Leitsätzliches
1. Die Nutzung urheberrechtlich geschützter Musik als Handy-Klingelton stellt einen Eingriff in das Urheberpersönlichkeitsrecht gemäß den §§ 14,23 UrhG dar. Dies gilt gleichermaßen für monophone und polyphone Klingeltöne. Die Nutzung von Musik als Klingelton kommt eher einer Merchandising-Nutzung nahe als der herkömmlichen Nutzung in Konzerten, im Rundfunk oder auf Tonträgern (Fortführung der Senatsrechtsprechung, s. GRUR-RR 2002,249 ). 2. Durch die Änderung des GEMA-Berechtigungsvertrages im Jahre 2002 ist die GEMA nicht umfassend berechtigt worden, die Rechte zur Bearbeitung und Verwendung von Musik als Handy-Klingelton ohne Zustimmung der Urheber zu vergeben. 3. Die Zustimmung der Urheber ist auch dann einzuholen, wenn der Urheber einem anderen Nutzer bereits eine identische oder unwesentlich abweichende Klingeltonversion lizenziert hat.
HANSEATISCHES OBERLANDESGERICHT HAMBURG
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Aktenzeichen: 5 U 58/05
Entscheidung vom 18. Januar 2006
In Sachen
...
gegen
...
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 5. Zivilsenat, durch ... nach der am 11. Januar 2006 geschlossenen mündlichen Verhandlung
für Recht erkannt:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg – Zivilkammer 8 – vom 18.3.2005 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von € 30.000.- abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird auch für die Berufungsinstanz auf € 25.000.- festgesetzt.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten, einer in der Schweiz ansässigen Gesellschaft, das Musikwerk „Rock my Life“ über das Internet als Handy-Klingelton zum Anhören und entgeltlichen Download anzubieten. Der Kläger zu 1 ist der Komponist dieses Werks und die Klägerin zu 2 ein Musikverlag, mit dem der Kläger zu 1 durch einen Autorenexklusivertrag verbunden ist.
Zwischen den Parteien ist kein Lizenzvertrag über die Nutzung des Musikwerks als Handy-Klingelton geschlossen worden. Die Beklagte leitet ihre Rechte aus einem zwischen ihr und der SUISA, der schweizerischen Wahrnehmungsgesellschaft für Werke der Musik, abgeschlossenen Rahmenvertrag einerseits und aus zwischen der SUISA und der GEMA bestehenden Repertoire-Austauschverträgen andererseits her. Insbesondere beruft sich die Beklagte auf den im Sommer 2002 geänderten Berechtigungsvertrag, wie er zwischen den Urhebern und der GEMA standardmäßig geschlossen wird. Dessen § 1 h ist aufgrund eines Beschlusses der Mitgliederversammlung um folgende Klausel ergänzt worden:
„Die Rechteübertragung erfolgt zur Nutzung der Werke der Tonkunst auch als Ruftonmelodien“.
Nach Auffassung der Beklagten kann die GEMA infolge dieser Vertragsänderung ohne Mitwirkung der Urheber bzw. Verlage die Rechte zur Nutzung von Musikwerken als Handy-Klingelton vergeben. Dies gelte jedenfalls dann, wenn die Urheber schon früheren Nutzern die Verwendung ihrer Musik als Handy-Klingelton erlaubt hätten und spätere Nutzer identische oder nur unwesentlich abgewandelte Klingeltonversionen verwendeten.
Die Kläger haben beantragt,
der Beklagten wird bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre)
v e r b o t e n,
Melodien und/oder Werkteile des Musikwerkes „Rock my life“ der Kläger als Handyklingelton zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen bzw. zu verbreiten und/oder verbreiten zu lassen und/oder solche Vervielfältigungsstücke anzukündigen, feilzuhalten, anzubieten bzw. zu bewerben.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt.
Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Die Beklagte wendet sich mit ihrer Berufung gegen das landgerichtliche Urteil und begehrt weiterhin die Abweisung der Klage. Sie macht im Wesentlichen geltend :
Zu Unrecht habe das Landgericht einen dinglichen Rechtevorbehalt der Urheber bezüglich der Verwendung ihrer Werke als Klingelton angenommen. Dieser lasse sich weder aus dem GEMA-Berechtigungsvertrag, den Äußerungen der GEMA, der tatsächlichen Lizenzierungspraxis noch der Interessenlage der Urheber herleiten. Er stehe auch im Widerspruch zu § 11 WahrnG und sei gemäß § 134 BGB unwirksam.
Die Protokollnotiz zu den Lizenzierungsverträgen der GEMA, wonach Klingeltonverwender auch das Einverständnis der Musikverlage einholen müssten, sei erst nach der Erweiterung des Berechtigungsvertrages in die Lizenzierungsverträge aufgenommen worden ( Zeugnis Prof.Dr.B........ ). Bei Erhalt der Benachrichtigung über die Änderungen des GEMA-Berechtigungsvertrages hätten die Urheber nicht erkennen können, dass in jedem Falle noch eine zusätzliche Lizenz der Urheber bzw. Verlage erforderlich sei. Der Berechtigungsvertrag sei nach seinem Wortlaut eindeutig und hätte von den GEMA-Mitgliedern nicht anders verstanden werden können, als dass auch die Wahrnehmungsbefugnis zur Vergabe des Rechts zur Bearbeitung der Musik zu einer Ruftonmelodie auf die GEMA übertragen worden sei.
Das Landgericht habe sich nicht hinreichend mit der Frage befasst, ob die Umwandlung eines Werks zu einem Klingelton jedenfalls dann über die GEMA-Lizenz abgedeckt sei, wenn ein vom Urheber bereits genehmigter Handy-Klingelton ohne wesentliche Änderungen neu eingespielt bzw. gecovert werde.
Die Lizenzierungspraxis der GEMA sei europarechtswidrig. In allen anderen europäischen Ländern würden Klingeltonlizenzen über die jeweiligen Verwertungsgesellschaften vergeben.
