×

Rückruf vereinbaren

Ihre Nachricht an uns

Startseite
/
Urteile
/
Wettbewerbsrecht
/
Urteile 2005
/
Mithaftung der Muttergesellschaft für Wettbewerbsverletzung, LG Köln, Urteil vom 12.07.05, Az.: 33 O 94/05

Leitsätzliches

Das LG Köln bejaht in der vorliegenden Entscheidung die Mithaftung einer Muttergesellschaft für ihre 100%-ige Tochtergesellschaft hinsichtlich eines Wettbewerbsverstoßes im Arzneimittelrecht.

LANDGERICHT KÖLN

BESCHLUSS


Aktenzeichen: 33 O 243/05

Entscheidung vom 28. Juli 2005

In dem Rechtsstreit des

...

gegen

...

hat die 33. Kammer des Landgerichts Köln durch ... für Recht erkannt:

 

Die einstweilige Verfügung vom 21.03.2005 - 33 O 94/05 - wird bestätigt.

Die weiteren Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit für eine Werbeanzeige für das Arzneimittel H.

Die Antragsgegnerin ist 100%-ige Muttergesellschaft der T GmbH und Herstellerin des Präparates H. Das Arzneimittel wird von der T-GmbH vertrieben. Die T GmbH ist Zulassungsinhaberin und pharmazeutische Unternehmerin von H und damit zugleich Verantwortliche im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Die streitgegenständliche Werbeanzeige wurde von der T GmbH am 24.02.2005 in den Zeitschriften "Pharmazeutische Zeitung" und "Deutsche Apothekerzeitung" veröffentlicht.

Wegen des Inhalts der Werbeanzeige wird auf Bl. 3 d.A. Bezug genommen.

Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Antragsgegnerin hafte als Mitstörerin für die Werbeanzeige. Zudem müsse sich die Antragsgegnerin die Werbung der T-GmbH nach § 8 Abs. 2 UWG zurechnen lassen. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vortrags wird auf die Ausführungen in dem Schriftsatz vom 03.06.2005 (Bl. 78 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Antragstellerin hat am 21.03.2005 eine im Beschlusswege erlassene einstweilige Verfügung der Kammer erwirkt, mit der der Antragsgegnerin untersagt worden ist,

innerhalb des geschäftlichen Verkehrs zu Zwecken des Wettbewerbs das Arzneimittel H wie folgt zu bewerben und/oder bewerben zu lassen:

a. "Nachzulassung erteilt!"
b. "H ist und bleibt Ihre erste Empfehlung bei complexen grippalen Infekten."
c. "Paracetamol (...) - Erste Wahl bei grippalen Infekten"
d. "Paracetamol (...) - Die gute Magenverträglichkeit macht es zur Alternative zu ASS"

a., b., c. und d. jeweils wie nachfolgend wiedergegeben:

- Es folgt eine einseitige Darstellung der Werbeanzeige. -

Nachdem die Antragsgegnerin gegen diese einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt hat, beantragt die Antragstellerin nunmehr,

- wie erkannt -.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschlussverfügung vom 21.03.2005 aufzuheben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, sie sei nicht passivlegitimiert. Wegen der Einzelheiten des entsprechenden Vortrags der Antragsgegnerin wird auf die Ausführungen in den Schriftsätzen vom 03.05.2005 (Bl. 61 ff. d.A.) und vom 17.06.2005 (Bl. 105 ff. d.A.) Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die einstweilige Verfügung war zu bestätigen, da ihr Erlass auch nach dem weiteren Vorbringen der Parteien gerechtfertigt war.

Die Antragsgegnerin haftet für die streitgegenständliche Anzeige nach § 8 Abs. 2 UWG.

Nach § 8 Abs. 2 UWG sind Unterlassungsansprüche auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet, wenn die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen werden. Eine Zurechnung als Beauftragter kommt auch im Rahmen von gesellschaftsrechtlichen Verbindungen etwa bei einem Tätigwerden abhängiger Unternehmen bei einem beherrschenden Einfluss der Muttergesellschaft in Betracht (Köhler, in: Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Auflage, § 8 Rn. 2.45 unter Hinweis auf OLG Frankfurt MD 2001, 1380). Danach ist ein wettbewerbswidriges Verhalten der Muttergesellschaft nach § 8 Abs. 2 UWG (vormals § 14 Abs. 4 UWG a.F.) dann zuzurechnen, wenn die Muttergesellschaft sich aktiv und bestimmend in die Geschäftstätigkeit der Tochter einschaltet und die Muttergesellschaft Weisungen gegenüber der Tochter ausübt (OLG Frankfurt MD 2001, 1380).

Demgemäß hat die Antragsgegnerin für den begangenen Wettbewerbsverstoß der T-GmbH einzustehen. Denn die Antragsgegnerin ist 100%-ige Muttergesellschaft der T-GmbH und Herstellerin des Arzneimittels H. Die T-GmbH ist lediglich Vertreiberin des Präparates. Die Antragsgegnerin als Muttergesellschaft schaltet sich auch aktiv in die geschäftliche Tätigkeit der T-GmbH ein. Dies bezieht sich zum einen auf den Bereich der Kontrolle wettbewerblichen Verhaltens. Denn die Rechtsabteilung der Antragsgegnerin wird auch für die T GmbH tätig und hat – auf die Abmahnung der Antragsgegnerin durch die Antragstellerin – der Antragstellerin als Anlage zu einem Antwortschreiben auf die Abmahnung eine Unterlassungsverpflichtungserklärung der T GmbH mitgesandt. Die Rechtsabteilung der Antragsgegnerin hat dabei die Unterlassungserklärung im Namen der T-GmbH abgegeben. Auch frühere Korrespondenz mit der Antragstellerin über das Produkt H lief lediglich über die Antragsgegnerin und nicht über die T GmbH. Zum anderen arbeiten beide – die Antragsgegnerin und die T-GmbH – bei der Bewerbung der Produkte zusammen. Dieser Umstand zeigt sich bereits an der streitgegenständlichen Werbung, da dort auf die Muttergesellschaft sowohl durch die Nennung der Internetseite "www.T.de" als auch den allgemeinen Hinweis "T Arzneimittel – Alles Gute für die Gesundheit" hingewiesen wird. Im Übrigen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass auch allgemein die Antragsgegnerin als Herstellerin gemeinsam mit der T-GmbH für die Produkte der Antragsgegnerin wirbt. So bewirbt die Antragsgegnerin auf ihrer Internetseite auch das Arzneimittel H. Nicht von Bedeutung für die wettbewerbsrechtliche Verantwortlichkeit ist demgegenüber, dass die T-GmbH Zulassungsinhaberin und Verantwortliche im Sinne des Arzneimittelgesetzes ist. Insgesamt ist daher von einem beherrschenden Einfluss der Muttergesellschaft als Herstellerin des Präparates auf die Tochtergesellschaft auszugehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus dem Sinn und Zweck der einstweiligen Verfügung.

Unterschriften