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Zur Haftung für Wettbewerbsverstöße bei Überlassung des ebay-Accounts an einen Dritten - OLG Stuttgart, Beschluss vom 16.04.2007, Az.: 2 W 71/06

Leitsätzliches

Gestattet jemand einem Dritten die Nutzung des eigenen ebay-Accounts und kommt es durch den Dritten zu Wettbewerbsverstößen so kann auch der Gestattende als Störer in Anspruch genommen werden.
Die Kenntnis des Gestattenden ist hierfür unerheblich, da ein Verschulden vorliegen muss.
Weiter trifft denjenigen, der einem Dritten den Verkauf von Waren über seinen Account gestattet eine Prüfungspflicht, um Wettbewerbsverstöße zu vermeiden.

 

OBERLANDESGERICHT STUTTGART

BESCHLUSS

Aktenzeichen: 2 W 71/06

Entscheidung vom 16. April 2007

In dem Rechtsstreit

...
gegen
..


I. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin vom 14.12.2006 gegen den Beschluss des Vorsitzenden der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Ellwangen vom 10.11.2006 wird zurückgewiesen.

II. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I. Mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 14.12.2006 (Bl. 34/36) wendet sich die Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Landgerichts Ellwangen vom 10.11.2006 (Bl. 27/29). Mit diesem hat das Landgericht den Antrag der Antragsgegnerin vom 17.10.2006 (Bl. 19/22), ihr für die Erhebung des Widerspruchs gegen die Beschlussverfügung vom 14.08.2006 (Bl. 8/12) Prozesskostenhilfe zu gewähren, zurückgewiesen. Mit dieser hatte das Landgericht der Antragsgegnerin untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für den Verkauf von Modeartikeln Verbraucher zur Abgabe von Bestellungen und/oder Angeboten über das Internet – wie über die Internetplattform eBay geschehen – aufzufordern, ohne diese rechtzeitig vor Abschluss eines Fernabsatzvertrages deutlich und formgerecht auf das Bestehen sowie die Einzelheiten der Ausübung eines Widerrufsrechts entsprechend den §§ 312c, 312d BGB i. V. m. §§ 1; 14 BGB-InfoV hinzuweisen.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 127, 567 ff ZPO zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Wie das Landgericht in dem angefochtenen Beschluss vom 10.11.2006 (Bl. 27/29) sowie dem Vorlagebeschluss vom 20.12.2006 (Bl. 37/39) zutreffend ausgeführt hat, haftet die Antragsgegnerin bei Zugrundelegung ihres Verteidigungsvorbringens analog § 1004 BGB als Störerin, sodass das Landgericht sie mit der Beschlussverfügung vom 14.08.2006 zu Recht zur Unterlassung verpflichtet hat. Da der beabsichtigte Widerspruch somit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, hat das Landgericht das Prozesskostenhilfegesuch der Antragsgegnerin zu Recht zurückgewiesen, § 114 ZPO.

1. Bei Zugrundelegung ihres Verteidigungsvorbringens hat nicht die Antragsgegnerin selbst, sondern – ohne ihr Wissen – ihr früherer Lebensgefährte J. S. ab dem 23.07.2006 im Rahmen der Internetplattform eBay Modeartikel zum Verkauf angeboten, ohne über das Bestehen und die Einzelheiten der Ausübung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen zu belehren, §§ 312c Abs. 1, 312d, §§ 1 Nr. 10; 14 BGB-InfoV. Täter dieses Wiederholungsgefahr begründenden Erstverstoßes gegen die genannten Vorschriften, bei denen es sich um Marktverhaltensregelungen i. S. v. § 4 Nr. 11 UWG handelt, ist daher der frühere Lebensgefährte der Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin selbst ist weder Täterin noch – mangels entsprechenden Vorsatzes – Teilnehmerin des begangenen Wettbewerbsverstoßes (§ 830 BGB analog).

