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Irreführende Werbung durch Elektro-Discounter mit eintägiger Rabattaktion - OLG Stuttgart, Urteil vom 19.7.2007, Az.: 2 U 24/07

Leitsätzliches

Es verstößt gegen das Transparenzgebot und ist zur Irreführung geeignet, wenn ein Elektro-Discounter in der Werbung für eine bloß auf einen Tag befristete Rabattaktion für Fotogeräte nicht bekannt gibt, dass der Rabatt nur für an diesem einzelnen Tag vorrätige, nicht aber für zu bestellende Geräte gewährt wird.
Dieser Hinweispflicht wird nicht dadurch entsprochen, dass die Gerätepreise als "Abholpreise" bezeichnet sind.

 

OBERLANDESGERICHT STUTTGART

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

Aktenzeichen: 2 U 24/07

Entscheidung vom 19. Juli 2007


In dem Rechtsstreit

...
gegen
...

 

hat der ... Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart auf die mündliche Verhandlung vom ... unter Mitwirkung von Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. .., Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. ..., Richter am Oberlandesgericht ... für Recht erkannt:

I. Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Vorsitzenden der 39. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 28.03.2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Verfügungsbeklagte trägt die Kosten der Berufung.

Streitwert II. Instanz: 50.000 EUR

Gründe

Die Berufung der Verfügungsbeklagten (im Folgenden: Beklagte; Verfügungsklägerin = Klägerin) ist zulässig, jedoch unbegründet.

A.

Nachdem die Beklagte mit der aus Anlage K 1 ersichtlichen Werbeanzeige für einen nur am 03.01.2007 gewährten Preisnachlass für Digital- und Videokameras geworben und die Klägerin sie deshalb mit Schreiben vom 20.01.2007 erfolglos abgemahnt hatte, erwirkte die Klägerin gegen die Beklagte die Beschlussverfügung des Landgerichts Stuttgart vom 01.02.2007 (Bl. 15/16), mit der dieser untersagt wurde,

        im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Foto- und Videogeräte in der Werbung mit einem Rabatt zu bewerben, ohne darauf hinzuweisen, dass der Rabatt nur für im Markt vorhandene Foto- und Videogeräte gewährt werde.

Auf den Widerspruch der Beklagten hat das Landgericht die Beschlussverfügung mit dem angefochtenen Urteil vom 28.03.2007 aufrechterhalten. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Der Klägerin stehe ein Unterlassungsanspruch wegen Verstoßes gegen §§ 3; 4 Nr. 4 und 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu, da aus der Werbung nicht hinreichend deutlich werde, dass der Rabatt nur für im Markt der Beklagten vorhandene Foto- und Video-Geräte gewährt werde. Dies folge insbesondere nicht aus dem bloßen Hinweis, dass alle Preise „Abholpreise“ seien, da sich hieraus nur ergebe, dass die Ware nicht oder nur zu anderen Konditionen geliefert werde. Entgegen der Auffassung des Beklagten verstehe der durchschnittlich informierte, adäquat aufmerksame und verständige Verbraucher die Werbung auch nicht „automatisch“ dahingehend, dass der Rabatt nur für im Geschäft „heute“ vorhandene und nicht auch für solche Ware gelte, die erst bestellt werden müssten. Für die Beklagte sei es ein Leichtes, im Kontext ihrer Werbung klarstellend darauf hinzuweisen, dass sich ihr Angebot ausschließlich auf im Markt vorhandene Restposten bzw. Produktgruppen beziehe. Die Beeinträchtigung sei auch nicht nur unerheblich i. S. v. § 3 UWG. Denn es bestehe die Gefahr, dass die Kunden nach entsprechender Aufklärung im Markt, dass der Rabatt nur für vorhandene Ware gelte, Frustrations- oder Alternativkäufe zur Deckung ihres sonstigen Bedarfs tätigten und somit die Beklagte erhebliche Vorteile aus der Werbeaktion ziehe.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten , mit der diese vorbringt:

