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Fehlende Pflichtangaben bei Schreiben an Anwälte der Gegenseite nicht abmahnfähig - Hanseatisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12.09.2007, Az.: 5 U 208/06

Leitsätzliches

Fehlende Pflichtangaben bei Geschäftsbriefen sind dann nicht abmahnfähig, wenn lediglich auf eine erhaltene Abmahnung reagiert wird und sich das Schreiben an die Anwälte der Gegeseite richtet. Es mangelt an einer Wettbewerbshandlung, da es weder an Marktteilnehmer noch Kunden gerichtet ist.

HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

 

Aktenzeichen: 3 W 189/07

Entscheidung vom 30. Oktober 2007

 

In dem Rechtstreit

...

gegen

...

hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch ... nach der am 29.08.2007 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 25.08.06 wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Beklagten wird das Urteil vom 25.08.06 unter Zurückweisung der Anschlussberufung im Übrigen im Zahlungsausspruch abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 2.202,10 zuzüglich 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz auf € 1.379,80 seit dem 21.12.05 sowie entsprechende Zinsen auf € 170,50 seit dem 13.01.06 sowie entsprechende Zinsen auf € 651,80 seit dem 04.02.06 zu zahlen.

Die weitergehende Zahlungsklage wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz trägt die Klägerin jeweils 2/3, die Beklagte trägt 1/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin ist Herausgeberin von Telefon- und Branchenbüchern, u.a. der „Gelben Seiten“. Die Beklagte erstellt Konzepte für Dritte für Werbeeinträge in Telefonbüchern.

Die Klägerin nimmt allerdings bereits seit Jahren derartige Aufträge der Beklagten nicht mehr entgegen. Dies ist der Beklagten bekannt. Im September 2005 erlangte die Klägerin Kenntnis davon, dass die Beklagte gleichwohl einem Unternehmen ihre Dienstleistungen zur „Kostenoptimierung für Telefonbucheinträge“ u.a. für die „Gelben Seiten“ angeboten hatte (Anlagen K1 und K2).

Dieses Verhalten beanstandete die Klägerin mit ihrer Abmahnung vom 05.12.05 als wettbewerbswidrig und forderte die Beklagte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf (Anlage K3). Hierauf reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 13.12.05 (Anlage K4), mit dem sie die Kläger-Vertreter um eine Fristverlängerung bat. Dieses Schreiben enthält nicht die in § 35a GmbH vorgesehenen Pflichtangaben auf Geschäftsbriefen, u.a. zu dem Registergericht, der Registernummer und den Geschäftsführern.

Auch dieses Verhalten beanstandet die Klägerin als wettbewerbswidrig und mahnte die Beklagte insoweit mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 23.12.05 (Anlage K6) erfolglos ab. Hieran schloss sich ein weiterer Schriftwechsel der Parteien an (Anlagen K7 bis K12), in dessen Verlauf die Beklagte u.a. zu dem ursprünglich geltend gemachten Verstoß eine Unterlassungserklärung abgab. Die Klägerin beansprucht von der Beklagten die Unterlassung der Versendung von Schreiben ohne die Pflichtangaben sowie die Erstattung der ihr durch die vorgerichtlichen Abmahnungen entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000.-, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, Geschäftsbriefe an einen bestimmten Empfänger zu richten, ohne auf diesen das Registergericht ihres Sitzes, die Nummer, unter der sie im Handelsregister eingetragen ist sowie alle Geschäftsführer mit dem Familiennamen und mindestens einem ausgeschriebenen Vornamen anzugeben,

2. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin € 2.419,50 zuzüglich 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz auf € 1.379,80 seit dem 21.12.05 sowie entsprechende Zinsen auf € 387,90 seit dem 13.01.06 sowie entsprechende Zinsen auf € 651,80 seit dem 04.02.06 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat die Beklagten mit Urteil vom 25.08.06 zum Zahlungsantrag antragsgemäß verurteilt, den Unterlassungsantrag hingegen zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin. Die Klägerin verfolgt in zweiter Instanz ihr Unterlassungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 25.08.06 die Beklagte auch nach dem erstinstanzlich gestellten Unterlassungsantrag zu verurteilen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil auf der Grundlage der bereits erstinstanzlich gestellten Anträge und hat Anschlussberufung eingelegt, soweit sie zur Zahlung verurteilt worden ist.

