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Verkauf von Trikots mit Wettanbieter-Logo ist keine Werbung für unerlaubtes Glücksspiel - OVG Bremen, Beschluss vom 23. März 2010, Az.: 1 B 356/09

Leitsätzliches

Eine Warenhauskette, die Fussballtrikots mit der Sponsorwerbung eines Wettanbieters von Sportwetten anbietet, betreibt alleine durch den Verkauf dieser Trikots keine Werbung für Glücksspiel im Sinne des Glücksspielstaatsvertrages.

 

 

OBERVERWALTUNGSGERICHT DER FREIEN HANSESTADT BREMEN

IM NAMEN DES VOLKES

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 1 B 356/09

Entscheidung vom 23. März 2010



In der Verwaltungsrechtssache

...

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter …. am 23.03.2010 beschlossen:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen – 5. Kammer – vom 15.10.2009 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird zum Zwecke der Kostenberechnung für das Beschwerdeverfahren ebenfalls auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

G r ü n d e :

I.
Die Antragstellerin betreibt bundesweit Warenhäuser. Sie bietet in ihrer Sportartikelabteilung in Bremen Fußballtrikots unter anderem der Vereine AC Mailand und Real Madrid an. Die Trikots sind mit der Aufschrift „b.“ versehen. Bei „b.“ bzw. der b. Ltd. handelt es sich um einen Veranstalter von Sportwetten, der im Bundesland Bremen nicht konzessioniert ist.

Mit Verfügung vom 04.09.2009 untersagte die Antragsgegnerin der Antragstellerin, in ihrem Warenhaus Sportwetten zu bewerben, für die von der in der Freien Hansestadt Bremen zuständigen Behörde keine Genehmigung erteilt worden ist (Ziffer 1). Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,00 Euro angedroht (Ziffer 2); insoweit wurde die sofortige Vollziehung angeordnet.
 
Die Antragstellerin hat am 21.09.2009 Klage erhoben und zugleich die Aussetzung der sofortigen Vollziehung beantragt.

Mit Schriftsatz vom 13.10.2009 hat die Antragsgegnerin die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes auf 1.000,00 Euro herabgesetzt.

Das Verwaltungsgericht Bremen – 5. Kammer – hat mit Beschluss vom 15.10.2009 die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich Ziffer 1 der Verfügung vom 04.09.2009 angeordnet und hinsichtlich Ziffer 2 wiederhergestellt. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Antragstellerin zwar nicht für unerlaubte Glücksspiele werbe, eine solche Werbung aber zumindest bedingt vorsätzlich ermögliche und die Untersagungsverfügung deshalb tatbestandlich nicht zu beanstanden sei. Die Verfügung sei aber ermessensfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin keine ausreichenden Ermittlungen zum Absatz der Trikots angestellt habe.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin.

Mit Schriftsatz vom 20.10.2009 hat die Antragsgegnerin überdies ihre Ermessenserwägungen ergänzt.

II.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, aber unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht gelangt bei der im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen Interessenabwägung ebenso wie das Verwaltungsgericht zu den Ergebnis, dass das Interesse der Antragstellerin, einstweilen von der Durchsetzung der Verfügung vom 04.09.2009 verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung überwiegt. Denn es erscheint überwiegend wahrscheinlich, dass die Verfügung im Klageverfahren keinen Bestand haben wird.

Nach den Bestimmungen des Glücksspielstaatsvertrags – GlüStV –, der am 18.12.2007 von der Bremischen Bürgerschaft ratifiziert worden ist (BremGBl. Seite 499) und am 01.01.2008 in Kraft getreten ist, dürfen Glücksspiele, zu denen auch Sportwetten gehören (§ 3 Abs. 1 Satz 3 GlüStV), nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet werden (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV). Der Vertrag bestimmt weiter, dass Werbung nur für Glücksspiele zulässig ist, die mit einer entsprechenden Erlaubnis veranstaltet werden (§ 5 Abs. 4 GlüStV). Der gewerbliche Wettveranstalter „b.“ besitzt keine Glücksspielerlaubnis der zuständigen bremischen Behörde, so dass in Bremen nicht für ihn geworben werden darf.
Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV ist die zuständige Behörde befugt, die Werbung für unerlaubte Glücksspiele zu verbieten. Die Antragstellerin betreibt durch den Verkauf von Fußballtrikots der Vereine AC Mailand und Real Madrid, die mit der Aufschrift „b.“ versehen sind, indes keine Werbung für diesen Wettveranstalter. Deshalb sind bereits die tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV nicht gegeben.

Nach der Definition des Bundesgerichtshofs ist Werbung „jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtung zu fördern“ (U. v. 09.06.2005 – I ZR 279/02 – NJW 2005, 3716). Ihr ist insoweit ein „gewisses Aufforderungs- bzw. Anreizmoment immanent“ (Begründung zum Glücksspielstaatsvertrag, Mitteilung des Senats vom 13.02.2007, Drs. 16/1304, Seite 22).
Nach diesem Maßstab kann in dem Verkauf der beanstanden Fußballtrikots keine unerlaubte Werbung gesehen werden. Bei den Trikots handelt es sich um sogenannte Fansportartikel. Sie entsprechen den Originaltrikots der betreffenden Fußballvereine und werden von Anhängern dieser Vereine gekauft. Die Antragstellerin bietet in ihrem Warenhaus vergleichbare Trikots von zahlreichen weiteren Fußballvereinen an, die ebenfalls mit Aufschriften von Vereinssponsoren versehen sind. In keinem Fall geht es der Antragstellerin darum, Werbung für die jeweiligen Sponsoren zu betreiben. Ihr Ziel ist es allein, die Nachfrage nach entsprechenden Fansportartikeln zu befriedigen und dadurch einen Verkaufserlös zu erzielen. Das einer Werbung innewohnende subjektive Element ist ersichtlich nicht gegeben.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts kann die Verfügung vom 04.09.2009 auch nicht auf die allgemeine Befugnisnorm des § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV gestützt werden. Diese Vorschrift sieht – generalklauselartig – vor, dass die zuständige Behörde berechtigt ist, die zur Durchsetzung des Glücksspielstaatsvertrags erforderlichen Maßnahmen im Einzelfall zu treffen. Die Antragsgegnerin hat im konkreten Fall ausdrücklich ein Werbeverbot erlassen und sich hierbei auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV gestützt. Das untersagte Verhalten ist durch die Verfügung klar umrissen, es betrifft das Betreiben von Werbung. Ein Verhalten im „Vorfeld“ der Werbung wird der Antragstellerin mit der Verfügung nicht untersagt. Einer Umdeutung der Verfügung steht nicht nur die erkennbare Absicht der Antragsgegnerin (vgl. § 47 Abs. 2 BremVwVfG), sondern auch das Gebot der hinreichenden Bestimmtheit des Verwaltungsakts (§ 37 Abs. 1 BremVwVfG) entgegen. Aus diesem Grund mag dahinstehen, ob ein Rückgriff auf § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV in einem Fall wie dem vorliegenden überdies am Vorrang der speziellen Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV scheitern würde.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.

Unterschriften