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LG Frankfurt a.M.: Verwendung eines Siegels durch Rechtsanwalt (Urt. v. 13. Sept. 2012; Az.: 2-03 O 24/12)

Leitsätzliches

LANDGERICHT Frankfurt am Main

Im Namen des Volkes

Urteil

Entscheidung vom 13. September 2012

Az.: 2-03 O 24/12

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,

1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Betrieb einer Anwaltsplattform im Internet,

a.) die Bezeichnung "Premium Fachanwalt"

und/oder

b.) die Bezeichnung "Premium Rechtsanwalt"


zu verwenden

und/oder

2. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Leim Betrieb einer Anwaltsplattform im Internet, für Rechtsanwälte und/oder Rechtsanwaltsdienstleistungen

a.) das nachfolgend aufgeführten Siegel/Logo/Zertifikat





zu verwenden und/oder verwenden zu lassen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 493,75 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 9.2.2012 zu zahlen.

III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 26 % und die Beklagte 74 % zu tragen.

V. Das Urteil ist für die Klägerin bzgl. des Untersagungstenores gegen Sicherheitsleistung in Höhe insgesamt von 30.000 € (Tenor zu 1.a) und b) in Höhe von jeweils 12.500 €, Tenor zu 2.a) in HÖhe von 5.000 €) und im Übrigen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. F?r die Beklagte ist das Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand:
Die Klägerin betreibt unter ... ein Anwaltsportal im Internet.

Die Beklagte betreibt ebenfalls ein solches Portal im Internet unter ... Die weit überwiegende Anzahl der dort gelisteten Anwälte verfügen über einen Fachanwaltstitel. Sie betreibt weitere Portale unter ... und ...

Auf den Webseiten verwendet die Beklagte die Bezeichnungen "Premium Fachanwalt" und "Premium Rechtsanwalt". Insoweit wird die Anlage K 5 (= Bl. 57 ff. d. A.) in Bezug genommen.
Auf der Unterseite ... (B1. 97 f. d. A.) beschreibt die Beklagte die Grundsätze, nach denen sie die Rechtsanwälte aussucht, die sie auf ihrer Plattform präsentiert.

Die Beklagte vergibt an Rechtsanwälte/Kanzleien ein Premium-"Rundsiegel" im Sinne einer Zertifizierung/Auszeichnung, wie aus der Unterseite ... (Anlage K 15 = Bl. 93 d. A.) ersichtlich.
Früher verwendete die Beklagte auch das aus dem Klageantrag zu I.2.a) rechts abgebildete Rundsiegel, jedoch nicht mehr seit Februar 2011.

Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen Wettbewerbsverstößen mit anwaltlichem Schreiben vom 20.9.2011 (Bl. 50 ff. d. A.).

Die Klägerin trägt vor, die Beklagte verwende die irreführenden Bezeichnungen "Premium Fachanwalt" und "Premium Rechtsanwalt". Sie verstoße hierdurch auch gegen § 5 UWG. Durch die Voranstellung des Wortes "Premium" an die berufsrechtliche Bezeichnung "Fachanwalt" oder "Rechtsanwalt" sei die Kombination geeignet, eine Irreführung des Verkehrs hinsichtlich der Qualität der damit beworbenen Rechtsanwälte hervorzurufen. Die Verwendung des Prüfsiegels sei irreführend, weil dies dem Verkehr die Vorstellung fachlicher Kompetenz und Neutralität des Verleihenden und ein objektives sachbezogenes Prüfungsverfahren vermittele. Bei dem nicht mehr verwendeten Logo sei von einer kerngleichen Verletzung auszugehen. Die Aufnahme der beiden Logos sei nur zur Klarstellung im Antrag erfolgt. Das "5-Sternesymbol" führe den Verkehr ebenfalls in die Irre. Eine Sterneklassifizierung für Rechtsanwälte oder Rechtsanwaltsdienstleistungen gebe es nicht. Schließlich handele es sich hierbei um Organe der Rechtspflege und nicht um "normale" Dienstleistungen, wie etwa Hotels oder Busse.

