Gelder für die

Teilnahme an den angebotenen Spielgemeinschaften einsammelt und mit einer

entsprechenden Gewinnchance einsetzt. Das ist geeignet, Vertrauen zu schaffen

und die Entscheidung für oder gegen eine Teilnahme an den von der

Antragsgegnerin angebotenen Lottospielgemeinschaft zu beeinflussen.


b) Die von der Angabe ausgehende Anlockwirkung ist nicht deshalb ohne jeden

Einfluss, weil im Rahmen des vorgesehenen Anmelde-Verfahrens an anderer Stelle

noch ein Hinweis auf die Firma der Antragsgegnerin und ihre Rechtsform

erscheint. Hat sich der potentielle Kunde erst einmal entschlossen, das

Angebot der Antragsgegnerin wahrzunehmen, so ist er dem Angebot der

Antragsgegnerin bereits in hinreichender relevanter Weise näher getreten.

Schon die nähere Befassung mit dem Dienstleistungsangebot der Antragsgegnerin

ist ein wettbewerblich relevanter Vorgang, der die Entscheidung über die

Inanspruchnahme der Dienstleistung der Antragsgegnerin beeinflussen kann und

nicht durch eine Irreführung des Verkehrs herbeigeführt werden darf.


IV. Die Antragsgegnerin hat nach allem durch die konkret angegriffene

Verwendung der Bezeichnung „tipp.AG“ gegen §§ 1, 3 UWG verstoßen. Die

Verwendung jenes Zeichens ist ihr daher als solche verboten worden. Darauf, ob

und wie die Antragsgegnerin die Bezeichnung gegebenenfalls mit anderen

Zusätzen verwenden kann, die eine Irreführung des Verkehrs ausschließen

könnten, kommt es nicht an. Das ausgesprochene Verbot muss derartige, in der

Zukunft liegende und konkret nicht vorhersehbare Umstände nicht anführen.

...

 


Daran hält die Kammer auch im vorliegenden Hauptsacheverfahren fest.

Wegen der Bezeichnung „tipp.AG“ bedarf es keiner ergänzenden Ausführung.

II.

Soweit nicht die Klägerin auch gegen die Verwendung jener Bezeichnung in einer

anderen Schreibweise verwendet, dringt sie damit ebenfalls durch, denn die

Bezeichnung „tipp.ag“ ist in dem angegriffenen Umfang gleichfalls irreführend im

Sinne des § 3 UWG.

Dazu hat die Klägerin zutreffend auf die Kommentierung um die Rechtsprechung

zur Frage der Irreführung über die Gesellschaftsform hingewiesen. Dass

jedenfalls ein erheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs, bei der Bezeichnung

„tipp.ag“ an einer Aktiengesellschaft denkt, kann nach dem Vorstehenden nicht

zweifelhaft sein. Insoweit kann zunächst auf die oben angeführten

Entscheidungsgründe in der Sache 312 O 128/03, verwiesen werden. Maßgebliche

Unterschiede zur kleingeschriebenen Variante jener Bezeichnung gibt es nicht.

Die großgeschriebene Endung „....AG“ hat eine auch schon im Falle einer

Kleinschreibung („.ag“) hervorgerufene Gefahr der Irreführung lediglich noch

verstärkt.

Erkennt der angesprochene Verkehr, dass es sich bei der Endung „.ag“ um eine

– zusätzlich kennzeichenmäßig benutzte – Top-Level-Domain handelt, was nach dem

Vortrag der Beklagten, die meint, dem Verkehr sei jener Domain-Bestandteil, zu

meist unbekannt, zweifelhaft ist, so wird er dennoch in nicht nur unerheblichem

Umfang annehmen, die Beklagte habe jene Top-Level-Domain gerade deswegen

ausgewählt, weil sie der Rechtsform ihrer Gesellschaft entspricht. In der Tat

ist ein anderer Grund, jene Domain als Kennzeichen für das Angebot der Beklagten

zu nutzen, kaum ersichtlich und liegt deshalb eine Irreführung des Verkehrs mehr

als nahe.

III.

Die Annahme einer Verwirkung der Ansprüche kommt angesichts der nur kurzen

Nutzung der angegriffenen Kennzeichnung seit August 2002 nicht in Betracht.

Ob eine Verwechslungsgefahr mit der Namen der Klägerin bestehen könnte und

die Beklagte sich durch die der Klägerin ähnliche Bezeichnung an deren Ruf

anlehnt, braucht nicht entschieden zu werden. Dass erscheint allerdings

zweifelhaft. Ohne den Zusatz „24“ handelt es sich bei dem Bestandteil „Tipp“

allein um einen für Lotto-Toto-Spielgemeinschaften beschreibenden Bestandteil,

der als solches nicht schon Schutz genießen dürfte. Dafür sprechen auch die von

der Beklagten angeführten Domains Dritter mit dem Bestandteil „...tipp“. Über

ihren konkreten Namen hinaus kann die Klägerin daher möglicherweise keinen

Schutz erlangen. Zur Bekanntheit ihres Namens und dadurch bedingter –

möglicherweise erhöhter – Verwechslungsgefahren, hat sie konkret auch nicht

vorgetragen. Dass beide Firmen bei der Eingabe von „Tipp“ in die Suchmaschine

genannt werden, ist notwendige Folge der Benutzung des generischen

Namensbestandteils „Tipp“.

IV.

Schadensersatzansprüche stehen der Klägerin nach §§ 3, 13 Abs. 6 Ziff. 1 Satz 1

UWG zu.

Die Beklagte handelte in jedem Falle fahrlässig und mithin schuldhaft, wenn

sie sich der Einsicht verschloss, dass der Verkehr die Endung „.ag“ – in welcher

Schreibweise auch immer – missverstehen konnte. Ob die Beklagte jenes

Missverständnis sogar in Kauf genommen hat, um ein dem Namen der Klägerin –

möglicherweise zulässigerweise – weitgehend ähnliches Kennzeichen zu benutzen,

braucht nicht entschieden werden.

V.

Zur Vorbereitung des Schadenersatzanspruches, der etwa auch in der Berechnung

eines Marktverwirrungsschadens liegen könnte, bedarf die Klägerin der Angaben

zur Anzahl der erreichten Kunden und über den Umsatz der Beklagten, weshalb die

Beklagte auch insoweit nach §§ 242, 259 f. BGB Auskunft schuldet.

VI.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die

vorläufige Vollstreckbarkeit aus
§ 709 Satz 1 ZPO.


(Unterschriften)