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Hinweis in einer Rechnung auf eine Betrugsstrafbarkeit im Fall falscher Angaben zum Geburtsdatum wettbewerbswidrig - LG Mannheim, Urteil vom 12.05.2009, Az.: 2 O 268/08

Leitsätzliches

Der Hinweis auf der Rechnung "Sollten Sie bei der Angabe ihres Geburtsdatums […] falsche Angaben gemacht haben, liegt ein Betrugsdelikt vor. Eine Strafanzeige behalten wir uns diesbezüglich vor." ist unlauter, da in unangemessener Weise unsachlicher Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit des Kunden ausgeübt wird.

LANDGERICHT MANNHEIM

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 2 O 268/08

Entscheidung vom 12. Mai 2009

 

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...


hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim auf die mündliche Verhandlung
vom ... unter Mitwirkung von Vorsitzender Richter am Landgericht ... Richter  ... und Richterin  ... für Recht erkannt:

1. Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern in Rechnungsschreiben zu behaupten, bei falscher Angabe eines Geburtsdatums liege ein Betrugsdelikt vor, insbesondere wenn dies in der nachfolgenden Art und Weise geschieht:

An dieser Stelle ist ein Rechnungsschreiben der Klägerin vom 17.10.2008 in den Tenor eingefügt.

2. Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes von bis zu 100.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen,

die nachfolgende oder eine inhaltsgleiche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug auf Verträge, die über das Internet geschlossen werden, zu verwenden, ausgenommen gegenüber einer Person, die in ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (Unternehmer):

„Ich (akzeptiere die AGB und die Datenschutzerklärung und) verzichte auf mein Widerrufsrecht.“

3. Die Klägerin und Widerbeklagte wird verurteilt, an den Beklagten 200 EUR zu zahlen.

4. Im übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 2/3 und der Beklagte zu 1/3.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Beklagten jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.300 EUR. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des für die Klägerin auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand
 
Die Klägerin hat die Feststellung des Nichtbestehens gegen sie gerichteter wettbewerbsrechtlicher Ansprüche des Beklagten beantragt. Der Beklagte nimmt die Klägerin im Wege der Widerklage wegen unlauteren Wettbewerbs auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.

Die Klägerin ist mit der Entwicklung, Vermarktung und dem Betrieb von Internetportalen mit kostenpflichtigen Leistungen beschäftigt. Der Beklagte ist der Dachverband aller 16 Verbraucherzentralen sowie 25 weiterer verbraucher- und sozialorientierter Organisationen in Deutschland. Er ist in die Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 Abs. 1 S. 1 UKlaG eingetragen.

Auf dem von der Klägerin unter der Domain www.xxx.de betriebenen Internetportal besteht die Möglichkeit zum kostenpflichtigen Download insbesondere von Software. Hierzu ist zunächst erforderlich, dass der Kunde sich unter Angabe auch seines Geburtsdatums bei der Klägerin online anmeldet. Neben dem Anmeldeformular befindet sich auf der entsprechenden Unterseite der Homepage der Klägerin wie auf ABl. 19 ersichtlich der Hinweis:

„Durch Drücken das Buttons „Anmelden“ entstehen Ihnen Kosten von 96 Euro inkl. Mehrwertsteuer pro Jahr (12 Monate zu je 8 Euro). Vertragslaufzeit zwei Jahre.“

Unterhalb der Anmeldemaske befindet sich ein Textfeld mit folgendem Inhalt:

„Ich akzeptiere die AGB und die Datenschutzerklärung und verzichte auf mein Widerrufsrecht.“

Seitens der Klägerin werden nach erfolgreicher Anmeldung dem Kunden die erforderlichen Zugangsdaten per Email zugesandt. Die dem Kunden schließlich übersandte Rechnung enthält unter der Rubrik „Weitere Informationen zur Rechnung“ den Hinweis:

„Sollten Sie bei der Angabe ihres Geburtsdatums […] falsche Angaben gemacht haben, liegt ein Betrugsdelikt vor. Eine Strafanzeige behalten wir uns diesbezüglich vor.“

Der Beklagte verwarnte die Klägerin mit Schreiben vom 22.10.2008 und vom 28.10.2008 und forderte diese zur Abgabe von strafbewehrten Unterlassungserklärungen und Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von jeweils 200 EUR im Hinblick auf diese nach Ansicht des Beklagten unzulässigen Wettbewerbshandlungen auf.
 