Zwar treffe es zu, dass der in der beanstandeten Werbung angekündigte Rabatt am 03.01.2007 nur für im Markt vorhandene Foto- und Videogeräte gewährt worden sei. Nicht richtig sei jedoch, dass am 03.01.2007 nur noch Restposten in den Geschäftsräumen der Beklagten vorhanden gewesen seien. Vielmehr habe die Beklagte ein umfassendes Angebot, etwa der Marken Canon, Casio, Fuji, Olympus, Panasonic und Sony, geführt. An Stelle der nicht vorhandenen Kamera Canon IXUS 60 sei die baugleiche und vergleichbar ausgestattete Kamera Canon IXUS 65 vorhanden gewesen. Abgesehen davon hätten bei der Fa. C. S., einem „Anhängehaus“ der Beklagten, elf Kameras der Marke Canon IXUS 60 zur Verfügung gestanden, die man ggf. auf Wunsch habe herbeischaffen können, um sie wie alle anderen im Markt verfügbaren Kameras unter Berücksichtigung des beworbenen Rabattes an diesem Tag zu verkaufen. Es bestünden auch Zweifel an der Richtigkeit der von Klägerseite vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen, da entgegen den dortigen Angaben sämtliche Mitarbeiter der Beklagten Namensschilder und Firmenkleidung trügen.

Der Verfügungsantrag sei zu unbestimmt gefasst und daher bereits unzulässig. Es liege weder ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 noch gegen § 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG vor. Die Klägerin habe nicht glaubhaft gemacht, dass die Beklagte am fraglichen Tag nur Restposten, also nicht ihr übliches Sortiment geführt habe. Aus der Angabe, dass der Preisnachlass „nur heute“ gewährt werde, habe sich für den angesprochenen Durchschnittsverbraucher unmissverständlich ergeben, dass nur die an diesem Tag vorrätige Ware mit dem angekündigten Kundenrabatt habe erworben werden können.

Die Beklagte beantragt,

        das Urteil der 39. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Stuttgart vom 28.03.2007 abzuändern, die einstweilige Verfügung vom 01.02.2007 aufzuheben und den auf deren Erlass gerichteten Antrag vom 30.01.2007 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

        die Berufung zurückzuweisen

und verteidigt das angefochtene Urteil als richtig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf das in den Sitzungsniederschriften protokollierte mündliche Vorbringen der Parteien Bezug genommen.

B.

I. Zulässigkeit:

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Verfügungsantrag – und damit auch der Tenor (Ziff. 1) der Beschlussverfügung vom 01.02.2007 (Bl. 15/16) – hinreichend bestimmt i. S. v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er ist zwar abstrakt formuliert, lässt jedoch klar und eindeutig erkennen, dass ein Verstoß gegen das ausgesprochene Verbot immer dann vorliegt, wenn die Beklagte mit einem nur für vorrätige Foto- und Videogeräte gültigen Rabatt wirbt, ohne auf diese Beschränkung des Rabatts hinzuweisen. Die Beklagte kann auf Grund dieser Formulierung eindeutig erkennen, was sie tun muss, um den Verbotsbereich zu verlassen.

II. Begründetheit:

1. Wie das Landgericht zutreffend ausführt, steht der Klägerin nach §§ 8 Abs. 1, S. 1, Abs. 3 Nr. 1; 4 Nr. 4; 3 UWG ein Verfügungsanspruch darauf zu, dass die Beklagte es unterlässt, zu Zwecken des Wettbewerbs Foto- und Videogeräte in der Werbung mit einem Rabatt zu bewerben, ohne darauf hinzuweisen, dass dieser nur für im Markt vorhandene Geräte gewährt wird.
a)         Die Beklagte hat durch die beanstandete Werbung (K 1) einen Erstverstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG begangen.

    aa)         Das Landgericht hat festgestellt, die Beklagte habe den beworbenen Preisnachlass nur für solche Digital-Kameras und Camcorder gewährt, die am 03.01.2007 tatsächlich in ihrem Markt vorrätig gewesen seien (LGU 4, Abschnitt I, Abs. 4, sowie LGU 5, Abs. 2). Die Beklagte nimmt diese Feststellung in der Berufungsbegründung (S. 3, Abschnitt I. 1) ausdrücklich als zutreffend hin.

