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Werbekennzeichnung bei Instagram, LG Heilbronn, Urt. v. 08.05.2018, Az.: 21 O 14/18 KfH

Leitsätzliches

Die Abkürzung „Ad“ genügt nicht zur Werbekennzeichnung. Die Bedeutung der Abkürzung „Ad“ ist in den als relevant zu betrachtenden Verkehrskreisen nicht als hinreichend bekannt zu bewerten. Der unbefangene und auf Seiten wie Instagram nicht erfahrene Nutzer findet sich nach mehreren Klicks ohne hinreichende Aufklärung unvermittelt auf Werbeseiten wieder.

 

LANDGERICHT HEILBRONN

Urteil 

Entscheidung vom 8. Mai 2018

Aktenzeichen: 21 O 14/18 KfH

 

In dem Rechtsstreit

wegen unlauteren Wettbewerbs

hat das Landgericht Heilbronn - 1. Kammer für Handelssachen - durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht [...] aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 26.04.2018 für Recht erkannt

1. Das am 06. März 2018 verkündete Versäumnisurteil wird aufrechterhalten.

2. Die Verfügungsbeklagte trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Beschluss:

Der Streitwert wird unter Abänderung der seitherigen Anordnung auf Euro 15.000,00 festgesetzt.

 

Tatbestand

Der Verfügungskläger begehrt im einstweiligen Verfügungsverfahren wettbewerbliche Unterlassung.

Der Verfügungskläger ist eingetragener Verein, zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der Regeln des lauteren Wettbewerbs gehören und der sich auch im vorliegenden Rechtsstreit als gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert sieht.

Die 19 Jahre alte Verfügungsbeklagte ist Schülerin und betätigt sich daneben als sogenannter Influencer, d.h. als jemand, die sich in Internet-Medien öffentlich bildlich oder auf Video darstellt, dabei besonderen Wert auf eine gute äußere Erscheinung nach Aussehen, Aufmachung und/oder Kleidung sowie auf ein Auftreten in allgemein bekannter, ansprechender oder sonst besonderer Umgebung legt und durch die so erzeugte Aufmerksamkeit im Bereich des Konsums, vor allem in Bezug auf Kleidung, Modetrends kreiert, repräsentiert und/oder fördert. Hierzu unterhält sie auf der Internetplattform Instagram eine Seite unter der Adresse [...], für die mehr als 100.000 „Follower" registriert sind, das sind Dritte, welche die Internetplattform ebenfalls nutzen und von der Veröffentlichung eines neuen ,,Posts", also eines neuen Beitrags, durch die Verfügungsbeklagte, etwa eines Fotos oder eines Videos, benachrichtigt werden.

Gelangt der „Follower" auf die Seite der Verfügungsbeklagten und klickt er bestimmte Fotos an, so erscheint dort nach nochmaligem Klick im Bereich der Abbildung der Kleidung der Verfügungsbeklagten die Bezeichnung der Marke bzw. den Namen, unter denen die Kleidung oder ein anderes Produkt oder eine Veranstaltung mit Bezug zu der Abbildung beworben oder verkauft wird. Ein Klick auf die betreffende Bezeichnung oder den Namen führt den „Follower" auf eine Internetseite des Unternehmens, welche die Kleidung oder das andere Produkt vertreibt bzw. die Veranstaltung vermarktet.

Unstreitig hat die Verfügungsbeklagte im Zusammenhang mit dem Instagram-Auftritt ein Kleingewerbe angemeldet und seither im Jahre 2018 an kostenlosen Leistungen bzw. als Gegenleistung für entsprechendes Wirken als lnfluencer den Gegenwert von ca. EUR 1.000,-- erzielt.

Der Verfügungskläger rügt den dargestellten Mechanismus der Hinleitung auf bestimmte Produkte und zugeordnete Internetseiten als wettbewerbswidrig und verlangt mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung entsprechende Unterlassung.

Der Verfügungskläger macht geltend, er sei vorliegend aktivlegitimiert, indem eine erhebliche An­zahl von Gewerbetreibenden mit der Verfügungsbeklagten im Wettbewerb stünden. Insbesondere seien dies neben vier Werbeagenturen auch elf Verlage, die von Werbeaufträgen lebten und um solche mit der Verfügungsbeklagten konkurrierten, denn die Verfügungsbeklagte betreibe zwar ebenfalls Werbung, mache dies aber nicht kenntlich. Im Schriftsatz vom 10.04.2018 (BI. 53 ff. d.A.) führt die Verfügungsklägerin 12 einzelne Verlagsunternehmen als Mitglieder mit von diesen verlegten Zeitschriften auf, worauf Bezug genommen wird.