Die Beklagte beantragt im Wege der Anschlussberufung,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 25.08.06 die Klage auch nach dem Zahlungsantrag abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Anschlussberufung der Beklagten zurückzuweisen.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils sowie auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Landgericht hat den gegen die Beklagte gerichteten Unterlassungsantrag zu Recht und mit zutreffender Begründung zurückgewiesen. Die Anschlussberufung der Beklagten ist ebenfalls weitgehend unbegründet, hinsichtlich eines Teils des eingeklagten Betrages im Hinblick auf eine abweichende Wertfestsetzung aber begründet. Auch insoweit kann der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug nehmen. Das Berufungsvorbringen der Klägerin gibt dem Senat Anlass zu folgenden ergänzenden Anmerkungen:

1. Die Frage, ob es sich bei dem Verstoß gegen § 35a GmbHG i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 11 UWG um eine Wettbewerbshandlung handelt, die den Wettbewerb nicht nur unerheblich beeinträchtigt, hat das Landgericht zu Recht verneint. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts Bezug. Das Berufungsvorbringen der Klägerin rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

a. Allerdings fehlt es nach Auffassung des Senats bei dem hier zur Entscheidung stehenden Verstoß bereits an einer Wettbewerbshandlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, deren Vorliegen eine Grundvoraussetzung für den von der Klägerin geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Anspruch ist.

aa. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine Wettbewerbshandlung jede Handlung einer Person mit dem Ziel, zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens den Absatz oder den Bezug von Waren oder die Erbringung oder den Bezug von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen zu fördern. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Bei dem von der Klägerin als rechtsverletzend angegriffenen Schreiben vom 13.12.05 handelt es sich um die Reaktion auf eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung an die Rechtsanwälte der Gegenseite. Dieses Schreiben hat für sich genommen keinen wettbewerbsrechtlich relevanten Inhalt. Die Beklagte geht hieran mit keinem Wort auf die konkrete Wettbewerbshandlung ein. Das Schreiben hat ausschließlich den Sinn, die Verlängerung einer von den Rechtsanwälten gesetzten Stellungnahmefrist zu erreichen, weil der Geschäftsführer der Beklagten im Urlaub ist.

bb. Auch wenn man den Begriff einer "Wettbewerbshandlung" zu Recht weit auslegt, ist für den Senats nicht ersichtlich, inwieweit sich hierin ein konkret wettbewerbsförderndes Verhalten manifestieren soll. Das Schreiben ist nicht an Marktteilnehmer oder Kunden gerichtet, sondern ausschließlich an die Rechtsanwälte der Gegenseite. Dies schließt eine Wettbewerbshandlung zwar nicht aus. Hier geht es indes um die Reaktion auf eine bereits wegen einer konkreten Wettbewerbshandlung erfolgten Abmahnung. Die Beklagte verteidigt die Wettbewerbshandlung nicht und lässt sich hierzu materiell auch nicht ein, sondern äußert lediglich die Bitte, die Frist bis zur Urlaubsrückkehr zu verlängern. Damit fehlt dieser Handlung der Marktbezug (vgl. hierzu Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 24. Aufl., § 2 Rdn. 12 ff. und 52 ff.).

cc. Dies sieht die Klägerin offenbar selbst nicht anders. Denn ihrem in diesem Rechtsstreit geltend gemachten Unterlassungsantrag fehlt insoweit ein für die Verfolgung eines Wettbewerbsverstoßes notwendiges Antragselement. Die Klägerin hat einschränkungslos beantragt, der Beklagten ein bestimmtes Verhalten zu untersagen. Hierfür fehlt es indes an einer Rechtsgrundlage. Das zur Begründung einer wettbewerbsrechtlichen Anspruchsgrundlage erforderliche Merkmale "zu Zwecken des Wettbewerbs" enthält der gestellte Antrag gerade nicht. Der Senat geht davon aus, dass diese Antragsfassung mit Bedacht gewählt worden ist.

Sie rechtfertigt damit aber nicht den geltend gemachten Anspruch. Denn auch ein Anspruch aus § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. einer das Marktverhalten regelnden Vorschrift setzt eine Wettbewerbshandlung voraus (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 4 Rdn. 11.23).

b. Selbst wenn man die vorstehenden Ausführungen nicht teilen wollte, ergäbe sich kein abweichendes Ergebnis. Denn in diesem Fall läge ein Verstoß vor, der den Wettbewerb nur unerheblich beeinträchtigt.

aa. Für die Frage, ob ein Bagatellfall i. S. v. § 3 UWG vorliegt, ist der konkret gerügte Verstoß zu Grunde zu legen. Dabei mag man mit der Klägerin davon ausgehen, dass sich ein Wettbewerber bei der Entdeckung eines Einzelverstoßes im Regelfall nicht damit verteidigen kann, es handele sich nur um einen "Ausreißer".

