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Wettbewerbswidrige Rufumleitung auf Festnetzanschluss - OLG Köln, Urteil vom 24.08.2007, Az.: 6 U 237/06

Leitsätzliches

Das Angebot einer Rufumleitung an Festnetzkunden, für den Fall, dass die Kunden unter ihrer Mobilfunknummer von einem Anrufer aus dem Festnetz angerufen werden und eine Verbindung zwischen den Festnetzanschlüssen des Anrufers und des Angerufenen hergestellt wird, ohne dass es zum Aufbau einer Verbindung in das Mobilfunknetz kommt, ist wettbewerbswidrig. Das Angebot in seiner konkreten technischen Ausgestaltung ist keineswegs eine ausschließlich den Absatz fördernde und damit unbedenkliche Maßnahme, sondern in erster Linie eine gezielte Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten von Mitbewerbern.

OBERLANDESGERICHT KÖLN

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

 

Aktenzeichen: 6 U 237/06

Entscheidung vom 24. August 2007

 

 

In dem Rechtsstreit

...

gegen

...

hat der 6. Senat des Oberlandesgericht Köln auf die mündliche Verhandlung vom ... durch ... für Recht erkannt:

 

 

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.11.2006 verkündete Urteil des Landgerichts Köln – 81 O 31/06 – teilweise dahin abgeändert, dass ihre Verurteilung zur Auskunft (Nr. I 2) und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht (Nr. II) sich nur auf Handlungen ab dem 15.06.2005 bezieht.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die weiteren Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin wegen des Unterlassungs- und Auskunftsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 100.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sie kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.


G r ü n d e

I.

Die Parteien konkurrieren auf dem Gebiet der Telefondienstleistungen. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen ihres Angebots "T. & Q." auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch. Damit bietet die Beklagte ihren Festnetzkunden, die zugleich über einen Mobilfunkanschluss der Klägerin oder eines anderen Mobilfunknetzbetreibers verfügen, eine Rufumleitung an: Wenn die Kunden unter ihrer Mobilfunknummer von einem Anrufer aus dem Festnetz der Beklagten angerufen werden, stellt diese nach Aktivierung der Umleitung eine Verbindung zwischen den Festnetzanschlüssen des Anrufers ("A-Teilnehmer") und des Angerufenen ("B-Teilnehmer") her, ohne dass es zum Aufbau einer Verbindung in das Mobilfunknetz kommt. Sie erhebt von den "A-Teilnehmern" das tarifliche Entgelt für Anrufe aus ihrem Festnetz in ein Mobilfunknetz (das höher ist als das Entgelt für Gespräche innerhalb ihres Festnetzes). Ein Zusammenschaltungs- oder Terminierungsentgelt (das von der Beklagten auf Grund ihrer Verträge mit den Mobilfunknetzbetreibern bei Verbindungen in das Mobilfunknetz zu entrichten ist) fällt nicht an. Den "B-Teilnehmern" erteilt die Beklagte eine (von der Dauer des Gesprächs abhängige) Gutschrift.

Das Landgericht, auf dessen Urteil (Bl. 155 ff. d.A.) wegen aller Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und seiner Bewertung durch die Handelskammer Bezug genommen wird, hat die Beklagte zur Unterlassung des (in der Urteilsformel näher beschriebenen) Angebots und zur Auskunft über die bisher umgeleiteten Anrufe verurteilt sowie ihre Ersatzpflicht für allen aus dem Angebot bereits entstandenen und noch entstehenden Schaden festgestellt.

Mit ihrer Berufung erstrebt die Beklagte die Abänderung dieses Urteils und die Abweisung der Klage. Sie macht geltend, dass sie weder gezielt Leistungen der Klägerin ausnutze noch deren Kunden auf unzulässige Weise abfange; auch ergebe sich aus der Rufumleitung keine erhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs. Wegen der Einzelheiten ihres zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung (Bl. 234 ff. d.A.) und den Schriftsatz vom 31.05.2007 (Bl. 330 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch nur in einem von Amts wegen zu beachtenden Nebenpunkt Erfolg.