Die Verfügungsklägerin bringt weiter vor, es gehe vor allem um Werbung für Bekleidung, wobei die Nutzer auf die Internetseite von Unternehmen mit erheblicher Marktbedeutung geleitet werden würden, namentlich auf die Seiten des Modelabels [...], der umsatzstärksten Bekleidungsmarke weltweit, die kaum noch Werbung der herkömmlichen Art betreibe, vielmehr ihren Umsatz mit­tels Influencern wie der Verfügungsbeklagten fördere und hebe, was für die traditionelle Presse ganz erhebliche Verluste bedeute. Ein wettbewerbsrechtliches Gleichgewicht würde indes dann hergestellt sein, wenn derartige Veröffentlichungen wie diejenige der Verfügungsbeklagten ord­nungsgemäß als Werbung gekennzeichnet sein würden, weil dann der Reiz an solchen Veröf­fentlichungen weitgehend in Wegfall geriete.

Der Verfügungskläger benennt als Anknüpfungspunkt für die wettbewerbswidrige Werbung vier Abbildungen gemäß Anlage A 3 wie folgt:

Das erste Bild betrifft einen Pullover der Marke […] und eine Hose der Marke „ Den Pullover hat die Verfügungsbeklagte unstreitig vor ca. 2 Jahren unentgeltlich erhalten und gepostet, die Hose Anfang Dezember 2017 ebenfalls unentgeltlich erhalten und zum genannten Zeitpunkt in einem sogenannten 24-Stunden-Video gepostet, das als Werbung gekennzeichnet war.

Die zweite Abbildung betrifft das [...], eine kommerzielle Veranstaltung, die jedes Jahr im Ausstellungszentrum der Messe Stuttgart stattfindet. Im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung hat die Verfügungsbeklagte unstreitig ein T-Shirt im Wert von Euro 10,00 bis 20,00, welches sie auf dem Bild trägt, sowie zwei Eintrittskarten im Wert von je etwa EUR 100,00 erhalten, wobei unstreitig von ihr erwartet wurde, dass sie die Veranstaltung im Rahmen eines Postings mit Verlinkung auf die Instagram-Seite des Veranstalters bekannt mache. In der Bildbeschreibung heißt es ergänzend „Link for tickets in my bio! #ad".

Die dritte Abbildung zeigt die Verfügungsbeklagte mit einer Jacke der Marke [...] einer Hose der Marke [...] und mit einem Paar Schuhen der Marke. Sämtliche Kleidungsstücke hat die Verfügungsbeklagte regulär käuflich erworben.

Die vierte Abbildung schließlich zeigt die Verfügungsbeklagte mit einer Jacke der Marke, einem Pullover der Marke [...] und einem Paar Schuhen der Marke [...], welche die Verfügungsbeklagte ebenfalls selbst käuflich erworben hat.

Der Verfügungskläger trägt vor, die Verfügungsbeklagte verstoße mit dem dargestellten Mechanismus der Weiterleitung auf kommerzielle Internetseiten gegen § 5 a Abs. 6 UWG und § 6 Abs. 1 TMG. Es liege eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vor. Es handele sich um getarnte Werbung, die gegen das Verbot der redaktionellen Werbung verstoße. Die Verfügungsbeklagte erwecke durch den Auftritt den Eindruck, rein privat tätig zu sein, während es in Wirklichkeit um kommerzielle Werbung gehe. Dabei seien Hinweise mit Zusätzen wie „#ad" oder ähnliches nicht geeignet, das Publikum hinreichend deutlich über die werbende Absicht aufzuklären.

Der Verfügungskläger hat die Verfügungsbeklagte mit Schreiben vom 25.01.2018 abgemahnt, mit Fristsetzung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung bis längstens 01.02.2018 (Anlage A 4). Die Verfügungsbeklagte hat unter dem Datum vom 01.02.2018 eine Unterlassungserklärung mit Streichung der Strafbewehrung abgegeben. Eine Nachfristsetzung mit Schreiben vom 02.02.2018 zum 06.02.2018 (Anlage A 6) blieb ohne Ergebnis.

