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Reichweite einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung - OLG Hamburg, Beschluss vom 06.09.2010, Az.: 3 W 81/10

Leitsätzliches

Ein Verstoß gegen eine auf Unterlassung gerichtete einstweilige Verfügung liegt nicht vor, wenn eine Werbemaßnahme derart verändert wird, dass deren Gesamteindruck nicht mehr unter den Kern des Verbots fällt, selbst wenn die Werbemaßnahme für sich genommen wettbewerbswidrig ist.

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT HAMBURG

BESCHLUSS

Entscheidungsdatum: 6. Juni 2010

Aktenzeichen: 3 W 81/10



In dem Rechtsstreit

... GmbH

- Antragstellerin und Beschwerdeführerin -

Prozessbevollmächtigter: …

g e g e n

... -Versand

- Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin -

Prozessbevollmächtigte: ….

beschließt das OLG Hamburg, 3. Zivilsenat, am 6.9.2010 durch die Richter ….. :

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 6.7.2010 wird zurückgewiesen.

Die Gläubigerin trägt auch die Kosten der Beschwerde nach einem Gegenstandswert von € 5.000,00.


Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist zulässig, aber unbegründet.

1.
Mit in jeder Hinsicht zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat das LG die Verhängung von Ordnungsmitteln abgelehnt. Ein Verstoß gegen das Verfügungsverbot liegt auch nach Auffassung des Senats nicht vor. Im Einzelnen:

a.
Mit einstweiliger Verfügung vom 26.11.2009 (Anlage A 1) ist der Schuldnerin bei Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden,
–    Zahnschützer
–    unter der Bezeichnung „Stealth“
–    anzubieten und/oder zu bewerben
–    wenn dies wie aus der Anlage ASt 2 ersichtlich geschieht.

Mit der ausdrücklichen Bezugnahme auf die Anlage ASt 2 ist das Verbot auf die konkrete Verletzungsform beschränkt worden. Diese hatte ein Anbieten und Bewerben in deutscher Sprache, und zwar über die deutsche Domain www.b....de zum Gegenstand. Gegenstand des Ordnungsmittelantrages ist ein Anbieten und Bewerben in englischer Sprache über die internationale Domain www.b.....com (Anlage A 2). Diese Wettbewerbshandlung fällt nicht in den Kern des ergangenen Verbots.

b)
Wie das LG zutreffend ausgeführt hat, fallen unter den Tenor eines Unterlassungstitels zwar nicht nur identische Handlungen, sondern auch solche, die von dem wettbewerbswidrigen Kern der verbotenen Handlung nur geringfügig abweichen, ihr also praktisch gleichwertig sind. Grund hierfür ist, dass es sonst mühelos möglich wäre, den Titel zu unterlaufen. Eine Ausdehnung des Schutzbereichs des Titels auf solche Wettbewerbshandlungen, die der verbotenen Handlung aber im Kern lediglich ähnlich sind, ist dagegen nach der Natur des Vollstreckungsverfahrens nicht möglich.

In Bezug auf Unterlassungstitel, die -wie hier- eine konkrete Wettbewerbshandlung verbieten, bedeutet dies, dass lediglich kosmetische Veränderungen der konkreten Verletzungsform, die Gegenstand des Verbots ist, die den Gesamteindruck der verbotenen Werbung aber nicht berühren, nicht aus dem Kernbereich des Verbots herausführen können. Wird die werbliche Maßnahme jedoch so verändert, dass sich deren Gesamteindruck bezogen auf den Kern des Verbots ändert, unterfällt die Änderung nicht mehr dem Verbotskern des Titels.

Dies gilt auch dann, wenn die abgeänderte Form selbst wettbewerbswidrig ist. Die Wettbewerbswidrigkeit der Änderung kann in einem solchen Falle nur in einem neuen Erkenntnisverfahren, nicht aber in der Zwangsvollstreckung geprüft werden. Dies entspricht seit langem der ständigen Rechtsprechung des Senats (z.B. Beschluss vom 17.11.1989, Aktenzeichen 3 W 119/89, GRUR 1990, 637).

Hier wird die Bezeichnung „Stealth“ auf einer Seite in anderer Sprache und zudem über eine andere Domain verwendet. Diese Unterschiede verändern den Charakter der markenmäßigen Verwendung der Bezeichnung erheblich, so dass der Bereich bloßer kosmetischer Veränderungen hier deutlich überschritten wird.

Das monierte Verhalten fällt somit nicht (mehr) in den Kernbereich des gerichtlichen Verbots. Der Ordnungsmittelantrag ist daher zu Recht zurückgewiesen worden.

Auf die weiter zwischen den Parteien streitige Frage, ob das Vorgehen der Gläubigerin rechtsmissbräuchlich ist, kommt es somit vorliegend nicht mehr an.

2.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Unterschriften