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erklärt, dass sie ihre auf Auskunft und Schadensersatz gerichteten Folgeansprüche mit Rücksicht auf die höchstrichterliche Rechtsprechung in Wettbewerbssachen (BGH, GRUR 1988, 307 [308] – "Gaby"; GRUR 1992, 523 [525] – Betonsteinelemente; GRUR 2003, 892 [893] – Alt Luxemburg) erst ab dem Anfangszeitpunkt 15.06.2005 geltend mache (Bl. 83, 125 d.A.). Soweit das angefochtene Urteil über diese Beschränkung des Antrags hinausgegangen ist (§ 308 ZPO), war es im Rechtsmittelverfahren auch ohne ausdrückliche Rüge (BGH, NJW-RR 1989, 1087; 2002, 255 [257]) teilweise abzuändern.

III.

Davon abgesehen ist die Berufung unbegründet.

1. Zu Recht und mit sachlich zutreffenden Erwägungen, denen der Senat beitritt, hat das Landgericht einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte wegen gezielter Behinderung (§§ 3, 4 Nr. 10, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG) bejaht.

a) Der Tatbestand der gezielten Behinderung von Mitbewerbern (§ 4 Nr. 10 UWG), der die sogenannte individuelle Mitbewerberbehinderung umfasst und durch dessen weite, generalklauselartige Fassung alle Erscheinungsformen des Behinderungswettbewerbs einbezogen werden sollten (Begrün-dung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 15/1487 S. 19), setzt im Unterschied zur allgemeinen Marktbehinderung (Marktstörung) voraus, dass sich das beanstandete Verhalten innerhalb eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG) gegen ein oder mehrere bestimmte Unternehmen richtet (Senat, GRUR-RR 2005, 168 f. – Glow by J. Lo). Um ein solches Verhalten geht es im Streitfall: Die Parteien als Betreiber verschiedener Telefonnetze konkurrieren mit einem weithin gleichartigen Dienstleistungsangebot um dieselben Kunden. Die Beklagte hat in der Berufungsbegründung näher dargestellt, wie intensiv dieser Wettbewerb insgesamt und besonders in Bezug auf die Einrichtung von Rufumleitungen geführt wird. Das streitbefangene Angebot der Beklagten soll ihren Kunden danach eine Alternative zu den Rufumleitungs-Angeboten der Mobilfunknetzbetreiber bieten und wirkt sich zu deren Nachteil aus. Unerheblich ist, dass von dem Angebot neben der Klägerin sämtliche Mobilfunknetzbetreiber (einschließlich des zum Konzern der Beklagten gehörenden Netzbetreibers T-Mobile) betroffen sind, denn auch insoweit liegt ein gegen bestimmte Mitbewerber (nämlich alle Mobilfunknetzbetreiber) gerichtetes Wettbewerbsverhalten der Beklagten vor.

b) Voraussetzung eines unlauteren Behinderungswettbewerbs ist die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten der Mitbewerber. Da eine solche Beeinträchtigung jedem Wettbewerb eigen ist, muss noch ein weiteres Merkmal hinzutreten, damit von einer unzulässigen individuellen Behinderung gesprochen werden kann. Wettbewerbswidrig ist die Beeinträchtigung im Allgemeinen dann, wenn die Maßnahme nicht in erster Linie auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs, sondern zweck- und zielgerichtet auf die Störung der fremden wettbewerblichen Entfaltung gerichtet ist (BGH, GRUR 2005, 581 [582] – "The Colour of Elégance"; Senat, Urt. v. 30.03.2007 – 6 U 182/06, BeckRS 2007, 09518; Hefermehl / Köhler / Bornkamm, UWG, 25. Aufl., § 4, Rn. 10.6 ff.; Piper / Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4, Rn. 10/9 f.; Harte / Henning / Omsels, UWG, § 4, Rn. 7; Fezer / Götting, UWG, § 4, Rn. 2, 14) – sei es, dass gezielt der Zweck verfolgt wird, den Mitbewerber an seiner Entfaltung zu hindern und ihn dadurch vom Markt zu verdrängen, sei es, dass der Mitbewerber auf Grund der Behinderung seine Leistung am Markt durch eigene Anstrengung nicht mehr in angemessener Weise zur Geltung bringen kann. Dies lässt sich nur auf Grund einer Gesamtwürdigung aller objektiven Umstände unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher, der sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit beurteilen (BGHZ 148, 1 = GRUR 2001, 1061 [1062] – Mitwohnzentrale; GRUR 2002, 902 [905] – Vanity-Nummern; GRUR 2004, 877 [879] – Werbeblocker; OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 77 – schuhmarkt.de; GRUR-RR 2004, 151 [152] – Telefonauskunft 11881; Senat, GRUR-RR 2006, 19 – schlüsselbänder.de; Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O.; Piper / Ohly, a.a.O., jeweils m.w.N.).

