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LG Kiel: Unverlangte E-Mails zulässig

Leitsätzliches

Eine unaufgefordert zugesandte E-Mail, die ein Angebot zum Inhalt hat, durch Aufnahme von Werbebannern auf der eigenen Website Geld zu verdienen, ist keine Werbemail. Damit besteht kein Anspruch auf Unterlassung der Zusendung, solange auf der eigenen Website kein ausdrücklicher Hinweis auf Untersagung zu finden ist.

LANDGERICHT KIEL

 

IM NAMEN DES VOLKES

 

URTEIL

 

Aktenzeichen: 8 S 263/99

Entscheidung vom 20. Juni 2000

 

 

 

In dem Rechtsstreit (...)

 

hat die 8. Zivilkammer des Landgerichts Kiel auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2000 durch (...)

 

für Recht erkannt:

 

I. Die Berufung des Klägers gegen das am 30.September 1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts Kiel wird zurückgewiesen.

 

II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 ZPO abgesehen.

 

Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Zu Recht hat das Amtsgericht erkannt, dass dem Kläger wegen der diesem am 2. März 1999 übersandten E-Mail „Hallo Internet-User, wir haben Ihre E-Mail-Adresse auf einer Web-Site gefunden, die...“ keinen Anspruch auf Unterlassung hat. Soweit die genannte E-Mail in Betracht kommt, ergibt sich für ein derartiges Unterlassungsverlangen keine Anspruchsgrundlage.

 

Unterlassungen könnte der Kläger dann verlangen, wenn die Übersendung der genannten E-Mail eine unerlaubte Handlung im Sinne des Gesetzes darstellen würde. Geregelt ist der Begriff der unerlaubten Handlung in § 823 BGB. Zwar kann nach dieser Bestimmung der durch eine unerlaubte Handlung Geschädigte in erster Linie Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, unter Einbeziehung des Rechtsgedankens des § 1004 besteht jedoch darüber hinaus und daneben auch ein Unterlassungsanspruch (vgl. Palandt-Thomas, vor § 823 RN. 16 - 25). Nach § 1004 BGB kann der Eigentümer und - nach allgemeiner Auffassung jeder Inhaber eines vermögenswerten Rechtes - Unterlassung von demjenigen verlangen, der dieses vermögenswerte Recht dem Berechtigten entzieht, vorenthält oder beeinträchtigt. Gemäß § 823 Abs. 2 BGB trifft die genannte Unterlassungsverpflichtung denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Zu Recht hat insoweit das Amtsgericht erwogen, ob von Seiten der Beklagten ein Verstoß gegen § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. Artikel 10 Richtlinien 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (FARL) vorliegt. Zu Recht indessen ist das Amtsgericht jedoch zu der Erkenntnis gelangt, dass unter diesem Gesichtspunkt eine unerlaubte Handlung der Beklagten nicht gegeben ist. Diese Richtlinie wendet sich nicht an die einzelnen Bürger der Europäischen Gemeinschaft, sondern ausschließlich an die Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft. Dies ist zum einen ersichtlich aus dem Artikel 19 FARL enthaltenen ausdrücklichen Hinweis, dass die Richtlinie „an die Mitgliedsstaaten“ gerichtet sei. Dies wird in § 10 Abs. 2 FARL nochmals dahingehend bekräftigt, dass bestimmt wird, dass die Mitgliedschaften gerade im Bereich der hier einschlägigen Fernkommunikationstechniken bestimmte Regelungen zu treffen haben.

 

Eine solche nationale Regelung liegt bislang nicht vor, ein entsprechendes Fernabsatzgesetz besteht bislang lediglich als Entwurf. Auch der Umstand, dass die den Mitgliedstaaten aufgegebene 3-jährige Umsetzungsfrist - gemessen vom Zeitpunkt der Veröffentlichung im Amtsblatt Nr. L 144 vom 4. Juni 1997 - zwischenzeitlich abgelaufen ist, führt angesichts des klaren Wortlauts der Richtlinie nicht dazu, dass diese nun unmittelbar jeden EU-Bürger verpflichtende Recht geworden wäre.