Die GEMA habe auf Anfragen nach § 10 WahrnG nach Verkündung des landgerichtlichen Urteils die Auskunft erteilt, dass sie auch an genehmigten Handy-Klingeltonversionen die Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte wahrnehme ( Zeugnis Prof. Dr. B........ ). Ein Vertreter der GEMA habe bei der Messe Popkomm im September 2005 ebenfalls bestätigt, dass bei der Verbreitung eines bereits am Markt befindlichen Klingeltons keine erneute Lizenz der Verlage erforderlich sei. Der Verlag sei lediglich zuständig für das „ob und wie“ der Nutzung, also dafür, ob ein Lied überhaupt als Handy-Klingelton Verwendung finden sollte und ggf. in welcher Fassung ( Zeugnis H........ ). Auch Äußerungen der Vertreter der GEMA in einem von der Beklagten beim DPMA angestrengten Beschwerdeverfahren gegen die erneute Änderung des GEMA-Berechtigungsvertrages im Jahre 2005 bestätigten den Rechtsstandpunkt der Beklagten ( Anlage BK 2 ).
Die Behauptung der Kläger im Berufungsverfahren, sie hätten der Änderung des Berechtigungsvertrages im Jahre 2002 widersprochen, sei unrichtig und auch verspätet.
Die Kläger verteidigen das landgerichtliche Urteil und machen ergänzend geltend: Die Beklagte verkenne, dass die tatsächliche Lizenzierungspraxis entsprechend der Vertragsauslegung des Berechtigungsvertrages durch das Landgericht erfolge. Schon im Herbst 2001 sei eine Protokollnotiz zwischen den Berechtigten und der GEMA verabschiedet worden, wonach die Rechte zur Nutzung von Musikwerken als Handy-Klingelton in einem Zusammenspiel individueller und kollektiver Rechte vergeben würden. Von da an sei diese Protokollnotiz auch schon in die Rahmenverträge mit den Nutzern eingeflossen.
Die Kläger hätten der Änderung des Berechtigungsvertrages im Jahre 2002 ohnehin widersprochen. Dies hätte die Beklagte auch unstreitig gestellt, so dass es auf die Auslegung des Berechtigungsvertrages in der 2002 geänderten Fassung ohnehin nicht ankomme. Dennoch hätten die Kläger auf der Grundlage der Protokollnotiz von Oktober 2001 weiterhin die Auswertung von Musikwerken als Klingelton durch die GEMA erfolgen lassen. Am 1.3.2005 hätten nahezu alle Berechtigte – auch die Kläger - mit der GEMA einen Geschäftsbesorgungsvertrag geschlossen, der dem tatsächlich praktizierten zweistufigen Lizenzierungsverfahren entspreche ( Anlage BB 1 ). Am 29.6.2005 sei dann der Berechtigungsvertrag der GEMA erneut geändert und klargestellt worden, dass die GEMA nicht die Rechte zur Bearbeitung eines Werkes zu einem Klingelton vergeben könne ( Anlage BB 2 ).
Die Beklagte verkenne, dass sich die Wahrnehmungsbefugnis der GEMA nur auf die Originalwerke und werkfähige Bearbeitungen beziehe, was sich auch aus § 5 des Berechtigungsvertrages und dem GEMA-Anmeldeformular ergebe ( Anlage BB 5 ). Dies seien die Umgestaltungsfassungen der Originalwerke, die als Klingelton verwendet würden, gerade nicht. Dass die GEMA selbst nur die Rechte an den Originalwerken wahrnehmen wolle, ergebe sich erneut aus einem aktuellen Schreiben vom 24.11.2005, mit dem ein unberechtigter Nutzer eines Werks als Ruftonmelodie von der GEMA abgemahnt worden sei ( Anlage BB 9 ).
Die Praxis der GEMA verstoße auch nicht gegen europäisches Recht. Auch in anderen europäischen Ländern würde die Verbreitung von Klingeltönen ohne Einwilligung des Urhebers als Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts gewertet ( Anlage BB 3 ). In Bulgarien existiere gleichfalls eine zweistufige Lizenzierungspraxis unter Beteiligung der Urheber.
Beide Parteien haben nach Schluss der mündlichen Verhandlung weitere Schriftsätze eingereicht.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht der Klage in dem angegriffenen Urteil stattgegeben.
Auch nach Auffassung des Senats können die Kläger gemäß § 97 Abs.1 UrhG die Unterlassung der Verwendung des Musikwerks „Rock my Life“ als Handy-Klingelton verlangen. Im Einzelnen :
1. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass „Rock my Life“ ein Werk der Musik im Sinne des § 2 Abs.1 Nr.2, Abs.2 UrhG ist. Diese Würdigung des Landgerichts greifen die Parteien auch in der Berufungsinstanz nicht an.
2. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass beide Kläger aktivlegitimiert sind. Die Aktivlegitimation des Klägers zu 1 folgt aus seiner Stellung als Urheber, diejenige der Klägerin zu 2 als Verlag daraus, dass sie Inhaberin umfassender ausschließlicher Nutzungsrechte ist und ein berechtigtes Interesse an der Rechtsverfolgung hat, da ihr durch eine unberechtigte Nutzung des Musikwerks als Handy-Klingelton auch eigene Lizenzeinnahmen entgehen ( BGH GRUR 99, 984, 985 „Laras Tochter“). Außerdem hat sie der Kläger zu 1 zur Verfolgung seiner Rechte im Wege der Prozesstandschaft ausdrücklich ermächtigt.
Auch die Beklagte macht in der Berufungsinstanz keine Einwendungen mehr gegen die Aktivlegitimation der Klägerin zu 2 geltend.