Die Beklagte habe die außergerichtlichen Abmahnkosten aus einem hälftigen Streitwert in Höhe von 40.000 € und einer 1,5-fachen Geschäftsgebühr zu tragen. Die hierfür gesetzte Zahlungsfrist sei am 4.10.2011 abgelaufen, der Zinsanspruch beruhe auf § 288 BGB.

Die Klägerin beantragt,
I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,
       
1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Betrieb einer Anwaltsplattform im Internet,
       
a.) die Bezeichnung "Premium Fachanwalt"


        und/oder

b.) die Bezeichnung "Premium Rechtsanwalt" zu verwenden

        und/oder
       
2. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Betrieb einer Anwaltsplattform im Internet für Rechtsanwälte und/oder Rechtsanwaltsdienstleistungen

a.) die nachfolgend aufgeführten Siegel/Logos/Zertifikate

       

                    oder


und/oder
   

b.) eine Sterneklassifizierung (z.B. * * * * * (Fünf Sterne)) zu verwenden und/oder verwenden zu lassen;

II. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin Euro 1.373,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 05.10.2011 zu zahlen;

hilfsweise für den Fall, dass der Antrag I. 1. a.) und/oder b.) widererwartend als zu weitgehend angesehen werden sollte,

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,

1. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Betrieb einer Anwaltsplattform im Internet,

a.) die Bezeichnung "Premium Fachanwalt"

und/oder

b.) die Bezeichnung "Premium Rechtsanwalt"

zu verwenden, soweit die "Premium"-Bezeichnungen "Premium Fachanwalt" oder "Premium Rechtsanwalt" nicht auf der Grundlage neutraler, allgemein anerkannter Prüfungsbedingungen unter Beteiligung der betroffenen Fachkreise (beispielsweise der Rechtsanwaltskammern oder eine andere zuständige Stelle) erteilt worden ist oder soweit diese "Premium"-Bezeichnungen nicht von einer Rechtsanwaltskammer als zulässige Bezeichnung anerkannt worden sind,

weiter hilfsweise für den Fall, dass der Antrag I. 2. a.) und/oder b.) widererwartend als zu weitgehend angesehen werden sollte,

I. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, die Ordnungshaft zu vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,

2. im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Betrieb einer Anwaltsplattform im Internet, für Rechtsanwälte und/oder Rechtsanwaltsdienstleistungen

a.) die nachfolgend aufgeführten Siegel/Logos/Zertifikate



                    oder

und/oder

b.) eine Sterneklassifizierung (z.B. * * * * * (Fünf Sterne)) zu verwenden und/oder verwenden zu lassen, soweit diese Logos/Siegel/Zertifikate und/oder eine Sterneklassifizierung nicht auf der Grundlage neutraler, allgemein anerkannter Prüfungsbedingungen unter Beteiligung der betroffenen Fachkreise (beispielsweise der Rechtsanwaltskammern oder eine andere zuständige Stelle) erteilt worden ist oder soweit diese Logos/Siegel/Zertifikate und/oder eine Sterneklassifizierung nicht von einer Rechtsanwaltskammer als zulässig anerkannt worden sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.


Die Beklagte trägt vor, die auf der Anwaltsplattform gelisteten Rechtsanwälte würden besonders ausgewählt. Die Grundsätze für die Auswahl seien unter ... ersichtlich and würden auch so praktiziert. Dass es sich hierbei um eine auf objektiven Kriterien basierende subjektive Auswahl der Beklagten handele, werde offen kommuniziert.

Das Bestandteil "Premium" sei ihr Namensbestandteil, sie verwende die Begrifflichkeit "Premium" entsprechend ausschließlich namensmäßig.

Beim dem von ihr verwendeten "Siegel" handele es sich um ihr Logo. Die dort vorhandenen Sterne seien rein gestalterisch zu sehen. Sie beinhalteten keine Sterneklassifizierung.

Die Beklagte erhebt gegenüber allen Unterlassungsansprüchen die Einrede der Verjährung. Von der Verwendung der Begrifflichkeit "Premium" habe der Geschäftsführer der Klägerin bereits seit Dezember 2006 Kenntnis.

Des Weiteren erhebt sie die Einrede der Verwirkung. Bei dem Portalnamen "Premium Rechtsanwalt" handele es sich um ein immaterielles Wirtschaftsgut mit einem sicher sechsstelligen Wert. Des Weiteren werde der Einwand der unclean hands erhoben. Die Klägerin habe sich in gleicher Weise wettbewerbswidrig verhalten.