Danach ist insbesondere das Eindringen in den Kundenkreis eines Mitbewerbers zwar grundsätzlich nicht als unlauter anzusehen; denn der Mitbewerber hat kein geschütztes Recht auf Erhaltung seiner Kundschaft und das Ausspannen von Kunden, auch wenn es zielbewußt und systematisch geschieht, liegt im Wesen des Wettbewerbs (BGH, GRUR 2002, 548 [549] – Mietwagenkostenersatz). Unzulässig wird ein solches Verhalten allerdings, wenn Kunden in unangemessener Weise "abgefangen" werden. Dies hat die Rechtsprechung zum Beispiel beim Verteilen eigener Handzettel unmittelbar vor dem Geschäftslokal eines Konkurrenten sowie in anderen Fällen angenommen, in denen der Handelnde sich in der Phase der Vertragsanbahnung gleichsam zwischen den Mitbewerber und seine potentiellen Kunden schiebt, um diese – etwa durch das Abfangen und Umleiten fremder Geschäftskorrespondenz oder durch das Unterschieben eigener Waren – von dem beabsichtigten Geschäftsabschluss abzuhalten und ihnen eine Änderung ihres Entschlusses aufzudrängen (BGH, GRUR 1986, 547 [548] – Handzettelwerbung; GRUR 1987, 532 [533] – Zollabfertigung; BGHZ 148, 1 = GRUR 2001, 1061 [1062] – Mitwohnzentrale; OLG Hamburg, GRUR 2002, 278 [279] – AKUmed). Als unlauterer Kundenfang wird es auch angesehen, wenn jemand von oder für Mitbewerber geschaffene Einrichtungen ausnutzt oder mit einer Telefonnummer wirbt, die derjenigen eines unmittelbaren Mitbewerbers zum Verwechseln ähnlich ist (LG Leipzig, GRUR-RR 2003, 224 – 0800-Einwahl; OLG Hamburg, GRUR-RR 2004, 151 – Telefonauskunft 11881; weitere Einzelheiten, Fallbeispiele und Nachweise bei Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., Rn. 10.25 ff. [10.27]; Piper / Ohly, a.a.O., Rn. 10/45 ff.).

c) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist das Angebot der Beklagten hier als gezielte Behinderung der Klägerin (und der anderen Mobilfunknetzbetreiber) anzusehen. Dabei muss nicht entscheidend auf subjektive Merkmale abgestellt werden, die sich aus dem von der Berufung beschworenen "Abwehrkampf" der Beklagten gegen das Vordringen der Mobilfunknetzbetreiber in den Bereich ihres bisherigen Kundenstamms und die Substituierung ihrer Dienste durch Mobiltelefonanbieter ergeben könnten; vielmehr sprechen bereits die objektive Sachlage und die Interessen der Beteiligten für eine zielgerichtete Beeinträchtigung ihrer Mitbewerber durch die Beklagte.

aa) Im Streitfall findet zwar – worauf das Oberlandesgerichts Düsseldorf in seiner Entscheidung des bei ihm geführten Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (Anlage B 6, Bl. 39 ff. d. Anl.-H. = GRUR-RR 2006, 100) maßgeblich abgestellt hat, das sich auf das gleiche, wenn auch anders beworbene Angebot bezog – kein "Abwerben" von Kunden durch Verleiten zum Vertragsbruch und im engeren Sinn auch kein "Abfangen" und "Umleiten" potentieller Kunden der Mobilfunknetzbetreiber statt. Denn in Vertragsbeziehungen zwischen Netzbetreibern und Telefonkunden greift die angebotene Rufumleitung nicht unmittelbar ein: Auf der einen Seite unterliegt der Angerufene ("B-Teilnehmer"), der Kunde sowohl der Beklagten als auch des Mobilfunknetzbetreibers ist und bleibt (darauf beruht das Angebot), keiner Ausschließlichkeitsbindung in dem Sinne, dass er für eine Umleitung der an seinen Mobiltelefonanschluss gerichteten Anrufe nur die Leistungen seines

Mobilfunknetzbetreibers in Anspruch nehmen dürfte. Auf der anderen Seite handelt es sich bei den Anrufern ("A-Teilnehmern") um Inhaber eines Festnetzanschlusses, die mit ihrem Anruf auch ohne dessen Umleitung ein direktes Vertragsverhältnis nicht zu dem Mobilfunknetzbetreiber, sondern nur zur Beklagten als Festnetzbetreiberin begründet hätten.