3. Die Verwendung eines Musikstücks als Handy-Klingelton stellt nach der Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg und dieses Senats einen Eingriff in das Urheberpersönlichkeitsrecht gemäß den §§ 14,23 UrhG dar. Denn hierbei wird das Musikstück nicht nur auf einige wenige Takte gekürzt und digital bearbeitet, sondern vor allem auch durch die Verwendung als rein funktionaler Signalton einer Nutzung zugeführt, die nicht darauf gerichtet ist, eine Tonfolge als Musikwerk in Form eines sinnlich-klanglichen Erlebnisses wahrzunehmen, wie es in aller Regel der Intention des Urhebers entspricht. Vielmehr dient die Musik bei der Nutzung als Handy-Klingelton als rein funktionales Erkennungszeichen, für das der künstlerische Gehalt, die dramaturgische Komposition usw. des Werks nur nebensächlich sind und ein vorhandener ästhetischer Spannungsbogen durch das „Annehmen“ des Gesprächs gerade bewusst zerstört wird ( Senat GRUR-RR 2002,249,251; zuvor LG Hamburg GRUR-RR 2001,259 ). Betroffen ist demgemäß nicht nur § 14 1.Alt. UrhG ( Entstellung des Werks ), nach der der Urheber einen Eingriff in das Werk selbst als Urheberpersönlichkeitsrechtsverletzung verbieten kann, sondern auch § 14 2.Alt. ( andere Beeinträchtigung des Werks ). Unter einer anderen Beeinträchtigung in diesem Sinne kommen auch Nutzungsformen in Betracht, durch das Werk indirekt betroffen ist, etwa wenn das Werk in einem die Rechte des Urhebers verletzenden Zusammenhang präsentiert wird ( s. dazu eingehend Schricker-Dietz, UrhR, 2.Aufl., § 14 Rn.23 und als Beispielsfall OLG Frankfurt GRUR 95,215, 216 „Springtoifel“ : Veröffentlichung von Musik auf einem Sampler mit Musikstücken aus der rechtradikalen Szene ). Ebenso ist die Zweckentfremdung von Musik zu einem Signalton als Beeinträchtigung des Urheberpersönlichkeitsrechts zu werten, wie es in der genannten Senatsentscheidung ausgeführt wird.
An dieser Beurteilung hält der Senat im vorliegenden Verfahren fest. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass polyphone Handy-Klingeltöne sich dem Originalklang eines Werks eher annähern als monophone Töne und sich die Klangqualität der Tonwiedergabe durch den Handy-Lautsprecher mittlerweile verbessert sein mag.
4. Hinzu kommen bei der Nutzung von Musik als Handy-Klingelton weitere Aspekte, die unter § 14 2.Alt.UrhG fallen.
Das Landgericht hat bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass die Nutzung von Musik als Handy-Klingelton eher einer Merchandisingnutzung nahe kommt als einer normalen Werknutzung. Als eine Merchandisingnutzung, die nicht ohne Zustimmung des Urhebers erfolgen darf, ist z.B. die Verwendung von urheberrechtlich geschützter Musik in der kommerziellen Werbung für andere Produkte im Hörfunk oder im Fernsehen anerkannt, so dass für diese Art der Nutzung neben der Lizenz durch die GEMA die Einwilligung der Urheber eingeholt wird ( Hertin in KUR 04, 101, 104 und 110 m.w.N, vorgelegt als Anlage K 13 )
Handy-Klingeltöne werden nicht nur zur Förderung des Absatzes von Mobiltelefonen eingesetzt – etwa durch die Werbung mit der Vielzahl der verfügbaren Töne und ihrer Qualität -, sondern besonders im Internet auch im Zusammenhang mit sonstigen Produkten oder Dienstleistungen angeboten. Sie haben damit zugleich die Funktion, den Absatz dieser Produkte und Dienstleistungen zu fördern, ebenso wie ihr eigener Absatz durch das in ihrem Umfeld angebotenen Sortiment – z.B. Handy-Logos – gefördert werden soll. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dies auch gerade bei der Beklagten der Fall ist, insbesondere Handy-Klingeltöne von ihr im Zusammenhang mit Erotikangeboten vertrieben werden, wie die Kläger erstmals in der Berufungsinstanz – und damit verspätet – behaupten. Dass es grundsätzlich auch solche Nutzungsformen gibt, ist allerdings nicht streitig.
Jedenfalls zeigt eine Gesamtbetrachtung, dass es sich bei dem Geschäft mit den Handy-Klingeltönen um eine Verwertungsform urheberrechtlich geschützter Musik handelt, die sich von der ursprünglichen Werknutzung durch Konzerte, Rundfunkübertragung oder Tonträger weit entfernt hat und je nach dem konkreten Nutzungszusammenhang die Gefahr besteht, dass auch über die Nutzung als Signalton hinaus das Persönlichkeitsrecht des Urhebers verletzt werden kann.
5. Das Angebot von „Rock my Life“ als Handy-Klingelton zum Anhören und Herunterladen im Internet durch die Beklagte ist mit dem Landgericht als eine Vervielfältigung ( § 16 UrhG ) und ein öffentliches Zugänglichmachen ( § 19a UrhG ) eines unerlaubt bearbeiteten Musikstücks zu werten . Da die Beklagte unstreitig ohne Erlaubnis der Kläger handelt, müsste sie dartun und beweisen, dass sie das Recht zur Nutzung von dritter Seite erworben hat ( s. zur Beweislastverteilung bei dem Anspruch aus § 97 UrhG Möhring/Nicolini-Lütje, UrhG, 2.Aufl., § 97 Rn.293 ). Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass ihr dies nicht gelungen ist.
a) Zwischen den Parteien ist allerdings nicht streitig, dass die Beklagte einen Vertrag mit der schweizerischen Wahrnehmungsgesellschaft SUISA über die Nutzung des von dieser wahrgenommenen Musikrepertoires als Handy-Klingelton geschlossen hat, obwohl nur ein undatiertes und nicht unterzeichnetes Vertragsdokument vorliegt ( Anlage K 19 ).