Wettbewerbsverstöße seien zu verneinen. In der Verwendung des Wortes "Premium" könne weder eine unzutreffende Alleinstellungsbehauptung, Spitzenstellungsbehauptung oder sonstige Irreführung erkannt werden. Es handele sich um eine nichtssagende oder nicht objektiv nachprüfbare Aussage. Selbst wenn man hierin eine Spitzenstellung sehen sollte, so würde sie diese Spitzenstellung einnehmen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe:
Die Klage ist hinsichtlich der Hauptanträge in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen - auch mit den Hilfsanträgen - unbegründet.

Der Klägerin als Wettbewerberin der Beklagten steht der mit dem Klageantrag zu 1.a) geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8, 3, 5 UWG zu. Die Beklagte handelt wegen irreführender Werbung unlauter im Sinne der genannten Vorschrift, indem sie durch die Verwendung des Begriffs "Premium-Fachanwalt" falsche Vorstellungen über die Befähigung der auf ihrem Internet-Portal registrierten Anwälte hervorruft.

Bei der Frage der Irreführung ist von der durch die konkrete Verwendung geweckte Erwartungshaltung des Verkehrs auszugehen. Hierbei handelt es sich um den Verkehrskreis der Rechtssuchenden. Die Werbebehauptung richtet sich also an das breite Publikum, also auch an den, der nur gelegentlich oder selten Rechtsrat bei einem Rechtsanwalt nachsucht. Es ist daher als Maßstab auf den durchschnittlich informierten und verständigen Bürger abzustellen, der der Werbung die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringt. Der Verkehr wird bei der Auszeichnung mit "Premium" jedenfalls davon ausgehen, dass auf Fachanwälte hingewiesen wird, die eine über dem Durchschnitt der Fachanwälte liegende Leistung anbieten. Nicht dagegen wird er nur von einer nichtssagenden oder objektiv nicht nachprüfbaren Aussage ausgehen. Dieser Qualitätsanforderung genügen die Kriterien nicht, die die Beklagte als Auswahlkriterien anführt. Die Auswahlkriterien sind dem Internetauftritt der Beklagten unter ... zu entnehmen. Erforderlich ist danach in der Regel das Führen eines Fachanwaltstitels. Dieser kann bei der Bezeichnung "Premium-Fachanwalt" als qualifizierendes Merkmal keine Berücksichtigung finden, da der Erwerb eines solchen Fachanwaltstitels bereits Voraussetzung ist, um überhaupt als "Premium-Fachanwalt" bezeichnet werden zu können. Auch die weiteren angeführten Anforderungsvoraussetzungen wie ggf. Befragungen von Kollegen vor Ort oder eine mindestens fünfjährige Tätigkeit verändert das Ergebnis der Beurteilung der vom Verkehr erwarteten Befähigung des Rechtsanwalts nicht nennenswert. Allein in einer wertfrei herangezogenen Zeitdauer der Anwaltszulassung ist kein inhaltlich qualifizierendes Merkmal zu sehen, wenn es nicht mit Anforderungen erfüllt ist und daraufhin auch tatsächlich von der Beklagten überprüft wurde. Genau dies aber wird der Verbraucher erwarten und genau darüber wird er getäuscht, da eine solche Überprüfung nicht stattfindet (vgl. OLG Nürnberg, NJW-Spezial 2009, 558 Rn. 18).
Dies gilt auch hinsichtlich anderweitiger Recherchen vor Ort, wie etwa Befragungen von Kollegen. Auch bier fehlt es an einem inhaltlich objektiv qualifizierbaren Merkmal, zumal eine solche Recherche wohl nicht in allen Fällen durchgeführt wird. So trägt denn die Beklagte auch selbst vor, dass es sich um eine auf objektiven Kriterien basierende subjektive Auswahl handele.