Gegen die Verfügungsbeklagte ist im Termin vom 06.03.2018 Versäumnisurteil (BI. 31 ff. d.A.) des folgenden Inhalts erlassen worden, das am 09.03.2018 zugestellt worden ist (Zustellurkunde BI. 37 d.A.):

1. Der Verfügungsbeklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von bis zu Euro 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten,

untersagt,

im geschäftlichen Verkehr beispielsweise in dem sozialen Medium „Instagram", unter Abbildung deren Person und deren Bezeichnung [...] kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne den kommerziellen Zweck der Veröffentlichung zu verdeutlichen, sofern er sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, indem dies geschieht wie durch Veröffentlichung von Beiträgen

- mit der Abbildung der Person der Verfügungsbeklagten = 1. Ansicht

- nach Aufruf der ersten Ansicht durch einen Klick des Anzeigens des Namens eines oder mehrerer Unternehmen auf der gleichen Seite = 2. Ansicht

und

- durch einen weiteren Klick des Accounts des Unternehmens, dessen Name bei der zweiten Ansicht ins Bild gekommen ist = 3. Ansicht,

ohne die 1. oder 2. Ansicht als kommerzielle Veröffentlichung zu kennzeichnen, wenn dies geschieht wie in Anlage 3 wiedergegeben.

2. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Hiergegen hat die Verfügungsbeklagte mit Anwaltsschriftsatz vom 23.03.2018 (BI. 40 ff. d.A.) Ein­spruch eingelegt.

Der Verfügungskläger beantragt,

das Versäumnisurteil vom 06.03.2018 aufrechtzuerhalten.

Die Verfügungsbeklagte beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Verfügungsbeklagte rügt den Klageantrag als zu unbestimmt; nach ihrer Ansicht würde der Antrag ggf. auf die Internetplattform von Instagram zu beschränken sein.

Die Verfügungsbeklagte macht ferner geltend, der Verfügungskläger sei nicht klagebefugt. Sie trägt hierzu vor, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien an das für die Interventionsmöglichkeit notwendigen Konkurrenzverhältnisses strenge Maßstäbe zu stellen, insbesondere, was die Mitgliederzahl von Unternehmen anbelange, die Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertrieben. Der Markt von Mitgliedern des Verfügungsklägers sei nicht tangiert. Hierzu trägt die Verfügungsbeklagte im Schriftsatz vom 23.03.2018, Seite 2 (BI. 41 d.A.) zu einzelnen vom Verfügungskläger angeführten Mitgliedern vor, worauf Bezug genommen wird. Zudem sei sie kein Verlag; sie verlege kein Druckwerk und bekomme von „Followern" kein Geld. Dass die Printwerbung zurückgehe, sei ihr nicht anzulasten.

Hinsichtlich der ersten beanstandeten Abbildung sei in dem Mechanismus der Weiterleitung des­halb keine relevante Werbung zu sehen, weil von Anfang an keine Verpflichtung zum Posten be­standen und es keine Vorgaben zur inhaltlichen Präsentation gegeben habe, lediglich die Bitte zur Verlinkung auf eine bestimmte Seite. Sie habe die Informationen bereitgehalten, weil von ihren „Followern" zu jedem Post zahlreiche Anfragen zu den getragenen Kleidungsstücken vorgelegen hätten und sie ansonsten einzeln würde geantwortet haben müssen. Die lange Zeitspanne zwi­schen dem Erhalt des Pullovers und der nunmehrigen Präsentation bewirke, dass diese nicht ge­eignet sei, den Verbraucher zu einer bestimmten geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen haben würde. Der Link bzw. die Bezeichnung des Unterneh­mens seien um das Zeichen „#" ergänzt, so dass derjenige, der den Link anklicke, erwarte, dass er Informationen zu den Unternehmen erhalte. Zudem werde der Betrachter nicht auf die Kaufseite, sondern auf die allgemeine Internetseite des Unternehmens geleitet.

Hinsichtlich der zweiten Abbildung sei das Posting als „#ad" gekennzeichnet, ferner sei der ge­werbliche Charakter deutlich sichtbar mit dem beigegebenen Text als Werbung ausgedrückt. Die Bezeichnung „#ad" habe selbst nach der Meinung der Landesmedienanstalten bis vor kurzem ausgereicht, um den jeweiligen Post als Werbung zu kennzeichnen. Die Buchstabenfolge „ad" bedeute „advertisement", englisch für Werbung. Dass eine entsprechende Kennzeichnung ausreiche, sei darüber hinaus in zahlreichen Medien berichtet worden. Zudem habe sich das Konzert an bis 25 Jahre alte, also volljährige und meist englischsprachige Nutzer gerichtet, so dass ein Irrtum über die Werbeeigenschaft ausgeschlossen sei.