Zwischen den Parteien ist auch nicht streitig, dass die SUISA und die GEMA durch Repertoireaustauschverträge miteinander in der Weise verbunden sind, dass die SUISA auch für Deutschland in dem Umfang Rechte vergeben kann, wie sie von der GEMA wahrgenommen werden. So versteht der Senat das Parteivorbringen, auch wenn die Beklagte hierzu im Parallelverfahren 5 U 57/05 nur Musterverträge vorgelegt hat, ohne konkret zu der Vertragssituation zwischen der GEMA und der SUISA vorzutragen und schriftliche Belege einzureichen ( Anlagen AG 15-18 des Parallelverfahrens 5 U 57/05 ). Einigkeit besteht aber insoweit - und dies kann auch rechtlich nicht anders beurteilt werden -, dass die SUISA nicht weitergehende Rechte vergeben kann, als sie der GEMA zustehen, von der die SUISA ihre Wahrnehmungsbefugnisse ableitet. Die SUISA weist in dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag im Übrigen explizit in Ziff. 5. darauf hin, dass sie nicht über die Rechte zur Bearbeitung von Musikwerken verfüge und die Bearbeitungs- und Persönlichkeitsrechte der Urheber vorbehalten blieben.
Schließlich ist zwischen den Parteien nicht streitig, dass zwischen dem Kläger zu 1 und der GEMA ein Berechtigungsvertrag zur Wahrnehmung der Rechte auch an dem Musikstück „Rock my Life“ besteht.
b) Der Vertrag zwischen der Beklagten und der SUISA sieht ein Inkrafttreten für den 1.1.2002 vor ( Anlage K 19, Ziff.10 Abs.1 ). Zu diesem Zeitpunkt erfasste der GEMA-Berechtigungsvertrag die Nutzung eines Musikwerks als Handy-Klingelton unstreitig noch nicht, wie auch der Senat in der oben bereits zitierten Entscheidung im Einzelnen ausgeführt hat. Die Beklagte beruft sich für den Umfang ihrer Rechte vielmehr auf die erst später, nämlich im Sommer 2002 beschlossene Änderung des GEMA-Berechtigungsvertrages. Es ist schon nicht ausreichend dargelegt, wie spätere Erweiterungen der Wahrnehmungsrechte der GEMA der SUISA vermittelt werden und diese dann in bereits geschlossene Lizenzverträge einfließen. Selbst wenn dies der Fall wäre, würden aber auch die Änderungen des Berechtigungsvertrages im Sommer 2002 nach der zutreffenden Auffassung des Landgerichts die GEMA nicht dazu berechtigen, die Bearbeitung eines Musikwerks als Klingelton zu gestatten, wie noch auszuführen ist.
c) Soweit die Kläger erstmals in der Berufungsinstanz vortragen, dass sie der Änderung des GEMA-Berechtigungsvertrages im Jahre 2002 widersprochen hätten, so dass er für sie ohnehin nicht gelte, ist ihr Vortrag wegen Verspätung nicht mehr zuzulassen. Gründe für die Zulassung ihres verspäteten Sachvortrags im Sinne des § 531 Abs.2 ZPO haben die Kläger nicht dargelegt . Der verspätete Vortrag ist entgegen der Meinung der Kläger auch nicht von der Beklagten unstreitig gestellt worden ( s. dazu S.8 des Schriftsatzes vom 1.8.2005 unter Ziff.8, Bl.217 ). Dies kann auch nicht aus den Ausführungen auf S.16 unten des Schriftsatzes vom 2.11.2005 ( Bl.258 ) geschlossen werden, wie die Kläger in ihrem Schriftsatz vom 30.12.2005 meinen.
d) Soweit die Kläger weiter in der Berufungsinstanz vortragen, dass sie im März 2005 einen Geschäftsbesorgungsvertrag mit der GEMA geschlossen hätten, der das schon zuvor praktizierte zweistufige Lizenzierungsverfahren übernehme, und dass sodann im Juni 2005 erneut eine Änderung des GEMA-Berechtigungsvertrages erfolgt sei, die klarstelle, dass die Rechte zur Bearbeitung eines Musikstücks als Handy-Klingelton nicht von der GEMA wahrgenommen würden, ist ihr Vortrag allerdings nicht verspätet, da diese Tatsachen erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden sind und somit nicht schon in erster Instanz vorgetragen werden konnten ( § 531 Abs.2 Nr.3 ZPO ). Sollten diese Vertragsänderungen im Verhältnis zwischen den Klägern und der GEMA als nachträgliche Einschränkungen des Berechtigungsvertrages in der Fassung von Juni 2002 zu verstehen sein, wäre es allerdings Sache der Kläger gewesen, im Einzelnen darzulegen, wie Einschränkungen von Wahrnehmungsrechten der GEMA im Verhältnis zur SUISA verwirklicht werden und sodann an die von der SUISA lizenzierten Vertragspartner weitergegeben werden, die – wie die Beklagte – schon zuvor Nutzungsrechte erworben haben. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Vertrag zwischen der SUISA und der Beklagte unbefristet, allerdings kündbar abgeschlossen worden ist ( Anlage K 19, Ziff.10 des Vertrages ).
e) Indessen sind weder durch den Geschäftsbesorgungsvertrag vom 1.3.2005 noch durch die erneute Änderung des GEMA-Berechtigungsvertrages im Juni 2005 der GEMA zuvor übertragenen Wahrnehmungsbefugnisse nachträglich wieder eingeschränkt worden. Denn mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass der GEMA auch durch die Änderung des Berechtigungsvertrages im Jahre 2002 nicht das Recht übertragen worden ist, die Bearbeitung eines Musikstücks zu einem Handy-Klingelton zu lizenzieren. Da sie somit zu keinem Zeitpunkt ein solches Recht besaß, konnte es auch nicht über die SUISA an die Beklagte lizenziert werden.