Eine Täuschung des Verkehrs wird von der Beklagten auch nicht dadurch verhindert, dass sie ihre Auswahlgrundsätze auf der genannten Unterseite erläutert. Denn es kann davon ausgegangen werden, dass nur ein kleiner Teil der angesprochenen Rechtssuchenden diese Beurteilungskriterien zur Kenntnis nimmt, zumal die Benennung der Unterseite mit "Grundsätze" den Interessenten nicht unbedingt dazu verleitet, dort nach der Beschreibung der einen "Premium-Fachanwalt" auszeichnenden Qualitätsmerkmalen zu suchen.

Der Beklagten kann auch nicht darin gefolgt werden, dass eine Rechtsverletzung zu verneinen sei, weil es sich bei dem Bestandteil "Premium" um ihren Namensbestandteil handele. Zum einen lautet der Name der Beklagten "...". Dass der Bestandteil des generischen Begriffs "Premium" in Alleinstellung namensmäßig benutzt wird, ist nicht dargelegt. Zum anderen versteht der Verkehr - wie oben ausgeführt - die Verwendung "Premium-Fachanwalt" als eine Qualitätsbeschreibung der beworbenen Fachanwälte, nicht aber als Voranstellung des Namensbestandteils der Beklagten.

Gleichfalls steht der Klägerin der mit dem Klageantrag zu 1.b) geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8, 3, 5 UWG zu. Die Beklagte handelt durch die Verwendung des Begriffs "Premium-Rechtsanwalt" ebenfalls irreführend, indem sie falsche Vorstellungen über die Befähigung der auf ihrem Internet-Portal registrierten Anwälte hervorruft.

Zur Begründung wird auf oben verwiesen. Auch bei dieser Bezeichnung erwartet der Verkehr inhaltlich objektive qualifizierende Merkmale. Zwar ist nach den Grundsätzen der Beklagten in der Regel für diese Auszeichnung die Erlangung eines Fachanwaltstitels ausreichend, worin schon eine qualitative Anforderung gesehen werden kann. Jedoch stellt sich der Verkehr bei der Verwendung der Bezeichnung "Premium-Rechtsanwalt" nicht nur eine Qualifizierung in Form einer Spezialisierung vor, denn diese drückt sich bereits durch die Verwendung des Fachanwaltstitels aus. Sondern er erwartet vielmehr einen Rechtsanwalt, der zu einer kleinen Gruppe von Rechtsanwälten gehört, die qualitativ bessere Leistungen erbringen als der Durchschnitt der Kollegen. Da die beworbenen Rechtsanwälte aber daraufhin nicht überprüft werden, wird der Verbraucher entsprechend in seiner Erwartung enttäuscht.

Der Klageantrag zu 2.a) ist teilweise begründet. Der Klägerin steht hinsichtlich des aus dem Tenor ersichtlichen aktuellen "Siegels" der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8, 3, 5 UWG zu. Der Unterlassungsanspruch, das Siegel in der mit dem Antrag konkret dargestellten Gestaltung zu verwenden, besteht bereits deswegen, weil sich in dem Siegel die Bezeichnung "Premium-Rechtsanwalt" befindet and diese Verwendung - wie oben gesehen - bereits den Verbraucher irreführt. Der Verbraucher bezieht das Siegel auch auf die von der Beklagten empfohlenen Rechtsanwälten, so dass er auch durch die Verwendung des Siegels getäuscht wird.

Die Unterlassungsansprüche sind auch nicht verjährt. Die Verletzungshandlungen der Beklagten stellen Dauerhandlungen dar. Deren Verjährung beginnt nicht, solange der Eingriff fortdauert (Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., § 11 Rn. 1.21). Die Beklagte verwendet die angegriffenen Bezeichnungen/Siegel nach wie vor in ihrem Internetauftritt, so dass die Handlungen nicht verjährt sind.