Insgesamt sei ihr Handeln nicht kommerziell. Das alleinige Auftauchen einer Marke und Verlin­kung stelle die DNA von Instagram dar und rechtfertige keine Verbotsverfügung. Sie habe keine relevante Gegenleistung erhalten. Nach den Richtlinien der Landesmedienanstalten (Anlage AG 7) bestehe keine Kennzeichnungspflicht, wenn der Wert der betreffenden Ware geringer als EUR 1.000,00 sei, da damit die Bagatellgrenze unterschritten sei. Schließlich seien die Bestimmungen des UWG im Lichte der Grundrechte zu betrachten, insbesondere sei Artikel 5 Grundgesetz zu berücksichtigen.

Wegen des weitergehenden Vortrages wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und im Übrigen auf den Inhalt der vorgelegten Urkunden Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung beruht auf § 343 ZPO. Das Versäumnisurteil ist aufrechtzuerhalten. Der rechtzeitig eingelegte und auch sonst zulässige Einspruch der Verfügungsbeklagten ist nicht begründet. Der Verfügungskläger hat gegen die Verfügungsbeklagte einen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr.2 i.V.m. §§ 2 Abs. 1 Nr. 1, 3, 5a Abs. 6 UWG.

1.

Der Verfügungskläger ist gemäß §§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG aktivlegitimiert. Der Verfügungskläger hat glaubhaft gemacht, dass ihm eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden, die Konkurrenten der Verfügungsbeklagten sind, angehört. Die vom Verfügungskläger angeführten Verlage konkurrieren um Werbemittel auch solcher Unternehmen, die Werbung über die Verfügungsbeklagte betreiben. 

a.

Für die Frage, ob die „erhebliche Zahl" im genannten Sinne vorliege oder nicht, ist nicht auf eine Mindestanzahl abzustellen, sondern danach, ob die fraglichen Unternehmen nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung und wirtschaftliches Gewicht in der Weise repräsentativ vertreten sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 36. Aufl., § 8, Rn. 3.42a). Das ist nach dem für das einstweilige Verfügungsverfahren geltenden Maßstab jedenfalls in Bezug auf die Werbebranche in Gestalt des Verlagswesens mit den durch den Verfügungskläger aufgeführten Unternehmen und den dort verlegten Druckwerken der Fall. Die aufgeführten, namhaften Druckwerke sind bundesweit verbreitet und decken Werbung auch für Kleidung ab.

b.

Nichts Anderes gilt deswegen, weil etwa die durch den Verfügungskläger als seine Mitglieder be­nannten Verlage nicht in einem direkten Konkurrenzverhältnis zur Verfügungsbeklagten stünden.

aa.

Maßgebend in diesem Sinne ist nicht die konkrete, sondern die potentielle Mitbewerberschaft im Sinne der Substituierbarkeit der angebotenen Güter.

Das OLG Stuttgart hat die betreffenden Voraussetzungen in seinem Urteil vom 26.03.2009 – 2 U 87/08 - wie folgt in maßgeblicher Weise charakterisiert (Juris-Rn.17):