Nach dem reinen Wortlaut erscheint eine Auslegung des GEMA-Berechtigungsvertrages 2002 allerdings dahingehend möglich, dass der GEMA die Wahrnehmungsbefugnis übertragen sei, ohne Mitwirkung der Urheber die Rechte zur Verwendung eines Musikwerks als Ruftonmelodie vergeben zu können. Zwar ist in dem hinzugefügten Passus in § 1 h nur von einer Nutzung „der Werke“ die Rede und nicht von Werkteilen und ihrer digitalen Bearbeitung. Nur aus dem Wortlaut des eingefügten Passus wird aber die Rechtsauffassung der Kläger nur unzureichend deutlich, dass die GEMA die Rechte zur Nutzung von Musik als Handy-Klingelton nicht allein wahrnehmen wollte. Daher ist die Auffassung der Beklagten nicht von vornherein der Hand zu weisen, der Passus sei im Sinne einer umfassenden treuhänderischen Rechtsübertragung auf die GEMA auszulegen, denn im Jahre 2002 sei jedermann bewusst gewesen, dass die Nutzung eines Musikwerks als Handy-Klingelton zwangsläufig eine entsprechende Kürzung und digitale Bearbeitung umfasse.
Eine solche Auslegung des Vertrages scheitert jedoch an dem übereinstimmenden Verständnis der Vertragspartner des Berechtigungsvertrages, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat. Die GEMA wollte die Rechte zur Nutzung eines Musikstücks als Ruftonmelodie zum Zeitpunkt der Änderung des Berechtigungsvertrages nicht ohne Beteiligung der Urheber wahrnehmen und hat dies ihren Mitgliedern – dazu zählt unstreitig auch der Kläger zu 1 – zusammen mit der Mitteilung der Änderung des Berechtigungsvertrages auch bekannt gegeben ( S.5 des GEMA-Briefs von August 2002, Anlage K 24 ). Auch hatte sie unstreitig schon vor der Änderung des Berechtigungsvertrages ein zweistufiges Lizenzierungsverfahren – Vergabe der Aufführungs- und Vervielfältigungsrechte durch die GEMA, Vergabe der Bearbeitungsrechte durch die Urheber bzw. Verlage - bei Handy-Klingeltönen eingeführt und tatsächlich praktiziert. Sollte der unter Beweis gestellte Vortrag der Beklagten in der Berufungsinstanz, dass die das zweistufige Lizenzierungsverfahren regelnde Protokollnotiz zu den Rahmenverträgen mit den Handy-Klingeltonnnutzern erst nach der Änderung des Berechtigungsvertrages im Jahre 2002 eingefügt worden sei, dahin zu verstehen sein , dass die Beklagte nunmehr bestreiten will, das zweistufige Lizenzierungsverfahren sei schon vor der Änderung des Berechtigungsvertrages allgemein praktiziert worden, wäre ein solches Bestreiten in der Berufungsinstanz verspätet und nicht mehr zuzulassen. Die Beklagte macht auch keine Zulassungsgründe im Sinne des § 531 Abs.2 ZPO geltend.
Unstreitig hat die GEMA schließlich ihre Absicht, das bereits praktizierte zweistufige Lizenzierungsverfahren weiterzuführen und in dieser Weise den Berechtigungsvertrag zu ändern, auch schon vor der Übersendung des GEMA-Briefs in der einschlägigen Fachpresse bekannt gegeben ( S. Interview Geyer in der Zeitschrift „Musikmarkt“, Anlage K 14 ).
Vor diesem Hintergrund ist auch der Berechtigungsvertrag auszulegen, selbst wenn die Änderung – wie die Beklagte geltend macht – jedenfalls von einem Teil der Urheber als Vertragspartner der GEMA anders verstanden worden sein sollte, da der reine Wortlaut auch einer anderen Auslegung zugänglich sein mag ( s.o.) . Denn der GEMA-Berechtigungsvertrag ist ein Standardvertrag für alle Mitglieder der GEMA, dessen Inhalt entsprechend der Verfassung der GEMA als Verein in der Mitgliederversammlung beschlossen wird und für dessen Auslegung die Erklärungen der Vertragsparteien heranzuziehen sind, die über die hierfür üblichen Kommunikationswege des Vereins abgegeben werden. Dies ist vorliegend der GEMA-Brief von August 2002. Darin wird den Vertragspartnern des Berechtigungsvertrages nach Durchführung der Mitgliederversammlung mitgeteilt, wie der eingefügte Passus zu verstehen sei und vor welchem Hintergrund - Rechtsprechung der Hamburger Gerichte – die Änderung erfolgt sei. Dass dies nicht dem in der Mitgliederversammlung geäußerten Willen der Vereinsmitglieder entsprach, behauptet auch die Beklagte nicht. Wurde die Vertragsänderung ohne Widerspruch angenommen – hiervon ist wegen der Verspätung des nunmehr anders lautenden Vortrags der Kläger auszugehen – wurde der Berechtigungsvertrag mit dem in dem GEMA-Brief erläuterten Inhalt geändert.
Für eine Anwendung des § 39 Abs.2 UrhG bleibt damit entgegen der Meinung der Beklagten kein Raum, da sich die Parteien des Vertrages über dessen Inhalt einig sind. Dies hat das Landgericht zutreffend erkannt und dem schließt sich der Senat an ( zustimmend auch LG München, Urteil vom 20.7.2005 zum Aktz. 21 O 11289/05, S.10, hier vorgelegt als Anlage BK 3 ; Klees/Lange CR 05,684,687, Anlage BB 8; Von Einem ZUM 2005, 540, Anlage BB 7). Es kann mit dem Landgericht daher auch dahingestellt bleiben, ob eine umfassende Übertragung des Rechts zur Bearbeitung eines Musikwerks als Handy-Klingelton zur Wahrnehmung durch die GEMA überhaupt rechtlich zulässig wäre oder ob dieses Recht dem Kernbereich des Urheberpersönlichkeitsrecht zuzurechnen ist, welches einer pauschalen Übertragung nicht zugänglich ist ( die Möglichkeit einer pauschalen Übertragung verneint das LG München in der zitierten Entscheidung ).