bb) Eine Gesamtwürdigung aller Umstände ergibt jedoch, dass das Angebot der Beklagten in seiner konkreten technischen Ausgestaltung keineswegs eine ausschließlich ihren eigenen Absatz fördernde und damit lauterkeitsrechtlich unbedenkliche Maßnahme, sondern in erster Linie eine (bei wertender Betrachtung durchaus mit den bisher bekannten Fallgruppen des Abfangens von Kunden auf eine Stufe zu stellende) gezielte Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten ihrer Mitbewerber darstellt.

Ohne die angebotene Rufumleitung würde mit dem Anruf unter der Mobiltelefonnummer zwar keine Vertragsbeziehung zwischen "A-Teilnehmer" und Mobilfunknetzbetreiber begründet. Doch würde die Beklagte eine Verbindung in das Mobilfunknetz herstellen (müssen), sofern der "B-Teilnehmer" unter dem gewählten Anschluss überhaupt erreichbar ist (sei es auch nur über eine Mailbox oder eine vom Mobilfunknetzbetreiber eingerichtete andere Rufumleitung). Mit Herstellung der Verbindung entstünde ein gegen sie gerichteter vertraglicher Anspruch des Mobilfunknetzbetreibers auf Zahlung des Zusammenschaltungsentgelts (den sie an den "A-Teilnehmer" über den mit ihm vereinbarten Telefontarif weitergibt).

Diesen Ablauf verändert die Beklagte durch das streitbefangene Verfahren, indem sie den vom "A-Teilnehmer" an den Mobiltelefonanschluss gerichteten Anruf, noch bevor er das Mobilfunknetz erreicht, zum Festnetzanschluss des "B-Teilnehmers" umleitet. Sie verhindert so den unmittelbar bevorstehenden Anfall des von ihr an den Mobilfunknetzbetreiber zu zahlenden Zusammenschaltungsentgelts. In der Regel wird nämlich schon mit dem Anwählen des Mobiltelefonanschlusses durch einen Festnetzkunden der Beklagten (ohne dass dieser oder ein anderer Beteiligter noch weitere Handlungen vornehmen müsste) das Zusammenschalten der Netze veranlasst und das entsprechende Entgelt ausgelöst. Nur deshalb kann die Beklagte sich ja auch für berechtigt halten, dem "A-Teilnehmer" den für Telefonate in ein Mobilfunknetz vereinbarten höheren Tarif zu berechnen, sobald es zum Anwählen der Mobiltelefonnummer, wegen der Umleitung aber nicht mehr zu einem Verbindungsaufbau in das Mobilfunknetz gekommen ist. Zugleich nimmt die Beklagte dem Mobilfunknetzbetreiber mit ihrer Umleitung die Möglichkeit, durch weitere an den Mobiltelefonanschluss des "B-Teilnehmers" gekoppelte Dienstleistungen (wie Mailbox oder anderweitige Rufumleitung) zusätzliche Erlöse zu erzielen.

Dieses Verhalten ist unter dem Gesichtspunkt der gezielten Behinderung als unlauter zu bewerten.

Denn die Beklagte macht sich einerseits die – vom Landgericht zutreffend als wesentliche Leistung beschriebene – Einrichtung und Vorhaltung des Mobiltelefonanschlusses für den "B-Teilnehmer" durch den Mobilfunknetzbetreiber zunutze, indem sie dem unter der Nummer dieses Anschlusses anrufenden "A-Teilnehmer" ein Verbindungsentgelt berechnet, das sie ohne Existenz des Mobiltelefonanschlusses nicht hätte erzielen können: Überhaupt keine Einnahmen hätte sie erzielt, wenn der "A-Teilnehmer" (was häufig der Fall sein wird) gar keine andere Telefonnummer des "B-Teilnehmers" kannte ist. Jedenfalls Einnahmen in der erzielten Höhe angefallen, weil erst die Existenz des Mobiltelefonanschlusses sie in die Lage versetzte, dem "A-Teilnehmer" statt des gewöhnlichen Festnetztarifs den für Telefonate in das Mobilfunknetz vorgesehenen erhöhten Tarif zu berechnen.