Mindestvoraussetzung für das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses ist, dass zwischen den Vorteilen, die jemand durch eine Maßnahme für sein Unternehmen oder das eines Dritten zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die ein anderer dadurch erleidet, eine Wechselbeziehung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann (BT-Drs. 15/1487 S. 16; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl. [2008], § 2, 59). Ein Unternehmen ist in der Regel Mitbewerber, wenn es Waren oder Dienstleistungen anbietet, die mit denen des Handelnden gleich oder aus der Sicht der verständigen Abnehmer jedenfalls austauschbar sind (BGH GRUR 2002, 828 [juris Tz. 23] - Lottoschein; Köhler a.a.O. 64). Das ist insbesondere der Fall, wenn Konkurrenzunternehmen oder Konkurrenzangebote (Waren oder Dienstleistungen) einander gegenüberstehen und dem Werbeadressaten dabei Kaufalternativen aufgezeigt werden, die geeignet sind, die Kaufentscheidung des Umwor­benen zu beeinflussen. Der Absatz des einen Unternehmens muss mithin auf Kosten des anderen gehen. Dabei dürfen die Anforderungen an die Austauschbarkeit nicht allzu sehr abgesenkt werden. Entscheidend ist, ob ein durchschnittlich informierter, verständiger und aufmerksamer Durchschnittsverbraucher eine Substitution ernsthaft in Betracht zieht (BGH a.a.O. [juris Tz. 23] - Lottoschein; vgl. auch dazu, dass im Interesse des wirksamen wettbewerbsrechtlichen Individualschutzes jedoch keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind: BGH GRUR 2006, 1042 [Tz. 16] - Kontaktanzeigen; Köhler a.a.O. § 2, 57). Unerheblich ist allerdings, wenn die Wettbewerber auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen stehen (BT-Drs. a.a.O. S. 16; Köhler a.a.O. 68 m.N.). Auch genügt ein sog. mittelbares Wettbewerbsverhältnis (BT-Drs. a.a.O. S. 16; Köhler a.a.O. 59 und 64). Danach können auch Unternehmer verschiedener Branchen durch eine Wettbewerbshandlung in eine wettbewerbliche Beziehung zueinander treten, ohne dass der Absatz der beiderseitigen ungleichartigen Waren beeinträchtigt wird. Das Wettbewerbsverhältnis wird in diesem Fall durch die konkrete Handlung begründet, so beispielsweise unter dem Aspekt der Behinde­rung, wenn ein Unternehmen für Kaffee als Geschenk mit dem Hinweis „Statt Blumen 0.-Kaffee" wirbt (BT-Drs. a.a.0. S. 16; BGH GRUR 1990, 375 [juris Tz. 32] - Steuersparmodell; Köhler a.a.O. 64 und 67; vgl. auch BGH GRUR 1981, 529 [juris Tz. 22] - Rechtsberatungsanschein). Es genügt, dass die Behinderung des anderen Unternehmens sich aus der irrigen Annahme des Verkehrs von der Substituierbarkeit der angebotenen Güter ergeben kann (BGH GRUR 1981, 529 [juris Tz. 23] - Rechtsberatungsanschein; Köhler a.a.0. 64). Da es für die wettbewerbsmäßige Beurteilung regelmäßig nur um die konkret beanstandete Wettbewerbshandlung geht, genügt es, wenn die Parteien auch nur durch diese beanstandete Handlung in Wettbewerb getreten sind, im Übrigen ihre Unternehmen aber verschiedenen Branchen angehören (BGH a.a.O. [juris Tz. 32] - Steuersparmodell).

(2)

Die dargelegten Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Trend weg von Printmedien und hin zu alternativen Medien, insbesondere Internetplattformen, geht und es Unternehmen gibt, die nicht in Printmedien werben. Unternehmen, die Werbung betreiben, wählen naturgemäß das nach ihrer Einschätzung für ihr Werbeanliegen passende Werbemedium im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Parameter aus. Bei der Werbung über lnfluencer wie vorliegend gehören zur Abwägung neben dem Empfängerkreis im Be­reich der neuen Medien mit einer bestimmten, stil- und modebewussten Klientel zweifellos auch die Präsentation der Ware im Übergangsbereich zwischen kommerziellem und privatem Sektor, da gerade der als persönlich erscheinende Charakter einer solchen Präsentation als attraktiv gelten mag. Umgekehrt kann somit die Werbung über Influencer in dem Maße uninteressant werden, in dem etwa durch die Verpflichtung zur Kennzeichnung als Werbung die private Anmutung der Warenpräsentation beeinträchtigt wird. Dann aber kommt als Alternative durchaus eine die Werbung in einer Zeitschrift wie in einer der durch Mitgliedsunternehmen der Verfügungsklägerin verlegten, namentlich der Zeitschrift [...] in Betracht, die sich bekanntlich ebenfalls an junge Menschen mit Interesse an Jugendkultur wendet.

2.