f) Gegen die Richtigkeit der Würdigung des Landgerichts spricht auch nicht der Umstand, dass der Berechtigungsvertrag im Jahre 2005 erneut geändert worden ist und die nur eingeschränkten Wahrnehmungsrechte der GEMA hinsichtlich der Nutzung von Musikwerken als Handy-Klingeltöne nunmehr ausdrücklich in § 1 k des Berechtigungsvertrages niedergelegt worden sind. Vielmehr ist in dieser Klarstellung nur eine Verdeutlichung der bereits vorher vertretenen Position zu sehen, deren Notwendigkeit sich u.a. aus Verfahren wie dem vorliegenden ergeben hat ( so auch LG München in seiner Entscheidung vom 20.7.2005, Anlage BK 3 ).
g) Auch die von der Beklagten in der Berufungsinstanz vorgetragenen Äußerungen verschiedener Vertreter der GEMA im Laufe des Jahre 2005 rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die unter das Zeugnis Prof. Dr.B........ gestellte Auskunft, die GEMA nehme auch bei genehmigten Handy-Klingeltönen die Verbreitungs- und Vervielfältigungsrechte wahr, steht im Einklang mit der zweistufigen Lizenzierungspraxis, wonach die GEMA diese Rechte in Hinblick auf ihre Rechtewahrnehmung am Ursprungswerk vergibt, aber die Lizenzierung der jeweiligen Bearbeitung als solche nicht durch sie erfolgt.
Die unter das Zeugnis H........ gestellte Auskunft ist widersprüchlich, indem dieser einerseits gesagt haben soll, die Nutzung bereits genehmigter Handy-Klingelton-Versionen sei ohne Beteiligung der Verlage möglich, andererseits aber bekundet haben soll, die Verlage entschieden über das „Ob“ und „Wie“ der Nutzung. Wer nun darüber entscheidet, ob es sich bei einer bestimmten Version eine Klingeltons um eine identische oder unwesentlich abweichende Fassung eines bereits lizenzierten Tons handelt, wird aus dieser Äußerung nicht klar. Vor allem aber ist nicht ersichtlich, welche rechtliche Bedeutung eine solches Statement aus September 2005 für den Umfang der Wahrnehmungsbefugnisse der GEMA haben soll, nachdem durch die letzte Änderung des Berechtigungsvertrages im Sommer 2005 die Rechtslage im Sinne der Kläger klargestellt worden ist und der Berechtigungsvertrag in der nunmehr geänderten Fassung die aktuell maßgebliche Rechtsgrundlage darstellt.
Schließlich stützen auch die Ausführungen des Vertreters der GEMA in dem Beschwerdeverfahren vor dem DPMA als Aufsichtsbehörde der GEMA ( Anlage BK 2 ) nicht den Vortrag der Beklagten, die Auffassung der GEMA sei eine andere als vom Landgericht angenommen. Darin verteidigt die GEMA die neuerlichen Änderungen des Berechtigungsvertrages im Jahre 2005 als Klarstellung der im Jahre 2002 beschlossenen Änderung.
h) Der Vorbehalt der Urheber, die Rechte zur Bearbeitung ihrer Werke zu Ruftonmelodien nicht auf die GEMA zu übertragen, wirkt auch dinglich im Verhältnis zu der Beklagten und nicht nur schuldrechtlich im Verhältnis zwischen der GEMA und den Urhebern. Gemäß § 31 UrhG können Nutzungsrechte räumlich, zeitlich oder inhaltlich beschränkt eingeräumt werden. Der Vorbehalt der Zustimmung des Urhebers zur Bearbeitung und Nutzung seines Werks als Handy- Klingelton stellt eine inhaltliche Beschränkung im Sinne dieser Bestimmung dar. Eine dingliche Beschränkung bei der Übertragung von Nutzungsrechten ist wirksam, wenn es sich um übliche, technisch und wirtschaftlich eigenständige und damit klar abgrenzbare Nutzungsformen handelt ( BGH GRUR 2001, 153, 154 „OEM-Version“; OLG Hamburg GRUR 91,599 „Rundfunkwerbung“ ). Dass es sich bei der Bearbeitung und Nutzung eines Musikwerks als Handy-Klingelton um eine abgrenzbare Nutzungsform in diesem Sinne handelt, hat der Senat in seiner Entscheidung vom 4.2.2002 im Einzelnen ausgeführt ( GRUR-RR 2002,249 ). Hierauf wird Bezug genommen.
Von dieser Nutzungsart können die Wahrnehmungsrechte der GEMA bezüglich der Originalwerke, die durch die Nutzung von Werkteilen als Handy-Klingelton ebenfalls berührt werden, getrennt werden. Daher bestehen nach Auffassung des Senats jedenfalls bei dieser Art der Nutzung keine Bedenken gegen eine Aufspaltung der Nutzungsrechte zwischen der GEMA und den Urhebern, nämlich in die Wahrnehmungsrechte der GEMA bezüglich Gesamtwerke - die Lizenzierung der Vervielfältigungs-, Verbreitungs- und Wiedergaberechte auch in Form eines Handy-Klingeltons - und in die aus dem Persönlichkeitsrecht der Urheber folgenden Befugnis, die Bearbeitung und Nutzung von Einzelpassagen aus dem Werk zu einem Handy-Klingelton zu gestatten. Eine solche zweistufige Verwertungspraxis findet sich auch im sog. Merchandising-Bereich, nämlich bei der Verwendung von Musik für Werbespots ( § 1 k des Berechtigungsvertrages ). Der Senat hat oben unter Ziff.4 bereits ausgeführt, dass die Nutzung von Musik als Handy-Klingelton eher einer solchen Nutzung nahe kommt als einer normalen Werknutzung.