Andererseits hindert die Beklagte mit ihrer Rufumleitung den Mobilfunknetzbetreiber aber an der Amortisation seiner Leistung durch Einnahme von Zusammenschaltungsentgelten für die an den Anschluss gerichteten Anrufe aus dem Festnetz. Sie enthält ihm darüber hinaus die Möglichkeit vor, sein weiteres Dienstleistungsangebot durch eigene Anstrengungen in angemessener Weise zur Geltung zu bringen, indem sie dem "B-Teilnehmer" eine für ihn nicht nur kostenlose, sondern sogar "Profit" abwerfende Form der Rufumleitung für seinen Mobiltelefonanschluss anbietet und auf diese Weise eigene Rufumleitungsangebote des Mobilfunknetzbetreibers – der durch die Einrichtung und Vorhaltung des Mobilfunkanschlusses dieses Angebot erst ermöglicht – ins Leere laufen lässt.

cc) Soweit die Berufung mit dem Hinweis auf die Möglichkeit der Verbraucher, eine Mobiltelefonnummer zu einem anderen Netzbetreiber "mitzunehmen", in Abrede stellen will, dass bereits die Zuteilung der Rufnummer eine geldwerte Leistung des jeweiligen Netzbetreibers darstelle, ist dies für die Entscheidung des Streitfalles ohne Bedeutung. Zum einen hat die Beklagte das Vorbringen der Klägerin, dass eine solche Rufnummernmitnahme erst nach Ablauf des jeweiligen Mobiltelefon-Vertrages – also nach kalkulierter Amortisation der Leistungen des Netzbetreibers – möglich sei, nur pauschal bestritten, obwohl ihr eine substantiierte Stellungnahme möglich und zumutbar war. Zum anderen ändert ihr Hinweis aber auch nichts an der zutreffenden Feststellung des Landgerichts, dass die Vorhaltung des Mobiltelefonanschlusses – unabhängig von der dafür vergebenen Nummer – eine Leistung des Netzbetreibers darstellt, die sich im Rahmen seiner Gesamtkalkulation jedenfalls auch durch die damit ermöglichte Erzielung von Zusammenschaltungsentgelten amortisiert.

dd) Auch der Umstand, dass über die Aktivierung der beworbenen Rufumleitung letztlich der "B-Teilnehmer" entscheidet, dem es grundsätzlich frei steht, ob er über seinen Mobiltelefonanschluss erreichbar sein und Dienstleistungen der Klägerin in Anspruch nehmen möchte, führt zu keiner für die Beklagte günstigeren Beurteilung. Für die Bewertung ihres Angebots kommt es nicht entscheidend darauf an, ob damit der "B-Teilnehmer" als Verbraucher zum Vertragsbruch oder zu einer Treuwidrigkeit gegenüber seinem Mobiltelefonanbieter verleitet wird; es genügt, dass das Angebot darauf abzielt, den "B-Teilnehmer" als gemeinsamen Kunden der Beklagten und des Mobilfunknetzbetreibers zu einem Verhalten zu veranlassen, das diesem eine unmittelbar bevorstehende Einnahmemöglichkeit objektiv entzieht.

Entgegen dem Berufungsvorbringen entscheidet sich der "B-Teilnehmer" mit Aktivierung der von der Beklagten angebotenen Rufumleitung nämlich keineswegs dafür, nicht über Mobiltelefon erreichbar zu sein. Im Gegenteil dient die Rufumleitung ja ausschließlich dazu, seine Erreichbarkeit unter der Mobiltelefonnummer weiterhin sicherzustellen, allerdings mit der Besonderheit, dass eingehende Anrufe während seines Aufenthalts im Bereich eines Festnetzanschlusses der Beklagten unmittelbar auf diesen umgeleitet werden, ohne dass der die Mobiltelefonnummer anwählende "A-Teilnehmer" und der den Anschluss zur Verfügung stellende Mobilfunknetzbetreiber hiervon erfahren. Dabei ist es vorrangiges Ziel des Angebots, dem "B-Teilnehmer" (der in der Werbung zum "Umleiten & abkassieren" aufgefordert wird) und der Beklagten selbst finanzielle Vorteile zu Lasten des Mobilfunknetzbetreibers (dem Einnahmemöglichkeiten entgehen) und des "A-Teilnehmers" (der den erhöhten Tarif für eine Verbindung ins Mobilfunknetz zahlt) zu verschaffen.

ee) Dagegen bietet die Rufumleitung der Beklagten in ihrer konkreten Ausgestaltung im Vergleich zu den am Markt bekannten Rufumleitungen keine so wesentlichen technischen Vorteile, dass es gerechtfertigt sein könnte, von einem vorrangig den eigenen Wettwerb der Beklagten fördernden neuartigen Produkt zu sprechen.