2.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BGH haftet in entsprechender Anwendung von § 1004 BGB auch derjenige als Störer, der – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – ohne Wettbewerbsförderungsabsicht und ohne Verschulden an dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten in der Weise beteiligt ist, dass er in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal an der Herbeiführung der rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt. Dabei kann als Mitwirkung auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH GRUR 1997, 313, 316 – Architektenwettbewerb; GRUR 2002, 902, 904 – Vanity-Nummer; GRUR 2003, 969, 970 – Ausschreibung von Vermessungsleistungen; GRUR 2004, 693, 695 – Schöner Wetten; GRUR 2004, 860, 864 – Internet-Versteigerung). Da die Störerhaftung
aber nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer in Anspruch Genommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (BGH GRUR 1997, 313, 315 – Architektenwettbewerb; GRUR 2004, 693, 695 – Schöner Wetten; GRUR 2004, 860, 864 – Internet-Versteigerung). Die Beurteilung, ob und inwieweit eine Prüfung zuzumuten war oder ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, wobei die Funktion und die Aufgabenstellung des als Störer in Anspruch Genommenen sowie die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat oder vornimmt, zu berücksichtigen sind (BGH GRUR 2003, 969, 970 – Ausschreibung von Vermessungsleistungen; GRUR 2004, 693, 695 – Schöner Wetten).

b) Die Antragsgegnerin hat bei Zugrundelegung ihres Verteidigungsvorbringens den Wettbewerbsverstoß des Herrn S. dadurch ermöglicht, dass sie diesem gestattet hat, unter ihrem Namen (und ihrer Anschrift) ein eBay-Account zu eröffnen und über dieses Waren zum Verkauf anzubieten. Hierdurch hat sie die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Herr S. unter ihrem Namen über die Internet-Plattform eBay Waren zum Verkauf anbieten konnte – so auch die ab dem 23.07.2006 angebotenen Modeartikel –, ohne über das Bestehen und die Einzelheiten der Ausübung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen nach §§ 312c Abs. 1; 312d BGB; §§ 1 Nr. 10; 14 BGB-InfoV zu belehren. Durch diesen willentlichen Beitrag hat sie adäquat kausal an der Herbeiführung des rechtswidrigen Zustandes durch Herrn S. mitgewirkt. Dass ihr die
Wettbewerbswidrigkeit von dessen Handeln unbekannt war, ist unerheblich, da die Störerhaftung kein Verschulden voraussetzt.
Die Antragsgegnerin traf auch – wie das Landgericht zutreffend feststellt – eine Prüfungspflicht, bei deren Beachtung sie den Wettbewerbsverstoß hätte unterbinden können. Da die Antragsgegnerin ihrem früheren Lebensgefährten ausdrücklich gestattet hatte, bei eBay unter ihrem Namen (und ihrer Anschrift) als Verkäufer aufzutreten, und sie daher wusste, dass Kaufinteressenten, die die unter ihrem Namen bei eBay eingestellten Warenangebote zur Kenntnis nahmen, nicht erkennen konnten, dass tatsächlich ein anderer als die Antragsgegnerin handelte, war sie in besonderem Maße dafür verantwortlich, dass der unter ihrem Namen auftretende J.S. nicht gegen die bestehenden wettbewerbsrechtlichen Regelungen verstieß. Sie traf daher eine gesteigerte Prüfungspflicht, in deren Rahmen sie verpflichtet war, sich kontinuierlich in kurzen Abständen durch persönliche Einsichtnahme in die unter ihrem Namen bei eBay veröffentlichten Verkaufsangebote davon zu überzeugen, dass diese den geltenden gesetzlichen Regelungen entsprachen (vgl. zur Prüfungspflicht bei Überlassung eines eBay-Account auch: OLG Frankfurt, NJW-RR 2005, 1204, 1205). Mit bloßen Rückfragen bei ihrem Lebensgefährten durfte sich die Antragsgegnerin nicht begnügen. Sofern der Antragsgegnerin eine solche engmaschige Überprüfung nicht möglich war, etwa, weil sie ab der Trennung von Herrn S. nicht mehr über einen PC mit Internetzugang verfügte, war sie verpflichtet, entweder Herrn S. ein weiteres Handeln unter ihrem Namen zu untersagen oder aber unverzüglich die Voraussetzungen für eine Überprüfung von dessen Handeln unter ihrem Namen zu schaffen, etwa einen entsprechenden PC zu erwerben, und Herrn S. bis zur Wiederherstellung der Kontrollmöglichkeit weitere Verkaufsaktionen unter ihrem Namen zu verbieten. Hätte sie diesen Pflichten genügt, hätte sie das wettbewerbswidrige Handeln des Herrn S. verhindern können.
Aus diesen Gründen haftet die Antragsgegnerin als Störerin. Ihr beabsichtigter Widerspruch gegen die Beschlussverfügung hat daher keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, so dass das Landgericht ihr Prozesskostenhilfegesuch zu Recht zurückgewiesen hat.

III. Eine Kostenerstattung findet gem. § 127 Abs. 4 ZPO nicht statt. Ein Grund für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 2 und 3 ZPO besteht nicht.

(Unterschriften)