i) Die eingeschränkte Rechtewahrnehmung durch die GEMA steht auch nicht in Widerspruch zu § 11 WahrnG. Der Kontrahierungszwang der GEMA kann sich immer nur auf diejenigen Rechte beziehen, die der GEMA tatsächlich zustehen. Gerade wegen des Kontrahierungszwangs sollen die Wahrnehmungsbefugnisse der GEMA in Zweifelsfalle eng auszulegen sein ( Schricker/Rheinbothe; UrhR, 2.Aufl.,§ 11 WahrnG Rn.8 ). Aus § 11 WahrnG kann daher entgegen der Auffassung der Beklagte kein gesetzliches Verbot im Sinne des § 134 BGB abgeleitet werden, bestimmte Nutzungsarten dem Urheber vertraglich vorzubehalten. Selbst wenn man dies annähme, hätte dies nur zur Folge, dass der Berechtigungsvertrag in der zutreffenden Auslegung des Landgerichts jedenfalls teilweise unwirksam wäre ( § 139 BGB ), aber nicht die von der Beklagte gewünschte Folge einträte, dass nämlich die Wahrnehmungsrechte nunmehr umfassend auf die GEMA übergegangen wären und sodann auch für das Gebiet Deutschlands von der SUISA lizenziert werden könnten.
j) Die Beklagte kann ferner nicht mit Erfolg geltend machen, sie benötige jedenfalls insoweit keine Lizenz der Urheber, als sie nur eine „Cover-Version“ bereits genehmigter Klingelton-Versionen anbiete bzw. ihre Version nur unwesentlich von bereits genehmigten Versionen abwiche. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass sie ihre Klingeltonversionen zum Teil selbst einspiele, zum Teil von einer Anbieterin beziehe, die einen Vertrag mit der Klägerin zu 2 geschlossen habe und von der auch andere Klingeltonanbieter beliefert würden, die ebenfalls ihre Klingeltonfassungen von den Musikverlagen hätten lizenzieren lassen. Ein Vergleich der Klingeltöne der anderen Anbieter mit denen der Beklagten zeige, dass diese weitgehend bzw. vollständig übereinstimmten (S. 2 des Schriftsatzes vom 18.11.2004, Bl.62 und S.3 f. des Schriftsatzes vom 14.12.2004, Bl.120 und Anlage BK 20 ). Die Beklagte hat hierzu im Parallelverfahren 5 U 57/05 eine CD eingereicht, auf der sich von ihr angebotene Klingeltonfassungen u.a. des streitgegenständlichen Titels befinden und außerdem Einspielungen anderer Anbieter ( dortige Anlage AG 19).
Dieser Vortrag lässt schon nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit erkennen, welche Version des hier allein in Rede stehenden Titels die Kläger wem gegenüber genehmigt haben und dass dieser Titel sodann 1:1 von der Beklagten übernommen worden sei und nicht neu eingespielt oder mit welchen nach Meinung der Beklagten unwesentlichen Änderungen versehen worden sei.
Indessen kommt es hierauf auch nicht entscheidend an. Denn zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass sich eine Beschränkung des nach dem Willen der Vertragspartner des Berechtigungsvertrages geltenden umfassenden Zustimmungsvorbehalts der Urheber für die Nutzung auch von solchen Handy-Klingeltönen, die bereits an Dritte lizenziert seien, nicht feststellen lasse. In der Tat hätte insoweit eine ausdrückliche Beschränkung erwartet werden können, denn eine „Zwangslizenz“, wie sie das Gesetz für Tonträger kennt (§ 42a UrhG ), stellt eine gesetzliche Ausnahme zu der auch im Urheberrecht geltenden grundsätzlichen Vertragsfreiheit dar.
Die Beklagte verkennt bei ihrer Argumentation auch, dass die Beurteilung, wann eine identische Version als Klingelton genutzt wird bzw. nur unwesentliche Abweichungen einer bereits genehmigten Version vorliegen , im Einzelfall durchaus schwierig sein kann und derartige Fragen typischerweise nicht zum Aufgabenbereich der GEMA gehören. Dementsprechend sieht der Rahmenvertrag zwischen der GEMA und den Nutzern vor, dass diese die Frage der Lizensierung unter dem Gesichtspunkt des Urheberpersönlichkeitsrechts mit den Musikverlagen direkt und ohne Beteiligung der GEMA klären sollen ( Ziff.5 der Protokollnotiz zur Rahmenvereinbarung, Anlage K 18 ). Es ist nichts dazu vorgetragen, dass die GEMA eine Rückmeldung der Urheber oder Verlage erhält, welche Klingeltonfassungen wem gegenüber genehmigt seien und welche nicht, so dass sie bei zukünftigen Nutzeranfragen die Identität angefragter Klingeltonfassungen mit bereits genehmigten Fassungen überprüfen könnte. Auch dies spricht für die Richtigkeit der Vertragsauslegung durch das Landgericht, dass für jede Nutzung als Handy-Klingelton eine Zustimmung des Urheber bzw. des betroffenen Verlages eingeholt werden muss.
Ferner besteht bei einer derartigen Art der Nutzung auch ein anerkennenswertes Interesse des Urhebers daran, den Nutzerkreis durch das Erfordernis einer Lizenz personell zu beeinflussen sowie das Umfeld zu kennen, in dem der Klingelton angeboten wird. Dieses Interesse besteht selbst dann, wenn er eine identische oder ähnliche Klingelton-Version einem anderen Nutzer bereits lizenziert haben mag. Denn auch wenn eine bestimmte Fassung durch einen bestimmten Nutzer bereits genehmigt ist, kann eine Nutzung durch eine andere Person oder ein anderes Unternehmen in anderem Zusammenhang durchaus das Persönlichkeitsrecht des Urhebers beeinträchtigen. Auf die Ausführungen zu Ziff. 4 wird erneut Bezug genommen.
Dass dabei wirtschaftliche Motive eine Rolle spielen, im Zweifel sogar im Vordergrund des zweistufigen Lizenzierungsverfahrens stehen, verkennt der Senat ebenso wenig wie das Landgericht. Diese sind aber nicht minder die Triebfeder des Geschäfts mit den Handy-Klingeltönen, das sich die Bekanntheit urheberrechtlich geschützter Musik zunutze macht.
k) Ebenso wenig wie das Landgericht vermag der Senat zu erkennen, dass die zweistufige Lizenzierungspraxis bei den Handy-Klingeltönen gegen Europäisches Recht verstieße.