Die Klägerin ist der Auffassung, ihr Verhalten sei wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden.
 
Es bestehe ein Bedürfnis, auf eine eventuelle Betrugstrafbarkeit hinzuweisen, da die Klägerin schwebend unwirksame Verträge mit Minderjährigen nicht hinnehmen könne. Sie verweist auf ihr Recht zur Einleitung eines formellen Verfahrens und ihre Meinungsfreiheit im Hinblick auf die Äußerung von Rechtsauffassungen.
 
Der Endpreis sei aus den Preisangaben neben dem Anmeldeformular einfach zu berechnen.
 
Der dem Verbraucher abverlangte Widerrufsrechtsverzicht sei bedeutungslos, da vorliegend wegen § 312d Abs. 3 Nr. 2 BGB schon mit der unmittelbar nach Anmeldung folgenden Freischaltung der Datenbank die Leistung der Klägerin erbracht sei und daher schon mit dem Vertragsschluss das Widerrufsrecht ohnehin erlösche.
 
Die Klägerin hatte ursprünglich beantragt festzustellen,

1. dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, sich gegenüber dem Beklagten zu verpflichten, es bei Meidung einer für jeden Fall der Zuwiderhandlung fällig werdenden Vertragsstrafe zukünftig zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs gegenüber Verbrauchern in Rechnungsschreiben zu behaupten, bei falscher Angabe des Geburtsdatums liege ein Betrugsdelikt vor;
 
2. dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, dem Beklagten für die wettbewerbsrechtliche Abmahnung vom 28.10.2008, mit der der unter vorstehender Ziff. 1 behauptete Unterlassungsanspruch geltend gemacht worden war, Aufwendungsersatz zu leisten.

Nach Erhebung der Widerklage haben die Parteien den Rechtsstreit in Bezug auf die Klage übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Beklagte  b e a n t r a g t  im Wege der Widerklage,

1. wie unter Ziff. 1 erkannt;
 
2. die Klägerin und Widerbeklagte zu verurteilen, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen,
 
im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern im Internet für ein Download-Portal wie nachfolgend abgebildet zu werben bzw. werben zu lassen, ohne den Endpreis für die Inanspruchnahme der Leistung anzugeben:
 
An dieser Stelle ist die Startseite der homepage www. xxx.de in den Tatbestand eingefügt.
 
3. wie unter Ziff. 2 erkannt;
 
4. wie unter Ziff. 3 erkannt.

Die Klägerin  b e a n t r a g t ,

die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte sieht in dem Hinweis auf eine Betrugstrafbarkeit einen Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG.
 
Seine Einwände gegen die Preisangabe stützt der Beklagte auf § 2 UKlaG i. V. m. § 1 Abs. 1 S. 1 PAngVO. Als Endpreis müsse „192 EUR“ angegeben werden.
 
Der Widerrufsrechtsverzicht verstoße gegen § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 i. V. m. §§ 312d Abs. 1, 355 BGB. In der Anmeldung liege noch nicht die Inanspruchnahme der Leistung. Ein Widerrufsrecht bestehe jedenfalls von der Anmeldung bis zum Download. Durch die Erklärung zum Widerrufsrechtsverzicht werde der Verbraucher von der Ausübung seines Widerrufsrechts abgehalten.
 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Widerklage ist nur zum Teil, nämlich in den Anträgen Ziff. 1, 3 und 4 begründet.

I.