Gleichwohl ist die Wettbewerbsbeeinträchtigung im vorliegenden Fall unerheblich. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die wettbewerbsrechtliche Literatur bereits generell davon ausgeht, dass Verstöße gegen § 35a GmbHG – wenn überhaupt - nur einen unerheblichen Wettbewerbsverstoß darstellen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, § 4 Rdnr. 11.164 m.w.N. insbesondere auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf zur alten Rechtslage).

bb. Ob dieser Rechtsauffassung für jeden Einzelfall zu folgen ist, bedarf vorliegend keiner allgemeinen Entscheidung. Denn jedenfalls der konkret gerügte Wettbewerbsverstoß stellt sich als nicht erheblich dar.

aaa. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Parteien - unstreitig - über einen längeren Zeitraum nicht nur vertragliche Beziehungen unterhalten, sondern auch diverse Rechtstreitigkeiten geführt haben. Selbst wenn die Beklagte in diesem Zeitraum mehrfach umfirmiert hat und ihre Gesellschafterangaben gewechselt haben, ergibt sich bereits aus einer (ehemals) bestehenden Geschäftsbeziehung eine andere (geringere) spezifisch wettbewerbsrechtliche Gefährdungslage, als dies bei Parteien der Fall wäre, die bislang nicht zueinander in rechtlich relevanten Beziehungen gestanden haben. Soweit § 35a GmbHG die Feststellung der gesellschaftsrelevanten Angaben erleichtern will, wird dies zwar auch in Fällen der vorliegenden Art erschwert, diese Erschwerung ist aber zumindest konkret wettbewerbsrechtlich nicht von erheblichem Gewicht.

Hinzu kommt, dass das von der Klägerin als rechtsverletzend angegriffene Schreiben in Anlage K4 erst von der Beklagten verschickt worden ist, nachdem die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte unter ihrer zutreffenden Unternehmensbezeichnung bereits wettbewerbsrechtlich abgemahnt hatten.

Der Klägerin lag zu diesem Zeitpunkt unter anderem die Anlage K1 vor, auf der die Beklagte neben ihrer Unternehmensbezeichnung unter vollständiger Anschrift unter anderem auch ihre Registereintragung (HRB 2455) und ihren Sitzort angegeben hatte, über die sich die näheren Angaben zur Gesellschaft ohne Weiteres erschließen ließen. Jedenfalls bei einer derartigen Sachlage, bei der dem wettbewerbsrechtlich Verletzten bereits vor der Verletzungshandlung im Rahmen einer bestehenden Geschäftsbeziehung wesentliche Teile der in § 35a GmbHG genannten Angaben, insbesondere die für die Informationserschließung bedeutsamen Handelsregisterangaben, anderweitig bekannt sind, lässt sich auch nach Auffassung des Senats nicht mehr von einem nicht nur unerheblichen Verstoß i. S. v. § 3 UWG sprechen.

bb. Dies umso weniger, als dass Brandenburgische Oberlandesgericht in seiner Entscheidung vom 10.07.07 (6 U 12/07), die die Beklagte mit Schriftsatz vom 14.08.07 zur Akte gereicht hat, mit gut vertretbaren Gründen sogar zu dem Ergebnis gelangt ist, dass fehlende Angaben zur Identität des Gewerbetreibenden auf Geschäftsbriefen in bestimmten Fällen deshalb noch nicht einmal einen Wettbewerbsverstoß nach §§ 3, 4 Nr. 11 UWG darstellen, weil es bereits an irgend einem beabsichtigten Wettbewerbsvorteil fehle.

cc. Die Auffassung der Beklagten, es sei bei diesen Fallgestaltungen nicht auf die konkrete Kenntnis des Wettbewerbers abzustellen, teilt der Senat nicht. Der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin hierzu in der Senatssitzung genannte Vergleich mit einem Testkäufer, der durch eine bestimmte Werbung auch nicht irregeführt werden kann, betrifft eine nicht vergleichbare Situation. Denn dort geht es um die beweiskräftige Feststellung eines häufig nur vermuteten bzw. nicht konkret nachweisbaren Wettbewerbsverstoßes.