Der Internet-Auftritt der Verfügungsbeklagten mit der dargestellten Abfolge bei Seitenaufruf in der dargestellten Weise stellt nach der gebotenen Würdigung eine geschäftliche Handlung im Sinne § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar. Geschäftliche Handlung in diesem Sinne ist nach der Legaldefinition jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes von Waren objektiv zusammenhängt. Entsprechendes ist vorliegend durchweg mit dem beanstandeten Weiterleitungsmechanismus in Ansehung aller durch den Verfügungskläger entsprechend aufgeführten Abbildungen der Fall. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob die Verfügungsbeklagte, wie sie hinsichtlich mehrerer Abbildungen unwidersprochen behauptet, im Einzelfall keine konkrete Gegenleistung für die Verlinkung erhalten hat oder nicht. Hierauf kommt es nicht an.

a.

Dass die jeweilige Verlinkung die gewerbliche Betätigung des betreffenden Unternehmens fördert, steht außer Frage.

b.

Ob die Verfügungsbeklagte die Weiterleitung mit der Verlinkung im Einzelfall honoriert bekommt oder nicht, ist demgegenüber deswegen ohne Bedeutung, weil der Gesamtzusammenhang ihres entsprechenden Tuns zumindest auch ihr eigenes gewerbliches Handeln fördern soll.

aa.

Der Erfolg der Seite, der in erster Linie zu messen ist an der Zahl der „Follower", der Erfolg der Werbung für die betreffenden Unternehmen sowie der gewerbliche Erfolg der Verfügungsbeklagten sind als Bestandteile eines Gesamtsystems im gewerblichen Zusammenhang zu begreifen. Zwar mag die Vorgehensweise der Verfügungsbeklagten auch von privaten Motiven getragen sein; denkbar sind insofern Freude an Mode und attraktiven Bildern oder die Förderung der Selbstwertschätzung durch eine große Anzahl von „Followern" und deren positiven Rückmeldungen sowie das Bestreben, die eigene Bekanntheit bis hin zur Einordnung als „Star" zu steigern.

bb.

Die private Motivation kann aber nicht von der gewerblichen getrennt werden, indem die Zahl der und die Wertschätzung durch die „Follower" Aufmerksamkeit auch bei den potentiellen Werbekunden erzeugt und nach der Würdigung des Gerichts auch erzeugen soll, mit dem Ziel, den Marktwert für zukünftige Werbeaktionen zu steigern. Für Influencer wie die Verfügungsbeklagte gibt es Beispiele erfolgreicher Unternehmer mit bedeutenden Einnahmen. Das Gericht schließt aus, dass die Verfügungsbeklagte nicht dem nacheifern und sich nicht der hierfür maßgeblichen Wirkmechanismen bedienen wolle.

(1)

Die Aufmerksamkeit der „Follower" und deren Gefolgschaft wird nicht zuletzt potentiell gesteigert durch die Zahl der Posts. Mit anderen Worten: Je mehr Werbeaufträge, desto mehr Posts und desto mehr „Follower"; aber auch: Je mehr „Follower" oder Posts, desto mehr Werbeaufträge. Das System kann also sich selbst verstärkende Tendenzen kreieren, etwa dann, wenn über zahlreichere Werbeaufträge eine größere Zahl von Posts erfolgt, dies wiederum eine Zunahme der Zahl der „Follower" zur Folge hat und hierdurch weitere Werbeaufträge angeregt werden. Möglich ist aber auch umgekehrt ein sich selbst abschwächendes System, wobei das Interesse stets dahin gehen wird, das Drehen der Abwärtsspirale aufzuhalten.

(2)

Einfluss auf das dargestellte System hat der lnfluencer nach Zahl und Art seiner Posts. Das Be­streben von lnfluencern wie der Verfügungsbeklagten wird folglich regelmäßig auch dahin gehen, durch eine jedenfalls nicht abnehmende Anzahl von Posts „Follower" und folglich Werbeaufträge jedenfalls nicht zu verlieren. Aus diesem Grund kann im Zusammenhang mit einer auch gewerblichen Tätigkeit in diesem Bereich schon deswegen keine Abgrenzung zu rein privaten Posts geltend gemacht werden, weil das Posting stets im Zusammenhang mit der Förderung des Gesamtsystems zu begreifen ist. Dies betrifft namentlich Posts mit selbst gekauften Kleidungsstücken wie hier in Ansehung der Abbildungen drei und vier: Auch diese Posts dienen dem Zweck, das dargestellte System als Ganzes aufrechtzuerhalten, möglichst einen sich selbst verstärkenden Trend wie oben dargelegt zu erzeugen bzw. aufrechtzuerhalten und einen sich selbst abschwächenden Trend zu vermeiden. Im Ergebnis werden mit solchen ohne Gegenleistung erbrachten Posts etwaige Lücken in der regelmäßigen Präsentation aufgefüllt und eine günstige Gesamtlage durch selbstfinanzierte Werbung zugunsten Dritter mit Blick auf zukünftige Werbeaufträge erzeugt.