1. Antrag 1

Der Hinweis in der Berechnung der Klägerin auf eine Betrugstrafbarkeit wegen falscher Angabe des Geburtsdatums verstößt gegen § 3 UWG i.V.m. § 4 Nr. 1 UWG. Hieraus ergibt sich der zuerkannte Unterlassungsanspruch des Beklagten gem. § 8 Abs. 1, 3 Nr. 3 UWG.
 
Nach § 4 Nr. 1 UWG handelt unlauter, wer geschäftliche Handlungen vornimmt, die geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer durch Ausübung von Druck, in menschenrechtsverachtender Weise oder durch sonstigen unangemessenen unsachlichen Einfluss zu beeinträchtigen. An diesem Maßstab sind nicht nur Wettbewerbshandlungen zu messen, die (auch) den Zweck verfolgen, den Absatz oder Bezug des Unternehmens zu fördern (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG in der bis zum 29.12.2008 gültigen Fassung), sondern auch solche Handlungen vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, die objektiv mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages zusammenhängen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG n.F.). Für den Zeitraum vor der Änderung von § 2 Nr. 1 UWG ergibt sich dies aus einer richtlinienkonformen Auslegung im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG. Daher unterliegt auch die Rechnungsstellung nach Vertragsschluss einer lauterkeitsrechtlichen Überprüfung nach § 4 Nr. 1 UWG.
 
Mit dem Verweis auf eine Strafbarkeit wegen Betruges bei falscher Altersangabe übt die Klägerin in unangemessener Weise unsachlichen Einfluss auf die Entscheidungsfreiheit ihrer Kunden aus. Seine Wirkung entfaltet dieser Hinweis bei solchen Kunden, die tatsächlich falsche Altersangaben gemacht haben. Dies gilt insbesondere bei der Gruppe von Kunden, welche die Klägerin hierbei im Auge hat, nämlich bei Minderjährigen, die ihre Volljährigkeit „vorgetäuscht“ haben, weil bei einer wahren, also die Minderjährigkeit offenbarenden Altersangabe die Anmeldeprozedur der Klägerin keinen Vertragsschluss zulässt. Der von Minderjährigen abgeschlossene Vertrag mit der Klägerin ist nach §§ 106 ff. BGB schwebend unwirksam, weshalb der Klägerin zunächst kein vertraglicher Vergütungsanspruch zusteht. Will der Minderjährige diese Rechtslage geltend machen und die Zahlung - jedenfalls der vertraglich vereinbarten Vergütung - verweigern, so wird er hierzu sein tatsächliches Alter und damit die „Täuschung“ offenlegen müssen. Die Belehrung der Klägerin darüber, dass eine falsche Altersangabe ein Betrugsdelikt darstelle und sie sich eine Strafanzeige vorbehalte, ist geeignet, den minderjährigen Kunden zur Erfüllung einer vertraglichen Leistungspflicht zu bewegen, die wegen der schwebenden Unwirksamkeit des Vertrages gar nicht besteht.
 
Unabhängig davon, ob in derartigen Fällen eine Strafbarkeit wegen Betruges nach § 263 StGB (wohl eher Computerbetruges, § 263a StGB) gegeben ist, stellt die Verknüpfung eines solchen Hinweises mit der Rechnungsstellung eine sachlich nicht gerechtfertigte Beeinflussung der Entscheidung mancher Kunden darüber dar, ob die Rechnungsforderung beglichen wird. Dieser Hinweis lässt sich auch nicht durch ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Verfolgung von gegen ihr Vermögen gerichteten Straftaten erklären. Er wäre allenfalls vor Abschluss des Vertrages zur Verhinderung von Straftaten sinnvoll. Nach der vollendeten Tat mag eine Aufklärung für die Klägerin noch insoweit von Interesse sein, als dann der zweijährige Zugang zur Download-Bibliothek beendet werden und eine Vertiefung des Schadens verhindert werden könnte. Hierauf zielt aber die Belehrung in der Rechnung bei objektiver Betrachtung nicht ab. Sie lässt nicht erkennen, dass die Klägerin dem geständigen „Betrüger“ eine goldene Brücke bauen will. Die Betroffenen werden aus dem Hinweis häufig nur die Konsequenz ziehen, dass sie sich besser nicht „erwischen“ lassen - und bezahlen. Die grundsätzlich gegebene Befugnis der Klägerin, eine Strafanzeige zu erstatten oder auf eine ihre Ansicht nach gegebene Rechtslage hinzuweisen, steht dieser aber nicht als Mittel zur Durchsetzung nicht bestehender Zahlungsansprüche zur Verfügung.
 