Insoweit ist der Testkäufer stellvertretend für die "angesprochenen Verkehrskreise" zu behandeln, selbst wenn er persönlich über weitergehende Erkenntnisse verfügt. Mit der wettbewerbsrechtlichen Bagatellschwelle im Sinne von § 3 UWG hat dies nichts zu tun.

c. Zu Recht ist das Landgericht allerdings davon ausgegangen, dass die Beklagte durch ihr Verhalten Erstbegehungsgefahr für einen Wettbewerbsverstoß gesetzt hat. Denn bei dem verwendeten Schreiben handelte es sich offensichtlich um eine elektronisch gespeicherte Vorlage, deren Wiederverwendung in einem abweichenden – auch wettbewerblich relevanten - Zusammenhang nicht ausgeschlossen ist, u.U. sogar nahe liegt.

aa. Diese Erstbegehungsgefahr hat die Beklagte indes durch die nicht-strafbewehrte Unterwerfungserklärung vom 31.07.06 (Anlage B3) ausgeräumt. Die gegenteilige Auffassung der Klägerin teilt der Senat nicht. Der Senat schließt sich insoweit der herrschenden Meinung an, die die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung zutreffend wiedergegeben hat. An die Beseitigung einer Erstbegehungsgefahr sind grundsätzlich weniger strenge Anforderungen zu stellen, als an den Fortfall der durch eine Verletzungshandlung begründeten Gefahr der Wiederholung des Verhaltens in der Zukunft (BGH GRUR 92, 116, 117 – Topfguckerscheck).

Eine durch Berühmung geschaffene Erstbegehungsgefahr und mit ihr der Unterlassungsanspruch entfallen grundsätzlich mit der Aufgabe der Berühmung. Eine solche liegt jedenfalls in der uneingeschränkten und eindeutigen Erklärung, dass die beanstandete Handlung in der Zukunft nicht mehr vorgenommen werde (BGH WRP 01, 1076, 1079 – Berühmungsaufgabe; BGH GRUR 92, 116, 117 – Topfguckerscheck; BGH GRUR 93, 53, 55 – Ausländischer Inserent; BGH WRP 92, 311, 312 – Systemunterschiede). Hierbei ist nach Auffassung des Senats nicht danach zu unterscheiden, ob eine "Berühmung" bislang nur verbal oder bereits durch eine konkrete Wettbewerbshandlung erfolgt ist, die allerdings die Bagatellgrenze des § 3 UWG nicht überschreitet.

bb. Der gegenteiligen Auffassung von Ingerl/Rohnke (MarkenG, 2. Aufl., Vor § § 14 -19 Rdn. 69), die für den Fall der Anmeldung einer Marke als "Vorbereitungshandlung" den Typus einer sog. "qualifizierten Erstbegehungsgefahr" vertreten und hierauf die strengen Regelungen für den Fortfall einer Wiederholungsgefahr anwenden wollen, vermag den Senat nicht zu überzeugen. Diese Auffassung, der auch die Klägerin zuneigt, hätte eine erhebliche, nicht hinzunehmende Rechtsunsicherheit zur Folge. Denn sie führte letztlich dazu, dass die bislang klar zu definierende Grenze zwischen einer Erstbegehungsgefahr und einer Wiederholungsgefahr vollständig verwischt würde, wenn im Einzelfall stets zu fragen wäre, ob dem konkreten Wettbewerbsverhalten allein durch eine Berühmungsaufgabe wirksam entgegenzuwirken ist oder ob weitergehende (und welche?) Maßnahmen als "actus contrarius" notwendig sind.

