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Leitsätzliches

Urteile 2021

Hier finden Sie im Laufe des Jahres immer mehr Urteile und Beschlüsse aus 2021 zum Wettbewerbsrecht, in denen Abmahnungen, einstweilige Verfügungen mit oder ohne mündliche Verhandlung, Unterlassungsklagen, etc. Gegenstand sind. Dargestellt werden sowohl Urteile und Beschlüsse vom Landgericht (LG) als auch vom Oberlandesgericht (OLG).

Verstoß einer Influencerin gegen Unterlassungsgebot unter Einsatz von Auslassungszeichen "B********t" oder "noch mehr B***" vs. "Bullshit", OLG Frankfurt, Beschl. vom 23.9.2021, Az 6 W 76/21

1) Wurde einer Influencerin verboten, auf ihrem Internetaccount ein Produkt mit "Bullshit" zu bezeichnen, handelt es sich um einen kerngleichen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot, wenn sie die Bezeichnung wiederholt, indem sie das Wort "Bullshit" durch Auslassung bestimmter Buchstaben als "B********t" oder "Noch mehr B***" darstellt.

2) Die Höhe des Ordnungsgeldes i.Hv. 500,- € begegnet keinen Bedenken.

Influencer I - Zur Werbekennzeichnung bei Werbung mit Gegenleistung, BGH Urt. vom 9.9.2021, Az I ZR 90/20

1) Geht ein klagender Wettbewerbsverband gegen geschäftliche Handlungen der Beklagten zugunsten des eigenen Unternehmens sowie zugunsten fremder Unternehmen vor, muss der Kläger sowohl über eine erhebliche Zahl an Mitgliedern verfügen, die in einem Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu der Beklagten stehen, als auch über solche, die in einem entsprechenden Wettbewerbsverhältnis zu den geförderten Drittunternehmen stehen.

2) Eine Influencerin, die Waren und Dienstleistungen anbietet und über ihren Auftritt in sozialen Medien (hier: Instagram) bewirbt, nimmt mit ihren in diesem Auftritt veröffentlichten Beiträgen regelmäßig geschäftliche Handlungen zugunsten ihres eigenen Unternehmens vor.

3) Erhält eine Influencerin für einen werblichen Beitrag in sozialen Medien eine Gegenleistung, stellt diese Veröffentlichung eine geschäftliche Handlung zugunsten des beworbenen Unternehmens dar.

4) Erhält eine Influencerin für einen in sozialen Medien veröffentlichten Beitrag mit Bezug zu einem Drittunternehmen keine Gegenleistung, stellt diese Veröffentlichung eine geschäftliche Handlung zugunsten des Drittunternehmens dar, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, also einen werblichen Überschuss enthält, so dass die Förderung fremden Wettbewerbs eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt.

5) Ob ein Beitrag einer Influencerin in sozialen Medien einen zur Annahme einer geschäftlichen Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens erforderlichen

werblichen Überschuss enthält, ist aufgrund einer umfassenden Würdigung der

gesamten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens der Gestaltungsmerkmale zu beurteilen. Der Umstand, dass die Influencerin Bilder mit "Tap Tags" versehen hat, um die Hersteller

der abgebildeten Waren zu bezeichnen, genügt als solcher nicht, um einen werblichen Überschuss der Instagram-Beiträge anzunehmen. Die Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts beinhaltet hingegen regelmäßig einen werblichen Überschuss, auch wenn auf der verlinkten Seite des Herstellers der Erwerb von Produkten nicht unmittelbar möglich ist.

6) Der nach § 5a Abs. 6 UWG erforderliche Hinweis auf den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung muss so deutlich erfolgen, dass er aus der Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, der zur angesprochenen Gruppe gehört, auf den ersten Blick und zweifelsfrei hervortritt. Der im Textteil eines in sozialen Medien veröffentlichten Beitrags erscheinende Hinweis auf den kommerziellen Zweck reicht regelmäßig nicht aus, um den kommerziellen Zweck eines auf der neben dem Text angeordneten Abbildung erscheinenden "Tap Tags" als Werbung zu kennzeichnen.