2. Antrag 2
 
Die streitgegenständliche Preisangabe der Klägerin ist unter dem Gesichtspunkt der PAngVO nicht zu beanstanden, weshalb der Beklagten der geltend gemachte Anspruch aus § 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 UKlaG nicht zusteht.
 
Wer Letztverbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Letztverbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat nach § 1 Abs. 1 S. 1 PAngVO die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Endpreise). Die Angaben müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen. Bei der Aufgliederung von Preisen sind die Endpreise hervorzuheben (vgl. § 1 Abs. 4 PAngVO).
 
Unter „Endpreis“ ist das tatsächlich zu zahlende Gesamtentgelt zu verstehen (BGH GRUR 1983, 665, 666 – qm-Preisangaben I), das nicht nur Preisbestandteile wie die Umsatzsteuer, sondern auch anfallende Liefer- und Versandkosten mit umfasst (BGH GRUR 2008, 84 - Versandkosten). Der Verbraucher muss den Preis der Ware deutlich erkennen können. Das trifft nicht zu, wenn die Ware selbst nicht mit dem Endpreis gezeichnet ist, dieser vielmehr erst durch einen zusätzlichen Rechenvorgang ermittelt werden muss. Damit wäre nämlich dem Zweck der Preisangabenverordnung nicht Rechnung getragen, der darin liegt, durch eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale Preisvergleichsmöglichkeiten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern (BGH GRUR 1999, 762, 763 – Herabgesetzte Schlussverkaufspreise). Ob eine Angabe von Preisbestandteilen genügt, die durch einfachste Rechenvorgänge, insbesondere die Verdoppelung einer oder die Summierung zweier Zahlen die Ermittlung des Endpreises zulassen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Im hier zu entscheidenden Fall ist der Endpreis i.S.d. PAngVO nämlich nicht die Summe des gesamten, während der zweijährigen Zurverfügungstellung der Download-Bibliothek zu zahlenden Entgelts. Vielmehr kann hier der Endpreis im Jahresentgelt gesehen werden.
 
Was als Endpreis im Sinne der PAngVO zu gelten hat, bestimmt sich nach den Anschauungen und Anforderungen der angesprochenen Verkehrskreise, die in die Lage versetzt werden müssen, ohne weiteres einen belastbaren Preisvergleich durchzuführen. Daher ist auf die verkehrsübliche Abrechnungseinheit abzustellen. Es ist weder möglich noch erforderlich, dass dem Verbraucher für jede erdenkliche Gestaltung eines Geschäfts die Gesamtsumme der durch den Vertragsschluss ausgelösten Vergütungen auf den ersten Blick ersichtlich ist. Vielmehr muss der anzugebende Endpreis alle Preisbestandteile enthalten, die für die verkehrsübliche Einheit zu leisten sind, so etwa der Meterpreis für textile Meterware (BGH GRUR 1981, 289 – Kilopreise I) oder der Quadratmeterpreis für noch unvermessene, in wahlweiser Größe erwerbbare Grundstücke (BGH GRUR 1983, 665 – qm-Preisangaben I). Beim Angebot einer bestimmten, unveränderbaren Fläche hingegen ist der Preis für diese Sachgesamtheit als Endpreis anzugeben (BGH a.a.O.). Den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs bei der Preisangabe hat der Gesetzgeber insbesondere durch § 1 Abs. 3 PAngVO Rechnung getragen. Demnach können bei Leistungen, soweit es üblich ist, Stundensätze, Kilometersätze und andere Verrechnungssätze angegeben werden, die alle Leistungselemente einschließlich der anteiligen Umsatzsteuer enthalten. Unter Beachtung dieser gesetzlichen Wertung und insbesondere dem Zweck der Preisangabenverordnung, ergibt sich im Grundsatz, dass bei Dauerschuldverhältnissen der Preis einschließlich aller Preisbestandteile anzugeben ist, der auf einen Bemessungszeitraum der Leistung entfällt, welcher üblich ist und sinnvolle Preisvergleiche ermöglicht.
 