cc. Selbst wenn man aber eine derartige Willensbekundung verlangen wollte, wären deren Voraussetzungen hier erfüllt. Der Senat muss deshalb nicht entscheiden, ob in Fällen der vorliegenden Art allein eine "verbale" Berühmungsaufgabe ausreichend ist. Denn die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 31.07.06 (Anlage B3) rechtswirksam und ernsthaft eine konkrete Unterlassungserklärung abgegeben und der Klägerin damit das Angebot eines Unterlassungsvertrages unterbreitet, welches diese mit Schriftsatz vom 03.08.06 (Anlage K12) nur im Hinblick auf die fehlende Strafbewehrung nicht angenommen hat. Diese Ablehnung war unberechtigt, denn der von der Klägerin vermisste ernsthafte „actus contrarius“ lag bereits in der schriftlichen Unterwerfungserklärung. Selbst wenn man eine verbale Abstandname nicht ausreichen lassen wollte, bedurfte es hier aber zumindest - wie auch im Übrigen bei der Erstbegehungsgefahr - einer Strafbewehrung nicht, um die Ernsthaftigkeit des Unterwerfungswillens zu bekunden. Hätte die Klägerin das Vertragsangebot der Beklagten angenommen, wäre zwischen den Parteien ein Unterlassungsvertrag zu Stande gekommen, aus dem die Klägerin bei einem Verstoß der Beklagten auch ohne eine Vertragsstrafenbewehrung gegebenenfalls weitergehende Ansprüche auf Schadensersatzleistung bzw. Unterlassung hätte geltend machen können (vgl. Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., § 8 Rdn. 2 m.w.N.). Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass eine weitergehende Sicherung des Gläubigers in derartigen Fällen rechtlich angezeigt oder gar erforderlich ist.

2. Die Anschlussberufung der Beklagten ist ebenfalls – bis auf einen Teilbetrag - weitgehend unbegründet.

Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht und mit zutreffender Begründung zur Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verurteilt, die allerdings nur in Höhe von € 2.202,10 zuzüglich Zinsen zuzusprechen sind. Die Ausführungen der Beklagten in der Anschlussberufungsbegründungsschrift rechtfertigen keine abweichende Entscheidung.

a. Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass eine vorgerichtliche Abmahnung auch dann veranlasst - und eine Erstattung der hierfür entstandenen Kosten geschuldet - ist, wenn das als wettbewerbswidrig angegriffene Verhalten zwar keine Wiederholungsgefahr, jedoch die zur Verfolgung einer vorbeugenden Unterlassungsklage vorausgesetzte Erstbegehungsgefahr begründet. Dies gilt jedenfalls dann, wenn eine Verletzung stattgefunden hat, die grundsätzlich entgegen § 4 Nr. 11 UWG wettbewerbswidrig ist, deren Verfolgung jedoch an § 3 UWG scheitert bzw. auf Grund der konkreten Sachumstände gleichartige, nunmehr wettbewerblich relevante Verstöße konkret zu befürchten sind. In diesem Fall liegt ein (wenngleich möglicherweise unerheblicher) "Wettbewerbsverstoß" vor. Auch bei einer vorbeugenden Unterlassungsklage ist der Antragsteller i. S. v. § 12 Abs. 1 UWG ein "..zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs Berechtigter..", der nach § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG wegen der bereits gesetzten Erstbegehungsgefahr Kostenerstattung verlangen kann. Auf diese zutreffende Rechtsauffassung (Harte/Henning/Brüning, UWG, § 12 Rdn. 81 m.w.N.) hat das Landgericht hingewiesen.

b. Das Landgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass von einer Verantwortlichkeit der Beklagten für die aus den Anlagen K1 und K2 ersichtlichen Vereinbarungen auszugehen ist. Die insoweit darlegungspflichtige Beklagte hat weder erstinstanzlich noch mit der Begründung ihrer Anschlussberufung konkrete Angaben gemacht, die eine abweichende Annahme rechtfertigen könnten.

aa. Insbesondere hat sich die Beklagte nicht dazu erklärt, in welcher Weise dritte Personen ohne ihr Wissen in den Besitz von Vertragsformularen und Vollmachtserklärungen gelangt sein können, die für ihr Unternehmen erstellt und unter ihrem Briefkopf ausgefertigt sind. Insoweit hätte es deutlich weiter gehender Darlegungen der Beklagten bedurft, etwa wenn die Beklagte eine vertragswidrige Verwendung durch frühere Außendienstmitarbeiter oder sonstige Personen geltend machen wollte. Die Beklagte konnte sich bei dieser Sachlage nicht darauf beschränken, sich mit Nichtwissen zu erklären. Auch hierauf hat das Landgericht zutreffend hingewiesen. Hinzu kommt, dass das Auftragsformular für die Beklagte „i.A.“ mit einer bestimmten, aber unleserlichen Unterschrift versehen ist. Auch insoweit oblag es der Beklagten, sich hierzu substantiiert zu erklären und gegebenenfalls Nachforschungen anzustellen, etwa durch Befragung der vermeintlichen Vertragspartnerin (Ambulante Alten- und Krankenpflege K.), welche Personen in diesem Zusammenhang mit der Behauptung einer (angeblich nicht bestehenden) Vertretungsmacht für sie, die Beklagte, aufgetreten ist.