 

Darüber hinaus kann sich der Kläger aber auch nicht inhaltlich auf die genannte Richtlinie stützen. Nach Artikel 10 Abs. 1 ist zwar vorgesehen, dass die Versendung bestimmter Fernkommunikationstechniken der vorherigen Zustimmung des Verbrauchers bedarf (sogenannten opt-in-Lösung), dies jedoch allein im Hinblick auf „Kommunikation mit Automaten als Gesprächspartnern (Voice-Mail-System) einerseits und auf Fernkopiertechnik (Telefax) andererseits“. Alle anderen Fernkommunikationstechniken stehen damit nach der FARL allgemein Benutzern offen. Insoweit wird den Mitgliedstaaten gemäß § 10 Abs. 2 FARL aufgegeben, dafür Sorge zu tragen, dass Fernkommunikationstechniken, die eine individuelle Kommunikation erlauben, mit Ausnahme der in Absatz 1 genannten Techniken, nur dann verwendet werden dürfen, wenn der Verbraucher ihre Verwendung nicht offensichtlich abgelehnt hat. Diese sogenannte opt-out-Variante kommt vorliegend nicht in Betracht. Zwar hat der Beklagte behauptet, am Tage der Übersendung der E-Mail durch die Beklagte habe sich auf seiner Homepage der Hinweis befunden:

 

„Warnung: Das unerlaubte Zusenden von Werbe-Mails an meinen Mail-Anschluss kann Ihren Geldbeutel schädigen. Zu Risiken und Nebenwirkungen befragen sie Ihren Rechtsanwalt.“

 

Die Beklagte hat indessen diese Behauptung des Klägers bestritten. Beweisbelastet insoweit ist der Kläger, dieser hat für seine Behauptung keinen Beweis angetreten. Dem Kläger ist darüber hinaus im Termin vor der Kammer vom 20. Juni 2000 vorgehalten worden, nach Kenntnis des Gerichts befinde sich weder dieser noch ein Hinweis vergleichbaren Inhalts auch zum jetzigen Zeitpunkt auf seiner Homepage. Der Kläger hat insoweit Erklärungen nicht abgegeben.

 

Der Kläger kann - weiter - von der Beklagten Unterlassung auch nicht aufgrund der Bestimmungen des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) verlangen. Nach § 1 UWG kann derjenige auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die guten Sitten verstoßen. Insoweit hat der Kläger selbst dargelegt, dass er am „geschäftlichen Verkehr“ mit seiner Web-Site nicht teilnehme, er sei insoweit nur von „Privat zu Privat“ tätig. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob die Beklagte sich durch die Versendung der genannten E-Mail einen wettbewerbswidrigen Werbevorteil verschafft hat. Geschädigte und damit Anspruchsinhaber im Sinne des § 1 UWG wären insoweit allein Mitbewerber der Beklagten oder solchen Mitbewerbern Gleichstehende, zu denen der Kläger unstreitig nicht gehört.

 

Auch die von dem Kläger im Berufungsrechtszug vertretene Rechtsansicht, das Handeln der Beklagten verstoße gegen die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), ist nicht durchgreifend. Grundsätzlich ist zwar die Verarbeitung personenbezogener Daten und deren Nutzung nur zulässig, wenn das BDSG oder eine Rechtsvorschrift sie erlaubt oder anordnet oder soweit der Betroffene eingewilligt hat. Diese Formulierung des Gesetzes könnte dafür sprechen, dass vorliegend ein entsprechender Verstoß gegeben ist und der Kläger dementsprechend Unterlassung verlangen kann. Der weitgespannte Bereich des § 4 Abs. 1 BDSG wird indessen eingeschränkt durch die Bestimmung des § 28 Abs. 1 S. 3 BDSG. Danach ist das Speichern, Verändern oder Übermitteln personenbezogener Daten oder ihre Nutzung als Mittel für die Erfüllung eigener Geschäftszwecke zulässig, wenn die Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen werden können, es sei denn, dass das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Verarbeitung oder Nutzung offensichtlich überwiegt. Insoweit hat der Kläger dargelegt, die Beklagte habe die ihn betreffenden personenbezogenen Daten im Handelswege bezogen und somit nicht aus einer allgemein zugänglichen Quelle entnommen. Das mag zutreffend sein, ist jedoch unerheblich. Nach der oben genannten Bestimmung des Gesetzes kommt es nicht darauf an, dass fremde personenbezogene Daten aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen worden sind, sondern allein darauf, ob eine solche Entnahme möglich ist. Das ist hier unstreitig der Fall, da sich der Kläger mit seiner Web-Site gerade an die Öffentlichkeit wendet und dort seine E-Mail-Anschrift verzeichnet ist.