Vorliegend ist nicht zu beanstanden, dass die Preisangabe der Klägerin sich auf das Jahresentgelt für die Nutzung der Download-Bibliothek als „Endpreis“ bezieht. Damit erhält der Verbraucher nämlich gerade die zur Überprüfung der Werthaltigkeit des Angebots erforderlichen Angaben. Es kann auch nicht argumentiert werden, dass wegen der Mindestlaufzeit, bzw. wohl hier sogar festen Laufzeit von zwei Jahren, der Gesamtaufwand für die Dauer dieser Laufzeit anzugeben wäre. Im Gegensatz zur zitierten Entscheidung des BGH „ qm-Preisangaben I“ stellen nämlich die Dienstleistungen in einem befristeten Dauerschuldverhältnis keine Sachgesamtheit dar, deren Gesamtpreis anzugeben wäre. Eine Summierung der im Dauerschuldverhältnis vom Anbieter erbrachten Leistungen zu einer Gesamtheit erscheint grundsätzlich nicht förderlich für die Vergleichbarkeit des Preises. Dies gilt insbesondere, wenn wie vorliegend die Leistung gerade in einem für die Laufzeit unbegrenzten Zugriff auf ein Download-Angebot besteht, so dass eine Summierung der noch zu erbringenden Dienstleistungen nicht möglich ist. Ein Preisvergleich ist hier nur sinnvoll möglich unter Betrachtung der Dienstleistung pro Zeiteinheit. Es ist nicht ersichtlich, dass mit dem Zeitraum eines Jahres als Bemessungseinheit ein unüblicher Zeitraum gewählt worden ist.
 
3. Antrag 3
 
Wegen der mit dem Widerklageantrag Ziff. 3 beanstandeten Verwendung der Klausel zum Verzicht auf das Widerrufsrecht steht der Beklagten ein Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1, 3 UWG i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu. Mit der Verwendung unwirksamer Vertragsbestimmungen handelt der Verwender den Vorschriften zuwider, welche die Unwirksamkeit der Klausel begründen. Darin liegt ein von § 4 Nr. 11 UWG erfasster Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Die Verwendung unwirksamer AGB ist nämlich in der Regel geeignet, den Verbraucher davon abzuhalten, bestehende vertragliche Rechte (einschließlich Einwendungen und Einreden) geltend zu machen (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. A., 2009, § 4 Rn 11.156f). So liegt auch der hier zu entscheidende Fall. Die einen Verzicht auf das Widerrufsrecht enthaltende Klausel ist schon deswegen unwirksam, weil sie gegen die gesetzliche und nach § 312f BGB nicht dispositive Einräumung eines Widerrufsrechtes i.S.v. § 355 BGB gemäß §§ 312d Abs. 1 BGB verstößt. Sie ist damit auch nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB als unangemessen benachteiligende Geschäftsbedingung unwirksam.
 
