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Landgericht Aachen, Urteil v. 27.01.2017, Az.: 42 O 127/16

Leitsätzliches

Der Verpächter einer Domain haftet für Verletzungen des Wettbewerbsrechts seines Pächters ab Kenntnis. Er ist selbst Täter einer unlauteren Wettbewerbshandlung, auch wenn er nicht Betreiber der Homepage ist

Landgericht Aachen

Im Namen des Volkes

URTEIL

Entscheidung vom 27.01.2017

Az.: 42 O 127/16

In dem Rechtsstreit

[…]

g e g e n

[…]

 

Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen,

im Rahmen geschäftlicher Handlungen zu Werbezwecken gegenüber Verbrauchern im Internet zu behaupten bzw. behaupten zu lassen, dass die Verbraucher bei Bestellung eines kostenlosen Testpakets des Produkts ein FitBand gratis erhalten, obwohl die Verbraucher dieses FitBand nur dann erhalten, wenn sie auch das kostenpflichtige 90 Tage-Programm beziehen,

wenn diese Werbung gestaltet ist wie in Anlage K 1 abgebildet;

2. an den Kläger 214,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.10.2016 zu zahlen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, bezüglich des Unterlassungsanspruchs aber nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000 €. Im Übrigen kann die Beklagte die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, der in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 UKIaG eingetragen ist, nimmt die Beklagte, die das Nahrungsergänzungsmittel vertreibt, auf Unterlassung und auf Aufwendungsersatz in Anspruch.

Auf der Seite … wird für das von der Beklagten vertriebene Nahrungsergänzungsmittel … geworben. Dort heißt es u.a.:

„Das … FitBand

Kostenlos für ihr Vertrauen

Nach dem Test belohnen wir Sie und schenken ihnen das … FitBand (statt 79,99) für Ihre Treue.

Das … Bluetooth FitBand erhalten Sie kostenlos und garantiert nach dem Testzeitraum und Sie können es in jedem Fall behalten!"

Klicken die Verbraucher auf der Seite auf den Button mit der Aufschrift „mehr Info oder jetzt testen" oder auf eine sonstige Position auf der Internetseite, gelangen sie zu dem Bestellformular. Diese Seite wird mit folgendem Text eingeleitet:

,,Ja! Ich möchte ein Paket … gratis. Ich kann … dann 14 Tage testen. Wenn ich zufrieden bin, brauche ich nichts weiter zu tun, ich beziehe dann …  zu nebenstehenden Konditionen im 90 Tage … Programm für monatlich 49,90 € (insgesamt 149,70 €). Das … FitBand Bluetooth und die erhalte ich mit der ersten Lieferung im … 90 Tage Programm."

Wegen der Einzelheiten nimmt die Kammer auf die Anlagen K 1 — K 3 Bezug.

Tatsächlich müssen die Verbraucher also, wenn sie das FitBand erhalten wollen, dass 90 Tage-Programm beziehen, was sie erst unmittelbar vor der Bestellung erfahren.

Die Beklagte wurde mit Schreiben vom 11.08.2016 erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

Der Kläger behauptet, die Beklagte sei Betreiberin der Domain. Jedenfalls hafte sie wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichtverletzung.

Der Kläger beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, Betreiberin der Homepage sei die Firma … an die sie - die Beklagte - die Seite verpachtet habe.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 UWG i.V.m. Nr. 21 Anhang zu § 3 Abs. 3, 5, 5a UWG. Es wird in der Werbung gegenüber den Verbrauchern behauptet, diese würden das FitBand kostenlos erhalten. Tatsächlich müssen sie das 90 Tage-Programm zum Preis von insgesamt 149,70 € beziehen, worüber die Beklagte im Zusammenhang mit der Werbung nicht informiert. Die Werbung ist zudem irreführend, weil sie den unzutreffenden Eindruck erweckt, das Band nach der Bestellung des kostenlosen Testpaketes behalten zu dürfen.

Die Beklagte ist auch passivlegitimiert.

Es spricht bereits Überwiegendes dafür, dass sie in Wirklichkeit Betreiberin der Homepage ist. Sie ist unstreitig Inhaberin der Domain und über die Seite wird ausschließlich ein Produkt der Beklagten vertrieben, mit der auch die jeweiligen Verträge abgeschlossen werden. Darüber hinaus sind die angegebenen Fax- und Telefonnummern solche der Beklagten, was ebenfalls auf diese als Betreiberin hinweist.

Darauf kommt es aber nicht entscheidend an. Die Beklagte ist selbst Täter einer unlauteren Wettbewerbshandlung, auch wenn sie nicht Betreiberin der Homepage ist. Es ist anerkannt, dass derjenige, der durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr in einer ihm zurechenbaren Weise die Gefahr eröffnet, dass Dritte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, die durch das Wettbewerbsrecht geschützt sind, eine unlautere Wettbewerbshandlung begehen kann, wenn er diese Gefahr nicht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren begrenzt. Die Beklagte hat der Firma … nach ihrem eigenen Vorbringen die Homepage verpachtet. Spätestens seit der Abmahnung vom 11.08.2016 ist ihr auch positiv bekannt, dass der Betreiber der Homepage, dessen Werbung ausschließlich ihr - der Beklagten - zugutekommt, durch falsche und irreführende Angaben gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. Das Verhalten der Beklagten ist wettbewerbswidrig, weil sie es unterlassen hat, im Hinblick auf die ihr konkret bekannt gewordenen Verstöße zumutbare Vorkehrungen zu treffen, um derartige Rechtsverletzungen für die Zukunft soweit wie möglich zu verhindern. Dass sie die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um die Firma … künftig von der wettbewerbswidrigen Werbung abzuhalten, ergibt sich aus ihrem Vorbringen nicht. Zwar will sie mit Schreiben vom 16.11.2016 die Firma … aufgefordert haben, die Abmahnung des Klägers zu prüfen und die Werbung gegebenenfalls abzuändern. Diese Aufforderung ist aber offensichtlich nicht von Erfolg gekrönt gewesen, weil die Werbung noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unverändert vorhanden war. Die Beklagte muss der Firma also notfalls den Pachtvertrag kündigen und den Zugriff auf die Webseite entziehen. Solange sie das nicht tut, ist sie selbst für derartige Rechtsverletzungen verantwortlich und zur Unterlassung verpflichtet.

Da die Beklagte die Unterlassungserklärung nicht abgegeben hat, besteht auch Wiederholungsgefahr.

Der Zahlungsanspruch ist aus § 12 Abs. 1 UWG begründet, der Zinsanspruch folgt aus den §§ 286, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.