Es kann auch nicht vom Eintritt einer Verwirkung ausgegangen werden. Für Verwirkung gilt generell, dass der Einwand bereits deswegen unbeachtlich ist, sofern der Wettbewerbsverstoß zugleich die Interessen Dritter oder der Allgemeinheit berührt (Köhler/Bornkamm, a. a. 0., § 11 Rn. 2.37). Das Irreführungsgebot nach § 5 UWG dient vor allem dem Schutz der Marktgegenseite (Köhler/Bornkamm, a. a. 0., § 5 Rn. 1.8), so dass sich die Beklagte auf den Verwirkungseinwand der unclean hands nicht berufen kann. Aber auch soweit die Beklagte darauf abstellt, die Klägerin habe trotz Kenntnis der Verletzungshandlung zu lange mit der Rechtsverfolgung zugewartet, greift der Verwirkungseinwand nicht. Denn auch in diesen Fällen ist die Berufung auf die Verwirkung nicht zulässig, wenn - wie hier - zugleich das Interesse der Allgemeinheit beeinträchtigt ist (Köhler/Bornkamm, a. a. 0., § 11 Rn. 2.33). Ein Ausnahmefall von diesem Grundsatz ist nicht ersichtlich, da an vorrangiges Interesse der Allgemeinheit daran besteht, nicht entsprechend getäuscht zu werden (vgl. Köhler/Bornkamm, a. a. 0., § 11 Rn. 2.34).

Es besteht auch die für die Unterlassungsansprüche notwendige Wiederholungsgefahr. Diese ist durch die erstmalige Rechtsverletzung indiziert and durch die Beklagte nicht durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt worden.

Die Entscheidung über die Androhung eines Ordnungsmittels beruht auf § 890 ZPO.

Im Übrigen ist der Klageantrag zu 2.a) unbegründet.
Bei den beiden aus dem Klageantrag zu 2.a) abgebildeten Siegeln handelt es sich entgegen der Ansicht der Klägerin um 2 Streitgegenstände, die lediglich in einem Antrag zusammengefasst sind, nicht dagegen um eine "kerngleichen Verletzung"
Die Frage einer kerngleichen Verletzung stellt sich ggf. im Ordnungsmittelverfahren, nicht aber im Rahmen der Streitgegenstandsprüfung.

Ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich dieses Siegels, wie im Klageantrag zu 2.a) rechts abgebildet (kombiniertes Schwert und Waage), ist aber wegen Verjährung unbegründet.

Unterlassungsansprüche nach § 8 UWG verjähren gemäß § 11 UWG in sechs Monaten. Unstreitig wurde dieses Siegel seit Februar 2011 nicht mehr verwendet. Die Klage datiert vom 17.1.2012. Damit wurde das Siegel in einem Zeitraum von über 6 Monaten beklagtenseits schon nicht mehr verwendet, so dass Verjährung eingetreten ist.

Der Klageantrag zu 2.b) ist ebenfalls unbegründet. Die von der Klägerin insoweit angegriffene "Sterneklassifizierung" findet sich nur in dem Siegel wieder, eine Verwendung in Alleinstellung erfolgt nicht, so dass schon das von der Klägerin begehrte "per se"-Verbot als zu weitgehend anzusehen ist. Im Übrigen kann aber in der Gestaltung des Siegels unter Verwendung von "5-Sterne" keine Irreführung des Verkehrs gesehen werden. Wie die Klägerin selbst ausführt, gibt es eine "Sterneklassifizierung" - anders als bspw. bei Hoteldienstleistungen - für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsdienstleistungen nicht. Dass es diese Klassifizierung in dem Bereich nicht gibt, ist dem Verkehr auch bekannt. Er wird daher der Gestaltung des Siegels mit 5 Sternen keine Klassifizierung im Sinne einer Qualitätsaussage beimessen. Da keine entsprechenden Erwartungen erweckt werden, wird der Verkehr auch nicht darüber getäuscht.

Soweit die Klägerin für den Fall, dass den Anträgen zu I.2.a) und/oder b) nicht entsprochen wird, Hilfsanträge gestellt hat, sind diese ebenfalls unbegründet. Dem Hilfsantrag zu I.2.a) bzgl. des rechten Siegels steht ebenfalls die Verjährungseinrede entgegen. Dem Hilfsantrag zu I.2.b) kann aus den gleichen Gründen wie zum Hauptantrag ausgeführt, nicht entsprochen werden.

Die Beklagte schuldet Abmahnkosten in der aus dem Tenor ersichtlichen aus § 12 UWG, §§ 683, 677, 670 BGB.