Offen bleiben kann hier, ob das Abverlangen eines Verzichts auf das Widerrufsrecht zulässig wäre, wenn das Widerrufsrecht ohnehin bereits mit seiner Entstehung, also schon mit dem Vertragsschluss, kraft Gesetzes erlischt. Denn vorliegend erlischt das Widerrufsrecht nicht schon mit Absenden der Anmeldung durch den Verbraucher. Auch wenn unmittelbar nach dieser Anmeldung dem Verbraucher die Zugangsdaten für die Download-Bibliothek übersandt werden, erfüllt dies noch nicht den zum Erlöschen des Widerrufsrechts führenden Tatbestand des § 312d Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dieser setzt voraus, dass der Unternehmer mit der Ausführung der Dienstleistung mit ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers begonnen hat oder der Verbraucher diese selbst veranlasst hat. Diese Voraussetzungen treten hier nicht in unmittelbarer zeitlicher Folge auf das Absenden der Anmeldung ein, so dass ein Widerrufsrecht zunächst tatsächlich und auch nicht etwa nur für eine „logische Sekunde“ besteht.
 
Zwar kann die Veranlassung einer Dienstleistung durch den Verbraucher mit dem Abschluss eines Vertrages zusammenfallen. Dies ist etwa der Fall, wenn zur Annahme eines R-Gesprächs der Nutzer des angerufenen Telefonanschlusses eine hierfür vorgesehene Tastenkombination wählt und damit nicht nur das Vertragsangebot des Telekommunikationsunternehmens annimmt, sondern auch die sofortige Erbringung der Verbindungsdienstleistung veranlasst (vgl. BGH NJW 2006, 1971, Rn 33). Vorliegend wird zwar unmittelbar nach Vertragsschluss die Online-Bibliothek frei geschaltet. Dabei erscheint aber schon zweifelhaft, ob dies mit ausdrücklicher Zustimmung oder jedenfalls auf Verlangen des Verbrauchers geschieht. Dies kann aber hier offen bleiben.
 
Allein die Freischaltung der Datenbibliothek ist nämlich noch nicht die Dienstleistung, sondern erst der Download eines ihrer Inhalte oder bestenfalls das erstmalige Einloggen des Kunden mittels der übersandten Zugangsdaten. Sinn und Zweck der Erlöschensregel in § 312d Abs. 2 Nr. 2, die eine spezielle Ausprägung des Verbots eines venire contra factum proprium darstellt, ist es insbesondere, der Gefahr zu begegnen, dass der Verbraucher sich den wirtschaftlichen Wert der Gegenleistung innerhalb der Widerrufsfrist unwiederbringlich zuführt (vgl. Münchener Kommentar/Wendehorst, BGB, 5. A., 2007, § 312d Rn 63 - zu § 312d Abs. 4 Nr. 2 BGB). Als Dienstleistung des Unternehmers im Sinne dieser Vorschrift genügt daher noch nicht die Schaffung einer abstrakten Zugangsmöglichkeit zu Daten, sondern erst der Download, mit dem der Verbraucher den wirtschaftlichen Wert dieser Daten erlangt, bestenfalls aber die konkrete Zugriffsvermittlung bei einem ersten Einloggen des Verbrauchers. Bis dahin kann der Vertrag durch Widerruf aufgelöst werden, ohne dass der Unternehmer seine Dienstleistung „verloren“ hätte. Solange die übersandten Zugangsdaten vom Verbraucher nicht genutzt werden, werden noch keine vollendeten Tatsachen geschaffen, die das Erlöschen des Widerrufsrechts nach dem Zweck des § 312d Abs. 2 Nr. 2 BGB rechtfertigen.

II.
 
Die mit der Widerklage geltend gemachten Abmahnkosten in nicht beanstandeter Höhe von 200 EUR, die sich offenbar auf die der negativen Feststellungsklage zu Grunde liegende Abmahnung vom 28.10.2008 beziehen, hat die Klägerin nach den obigen Ausführungen zum Antrag 1 der Widerklage gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG zu ersetzen.

III.
 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 und § 91a ZPO, wobei zu berücksichtigen war, dass die von Anfang an unbegründete Klage in der Hauptsache denselben Gegenstand wie der Widerklageantrag Ziff. 1 betraf (§ 45 Abs. 1 S. 3 GKG). Die Entscheidung zur sofortigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 S. 1 BGB für den Beklagten und §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO für die Klägerin.

(Unterschritften)