3.

Die Werbung verstößt gegen § 5a Abs. 6 UWG. Demnach handelt unlauter, wer den kommerziel­len Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittel­bar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Vor­liegend ist der kommerzielle Zweck der Werbung nicht kenntlich gemacht und ein Hinweis auch nicht entbehrlich.

aa.

Entsprechendes wäre nur dann der Fall, wenn der kommerzielle Zweck auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar sein würde. Hingegen genügt es nicht, wenn der durchschnittliche Leser erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags dessen werbliche Wirkung erkennt (KG Berlin, Beschluss vom 17.10.2017 — 5 W 233/17 —).

bb.

Die Voraussetzungen der Erkennbarkeit sind vorliegend nicht gegeben. Insbesondere ergibt sich dies nicht durch Zusätze wie „#ad" bzw. durch den oben zitierten textlichen Hinweis in Bezug auf die Musikveranstaltung in Stuttgart.

(1)

Das Gericht übersieht nicht, dass gerade Nutzer sogenannter neuer Medien eine durchaus be­merkenswerte abweichende Sichtweise auf Konsum und Werbung haben in der Weise, dass vielfach die Vermengung von Information und Meinung sowie von Information und Werbung akzeptiert wird, sofern das Ergebnis nur gefällt. Entsprechend lässt es sich ein womöglich zunehmender Teil der Verbraucher mitunter gerne gefallen, in diesem Sinne beeinflusst und „geleitet" zu werden, ggf. auch geleitet durch entsprechende Erfahrungen mit derart untergeschobenen Werbeseiten.

(2)

Denkbar ist auch, dass ein zunehmender Teil der Nutzer der „neuen" Medien und namentlich der Plattform Instagram die Abkürzung „#ad" in ihrer Bedeutung als Hinweis auf Werbung erkennen (vgl. auch OLG Gelle, Urteil vom 08.06.2017 — 13 U 53/17 —). Nicht übersehen hat das Gereicht auch die Position der Landesmedienanstalten, die aber offenbar auch einer gewissen Wandlung unterworfen ist und mit der „Bagateliregelung" als Maßstab allenfalls für eine hier nicht näher zu beurteilende Praxis dritter Medien gelten kann.

(3)

Eine entsprechende Kenntnis oder eine leichte Erkennbarkeit aber kann für den Durchschnittsnutzer der Internetplattform Instagram, der nicht allein in den mehr als 100.000 „Followern" der Verfügungsbeklagten, welche die Vorgehensweise der Verfügungsbeklagten kennen mögen, repräsentiert ist, nicht angenommen werden. Die Bedeutung der Abkürzung „ad" ist in den insofern als relevant zu betrachtenden Verkehrskreisen, denen sich der Referatsrichter zurechnet, nach dem Maßstab des einstweiligen Verfügungsverfahrens keineswegs als hinreichend bekannt zu bewerten. Der unbefangene und auf diesen Seiten nicht erfahrene Nutzer findet sich nach mehreren Klicks ohne hinreichende Aufklärung unvermittelt auf Werbeseiten wieder. Die Hinnahme der entsprechenden Vorgehensweise als System konterkarierte die klaren gesetzlichen Vorgaben.

4.

Die Untersagung ist nicht auf die Internetplattform von Instagram zu beschränken. Insofern handelt es sich nicht um einen Umstand, welcher der Zulässigkeit des Unterlassungsbegehrens zuzuweisen wäre, sondern der Begründetheit, nämlich der Reichweite. Es ist nicht ersichtlich, dass die Verfügungsbeklagte eine entsprechende Werbung nicht auch auf einer anderen Plattform würde betreiben können, so dass diese mit zu umfassen ist.

5.

Die Wiederholungsgefahr ist gern. § 12 Abs. 2 UWG anzunehmen. Die Verletzungsgefahr besteht fort, weil die Verfügungsbeklagte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung abgelehnt hat.

6.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Das Gericht hat den Streitwert entsprechen der Erkenntnisse aufgrund des Vortrags der Verfügungsbeklagten hinsichtlich der wirtschaftlichen Gegebenheiten reduziert.