Leitsätzliches
Zur Kennzeichnungskraft und Verwechsegefahr von "K. Smart Key" und "Smart Key" für ein Computerprogramm zur Verschlüsselung von Daten.OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 6 U 195/02
Entscheidung vom 28. Mai 2003
In Sachen
...
gegen
...
wegen Kennzeichenverletzung
hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 26. Februar 2003 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. ... Richter am Oberlandesgericht ... Richter am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des 7. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 26. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten der Berufung fallen der Klägerin zur Last.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8000 € abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
IV. Die Revision wird zugelassen.
Gründe:
I. Die Klägerin verlangt von den Beklagten Unterlassung der Benutzung der Bezeichnung "Smart Key" für Computerhard- und software, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird Bezug genommen, § 540 Abs. 1 ZPO.
Die Klägerin trägt vor,
das Landgericht gehe zu Unrecht von nur geringer Kennzeichnungskraft des der Klägerin zustehenden Software-Titels aus. Das Zeichen "SmartKey" sei als solches weder Fachbegriff, noch ansonsten geltende die beschreibenden Inhalts. Auch bei der vom Landgericht vorgenommenen Zergliederung des Zeichens gelte, dass der Bestandteil "key" ohne weiteres als englische Bezeichnung für Schlüssel angesehen werde, sodass "SmartKey" für ein Textbaustein- und Makro-Tool nicht beschreibend sein könne. Das Landgericht habe auch verkannt, dass die sich gegenüberstehenden Zeichen identisch seien. Die Beklagte benutze das Zeichen "Smart Key" auch in Alleinstellung. Dies habe die Klägerin bereits in erster Instanz vorgetragen, inzwischen habe die Klägerin feststellen müssen, dass die Beklagte nunmehr auch auf ihrem geänderten Internet-Angebot das Zeichen in zahlreichen Fällen in Alleinstellung benutze. Selbst wenn man jedoch von einer Verwendung des Zeichens lediglich in Verbindung mit der Firma ausgehen wollte, sei Zeichenidentität zu bejahen. Das Landgericht habe nicht hinreichend berücksichtigt, dass die Hinzufügung der Firma eher noch zur Verstärkung der Verwechslungsgefahr führe. Schließlich habe das Landgericht rechtsfehlerhaft angenommen, die Beklagte zu 1 könne sich auf § 23 Nr. 2 MarkenG berufen. Auch die Domain "smartkey.de" der Klägerin rechtfertige die Anträge.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts nach ihren Sachanträgen aus erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagten tragen vor,
sie benutzten die Bezeichnung "Smart Key" nicht in Alleinstellung. Die Klage könne bereits von daher keinen Erfolg haben. Unabhängig hiervon sei die Bezeichnung für Computer-Software nicht titelschutzfähig, jedenfalls aber von allenfalls geringer Kennzeichnungskraft. Der Verkehr sei anders als bei Printmedien im Software-Bereich keineswegs an farblose bzw. beschreibende Bezeichnungen gewöhnt. Der vorgelegte Auszug aus dem Internet-Auftritt der Beklagten zu 1 könne nichts daran ändern, dass die umstrittene Bezeichnung nicht in Alleinstellung verwendet worden sei. Eine zu beanstandende markenmäßige Benutzung in Alleinstellung sei nicht gegeben. Im Übrigen verteidigen die Beklagten das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlich gehaltenen Vortrags.
Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die Klage mit Recht abgewiesen. Das Urteil des Landgerichts weist keine Rechtsfehler auf. Die Beklagten sind nicht verpflichtet, es zu unterlassen im geschäftlichen Verkehr für Computerhard- und Software den Titel "Smart Key" zu benutzen, Schadensersatz zu leisten oder Auskunft zu erteilen.