        Die hierzu in Widerspruch stehende Äußerung auf S. 4 der Berufungsbegründung (Abschnitt I. 2, Abs. 1), wonach die Feststellung des Landgerichts, das Angebot habe sich „ausschließlich auf im Markt vorhandene Restposten bzw. Produktgruppen bezogen“ , unzutreffend sei und durch nichts gestützt werde, bezieht sich, wie die Beklagte nach Hinweis des Vorsitzenden in ihrem Schriftsatz vom 25.05.2007 (Bl. 89/90) nunmehr klargestellt hat, nur auf die vom Landgericht vorgenommene Qualifizierung des am 03.01.2007 vorhandenen Warenangebots als „Restposten“.

    bb)         Ausgehend hiervon hat die Beklagte mit ihrer Werbung (K 1) gegen § 4 Nr. 4 UWG verstoßen, weil sie die Bedingungen des Preisnachlasses nicht klar und eindeutig angegeben hat.

        (1)         Unter „den Bedingungen der Inanspruchnahme“ einer Verkaufsförderungsmaßnahme, hier: des Preisnachlasses, sind alle Voraussetzungen zu verstehen, die erfüllt sein müssen, damit der Kunde die Vergünstigung erlangen kann (Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 UWG Rdnr. 4.9). Der Umfang der Mitteilungspflicht richtet sich daher nach den Bedingungen, die der Unternehmer im konkreten Einzelfall für den Erhalt des Preisnachlasses vorgesehen hat. Ist der Preisnachlass auf bestimmte Waren oder Produktgruppen beschränkt, ist auch dies eine mitzuteilende Bedingung der Verkaufsförderungsmaßnahme (OLG München GRUR-RR 2005, 356, 357; Fezer/Steinbeck, UWG, 2005, § 4-4 Rdnr. 9; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 4 UWG Rdnr. 4.11; Ullmann/Seichter, Juris Praxiskommentar UWG, 2006, § 4 Nr. 4 Rdnr. 17).

            Der Umstand, dass der Preisnachlass nur für vorrätige Digital-Kameras und Camcorder gewährt wurde, war daher im vorliegenden Fall eine Bedingung der Inanspruchnahme des Preisnachlasses und somit nach § 4 Nr. 4 UWG mitteilungspflichtig.

        (2)         Die beanstandete Werbung enthält keine i. S. v. § 4 Nr. 4 UWG klare und eindeutige Angabe dieser Bedingung.

            (a)         Bei der Frage, ob die Bedingungen für die Inanspruchnahme klar und eindeutig angegeben sind, ist auf das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise abzustellen, wobei der Ermittlung das Leitbild des Durchschnittsverbrauchers zu Grunde zu legen ist. Maßgebend ist also, ob die Angaben so gestaltet sind, dass der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der das Geschehen mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt, erkennen kann, welche Bedingungen im Einzelfall gelten (OLG München GRUR-RR 2005, 356, 357; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 4 UWG Rdnr. 4.13; Ullmann/Seichter, a. a. O., § 4 Nr. 4 Rdnr. 20; Piper in Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl., § 4.4 Rdnr. 4/5). Hierbei sind die Grundsätze der Blickfangwerbung zu berücksichtigen (Ullmann/Seichter, a. a. O., § 4 Nr. 4 Rdnr. 21; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bruhn, UWG, 2004, § 4 Rdnr. 60; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., § 4 UWG Rdnr. 4.13). Hiernach dürfen blickfangmäßig herausgestellte Angaben für sich genommen nicht unrichtig oder auch nur für den Verkehr missverständlich sein. Eine die erforderliche Eindeutigkeit der Aussage wiederherstellende Aufklärung kann in solchen Fällen nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis erfolgen, wenn dieser am Blickfang teil hat und dadurch eine Zuordnung zu den herausgestellten Angaben gewahrt bleibt (BGH GRUR 2003, 163, 164 – Computerwerbung II; GRUR 2003, 249 – Preis ohne Monitor). Dies kann auch durch einen klaren und unmissverständlichen Sternchen-Hinweis geschehen, wenn dadurch die Zuordnung der Angaben möglich ist (BGH GRUR 1999, 264 – Handy für 0,00 DM).