Betroffen sein könnte Art.49 EG ( freier Dienstleistungsverkehr ), denn vorliegend geht es um die unkörperliche Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken durch öffentliches Zugänglichmachen im Internet; für die unkörperliche Verwertung wendet der EUGH nicht die von der Beklagte genannten Vorschriften über den freien Warenverkehr gemäß Art. 28 ff. EG an ( Loewenheim/Loewenheim , Handbuch des Urheberrechts, § 55 Rn.9; EUGH GRURInt 83, 175,176 „Le Boucher II“). Es gelten aber die Ausnahmen der Warenverkehrsfreiheit gemäß Art.30 EG entsprechend für die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs ( Loewenheim a.a.O.; EUGH a.a.O. ). Nach Art.30 EG stehen Bestimmungen der Freiheit des Warenverkehrs nicht entgegen, die u.a. zum Schutze des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind; dazu gehört auch das Urheberrecht als geistiges Eigentum ( Loewenheim a.a.O. Rn.4 ).
Die §§ 14, 23 UrhG, die durch die Verwendung eines Musikstücks als Handy-Klingelton betroffen sind, enthalten Regelungen zum Schutze des Urheberpersönlichkeitsrechts. Der EUGH hat in der Phil-Collins-Entscheidung anerkannt, dass es den spezifischen Gegenstand der nationalen Rechtsvorschriften des Urheberrechts darstelle, den Schutz der Persönlichkeitsrechte und der wirtschaftlichen Rechte ihrer Inhaber zu gewährleisten. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte ermögliche es den Urhebern und ausübenden Künstlern insbesondere, sich jeder Entstellung, Verstümmelung oder sonstigen Änderung des Werkes zu widersetzen, die ihrer Ehre oder ihrem Ruf nachteilig sein könnte. Das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte hätten außerdem wirtschaftlichen Charakter, da sie die Befugnis vorsähen, das Inverkehrbringen des geschützten Werkes kommerziell, insbesondere in Form von Lizenzen , die gegen Zahlung einer Vergütung erteilt würden, zu nutzen ( GRURInt 94, 280, 282 unter Ziff.20 ). Der Verwirklichung dieser Rechtsposition dient auch das vorstehend streitige zweistufige Lizenzierungsverfahren.
Im Übrigen deutet die von den Klägern eingereichte Entscheidung eines französischen Gerichts ( Urteil des Tribunal de Grande Instance de Paris vom 7.11.2003, Anlage BB 3 ), welche Urhebern von Musikwerken für die unlizenzierte Nutzung ihrer Werke als Handy-Klingeltöne Schadensersatz zuspricht, darauf hin, dass die Rechtslage in Frankreich ähnlich wie in Deutschland beurteilt wird. Vergleichbares scheint für das englische Recht zu gelten : Auf der von der Beklagten im Parallelverfahren 5 U 59 /05 als Anlage BK 6 auszugsweise eingereichten Homepage der englischen Verwertungsgesellschaft MCPS/ CRS zu den „Mobile ringtones“ heißt es unter der Überschrift „What is not covered by the license ?“ u.a. „The license does not in any way waive the moral rights of the composer or writer of any musical work“. Das bedeutet, dass mit der Lizenz der Wahrnehmungsgesellschaft nicht auf die Persönlichkeitsrechte der Urheber verzichtet wird. Mit den „moral rights“ ist nämlich im Englischen das Urheberpersönlichkeitsrecht gemeint ( Schricker/ Dietz, UrhR, 2.Aufl., vor §§ 12 ff. Rn.21 ). Der Vortrag der Beklagten, in allen anderen Europäischen Ländern könnten die Rechte zur Nutzung von Musikwerken allein über die Verwertungsgesellschaften erworben werden, ist demgegenüber unsubstantiiert.
Schließlich würde selbst ein Verstoß des zweistufigen Lizenzierungsverfahrens gegen Europäisches Recht nicht die von der Beklagten erwünschte Rechtsfolge auslösen, nämlich die uneingeschränkte Wahrnehmungsbefugnis der GEMA zur Vergabe von Nutzungsrechten für Musikwerke zur Verwendung als Handy-Klingeltöne. Vielmehr hätte ein Verstoß gegen Art.49 EG die jedenfalls teilweise Unwirksamkeit des Berechtigungsvertrages hinsichtlich der Wahrnehmungsrechte der GEMA für die Nutzung von Werken als Ruftonmelodien gemäß §§ 134,139 BGB zur Folge, d.h. der GEMA würden überhaupt keine Wahrnehmungsbefugnisse bezüglich dieser Nutzungsart zustehen, auch nicht bezüglich der Vervielfältigungs- und Aufführungsrechte ( s. Palandt- Heinrichs, BGB, 65.Aufl., § 134 Rn.3 m.w.N.).
Die Ausführungen der Parteien in den nicht nachgelassenen Schriftsätzen gaben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Im Übrigen vermag der Senat auch bezüglich der nachgereichten Anlage BK 4 nicht zu erkennen, dass sie die Rechtsauffassung der Beklagten zur „Cover-Version“ stützt. Auf die Anfrage des Betreibers von Sport-Websites, ob ihr die GEMA Klingeltonversionen lizenzieren könne, die auf bereits vorhandenen Klingeltonportalen angeboten würden, verweist die GEMA bezüglich des Urheberpersönlichkeitsrechts bzw. der Einholung des Bearbeitungsrechts auf die Rechteinhaber und hat zugleich Kopien dieses Schreibens an die betreffenden Verlage und ihre Anwälte geschickt. Daraus lässt sich nicht schließen, dass die GEMA bei der Übernahme bereits vorhandener Klingeltonversionen durch einen Nutzer das zweistufige Lizenzierungsverfahren nicht anwenden wolle.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr.10, 711 ZPO. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Angelegenheit hat der Senat die Revision zugelassen, § 543 ZPO.
Unterschriften