Die von den Parteien problematisierten Fragen der Entstehung von Titelschutz für die Klägerin und der Verwechselungsgefahr können dahinstehen. Die angefochtene Entscheidung des Landgerichts wird jedenfalls dadurch getragen, dass trotz des eventuellen Bestehens eines Titelschutzes für die Klägerin und trotz einer eventuell bestehenden Verwechselungsgefahr die Verwendung der Bezeichnungen "K. Smart Key" und "Smart Key" durch die Beklagten für ein Computerprogramm zur Verschlüsselung von Daten bei der Übertragung gem. § 23 Ziffer 2 MarkenG privilegiert ist. Das Landgericht hat dies mit eingehender und überzeugender Begründung dargetan. Der Senat verweist insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung (LGU 10 - 12). Das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht:
Die Rüge der Berufung, die Worte "Smart Key" könnten schon deshalb keinen glatt beschreibenden Inhalt haben, weil es sich um Wörter der englischen Sprache handelt, greift nicht durch. Der Senat ist ebenso wie das Landgericht davon überzeugt, dass die Bezeichnung "Smart Key" im Zusammenhang mit Verschlüsselungssoftware vom Verkehr als beschreibende Angabe im Sinne von "intelligenter Schlüssel" oder "intelligenter Code" verstanden wird. Der Verkehr ist es gerade im Zusammenhang mit Computersoftware in weitem Ausmaß gewohnt, dass nicht nur Titel, Namen und Zeichen, sondern auch rein beschreibende Angaben in diesem Geschäftsfeld in englischer Sprache gemacht werden. Allein die Verwendung dieser fremden Sprache schließt daher für sich genommen nicht aus, dass beschreibende Angaben vorliegen.
Es trifft nach der Überzeugung des Senats auch nicht zu, dass - wie die Berufungsbegründung meint - der Verkehr sich unter einem "Key" ausschließlich einen Schlüssel im Sinne eines mechanischen Schließwerkzeugs vorstellen würde. Im Zusammenhang mit Computersoftware und insbesondere im Zusammenhang mit der Verschlüsselung von Daten ist dem Verkehr ohne weiteres geläufig, dass der englische Begriff "key" oder auch das deutsche Wort "Schlüssel" ausschließlich in einer von der Mechanik auf die Informatik übertragenen Bedeutung verwendet wird.
Die Berufung hat schließlich auch mit der Rüge, das Landgericht habe verkannt, dass die Beklagten das Zeichen "Smart Key" nach Art einer Marke benutzten, keinen Erfolg. Selbst wenn die Benutzung der umstrittenen Bezeichnungen durch die Beklagten, wie sie in den Anlage K 11 dargestellt ist, (auch) der schlagwortartigen Bezeichnung des Computerprogramms der Beklagten und seiner kennzeichenmäßigen Unterscheidung von anderen Produkten dient, so schließt dies nicht aus, dass sich die Beklagten gleichwohl auf die Privilegierung nach § 23 Nr. 2 MarkenG berufen können. Der für Markensachen zuständige 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat hierzu ausgeführt (BGH GRUR 2002, 613, 615 - Gerri / Kerry Spring):
Zu der Vorschrift des § 23 Nr. 2 des deutschen Markengesetzes, durch die Art. 6 Abs. 1 lit. b MarkenRL umgesetzt worden ist, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten, welche Bedeutung eine markenmäßige Benutzung des Kollisionszeichens für die Anwendung dieser Regelung hat. Zum Teil wird vertreten, eine derartige Benutzung stehe der Anwendung des § 23 Nr. 2 MarkenG generell entgegen (so OLG Nürnberg GRUR 1996, 206, 207 f.; OLG Köln GRUR 1999, 66, 68; Starck, GRUR 1996, 688, 693; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl., § 23 Rdn. 10 m.w.N.). Nach anderer Auffassung schließt eine markenmäßige Benutzung den Anwendungsbereich des § 23 Nr. 2 MarkenG nicht generell aus, sondern begründet in der Regel die Sittenwidrigkeit i.S. des § 23 Nr. 2 MarkenG (OLG Hamburg GRUR 1996, 982, 983; Keller, GRUR 1996, 607, 612; Raßmann, GRUR 1999, 384, 387 f. m.w.N.). Schließlich wird angenommen, die markenmäßige Benutzung des Kollisionszeichens sei nur ein Merkmal bei der im Rahmen des § 23 Nr. 2 MarkenG gebotenen Abwägung (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 23 Rdn. 35; Kur, CR 1996, 590, 592;Althammer/Klaka aaO § 23 Rdn. 8; vgl. auch Begr. zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 12/6581 S. 80 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 74). Der Senat möchte die Anwendung des Art. 6 Abs. 1 lit. b MarkenRL (§ 23 Nr.2 MarkenG) nicht schon deshalb generell verneinen, weil die Benutzung der Bezeichnung durch den Dritten auch markenmäßig erfolgt.