 

Der Kläger kann sich schließlich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte ein ihm zustehendes sogenanntes absolutes Recht verletzt habe. Nach § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. § 1004 BGB kann derjenige Unterlassung von demjenigen verlangen, der den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges ihm zustehendes Recht verletzt. Seit langem anerkannt ist, dass auch der Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb eine solche Rechtsverletzung darstellt. Ein solcher Eingriff ist jedoch hier nicht gegeben, da der Kläger unstreitig einen Gewerbebetrieb - jedenfalls im Zusammenhang mit seiner Web-Site - weder eingerichtet hat noch ausübt.

 

Auch ein Anspruch auf Unterlassung gemäß § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Artikel 5 Grundgesetz (GG) ist nicht ersichtlich. Dass der Kläger durch die Zusendung der vorliegenden E-Mail in seinem Recht auf Informationsfreiheit gestört wird, ist nicht erkennbar. Es liegt aber auch eine Verletzung der sogenannten negativen Informationsfreiheit, vereinfacht dargestellt als das Recht „in-Ruhe-gelassen“ zu werden, nicht vor. Dieser Rechtsgedanke ist entwickelt worden als Abwehranspruch gegen zwangsweise Inanspruchnahme des Bürgers durch den Staat dahin, dass dessen Äußerungen in Wort, Schrift und Ton auch ohne oder gegen den Willen des Staatsbürgers von diesem zur Kenntnis genommen werden müssen. Es ist bereits zweifelhaft, ob Erwägungen dieser Art in den sogenannten Drittwirkungsbereich, d. h. in den Rechtsverkehr zwischen Privaten, übertragen werden können, in jedem Fall hat vorliegend der Kläger die Möglichkeit, die Nachricht der Beklagten zu löschen und sich damit von einer aufgedrängten Information zu befreien, ohne sie zur Kenntnis zu nehmen.

 