                Mitgeteilt werden müssen die Bedingungen der Inanspruchnahme bereits zum Zeitpunkt der Werbung für die Verkaufsförderungsaktion (Fezer/Steinbeck, a. a. O., § 4-4 Rdnr. 13; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bruhn, a. a. O., § 4 Rdnr. 63 ff). Denn die Vorstellung des Verkehrs von den maßgebenden Umständen des Angebots wird wesentlich durch das geprägt, was in der ihm gegenübertretenden Werbung zum Ausdruck kommt (BGH GRUR 1999, 515, 518 – Bonusmeilen). Der Verbraucher wird in den meisten Fällen schon durch die Werbung zu einer näheren Beschäftigung mit dem Angebot veranlasst, so dass die Gefahr einer Beeinflussung der Kaufentscheidung durch unzureichende Informationen bereits im Rahmen der Werbung für Verkaufsförderungsmaßnahmen besteht (Fezer/Steinbeck, a. a. O., § 4-4 Rdnr. 13; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bruhn, a. a. O., § 4 Rdnr. 63 ff). Ob im Einzelfall, etwa auf Grund der Besonderheiten des Werbemediums (z. B. Fernsehspot) oder der Komplexität der Bedingungen (z. B. bei Kundenbindungssystemen) bestimmte Einzelheiten der Bedingungen auch zu einem späteren Zeitpunkt mitgeteilt werden dürfen (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bruhn, a. a. O., § 4 Rdnr. 65 ff; Fezer/Steinbeck, a. a. O., § 4-4, Rdnr. 13 ff), muss hier nicht entschieden werden. Denn jedenfalls die Beschränkung des Preisnachlasses auf vorrätige Waren ist ein für seine Inanspruchnahme wesentlicher und auch im Rahmen einer Werbeanzeige der hier gegenständlichen Art problemlos mitteilbarer Umstand, sodass der Unternehmer hierüber bereits in der Werbung informieren muss.

                Wie der durchschnittlich informierte, verständige und situationsadäquat aufmerksame Adressat die beanstandete Werbung versteht, kann der Senat aus eigener Sachkunde beurteilen. Zum einen gehören seine Mitglieder als Verbraucher zu den angesprochenen Verkehrskreisen. Zum anderen verfügt der Senat auf Grund seiner ständigen Befassung mit Wettbewerbssachen über die erforderliche Sachkunde, um eigenständig beurteilen zu können, wie die angesprochenen Kreise die Werbeaussagen verstehen (BGH GRUR 2004, 244, 245 – Marktführerschaft).

            (b)         Bei Zugrundelegung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die beanstandete Werbung keine hinreichend klare und eindeutige Angabe dazu enthält, dass der für den 03.01.2007 angekündigte Preisnachlass nur für solche Waren gelten soll, die im Markt der Beklagten vorrätig sind.

                Ein entsprechender ausdrücklicher Hinweis fehlt in der Werbung.