Für den "B-Teilnehmer" mag es angenehm sein, unter seiner Mobiltelefonnummer eingehende Gespräche in "Festnetzqualität" mit einem im Vergleich zum Mobiltelefon komfortableren Endgerät führen zu können. In Einzelfällen mag die Rufumleitung für ihn auch im Sinne besserer Erreichbarkeit von Vorteil sein, wenn eine Mobilfunknetzverbindung mangels Netzabdeckung gar nicht herstellbar wäre.

Diese im Interesse des Verbrauchers liegenden (und mit den Argumenten "Optimale Erreichbarkeit, mehr Komfort beim Telefonieren" auch in der Werbung herausgestellten) Vorteile haben im Rahmen der Gesamtabwägung aber kein solches Gewicht, dass hiermit die Annahme einer gezielten Behinderung der Klägerin und der weiteren Mobilfunknetzbetreiber entkräftet werden könnte. Denn einerseits ist das Angebot technisch so ausgestaltet, dass es sich nicht etwa erst bei fehlender Mobilfunknetzabdeckung auswirkt und zur besseren Erreichbarkeit des "B-Teilnehmers" beiträgt, sondern jederzeit gerade an den Mobiltelefonanschluss gerichtete Anrufe ohne jede Beteiligung und Beteiligungsmöglichkeit des Mobilfunknetzbetreibers umleitet und diesem damit eine Einnahmemöglichkeit entzieht. Andererseits ist nicht ersichtlich, weshalb es angesichts der auch von den Mobilfunknetzbetreibern selbst angebotenen Rufumleitungen zur Erzielung eines besseren Telefon-Komforts notwendig sein sollte, in das Mobilfunknetz eines dieser Mitbewerber gerichtete Anrufe schon vor Herstellung einer (entgeltpflichtigen) Netzverbindung auf einen Festnetzanschluss der Beklagten umzuleiten.

ff) Dass der anrufende "A-Teilnehmer" von der Rufumleitung nichts erfährt und sich deshalb nicht hintergangen fühlen wird, wenn die Beklagte ihm das zumindest in dieser Größenordnung erwartete Entgelt für Telefonate in ein Mobilfunknetz berechnet, ändert ebenfalls nichts an der unlauteren Zielsetzung des Angebots, wie bereits das Landgericht zutreffend erkannt hat.

d) Soweit die Beklagte schließlich die wettbewerbliche Relevanz ihres Angebots in Zweifel zieht, geht auch dies fehl. Wird ein Mitbewerber – wie hier – gezielt behindert, so begründet dies stets einen nicht nur unerheblichen Nachteil für diesen Unternehmer, so dass eine gesonderte Erheblichkeitsprüfung entbehrlich ist (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 3, Rn. 78). Für den in die Zukunft gerichteten Unterlassungsanspruch kann es ohnehin nicht darauf ankommen, ob das Angebot bisher nur geringe tatsächliche wirtschaftliche Auswirkungen hatte.

2. Neben dem Anspruch auf Unterlassung steht der Klägerin wegen des Wettbewerbsverstoßes der Beklagten ferner der im angefochtenen Urteil dem Grunde nach festgestellte Schadensersatzanspruch (§ 9 UWG) und zur Vorbereitung des bezifferten Hauptanspruchs ein unselbständiger (akzessorischer) Auskunftsanspruch (§ 242 BGB) zu, der sich auch auf die Mitteilung von Kontrolltatsachen erstreckt (Hefermehl / Köhler / Bornkamm, a.a.O., § 9, Rn. 4.4., 4.11 ff. [4.14] m.w.N.). Die Angaben der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 31.05.2007 zu den über die Rufumleitung von Juni 2005 bis März 2007 abgewickelten Verbindungsminuten, die die Klägerin betroffen hätten, genügen zur Erfüllung dieser Verpflichtung ersichtlich nicht.

IV.
 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
 
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711, 709 S. 2 ZPO.

Im Hinblick auf die im Ergebnis und in der Begründung teilweise abweichende Beurteilung eines weithin übereinstimmenden Angebots der Beklagten durch das Oberlandesgericht Düsseldorf (GRUR-RR 2006, 100) hat der Senat zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Revision zugelassen (§ 543 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).

(Unterschriften)