Alles dies hat die Beklagte nicht getan.

bb. Dementsprechend hat das Landgericht zu Recht in erster Instanz keine Veranlassung gesehen, Beweisantritten der Beklagten nachzugehen. Die Beklagte hat auch mit der Anschlussberufungsbegründung keine ergänzenden Tatsachen dargelegt, obwohl das Landgericht sie in der angegriffenen Entscheidung ausdrücklich auf den Darlegungsmangel hingewiesen hatte. Dementsprechend kann die Anschlussberufung auch insoweit keinen Erfolg haben.

c. Dem Grunde nach begründet sind vor diesem Hintergrund aus § 12 Abs. 2 UWG die Rechtsanwaltskosten, die die Klägerin für ihre Abmahnschreiben hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtungen in Anlage K3 und in Anlage K6 (insoweit nach der halben Gebühr zuzüglich Auslagen) geltend gemacht hat. Soweit die Klägerin auf der Grundlage der Anlage K10 ebenfalls die Erstattung der Rechtsanwaltskosten für die Abmahnung wegen der Verpflichtungen zur Auskunftserteilung und Schadensersatzleistung verlangt, fehlt es indes an einer Rechtsgrundlage in § 12 Abs. 2 UWG. Insoweit kann die Klägerin diese Kosten jedoch unter dem allgemeinen Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 677, 683, 670 BGB erstattet verlangen, weil die Geschäftsführung im Interesse der Beklagten lag. Deshalb durfte sich die Klägerin veranlasst sehen, insoweit anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. In diesem Bereich der Anspruchsverfolgung sind die Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag und Schadensersatz in der Regel deckungsgleich (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, § 12 Rdn. 1.86). Für den Schadensersatzanspruch aus § 9 UWG ist anerkannt, dass dieser auch Anwaltskosten für Bemühungen um Auskunftserteilung, Anerkennung einer Schadensersatzpflicht und Schadensersatzleistungen mit umfasst (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, § 9 Rdn. 1.29).

d. Der Höhe nach sind die geltend gemachten Kosten jedoch teilweise zu beanstanden.

aa. In Bezug auf die Kostenrechnungen aus den Anlagen K3 und K10 hat die Klägerin den Gebührenstreitwert allerdings zutreffend auf € 50.000.- bzw. € 10.000.- festgesetzt. Der Ausgangsstreitwert in Höhe von € 50.000 ist schon deshalb angemessen, weil über die Auftragsaquisition durch die Beklagte (bzw. ihre Rechtsvorgängerinnen) zwischen den Parteien schon seit Jahren, zum Teil gerichtlich ausgetragener Streit besteht, wie sich auch aus dem Schreiben in Anlage K3 selbst ergibt. Den Streitwert fürAuskunftserteilung und Schadensersatz hat die Klägerin auf dieser Grundlage entsprechend der ständigen Rechtsprechung des Senats mit jeweils 1/10 berechnet.

bb. Hinsichtlich des mit der Anlage K6 vorgerichtlich geltend gemachten Unterlassungsanspruch, der auch Gegenstand dieses Rechtsstreits ist, hält der Senat allerdings in Abweichung von der Klägerin lediglich einen geringeren Streitwert in Höhe von € 5.000.- für gerechtfertigt. Insoweit wird auf die Beschwerdeentscheidung des Senats zu dem Aktenzeichen 5 W 181/06 Bezug genommen. Danach ergibt sich für eine 1,3 Geschäftsgebühr ein Betrag von € 301.-, wovon die Klägerin nur die halbe Gebühr zuzüglich der Auslagenpauschale geltend machen will (€ 150,50 + € 20 = 170,50). Die weitergehende Zahlungsklage ist unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97, 92 Abs. 1, 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Der Rechtsstreit bietet dem Senat keine Veranlassung, gem. § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.

Der Rechtsstreit hat keine grundsätzliche Bedeutung, sondern beschränkt sich auf die Anwendung feststehender Rechtsgrundsätze auf den konkreten Einzelfall. Einer Entscheidung des Revisionsgerichts bedarf es auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.

(Unterschriften)