Die Klägerin machte mit ihrer Abmahnung vom 20.9.2011 insgesamt 4 Unterlassungsansprüche geltend (vgl. insbesondere den der Abmahnung beigefügten Unterlassungserklärungsentwurf). Mit dem streitgegenständlichen Klageantrag zu II. verlangt sie allerdings nur Erstattung der Abmahnkosten, die auf die Verwendung der Bezeichnungen "Premium Fachanwalt" und "Premium Rechtsanwalt" sowie Premium zur Bewerbung von Rechtsanwälten und Rechtsanwaltsdienstleistungen als Voranstellung zu Rechtsanwaltsgebieten entfallen, somit Ziffern 3) und 4) des Unterlassungserklärungsentwurfs, wobei die Klägerin diesen beiden Punkten einen Gegenstandswert von 40.000,- € beimisst (vgl. Bl. 189 d. A.). Diese beiden Beanstandungen waren Gegenstand der klägerischen Antragstellung im vorausgegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren (Az.; 2 - 03 0 437/11); ihnen wurde im dortigen Verfahren ein Streitwert von 40.000 € beigemessen, wobei dieser Betrag hälftig auf die beiden Abmahnziffern aufzuteilen war.

Wie oben ausgeführt war die Abmahnung bzgl. der Verwendung der Bezeichnungen "Premium Fachanwalt" und "Premium Rechtsanwalt" berechtigt, so dass der Klägerin die Erstattung der hierauf entfallenden Gebühren zusteht. Die Kammer bewertet diese Ansprüche mit einem Gegenstandswert von jeweils 12.500 €, insgesamt also 25.000 €. Dabei war von der Streitwertbemessung im einstweiligen Verfügungsverfahren auszugehen, die dieser Ziffer 3) der Abmahnung einen Wert von 20.000 € beimaß und ein Aufschlag vorzunehmen, da die Abmahnung der endgültigen Streitbeilegung dient, und sich daher am Streitwert des Hauptsacheverfahrens orientiert.

Dagegen konnte der Klägerin eine Kostenerstattung hinsichtlich der Ziffer 4) der Abmahnung nicht zugesprochen werden. Ausführungen der Klägerin zu diesem geltend gemachten Anspruch - außer dass die Abmahnkosten hinsichtlich dieses Teils geltend gemacht würden - fehlen, so dass es an einer substantiierten Darlegung des mit der Abmahnung geltend gemachten Unterlassungsanspruchs fehlt.

Ausgehend von einem Gegenstandswert der Abmahnung von insgesamt 80.000 € und einem hier geltend gemachten und begründeten Abmahnanspruch in Höhe von 25.000 €, steht der Klägerin eine Kostenquote von 31,25 % aus einem Gesamtgegenstandswert in Höhe von 80.000 € zu. Eine 1,3 fache Geschäftsgebühr hieraus beträgt 1560 € zzgl. 20,- € Auslagenpauschale, insgesamt also 1580 €. Bei einer Quote von 31,25 % zugunsten der Kläger hat die Beklagte daher einen Betrag in Höhe von 493,75 € zu zahlen.

Die Klägerin kann nicht die Erstattung einer 1,5 fachen Geschäftsgebühr verlangen, da eine solche Erhöhung über die Regelgebühr von 1,3 hinaus nur dann gefordert werden kann, wenn die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war (vgl. BGH, Urteil v. 11.7.2012, Az. VIII ZR 323/11 juris Rn. 12). Eine solche Tätigkeit ist weder dargelegt noch kann hiervon im vorliegenden Fall ausgegangen werden.

Zinsen werden ab Rechtshängigkeit in gesetzlicher Höhe geschuldet (§§ 291, 288 I BGB). Soweit die Klägerin Zinsen ab dem 5.10.2011 verlangt, fehlt es hierzu an Vortrag. Jedenfalls reicht hierzu eine Fristsetzung im Abmahnschreiben nicht aus, da es sich bei dieser Forderung nicht um eine Entgeltforderung handelt. Gleiches gilt hinsichtlich der begehrten Zinshöhe. Insbesondere ist kein Fall des § 288 II BGB gegeben, da es sich bei Abmahnkosten nicht um eine Entgeltforderung in diesem Sinne handelt.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 24.9.2012 bot keinen Anlass, die Verhandlung wiederzueröffnen (§§ 296 a, 156 ZPO), da er keinen neuen Tatsachenvortrag enthielt, der einen Wiederaufnahmegrund bildet.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 I ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 709 und 711 ZPO.