                Wie das Landgericht zutreffend ausführt, erschließt sich dem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher, der die Werbung mit situationsadäquater Aufmerksamkeit wahrnimmt, auch nicht daraus, dass der Preisnachlass nur an einem einzigen Tag gewährt wird, mit der erforderlichen Deutlichkeit, dass sich dieser nur auf solche Waren beziehen soll, die an diesem Tag in den Geschäftsräumen der Beklagten vorrätig sind. Vielmehr lässt die Werbung auf Grund ihrer insoweit völlig unbestimmten Aussagen aus Sicht des Verbrauchers ebenso die Deutung zu, dass entscheidend für die Erlangung des Preisnachlasses allein ist, dass der Kunde mit der Beklagten am 03.01.2007 einen Kaufvertrag über das von ihm gewünschte Gerät abschließt, er den Preisnachlass also auch dann erhält, wenn dieses zwar nicht vorrätig ist, jedoch von der Beklagten, da zu ihrem Sortiment gehörend, bei ihrem Lieferanten bestellt werden kann (a. A.: OLG Karlsruhe, Urteil v. 09.05.2007, 6 U 52/07 = Bl. 107/109). Dass – wie das OLG Karlsruhe meint – bei einem solchen Verständnis die durch den Hinweis „Nur heute 3. Januar“ zum Ausdruck gebrachte Kurzfristigkeit der Aktion „aufgeweicht“ werde und der Verbraucher daher eindeutig erkenne, dass die Rabattaktion nur für vorrätige Ware gelte, leuchtet nicht ein. Auch eine Rabattgewährung, die bei Bestellung an einem bestimmten einzigen Tag gilt, ist kurzfristig. Ebenso ergibt sich allein aufgrund der Umstände, dass – wie das OLG Karlsruhe meint – angeblich Geräte dieser Art „typischerweise“ nicht bestellt würden und es sich bei der Beklagten um einen Elektronik-Discounter handele, für den angesprochenen Verbraucher nicht zweifelsfrei, dass er den Rabatt nur für vorrätige Geräte erhält. Vielmehr werden zahlreiche Verbraucher, die sich für eine bestimmte Kamera interessieren und wissen, dass die Beklagte als großes Unternehmen über eine breite Produktpalette verfügt, erwarten, dass diese ihnen auch ein zu ihrem Sortiment gehörendes Gerät, das zufällig am Tag der Rabattaktion nicht vorrätig ist, rasch beschaffen kann und dass sie den Rabatt auch dann erhalten, wenn sie an diesem Tag eine entsprechende verbindliche Bestellung aufgeben. Zumindest ist die Werbung geeignet, hierüber bei einer nicht unerheblichen Zahl von Verbrauchern entsprechende Zweifel zu wecken. Diese aber sollen durch das Transparenzgebot des § 4 Nr. 4 UWG gerade ausgeschlossen werden.

                Ob von der Beklagten derartige Preisnachlässe, die auf einen Tag beschränkt sind, immer nur für tatsächlich vorrätige Waren gewährt werden – was die Beklagte gar nicht substantiiert behauptet hat –, ist in diesem Zusammenhang unerheblich. Denn die Werbung richtet sich nicht nur an solche Verbraucher, die als Stammkunden der Beklagten deren geschäftliche Gepflogenheiten bei der Gewährung von Preisnachlässen kennen, sondern an alle Verbraucher, die am Erwerb entsprechender Geräte interessiert sind, also auch an solche, die die geschäftlichen Gebräuche der Beklagten nicht im Einzelnen kennen.

                Auch aus dem kleingedruckten Hinweis oberhalb der Fußzeile der Werbung,

                        „Alle Preise sind Abholpreise“,

                ergibt sich für den angesprochenen Verbraucher nicht hinreichend deutlich, dass er den Preisnachlass nur beim Erwerb vorrätiger Geräte erhält. Denn diese Erklärung enthält nur den Hinweis, dass der versprochene Preisnachlass nur dann gewährt wird, wenn der Kunde das Gerät bei der Beklagten abholt, nicht aber dann, wenn ihm das Gerät übersandt oder angeliefert wird. Diese Bedingung kann aber auch dann erfüllt sein, wenn der Kunde am 03.01.2007 einen Kaufvertrag über ein zwar nicht vorrätiges, jedoch zum Sortiment der Beklagten gehörendes Gerät abschließt, das diese erst noch bei ihrem Lieferanten bestellen muss, und er dieses später, nach Anlieferung bei der Beklagten, abholt.