7) Der kommerzielle Zweck eines in sozialen Medien veröffentlichten werblichen Beitrags einer Influencerin zugunsten eines Drittunternehmens ergibt sich nicht im Sinne des § 5a Abs. 6 UWG unmittelbar aus dem Umstand, dass die Influencerin nicht nur zu rein privaten Zwecken, sondern auch zugunsten ihres eigenen Unternehmens handelt. Es reicht nicht aus, dass sich für die Adressaten aus den Umständen überhaupt eine kommerzielle Zweckverfolgung ergibt, sondern es muss jeder mit einem Kommunikationsakt verfolgte kommerzielle Zweck erkennbar sein.

8) Das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks eines die Verlinkung auf die Internetseite eines Drittunternehmens enthaltenden "Tap Tags" ist regelmäßig geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung - das Anklicken des Links - zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Influencer II - Werbekennzeichnung bei fehlender Gegenleistung oder bei Eigenwerbung erforderlich? BGH Urt. vom 9.9.2021, Az I ZR 125/20

1) Die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG für kommerzielle Kommunikation in Telemedien sowie des § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und des § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV für Werbung in Telemedien sind bereichsspezifische Marktverhaltensregelungen für Telemedien. Die in diesen Spezialvorschriften zum Ausdruck kommenden medienrechtlichen Wertungen dürfen nicht durch die Anwendung der allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Vorschrift des § 5a Abs. 6 UWG unterlaufen werden.

 

2) Das in § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG für kommerzielle Kommunikation in Telemedien sowie in § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV für Werbung in Telemedien vorgesehene Tatbestandsmerkmal der Gegenleistung gilt nur für werbliche Handlungen zugunsten fremder Unternehmen, nicht aber für Eigenwerbung.

Influencer III - Keine Werbekennzeichnung bei unentgeltlicher Eigen-Werbung, BGH Urt. vom 9.9.2021, Az I 126/20

(1) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellen die beanstandeten Beiträge geschäftliche Handlungen der Beklagten zugunsten des eigenen Unternehmens dar und kann auch ein geschäftliches Handeln zugunsten fremder Unternehmen nicht ausgeschlossen werden.

(2) Soweit die geschäftlichen Handlungen zugunsten des eigenen Unternehmens der Beklagten erfolgten, liegt jedoch kein Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG vor, weil sich dieser kommerzielle Zweck nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts unmittelbar aus den Umständen ergibt.

(3) Hinsichtlich geschäftlicher Handlungen zugunsten fremder Unternehmen scheidet die Annahme eines Verstoßes gegen § 5a Abs. 6 UWG aus, weil die Beklagte für die beanstandeten Beiträge keine Gegenleistung erhalten hat und diese Beiträge daher den vorrangigen Spezialvorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV genügen. Auch ein Verstoß gegen Nr. 11 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG liegt danach nicht vor.

Entsperrungsanspruch gegen Amazon im einstweiligen Rechtschutz, LG Hannover, Urt. v. 22.07.2021, Az.: 25 0 221/21

1. Zur internaionalen Zuständigkeit nach Art. 7 Nr. 1 EuG VVO. Deutschland ist Erfüllungsort iSd VO für den Betrieb eines Händlerkontos.

2. Zu einer marktbeherrschende Stellung von Amazon nach §§ 33 Abs 1 Alt. 2, 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB.

3. Entsperrungsanspruch und Vernichtungsuntersagung im einstweiligen Rechtsschutz

(nicht rechtskräftig)

 

„Diana zur Löwen“ – Zu den Kennzeichnungpflichten von Influencer-Posts mit followerstarken Profilen -OLG Köln Urt. v. 19.2.2021, Az. 6 U 103/20

1. Der Umstand, dass Äußerungen von Influencern auch redaktioneller oder informierender Natur sind, steht einer Bewertung als geschäftliche Handlung nicht entgegen, weil auch journalismusnahe Tätigkeiten der UWG-Kontrolle nicht entzogen sind, wenn sie mittelbar durch Werbung finanziert werden.

2. Eine Kennzeichnung von Influencer-Mitteilungen auf Instagram ist auch bei followerstarken Profilen nicht stets entbehrlich, denn gerade dieser Dienst profitiert davon, dass Profilinhaber sich nicht nur als kommerziell tätig, sondern als authentisch bezeichnen.

3. Eine überwiegende kommerzielle Absicht ist bei Postings von Influencern zu vermuten, wenn Mitteilungen durch ein direktes Entgelt oder eine sonstige, auch geringwertige Gegenleistung mitbeeinflusst werden.