Am ehesten in Betracht kommt daher - schließlich - eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers durch die Übersendung der E-Mail der Beklagten. Dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Einzelnen ein „sonstiges Recht“ im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB darstellt, ist von der Rechtsprechung seit langem anerkannt. Es wird abgeleitet aus den Verfassungsbestimmungen der Artikel 1, 2 GG und schützt den Einzelnen in seinem Recht auf freie Entfaltungsmöglichkeiten sowie im Hinblick auf seine aktive Entschließungs- und Handlungsfreiheit (vgl. BGHZ 13 S. 334 und BGHZ 26, S. 349). Der Schutz dieses Persönlichkeitsrechts erfolgt in unterschiedlicher Intensität je nach dem betroffenen Bereich. Den geringsten Schutz genießt die sogenannte Individualsphäre, die allgemein das Selbstbestimmungsrecht und die persönliche Eigenart des Menschen schützt. Dem steht gegenüber die Intimsphäre, die innere Gedanken- und Gefühlswelt mit ihren äußeren Erscheinungsformen umfasst. Die Intimsphäre genießt absoluten Schutz. Zwischen beiden steht die Privatsphäre, die das Leben im häuslichen- oder Familienkreis und das sonstige Privatleben des Einzelnen, und zwar nicht nur im eigenen häuslichen Bereich, sondern je nach den Umständen auch außerhalb schützt (vgl. insoweit Palandt-Thomas, § 823 RN. 178 m. w. N.). Hieraus erhellt, dass das Eindringen von Werbemitteln in den persönlich-häuslichen Bereich des Klägers, zu dem auch der Betrieb seines privaten E-Mail-Anschlusses gehört, einen Eingriff in die Privatsphäre jedenfalls nicht als fernliegend erscheinen lässt. In der Tat hat die Rechtsprechung Übergriffe vergleichbarer Art in den häuslich persönlichen Bereich als einen solchen Eingriff in die Privatsphäre erkannt. So stellt zwar grundsätzlich das Einwerfen von Handzetteln und ähnlichen Werbemitteln in den häuslichen Briefkasten noch keine vorwerfbare Handlung dar, dies gilt jedoch dann nicht mehr, wenn sich der Eigentümer oder Besitzer einer Wohnung durch einen Aufkleber an seinen Briefkasten gegen den Einwurf von Werbematerial wehrt. Kommt es gleichwohl zu Wurfsendungen, so ist das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen verletzt (vgl. BGH, NJW 1989, S. 902). Die gleichen Erwägungen gelten - sogar vermehrt - für Werbung im Bereich des sogenannten Btx-Dienstes, da sich der Betroffene einer Werbung dort noch weniger entziehen kann als bei der Werbung durch Brief- oder Wurfsendung (vgl. BGH, DRspr-ROM Nr. 1992/2662, insbesondere Seite 4 e. d. d.). Insgesamt ist mithin die Zuführung von Werbung dann in jedem Fall unzulässig, wenn gegenüber dem Werbenden ausdrücklich eine Annahmeverweigerung erklärt wird (vgl. LG Freiburg, NJW 1990, S. 2824, BGH NJW 1973, S. 1119; OLG Bremen, NJW 1990, S. 2140; OLG Karlsruhe, NJW 1991, S. 2910). Es sprechen nicht unerhebliche Gründe dafür, jedenfalls im augenblicklich geltenden Rechtszustand, die genannten Rechtsgrundsätze, wie sie für Post- und Btx-Werbung entwickelt worden sind, auf das neue Medium des E-Mail-Systems zu übertragen, und zwar anders als in den genannten Kommunikationsbereichen auf alle Fälle, in denen nicht ausdrücklich Werbung für erwünscht erklärt wird. Der Grund für diesen erweiterten Rechtsschutz liegt darin, das Werbung durch E-Mail in einem ganz unverhältnismäßig leichteren Maße realisiert werden kann als Werbung etwa über den häuslichen Briefkasten. Postwerbung und Wurfsendungen erfordern von Seiten des Werbenden bereits bei der Herstellung einen ganz erheblichen Aufwand, ein Umstand, der bereits für sich genommen dazu führt, dass es zu keiner uferlosen Ausdehnung dieses Werbemediums kommt. Hinzu tritt, dass auch die Verteilung derartiger Werbemittel erheblichen finanziellen Aufwand fordert. Diese Hindernisse sind bei der E-Mail-Werbung in einem unvergleichlich geringen Umfange gegeben. Der Werbeträger braucht nur einmal erstellt zu werden. Seine Verteilung erfolgt rechnergestützt-automatisiert. Es liegt auf der Hand, dass aus diesen Gründen die Gefahr besteht, dass der Einzelne - anders als bei der Post- oder Wurfsendung - infolge der Einfachheit der Werbedurchführung förmlich erdrückt und er dementsprechend in seiner Privatsphäre beeinträchtigt wird. Lediglich dann, wenn es im Bereich der E-Mail-Kommunikation ein Register gäbe, in dem sich alle Beteiligten, die die Zusendung von Werbung nicht wünschen, eintragen könnten (sogenanntes opt-out-Register) und der Werbende von Gesetzeswegen gehalten wäre, dieses Register vor Absendung von Werbematerial abzufragen und zu beachten, wäre die Gefahr Verletzung der Privatsphäre begegnet. Ein solches opt-out-Register ist zwar im Zuge beabsichtigter Gesetzgebungsmaßnahmen erörtert worden, aber bislang noch nicht in gesetzliche Realität erwachsen.

 