                Abgesehen davon wäre dieser Hinweis auch auf Grund seiner konkreten Gestaltung nicht hinreichend eindeutig i. S. v. § 4 Nr. 4 UWG. Denn durch die blickfangmäßig hervorgehobenen Angaben

                    „Nur heute 3. Januar
                    Foto- und Videokameras
                    ohne 19% Mehrwertsteuer“

                wird bei den Verbrauchern der Eindruck erweckt, dieser Preisnachlass gelte generell beim Erwerb eines zum Sortiment der Beklagten gehörenden Gerätes am 03.01.2007, gleichgültig, ob dieses vorrätig sei oder erst bestellt werden müsse. Die Beseitigung dieser durch die Blickfang-Aussagen geschaffenen Unklarheit könnte hinreichend eindeutig i. S. v. § 4 Nr. 4 UWG nur durch einen am Blickfang teilnehmenden Hinweis erfolgen. Eine solche Teilnahme am Blickfang liegt aber hinsichtlich der Erklärung „Alle Preise sind Abholpreise“ nicht vor , da diese klein gedruckt ist und sich in deutlicher Entfernung zu den Blickfang-Aussagen am unteren Rand der Werbeanzeige befindet. Sie ist diesen auch nicht durch einen Sternchen-Hinweis eindeutig zugeordnet. Vielmehr enthält der in die Werbung eingefügte Sternchen-Hinweis (neben „Mehrwertsteuer“) nur die Erklärung „Sparen Sie volle 19% vom Verkaufspreis“, also keine Aufklärung über die Beschränkung des Rabattes auf vorrätige Waren.

        Somit liegt ein Verstoß gegen § 4 Nr. 4 UWG vor (a. A.: OLG Karlsruhe, Urteil v. 09.05.2007, 6 U 52/07 = Bl. 107/109).

    cc)         Dieser ist auch wettbewerblich relevant und überschreitet die Bagatellgrenze des § 3 UWG. Denn infolge des Fehlens eines hinreichend eindeutigen Hinweises, dass sich der beworbene Preisnachlass nur auf vorrätige Waren bezieht, können Verbraucher gerade durch die Vorstellung, den Rabatt für die gesamte Produktpalette der Beklagten an Digital-Kameras und Camcordern, also auch für nicht vorrätige Geräte zu erhalten, veranlasst werden, deren Ladenlokal aufzusuchen und dort, nach Aufklärung darüber, dass der Preisnachlass nur für tatsächlich vorrätige Geräte gewährt werde, Frustrations- oder Alternativkäufe vorzunehmen, sodass die Beklagte auf Grund ihre unlauteren Werbung entsprechende finanzielle Vorteile erzielen kann. Auch eröffnet sich die Beklagte die Möglichkeit, Kunden, die ihr Ladenlokal gerade in der Erwartung eines umfassenden, auch nicht vorrätige Geräte einschließenden Rabatts aufgesucht haben, in ein Verkaufsgespräch zu verwickeln und sie so zum Abschluss entsprechender Geschäfte zu bewegen, wodurch sie sich ebenfalls gewichtige Wettbewerbsvorteile im Vergleich zu anderen Mitbewerbern verschafft, die sich wettbewerbskonform verhalten.

b)         Auf Grund dieses Erstverstoßes besteht Wiederholungsgefahr.

2. Da sich ein Verfügungsanspruch schon aufgrund des Verstoßes gegen § 4 Nr. 4 UWG ergibt, kann an und für sich dahingestellt bleiben, ob die Beklagte auch in wettbewerblich relevanter, die Bagatellgrenze überschreitender Form gegen das Irreführungsverbot verstoßen hat, § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG. Auch dies ist aber aus den vom Landgericht dargestellten Gründen zu bejahen.

3. Die Vermutung des § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, dass ein Verfügungsgrund nach §§ 935, 940 ZPO vorliegt, hat die Beklagte nicht widerlegt.

Aus diesen Gründen ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

(Unterschriften)

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