Die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 lit. b MarkenRL (§ 23 Nr. 2 MarkenG) betriff nach ihrem Wortlaut jede Benutzung im geschäftlichen Verkehr. Der Begriff der Benutzung im geschäftlichen Verkehr schließt den markenmäßigen Gebrauch nicht aus. Auch der Zweck des Art. 6 Abs. 1 lit. b MarkenRL (§ 23 Nr. 2 MarkenG) steht dem Merkmal eines markenmäßigen Gebrauchs nicht zwingend entgegen. Die Bestimmung dient der Verwirklichung der freien Verwendbarkeit beschreibender Angaben und damit letztlich der Waren- und Dienstleistungsfreiheit im gemeinsamen Markt (vgl. EuGH, Urt. v. 23.2.1999 - Rs. C-63/97, Slg. 1999, I-905 = GRUR Int. 1999, 438, 442 Tz. 62 - BMW). Sie ist damit Schutzschranke gegenüber den Verbietungsrechten nach Art. 5 MarkenRL und notwendige Ergänzung zu der durch die Harmonisierung bewirkten Öffnung des Markenregisters (vgl. Begr. zum Regierungsentwurf BT-Drucks. 12/6581 S. 80 = BlPMZ 1994, Sonderheft, S. 74; Fezer aaO § 23 Rdn. 1; Ingerl/Rohnke aaO § 23 Rdn. 5; Althammer/Klaka aaO § 23 Rdn. 3; vgl. auch BGH, Beschl. v. 23.10.1997 - I ZB 18/95, GRUR 1998, 465, 467 = WRP 1998, 492 - BONUS).
Der Senat folgt diesen überzeugenden Ausführungen. Die Benutzung der Bezeichnungen "K. Smart Key" und "Smart Key" durch die Beklagten verstößt auch nicht gegen die guten Sitten im Sinne von § 23 MarkenG. Die beschreibende Funktion im Sinne von "intelligenter Schlüssel" oder "intelligenter Code" tritt im Zusammenhang mit der Geschäftsbezeichnung der Beklagten bzw. im Textzusammenhang der Anlage K 11 nicht ganz oder auch nur überwiegend hinter die kennzeichenmäßige Verwendung zurück. Bei der konkreten Art der Verwendung des umstrittenen Begriffs durch die Beklagten bleibt nach der Überzeugung des Senats für den Verkehr noch immer klar erkennbar, dass durch die Worte "Smart Key" nicht nur nur Programm benannt wird, sondern auch etwas über Funktion und Einsatz dieses Computerprogramms ausgesagt wird.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 Satz 1 ZPO. Die Revision war zuzulassen. Die gesetzlichen Voraussetzungen gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen vor. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung. Der Bundesgerichtshof hat mit der zitierten Entscheidung dem Gerichtshof der europäischen Gemeinschaften die Frage vorgelegt, ob Art 6 Abs 1 Buchst b MarkenRL auch anwendbar ist, wenn ein Dritter die dort aufgeführten Angaben markenmäßig benutzt. Diese grundsätzliche Frage ist auch im vorliegenden Fall entscheidungserheblich.
(Unterschriften)