Auf diese Erwägungen kommt es jedoch im Hinblick auf die vorliegend streitgegenständliche E-Mail der Beklagten nicht an. Diese stellt - jedenfalls in ihren wesentlichen Elementen - keine Werbung, sondern das Angebot auf den Abschluss eines bürgerlich-rechtlichen Vertrages dar. Die für Werbung geltenden Überlegungen lassen sich darauf nicht übertragen. Werbung stellt grundsätzlich kein Angebot zum Abschluss eines Vertrages (vgl. § 145 BGB) dar, sondern beinhaltet regelmäßig lediglich eine bloße Aufforderung dahin, überhaupt erst Angebote zum Abschluss eines Vertrages zu unterbreiten. Es liegt auf der Hand, dass derartige unverbindliche Aufforderungen um ein Vielfaches häufiger ausgesprochen werden, als Vertragsangebote. Anpreisungen dieser Art lösen - anders als Angebote im Sinne des Gesetzes - keine verpflichtenden Wirkungen aus. Erfolgen sie im Rahmen des verkehrsüblichen Wahrheitsgehalts, sind werbende Anpreisungen rechtlich unverbindlich, es bleibt jedem Werbung Betreibenden überlassen, ob er nach erfolgter Werbung Verträge abschließen will oder nicht, beides ist von dem Grundsatz der Vertragsfreiheit gedeckt. Demgegenüber trifft denjenigen, der ein Angebot im Sinne des Gesetzes unterbreitet, die Verpflichtung zur Erfüllung, sofern die Gegenpartei die Annahme dieses Angebots erklärt. Die Übergänge zwischen Angebot im Rechtssinne und bloßer Anpreisung können fließend sein. Es ist im Einzelfall zu ermitteln, ob die jeweilige Erklärung nur den Sinn hat, den potentiellen Vertragspartner über das eigene Leistungsangebot werbend zu informieren oder ob seine Äußerung vom Empfängerhorizont her einen Rechtsbindungswillen enthält (vgl. Staudinger, § 145 RN. 3 und 4). Beurteilt man entsprechend diesen Grundsätzen die von der Beklagten an den Kläger gesandte E-Mail, so sind reklamehafte Formulierungen zwar nicht zu verkennen, ein Umstand, der auf das Vorliegen von bloßer Werbung spricht. Der Kläger wird nicht persönlich angesprochen, die Beklagte wendet sich pauschal an den „Internet-User“, erkennbar also an einen größeren Personenkreis. Es werden „eine Reihe weiterer Vorteile“ angeboten. Schließlich wird auf die eigene Web-Site der Beklagten verwiesen, ausdrücklich mit dem Ziel, die Neugier des Ansprechpartners zu erwecken. Auf der anderen Seite wird indessen dem Kläger ein konkretes Leistungsangebot unterbreitet. Er soll ein Banner der Beklagten in seine Web-Site übernehmen, das inhaltlich auf den von der Beklagten betriebenen Online-Shop hinweist und dafür 7,5 % Umsatzprovision erhalten, wenn durch diese Bannerwerbung auf der Web-Site des Klägers Kundschaft vermittelt wird. Rechtlich wird dem Kläger mithin ein Geschäft dahingehend angeboten, auf seiner Web-Site der Beklagten eine Werbefläche zur Verfügung zu stellen und dafür ein Entgelt zu erhalten. Dieses Entgelt ist doppelt ausgestaltet, in erster Linie in Form einer Umsatzbeteiligung, im Übrigen durch die Gewährung eines Rabatts bei Erwerb von Verkaufsartikeln der Beklagten. Diese Erklärung ist in zweifacher Hinsicht von bloßer Werbung abgesetzt. Zum einen enthält die Erklärung der Beklagten eine rechtsgeschäftliche Selbstbindung, zum anderen fehlt es gegenüber dem Kläger an jeglicher Anpreisung derjenigen Produkte, die Gegenstand der Handelstätigkeit der Beklagten sind. Die E-Mail der Beklagten ist mithin vergleichbar dem Anerbieten eines Unternehmens, ein Entgelt für die Zur-Verfügung-Stellung einer Werbefläche auf einem Grundstück oder einem Haus zu zahlen. Derartige Angebote sind jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt unzulässig, sie stellen vielmehr - im Gegenteil - sozialtypische Elemente des Rechtslebens dar.

 

Entgegen der von dem Kläger im Termin vor der Kammer vom 20. Juni 2000 geäußerten Ansicht, die dargestellte Differenzierung bei der Bewertung einer unverlangt übersandten E-Mail werde lediglich dazu führen, dass zukünftig Werbung in Gestalt von Angeboten betrieben wird, besteht diese Gefahr nicht. Die durch Angebote erzeugte rechtliche Bindung gemäß § 145 BGB dürfte eine ausreichende Schranke darstellen.

 

(...)